Obwohl beide Krankheiten, Staub- und Kornbrand, ganz verschieden sind, so trifft man doch wohl beide vermengt auf einem Acker an. Und wenn es gleich ausgemacht scheint, daß die Hauptursach des Kornbrandes im Saamen liege, und die Krankheit durch die Auswahl und Behandlung desselben mehrentheils vorgebeuget werden könne, so muß man doch zugeben, daß sie durch besonders schädliche Einwirkungen auf die Vegetation, auch bei dem gesundesten Saamen, zuweilen entstehen und folglich kein Mittel sie absolut verhindern könne.
Der Rocken.
§. 77.
Secale cereale. Wir haben nur eine Art, und die verschiedenen AbartenAbarten. unterscheiden sich auch nicht durch irgend ein botanisches Merkmal, sondern nur durch eine verschiedene Natur, die sie durch die Kultur angenommen haben.
Der Sommer- und Winterrocken geht auf eben die Weise, wie der Wei- zen §. 49. in einander über. Die Natur des Winterrockens ist: sich länger an der Erde zu halten, mehrere Sprossen auszutreiben, und später in Halme zu schießen.
Wir haben eine Abart, zuerst aus den russischen Provinzen an der Ost- see erhalten, welche die Eigenschaft des Winterrockens in vorzüglich hohem Grade besitzt, und welche man deshalb Staudenrocken nennt. Alle die Ar- ten, welche man mit dem Namen archangelscher Rocken, norwegischer Rocken, und Johannisrocken belegt, sind völlig dieselben, und haben auch in ihrer Natur durchaus nichts ausgezeichnetes. Wenn der Staudenrocken um Johannis gesäet wird, so ist er Johannisrocken so gut wie der, welcher unter diesem Namen gehet. Und jener archangelsche und norwegische Rocken unter- scheiden sich eben so wenig.
Ob der sogenannte wallachische Rocken in seiner Natur verschieden sey, wage ich noch nicht zu entscheiden. Es ist dabei wahrscheinlich noch eine Ver- wechselung des Namens vorgegangen, indem man vor 50 Jahren die Himmels- gerste für eine Rockenart hielt, und sie wallachischen Rocken nannte, ich sie auch
Bierter Theil. K
Der Rocken.
§. 76.
Obwohl beide Krankheiten, Staub- und Kornbrand, ganz verſchieden ſind, ſo trifft man doch wohl beide vermengt auf einem Acker an. Und wenn es gleich ausgemacht ſcheint, daß die Haupturſach des Kornbrandes im Saamen liege, und die Krankheit durch die Auswahl und Behandlung deſſelben mehrentheils vorgebeuget werden koͤnne, ſo muß man doch zugeben, daß ſie durch beſonders ſchaͤdliche Einwirkungen auf die Vegetation, auch bei dem geſundeſten Saamen, zuweilen entſtehen und folglich kein Mittel ſie abſolut verhindern koͤnne.
Der Rocken.
§. 77.
Secale cereale. Wir haben nur eine Art, und die verſchiedenen AbartenAbarten. unterſcheiden ſich auch nicht durch irgend ein botaniſches Merkmal, ſondern nur durch eine verſchiedene Natur, die ſie durch die Kultur angenommen haben.
Der Sommer- und Winterrocken geht auf eben die Weiſe, wie der Wei- zen §. 49. in einander uͤber. Die Natur des Winterrockens iſt: ſich laͤnger an der Erde zu halten, mehrere Sproſſen auszutreiben, und ſpaͤter in Halme zu ſchießen.
Wir haben eine Abart, zuerſt aus den ruſſiſchen Provinzen an der Oſt- ſee erhalten, welche die Eigenſchaft des Winterrockens in vorzuͤglich hohem Grade beſitzt, und welche man deshalb Staudenrocken nennt. Alle die Ar- ten, welche man mit dem Namen archangelſcher Rocken, norwegiſcher Rocken, und Johannisrocken belegt, ſind voͤllig dieſelben, und haben auch in ihrer Natur durchaus nichts ausgezeichnetes. Wenn der Staudenrocken um Johannis geſaͤet wird, ſo iſt er Johannisrocken ſo gut wie der, welcher unter dieſem Namen gehet. Und jener archangelſche und norwegiſche Rocken unter- ſcheiden ſich eben ſo wenig.
Ob der ſogenannte wallachiſche Rocken in ſeiner Natur verſchieden ſey, wage ich noch nicht zu entſcheiden. Es iſt dabei wahrſcheinlich noch eine Ver- wechſelung des Namens vorgegangen, indem man vor 50 Jahren die Himmels- gerſte fuͤr eine Rockenart hielt, und ſie wallachiſchen Rocken nannte, ich ſie auch
Bierter Theil. K
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0097"n="73"/><fwplace="top"type="header">Der Rocken.</fw><lb/><divn="4"><head>§. 76.</head><lb/><p>Obwohl beide Krankheiten, Staub- und Kornbrand, ganz verſchieden ſind,<lb/>ſo trifft man doch wohl beide vermengt auf einem Acker an. Und wenn es gleich<lb/>
ausgemacht ſcheint, daß die Haupturſach des Kornbrandes im Saamen liege,<lb/>
und die Krankheit durch die Auswahl und Behandlung deſſelben mehrentheils<lb/>
vorgebeuget werden koͤnne, ſo muß man doch zugeben, daß ſie durch beſonders<lb/>ſchaͤdliche Einwirkungen auf die Vegetation, auch bei dem geſundeſten Saamen,<lb/><hirendition="#g">zuweilen</hi> entſtehen und folglich kein Mittel ſie <hirendition="#g">abſolut</hi> verhindern koͤnne.</p></div></div></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Der Rocken</hi>.</hi></head><lb/><divn="3"><head>§. 77.</head><lb/><p><hirendition="#aq">Secale cereale.</hi> Wir haben nur eine Art, und die verſchiedenen Abarten<noteplace="right">Abarten.</note><lb/>
unterſcheiden ſich auch nicht durch irgend ein botaniſches Merkmal, ſondern nur<lb/>
durch eine verſchiedene Natur, die ſie durch die Kultur angenommen haben.</p><lb/><p>Der Sommer- und Winterrocken geht auf eben die Weiſe, wie der Wei-<lb/>
zen §. 49. in einander uͤber. Die Natur des Winterrockens iſt: ſich laͤnger an<lb/>
der Erde zu halten, mehrere Sproſſen auszutreiben, und ſpaͤter in Halme zu<lb/>ſchießen.</p><lb/><p>Wir haben eine Abart, zuerſt aus den ruſſiſchen Provinzen an der Oſt-<lb/>ſee erhalten, welche die Eigenſchaft des Winterrockens in vorzuͤglich hohem<lb/>
Grade beſitzt, und welche man deshalb <hirendition="#g">Staudenrocken</hi> nennt. Alle die Ar-<lb/>
ten, welche man mit dem Namen <hirendition="#g">archangelſcher Rocken, norwegiſcher<lb/>
Rocken</hi>, und <hirendition="#g">Johannisrocken</hi> belegt, ſind voͤllig dieſelben, und haben auch<lb/>
in ihrer Natur durchaus nichts ausgezeichnetes. Wenn der Staudenrocken um<lb/>
Johannis geſaͤet wird, ſo iſt er Johannisrocken ſo gut wie der, welcher unter<lb/>
dieſem Namen gehet. Und jener archangelſche und norwegiſche Rocken unter-<lb/>ſcheiden ſich eben ſo wenig.</p><lb/><p>Ob der ſogenannte wallachiſche Rocken in ſeiner Natur verſchieden ſey,<lb/>
wage ich noch nicht zu entſcheiden. Es iſt dabei wahrſcheinlich noch eine Ver-<lb/>
wechſelung des Namens vorgegangen, indem man vor 50 Jahren die Himmels-<lb/>
gerſte fuͤr eine Rockenart hielt, und ſie wallachiſchen Rocken nannte, ich ſie auch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Bierter Theil. K</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[73/0097]
Der Rocken.
§. 76.
Obwohl beide Krankheiten, Staub- und Kornbrand, ganz verſchieden ſind,
ſo trifft man doch wohl beide vermengt auf einem Acker an. Und wenn es gleich
ausgemacht ſcheint, daß die Haupturſach des Kornbrandes im Saamen liege,
und die Krankheit durch die Auswahl und Behandlung deſſelben mehrentheils
vorgebeuget werden koͤnne, ſo muß man doch zugeben, daß ſie durch beſonders
ſchaͤdliche Einwirkungen auf die Vegetation, auch bei dem geſundeſten Saamen,
zuweilen entſtehen und folglich kein Mittel ſie abſolut verhindern koͤnne.
Der Rocken.
§. 77.
Secale cereale. Wir haben nur eine Art, und die verſchiedenen Abarten
unterſcheiden ſich auch nicht durch irgend ein botaniſches Merkmal, ſondern nur
durch eine verſchiedene Natur, die ſie durch die Kultur angenommen haben.
Abarten.
Der Sommer- und Winterrocken geht auf eben die Weiſe, wie der Wei-
zen §. 49. in einander uͤber. Die Natur des Winterrockens iſt: ſich laͤnger an
der Erde zu halten, mehrere Sproſſen auszutreiben, und ſpaͤter in Halme zu
ſchießen.
Wir haben eine Abart, zuerſt aus den ruſſiſchen Provinzen an der Oſt-
ſee erhalten, welche die Eigenſchaft des Winterrockens in vorzuͤglich hohem
Grade beſitzt, und welche man deshalb Staudenrocken nennt. Alle die Ar-
ten, welche man mit dem Namen archangelſcher Rocken, norwegiſcher
Rocken, und Johannisrocken belegt, ſind voͤllig dieſelben, und haben auch
in ihrer Natur durchaus nichts ausgezeichnetes. Wenn der Staudenrocken um
Johannis geſaͤet wird, ſo iſt er Johannisrocken ſo gut wie der, welcher unter
dieſem Namen gehet. Und jener archangelſche und norwegiſche Rocken unter-
ſcheiden ſich eben ſo wenig.
Ob der ſogenannte wallachiſche Rocken in ſeiner Natur verſchieden ſey,
wage ich noch nicht zu entſcheiden. Es iſt dabei wahrſcheinlich noch eine Ver-
wechſelung des Namens vorgegangen, indem man vor 50 Jahren die Himmels-
gerſte fuͤr eine Rockenart hielt, und ſie wallachiſchen Rocken nannte, ich ſie auch
Bierter Theil. K
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/97>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.