Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.Die Schaafzucht. die Veredlung hinzukam, so ward die Nutzung der Schaafe so groß, daß mansie weit über die des Rindviehs und der Molkerei zu erheben anfing, und letztere dagegen in Schatten stellte. Leider gab es nur wenige Wirthschaften, die beide Vieharten sorgfältig und reichlich genug zu verpflegen und zu ernähren im Stande waren, und so mußte dann mehrentheils das eine in der Versorgung zurückstehen, wenn das andre einmal den Vorzug erhielt. Hierdurch sank jenes dann natür- lich um so tiefer herab. Die merkantilischen Konjunkturen, abhängig von den politischen, haben nun Man hat fast allgemein den Satz angenommen, daß die Ernährung von Wenn daher in solchen Lokalitäten, wo beide Vieharten gleich gut gehalten schon
Die Schaafzucht. die Veredlung hinzukam, ſo ward die Nutzung der Schaafe ſo groß, daß manſie weit uͤber die des Rindviehs und der Molkerei zu erheben anfing, und letztere dagegen in Schatten ſtellte. Leider gab es nur wenige Wirthſchaften, die beide Vieharten ſorgfaͤltig und reichlich genug zu verpflegen und zu ernaͤhren im Stande waren, und ſo mußte dann mehrentheils das eine in der Verſorgung zuruͤckſtehen, wenn das andre einmal den Vorzug erhielt. Hierdurch ſank jenes dann natuͤr- lich um ſo tiefer herab. Die merkantiliſchen Konjunkturen, abhaͤngig von den politiſchen, haben nun Man hat faſt allgemein den Satz angenommen, daß die Ernaͤhrung von Wenn daher in ſolchen Lokalitaͤten, wo beide Vieharten gleich gut gehalten ſchon
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Die Schaafzucht.
die Veredlung hinzukam, ſo ward die Nutzung der Schaafe ſo groß, daß man
ſie weit uͤber die des Rindviehs und der Molkerei zu erheben anfing, und letztere
dagegen in Schatten ſtellte. Leider gab es nur wenige Wirthſchaften, die beide
Vieharten ſorgfaͤltig und reichlich genug zu verpflegen und zu ernaͤhren im Stande
waren, und ſo mußte dann mehrentheils das eine in der Verſorgung zuruͤckſtehen,
wenn das andre einmal den Vorzug erhielt. Hierdurch ſank jenes dann natuͤr-
lich um ſo tiefer herab.
Die merkantiliſchen Konjunkturen, abhaͤngig von den politiſchen, haben nun
ſeit geraumer Zeit durch die hohen Wollpreiſe die Schaͤfereien uͤberhaupt beguͤn-
ſtigt, und ſo ſteht das Schaaf anjetzt faſt durch ganz Europa, bei den Landwir-
then in hoͤherer Achtung wie das Rindvieh, und wenn dieſe gleich nur durch das
Merinoſchaaf erregt worden, ſo faͤllt ſie dennoch zugleich auf das Landſchaaf zu-
ruͤck, und hebt ſolches mit empor.
Man hat faſt allgemein den Satz angenommen, daß die Ernaͤhrung von
10 Schaafen auf der Weide und im Stalle, der Ernaͤhrung einer Kuh gleich
ſey. Dieſes Verhaͤltniß begruͤndete ſich zuerſt auf denjenigen Schlag von Schaa-
fen und von Kuͤhen, den man im noͤrdlichen Deutſchlande hielt, und der jeder in
ſeiner Art ſich in einem gleich duͤrſtigen Zuſtande befand. Das Verhaͤltniß ſcheint
aber auch zu bleiben, wenn jede Viehhaltung ſich im gleichen Grade verbeſſert.
So wie vervollkommnete Kuͤhe doppelte Weide und Fuͤtterung erfordern, ſo erfor-
dern ſie auch vervollkommnete Schaafe. Sollte der Nahrungsaufwand bei den
Schaaſen vielleicht auch nicht in demſelben Grade, wie bei den Kuͤhen, mit der
Veredlung ſteigen, ſo werden doch die Nebenkoſten und das groͤßere Riſiko jenes
Verhaͤltniß der ſaͤmmtlichen Ausgabe, d. h. Weide und Fuͤtterung mitgerechnet,
mehrentheils herſtellen.
Wenn daher in ſolchen Lokalitaͤten, wo beide Vieharten gleich gut gehalten
werden koͤnnen, die Frage entſteht, welche Art der Landwirth auf Koſten oder
zum Vortheil der andren vermindern ſolle — ſo wird ſie ſich hauptſaͤchlich durch
die Beantwortung einer andren Frage entſcheiden laſſen: bringen 10 Schaaſe oder
eine Kuh mehreren Vortheil? Und dieſe Frage laͤßt ſich durchaus nicht im All-
gemeinen, aber bei einer auch nur oberflaͤchlichen Buchfuͤhrung ſehr leicht in ein-
zelnen Faͤllen beantworten. Außer andern Verhaͤltniſſen ſprechen hierbei nun, wie
ſchon
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