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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Mastung des Rindviehes.

Wenn man es aber auch nicht gerathen findet, das Mastungsgeschäft zur
Basis der ganzen Viehhaltung zu machen, so wird es doch als ein Nebenzweig
sich sehr empfehlen. Hat man den Mastungsbetrieb einmal kennen gelernt und
organisirt, so wird man immer weit leichter seinen Mastviehstand nach der jähr-
lich verschiedenen Futtermenge einrichten können, als es mit anderem Nutzvieh ge-
schehen kann. Den beständigen Viehstapel sollte man nie größer machen, als so,
daß man völlig gesichert seyn könne, auch in schlechteren Jahren auszureichen,
und für den Ueberfluß, den gute Jahre geben, Mastvieh, was immer zu haben
ist, ankaufen, wenn nicht ohnehin eine hinlängliche Kopfzahl von auszumerzendem
Vieh vorhanden ist, welches sich in der Regel durch eigene Mastung besser, als
durch Verkauf bezahlt.

§. 66.

Wer aber Viehmastung im Großen betreiben will, muß, um dieses mit grö-Beurtheilung
des Mastvie-
hes.

ßerem Vortheil zu thun, durchaus Erfahrung in der Beurtheilung des Viehes und
beim Handel besitzen, oder aber einen verständigen und sichern Mann dabei zu
Rathe ziehn. Es gehört zu der Auswahl des Viehes und seiner Schätzung ein
gewisses Augenmaaß, noch mehr aber ein gewisses Gefühl in der Hand, was sich
nicht gut anders, als durch längere Uebung erwerben läßt. Es würde also ver-
geblich seyn, solches beschreiben zu wollen; nur durch eigene Ansicht und eigenes
Anfühlen läßt es sich, wenn man Gelegenheit hat mehrere Thiere zu vergleichen,
erlernen. Eine große Hülfe und Sicherheit in der Beurtheilung des Viehes,
sowohl beim Ankauf als beim Verkauf und während der ganzen Mastungszeit,
giebt eine Waage, worauf man das Thier lebendig wägt. Eine solche Waage
ist keinesweges kostspielig oder sehr zusammengesetzt. Man hängt mittelst einer
Kette an einen ganz kurzen Arm des Waagebalkens einen aus Brettern zusam-
mengefügten Kasten, von der Breite und Länge, daß ein Thier darin stehen kann,
an. Er hat eine Thüre, wo das zu wägende Stück Vieh hineingelassen wird,
indem man es durch eine, vor der anderen Seite des Kastens stehende Raufe
mit Heu hineinlockt. Der Kasten ruht dann auf der Erde unbeweglich. Die
andere Seite des Waagebalkens, die nur von Holz seyn kann, ist um das zehn-
fache der andern Seite verlängert, und am Ende derselben eine Schaale ange-
bracht, worauf das Gewicht gelegt wird. Das Gleichgewicht muß vermöge der

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Maſtung des Rindviehes.

Wenn man es aber auch nicht gerathen findet, das Maſtungsgeſchaͤft zur
Baſis der ganzen Viehhaltung zu machen, ſo wird es doch als ein Nebenzweig
ſich ſehr empfehlen. Hat man den Maſtungsbetrieb einmal kennen gelernt und
organiſirt, ſo wird man immer weit leichter ſeinen Maſtviehſtand nach der jaͤhr-
lich verſchiedenen Futtermenge einrichten koͤnnen, als es mit anderem Nutzvieh ge-
ſchehen kann. Den beſtaͤndigen Viehſtapel ſollte man nie groͤßer machen, als ſo,
daß man voͤllig geſichert ſeyn koͤnne, auch in ſchlechteren Jahren auszureichen,
und fuͤr den Ueberfluß, den gute Jahre geben, Maſtvieh, was immer zu haben
iſt, ankaufen, wenn nicht ohnehin eine hinlaͤngliche Kopfzahl von auszumerzendem
Vieh vorhanden iſt, welches ſich in der Regel durch eigene Maſtung beſſer, als
durch Verkauf bezahlt.

§. 66.

Wer aber Viehmaſtung im Großen betreiben will, muß, um dieſes mit groͤ-Beurtheilung
des Maſtvie-
hes.

ßerem Vortheil zu thun, durchaus Erfahrung in der Beurtheilung des Viehes und
beim Handel beſitzen, oder aber einen verſtaͤndigen und ſichern Mann dabei zu
Rathe ziehn. Es gehoͤrt zu der Auswahl des Viehes und ſeiner Schaͤtzung ein
gewiſſes Augenmaaß, noch mehr aber ein gewiſſes Gefuͤhl in der Hand, was ſich
nicht gut anders, als durch laͤngere Uebung erwerben laͤßt. Es wuͤrde alſo ver-
geblich ſeyn, ſolches beſchreiben zu wollen; nur durch eigene Anſicht und eigenes
Anfuͤhlen laͤßt es ſich, wenn man Gelegenheit hat mehrere Thiere zu vergleichen,
erlernen. Eine große Huͤlfe und Sicherheit in der Beurtheilung des Viehes,
ſowohl beim Ankauf als beim Verkauf und waͤhrend der ganzen Maſtungszeit,
giebt eine Waage, worauf man das Thier lebendig waͤgt. Eine ſolche Waage
iſt keinesweges koſtſpielig oder ſehr zuſammengeſetzt. Man haͤngt mittelſt einer
Kette an einen ganz kurzen Arm des Waagebalkens einen aus Brettern zuſam-
mengefuͤgten Kaſten, von der Breite und Laͤnge, daß ein Thier darin ſtehen kann,
an. Er hat eine Thuͤre, wo das zu waͤgende Stuͤck Vieh hineingelaſſen wird,
indem man es durch eine, vor der anderen Seite des Kaſtens ſtehende Raufe
mit Heu hineinlockt. Der Kaſten ruht dann auf der Erde unbeweglich. Die
andere Seite des Waagebalkens, die nur von Holz ſeyn kann, iſt um das zehn-
fache der andern Seite verlaͤngert, und am Ende derſelben eine Schaale ange-
bracht, worauf das Gewicht gelegt wird. Das Gleichgewicht muß vermoͤge der

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[363/0387] Maſtung des Rindviehes. Wenn man es aber auch nicht gerathen findet, das Maſtungsgeſchaͤft zur Baſis der ganzen Viehhaltung zu machen, ſo wird es doch als ein Nebenzweig ſich ſehr empfehlen. Hat man den Maſtungsbetrieb einmal kennen gelernt und organiſirt, ſo wird man immer weit leichter ſeinen Maſtviehſtand nach der jaͤhr- lich verſchiedenen Futtermenge einrichten koͤnnen, als es mit anderem Nutzvieh ge- ſchehen kann. Den beſtaͤndigen Viehſtapel ſollte man nie groͤßer machen, als ſo, daß man voͤllig geſichert ſeyn koͤnne, auch in ſchlechteren Jahren auszureichen, und fuͤr den Ueberfluß, den gute Jahre geben, Maſtvieh, was immer zu haben iſt, ankaufen, wenn nicht ohnehin eine hinlaͤngliche Kopfzahl von auszumerzendem Vieh vorhanden iſt, welches ſich in der Regel durch eigene Maſtung beſſer, als durch Verkauf bezahlt. §. 66. Wer aber Viehmaſtung im Großen betreiben will, muß, um dieſes mit groͤ- ßerem Vortheil zu thun, durchaus Erfahrung in der Beurtheilung des Viehes und beim Handel beſitzen, oder aber einen verſtaͤndigen und ſichern Mann dabei zu Rathe ziehn. Es gehoͤrt zu der Auswahl des Viehes und ſeiner Schaͤtzung ein gewiſſes Augenmaaß, noch mehr aber ein gewiſſes Gefuͤhl in der Hand, was ſich nicht gut anders, als durch laͤngere Uebung erwerben laͤßt. Es wuͤrde alſo ver- geblich ſeyn, ſolches beſchreiben zu wollen; nur durch eigene Anſicht und eigenes Anfuͤhlen laͤßt es ſich, wenn man Gelegenheit hat mehrere Thiere zu vergleichen, erlernen. Eine große Huͤlfe und Sicherheit in der Beurtheilung des Viehes, ſowohl beim Ankauf als beim Verkauf und waͤhrend der ganzen Maſtungszeit, giebt eine Waage, worauf man das Thier lebendig waͤgt. Eine ſolche Waage iſt keinesweges koſtſpielig oder ſehr zuſammengeſetzt. Man haͤngt mittelſt einer Kette an einen ganz kurzen Arm des Waagebalkens einen aus Brettern zuſam- mengefuͤgten Kaſten, von der Breite und Laͤnge, daß ein Thier darin ſtehen kann, an. Er hat eine Thuͤre, wo das zu waͤgende Stuͤck Vieh hineingelaſſen wird, indem man es durch eine, vor der anderen Seite des Kaſtens ſtehende Raufe mit Heu hineinlockt. Der Kaſten ruht dann auf der Erde unbeweglich. Die andere Seite des Waagebalkens, die nur von Holz ſeyn kann, iſt um das zehn- fache der andern Seite verlaͤngert, und am Ende derſelben eine Schaale ange- bracht, worauf das Gewicht gelegt wird. Das Gleichgewicht muß vermoͤge der Beurtheilung des Maſtvie- hes. Z z 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/387>, abgerufen am 22.12.2024.