Wenn diese einmal an gewisse Käsearten gewöhnt sind und durchaus verlan- gen, daß nachgeahmter Käse vollkommen den Geschmack und andere Eigenschaften des Originalkäses haben sollen, so wird man sie freilich schwer befriedigen können. Dies ist aber mehr eine auf Eigensinn, als auf wirkliche Annehmlichkeit des Ge- schmacks begründete Forderung. Es läßt sich wohl denken, daß wir Käse machen können, der den besten Chester Käse in jeder Annehmlichkeit übertrifft, wenn es gleich nicht völlig derselbe wäre. Und geben wir dem Käse nur die Lieblichkeit, die man nach Verhältniß seines Preises davon fordert, so wird es ihm am Absatz nicht fehlen. Jedoch muß man besonders im Anfange einer in Ruf gekommenen Käseart nicht nur in Ansehung des Geschmacks, sondern auch in Ansehung der Form und des Ansehns so nahe als möglich zu kommen suchen.
§. 61.
Die unendliche Mannigfaltigkeit der Käse löst sich in folgende EigenschaftenHauptver- schiedenheit des Käses. und Naturen des Käses auf.
1) In Ansehung der Fettigkeit des Käses unterscheidet man
a. überfetten Käse, wozu gewöhnlich die frische Morgenmilch genommen und mit dem Rahm der letzten Abendmilch vermischt wird.
b. fetten Käse, wozu bloß die Milch so wie sie von der Kuh kommt ge- braucht wird.
c. magern Käse, wozu man nur die abgerahmte Milch nimmt.
Es giebt hier indessen Gradationen von mehrerer oder minderer Fettigkeit, in- dem man zu der erstern Art mehr oder minder von dem Rahme zusetzt und bei der letzten Art den Rahm völlig oder nur zum Theil ausscheiden läßt und abnimmt.
2) Unterscheiden sie sich in Süßmilchs- und Sauermilchs-Käse, je nachdem man die Milch und den Rahm ganz frisch käset oder beiden erst einen größeren oder geringeren Grad von Säurung erreichen läßt.
3) In gepreßten und ungepreßten Käse. Nur durch das Pressen kann der Käse völlig von den Molkentheilen befreiet werden. Die Molkentheile aber sind es, welche den Käse, wenn sie in Gährung kommen, eine Schärfe mittheilen und eine Neigung seine Consistenz zu verändern, und besonders in feuchter Luft zu einer zähen Feuchtigkeit zu zerfließen. Je sorgfältiger also durch mehrmahliges Umarbeiten der Käsematerie und wiederholtes anhaltendes Pressen die Molken-
Kaͤſebereitung.
Wenn dieſe einmal an gewiſſe Kaͤſearten gewoͤhnt ſind und durchaus verlan- gen, daß nachgeahmter Kaͤſe vollkommen den Geſchmack und andere Eigenſchaften des Originalkaͤſes haben ſollen, ſo wird man ſie freilich ſchwer befriedigen koͤnnen. Dies iſt aber mehr eine auf Eigenſinn, als auf wirkliche Annehmlichkeit des Ge- ſchmacks begruͤndete Forderung. Es laͤßt ſich wohl denken, daß wir Kaͤſe machen koͤnnen, der den beſten Cheſter Kaͤſe in jeder Annehmlichkeit uͤbertrifft, wenn es gleich nicht voͤllig derſelbe waͤre. Und geben wir dem Kaͤſe nur die Lieblichkeit, die man nach Verhaͤltniß ſeines Preiſes davon fordert, ſo wird es ihm am Abſatz nicht fehlen. Jedoch muß man beſonders im Anfange einer in Ruf gekommenen Kaͤſeart nicht nur in Anſehung des Geſchmacks, ſondern auch in Anſehung der Form und des Anſehns ſo nahe als moͤglich zu kommen ſuchen.
§. 61.
Die unendliche Mannigfaltigkeit der Kaͤſe loͤſt ſich in folgende EigenſchaftenHauptver- ſchiedenheit des Kaͤſes. und Naturen des Kaͤſes auf.
1) In Anſehung der Fettigkeit des Kaͤſes unterſcheidet man
a. uͤberfetten Kaͤſe, wozu gewoͤhnlich die friſche Morgenmilch genommen und mit dem Rahm der letzten Abendmilch vermiſcht wird.
b. fetten Kaͤſe, wozu bloß die Milch ſo wie ſie von der Kuh kommt ge- braucht wird.
c. magern Kaͤſe, wozu man nur die abgerahmte Milch nimmt.
Es giebt hier indeſſen Gradationen von mehrerer oder minderer Fettigkeit, in- dem man zu der erſtern Art mehr oder minder von dem Rahme zuſetzt und bei der letzten Art den Rahm voͤllig oder nur zum Theil ausſcheiden laͤßt und abnimmt.
2) Unterſcheiden ſie ſich in Suͤßmilchs- und Sauermilchs-Kaͤſe, je nachdem man die Milch und den Rahm ganz friſch kaͤſet oder beiden erſt einen groͤßeren oder geringeren Grad von Saͤurung erreichen laͤßt.
3) In gepreßten und ungepreßten Kaͤſe. Nur durch das Preſſen kann der Kaͤſe voͤllig von den Molkentheilen befreiet werden. Die Molkentheile aber ſind es, welche den Kaͤſe, wenn ſie in Gaͤhrung kommen, eine Schaͤrfe mittheilen und eine Neigung ſeine Conſiſtenz zu veraͤndern, und beſonders in feuchter Luft zu einer zaͤhen Feuchtigkeit zu zerfließen. Je ſorgfaͤltiger alſo durch mehrmahliges Umarbeiten der Kaͤſematerie und wiederholtes anhaltendes Preſſen die Molken-
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Kaͤſebereitung.
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des Originalkaͤſes haben ſollen, ſo wird man ſie freilich ſchwer befriedigen koͤnnen.
Dies iſt aber mehr eine auf Eigenſinn, als auf wirkliche Annehmlichkeit des Ge-
ſchmacks begruͤndete Forderung. Es laͤßt ſich wohl denken, daß wir Kaͤſe machen
koͤnnen, der den beſten Cheſter Kaͤſe in jeder Annehmlichkeit uͤbertrifft, wenn es
gleich nicht voͤllig derſelbe waͤre. Und geben wir dem Kaͤſe nur die Lieblichkeit, die
man nach Verhaͤltniß ſeines Preiſes davon fordert, ſo wird es ihm am Abſatz
nicht fehlen. Jedoch muß man beſonders im Anfange einer in Ruf gekommenen
Kaͤſeart nicht nur in Anſehung des Geſchmacks, ſondern auch in Anſehung der
Form und des Anſehns ſo nahe als moͤglich zu kommen ſuchen.
§. 61.
Die unendliche Mannigfaltigkeit der Kaͤſe loͤſt ſich in folgende Eigenſchaften
und Naturen des Kaͤſes auf.
Hauptver-
ſchiedenheit
des Kaͤſes.
1) In Anſehung der Fettigkeit des Kaͤſes unterſcheidet man
a. uͤberfetten Kaͤſe, wozu gewoͤhnlich die friſche Morgenmilch genommen und
mit dem Rahm der letzten Abendmilch vermiſcht wird.
b. fetten Kaͤſe, wozu bloß die Milch ſo wie ſie von der Kuh kommt ge-
braucht wird.
c. magern Kaͤſe, wozu man nur die abgerahmte Milch nimmt.
Es giebt hier indeſſen Gradationen von mehrerer oder minderer Fettigkeit, in-
dem man zu der erſtern Art mehr oder minder von dem Rahme zuſetzt und bei der
letzten Art den Rahm voͤllig oder nur zum Theil ausſcheiden laͤßt und abnimmt.
2) Unterſcheiden ſie ſich in Suͤßmilchs- und Sauermilchs-Kaͤſe, je nachdem
man die Milch und den Rahm ganz friſch kaͤſet oder beiden erſt einen groͤßeren oder
geringeren Grad von Saͤurung erreichen laͤßt.
3) In gepreßten und ungepreßten Kaͤſe. Nur durch das Preſſen kann der
Kaͤſe voͤllig von den Molkentheilen befreiet werden. Die Molkentheile aber ſind
es, welche den Kaͤſe, wenn ſie in Gaͤhrung kommen, eine Schaͤrfe mittheilen
und eine Neigung ſeine Conſiſtenz zu veraͤndern, und beſonders in feuchter Luft
zu einer zaͤhen Feuchtigkeit zu zerfließen. Je ſorgfaͤltiger alſo durch mehrmahliges
Umarbeiten der Kaͤſematerie und wiederholtes anhaltendes Preſſen die Molken-
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/381>, abgerufen am 16.02.2025.
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