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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Ernährung des Rindviehes.
reichlichste Weide, so daß sie von dem darauf gehenden Viehe nicht bezwun-
gen werden kann, voraussetzt, so glaube ich, daß der Milchertrag einer Kuh
dabei größer seyn kann, als bei der allerstärksten grünen Stallfütterung, die
man geben kann. Wir haben glaubhafte Versicherungen, daß einzelne Kühe
auf den vorzüglichsten und milchreichsten Marschweiden 90 bis 100 Pfund Milch
in ihrer besten Milchzeit gegeben haben. Bei der Stallfütterung weiß ich kein
bestimmtes Beispiel, wo eine Kuh über sechzig Pfund in einem Tage ge-
geben hätte.

§. 47.

Vortheil der
Molkerei.
Bei der Verschiedenheit der Racen und der Individuen, bei der so un-
gleichen Ernährungs- und Verpflegungsart, bei der verschiedenen Behandlung
und Benutzung des Molkereiwesens, und dem ungleichen Preise dieser Pro-
dukte, läßt sich durchaus nichts Allgemeines über den Ertrag und noch weni-
ger über die Geldbenutzung einer Milchkuh sagen. Wir haben evidente Bei-
spiele, daß eine Kuh unter einem sehr industriösen Betriebe jährlich auf
200 Rthlr. und mehr in der Nähe volkreicher Städte benutzt worden sey,
und andere, wo vielleicht der ganze Molkenertrag einer Kuh nicht 5 Rthlr.
beträgt. Es giebt allerdings Fälle, wo die Nutzung einer Kuh den Werth,
selbst des angekauften Futters beträchtlich überwiegt, aber dies würde unter
den gewöhnlichen ländlichen Verhältnissen ein seltner Fall seyn. Die Rech-
nung kömmt jedoch anders zu stehen, wenn man das Futter nicht zu seinem
Markt-, sondern zu seinem Produktionspreise berechnet, was in den meisten
Verhältnissen geschehen muß, da man den Marktpreis unmöglich benutzen
kann. Die Verhältnisse sind aber hier so mannigfaltig, daß außer dem, was
in Rücksicht dieser Verhältnisse bereits an einem andern Orte gesagt worden,
nichts hinzugefügt werden kann. Der Brutto-Ertrag einer Kuh, d. h. ohne
Abzug des Futters, der Weide und der Wartung, jedoch auch ohne Anrech-
nung des Düngers, schwankt, wenn wir die ganz kärgliche und die sehr reich-
liche Verpflegung ausnehmen, zwischen 10 und 30 Rthlr. Der mittlere Er-
trag einer Kuh wird bei gut eingerichteten Wirthschaften im Durchschnitt ihrer
Milchzeit von 40 Wochen oder 280 Tagen zu 4 Quart täglich angenommen

werden

Ernaͤhrung des Rindviehes.
reichlichſte Weide, ſo daß ſie von dem darauf gehenden Viehe nicht bezwun-
gen werden kann, vorausſetzt, ſo glaube ich, daß der Milchertrag einer Kuh
dabei groͤßer ſeyn kann, als bei der allerſtaͤrkſten gruͤnen Stallfuͤtterung, die
man geben kann. Wir haben glaubhafte Verſicherungen, daß einzelne Kuͤhe
auf den vorzuͤglichſten und milchreichſten Marſchweiden 90 bis 100 Pfund Milch
in ihrer beſten Milchzeit gegeben haben. Bei der Stallfuͤtterung weiß ich kein
beſtimmtes Beiſpiel, wo eine Kuh uͤber ſechzig Pfund in einem Tage ge-
geben haͤtte.

§. 47.

Vortheil der
Molkerei.
Bei der Verſchiedenheit der Raçen und der Individuen, bei der ſo un-
gleichen Ernaͤhrungs- und Verpflegungsart, bei der verſchiedenen Behandlung
und Benutzung des Molkereiweſens, und dem ungleichen Preiſe dieſer Pro-
dukte, laͤßt ſich durchaus nichts Allgemeines uͤber den Ertrag und noch weni-
ger uͤber die Geldbenutzung einer Milchkuh ſagen. Wir haben evidente Bei-
ſpiele, daß eine Kuh unter einem ſehr induſtrioͤſen Betriebe jaͤhrlich auf
200 Rthlr. und mehr in der Naͤhe volkreicher Staͤdte benutzt worden ſey,
und andere, wo vielleicht der ganze Molkenertrag einer Kuh nicht 5 Rthlr.
betraͤgt. Es giebt allerdings Faͤlle, wo die Nutzung einer Kuh den Werth,
ſelbſt des angekauften Futters betraͤchtlich uͤberwiegt, aber dies wuͤrde unter
den gewoͤhnlichen laͤndlichen Verhaͤltniſſen ein ſeltner Fall ſeyn. Die Rech-
nung koͤmmt jedoch anders zu ſtehen, wenn man das Futter nicht zu ſeinem
Markt-, ſondern zu ſeinem Produktionspreiſe berechnet, was in den meiſten
Verhaͤltniſſen geſchehen muß, da man den Marktpreis unmoͤglich benutzen
kann. Die Verhaͤltniſſe ſind aber hier ſo mannigfaltig, daß außer dem, was
in Ruͤckſicht dieſer Verhaͤltniſſe bereits an einem andern Orte geſagt worden,
nichts hinzugefuͤgt werden kann. Der Brutto-Ertrag einer Kuh, d. h. ohne
Abzug des Futters, der Weide und der Wartung, jedoch auch ohne Anrech-
nung des Duͤngers, ſchwankt, wenn wir die ganz kaͤrgliche und die ſehr reich-
liche Verpflegung ausnehmen, zwiſchen 10 und 30 Rthlr. Der mittlere Er-
trag einer Kuh wird bei gut eingerichteten Wirthſchaften im Durchſchnitt ihrer
Milchzeit von 40 Wochen oder 280 Tagen zu 4 Quart taͤglich angenommen

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[344/0368] Ernaͤhrung des Rindviehes. reichlichſte Weide, ſo daß ſie von dem darauf gehenden Viehe nicht bezwun- gen werden kann, vorausſetzt, ſo glaube ich, daß der Milchertrag einer Kuh dabei groͤßer ſeyn kann, als bei der allerſtaͤrkſten gruͤnen Stallfuͤtterung, die man geben kann. Wir haben glaubhafte Verſicherungen, daß einzelne Kuͤhe auf den vorzuͤglichſten und milchreichſten Marſchweiden 90 bis 100 Pfund Milch in ihrer beſten Milchzeit gegeben haben. Bei der Stallfuͤtterung weiß ich kein beſtimmtes Beiſpiel, wo eine Kuh uͤber ſechzig Pfund in einem Tage ge- geben haͤtte. §. 47. Bei der Verſchiedenheit der Raçen und der Individuen, bei der ſo un- gleichen Ernaͤhrungs- und Verpflegungsart, bei der verſchiedenen Behandlung und Benutzung des Molkereiweſens, und dem ungleichen Preiſe dieſer Pro- dukte, laͤßt ſich durchaus nichts Allgemeines uͤber den Ertrag und noch weni- ger uͤber die Geldbenutzung einer Milchkuh ſagen. Wir haben evidente Bei- ſpiele, daß eine Kuh unter einem ſehr induſtrioͤſen Betriebe jaͤhrlich auf 200 Rthlr. und mehr in der Naͤhe volkreicher Staͤdte benutzt worden ſey, und andere, wo vielleicht der ganze Molkenertrag einer Kuh nicht 5 Rthlr. betraͤgt. Es giebt allerdings Faͤlle, wo die Nutzung einer Kuh den Werth, ſelbſt des angekauften Futters betraͤchtlich uͤberwiegt, aber dies wuͤrde unter den gewoͤhnlichen laͤndlichen Verhaͤltniſſen ein ſeltner Fall ſeyn. Die Rech- nung koͤmmt jedoch anders zu ſtehen, wenn man das Futter nicht zu ſeinem Markt-, ſondern zu ſeinem Produktionspreiſe berechnet, was in den meiſten Verhaͤltniſſen geſchehen muß, da man den Marktpreis unmoͤglich benutzen kann. Die Verhaͤltniſſe ſind aber hier ſo mannigfaltig, daß außer dem, was in Ruͤckſicht dieſer Verhaͤltniſſe bereits an einem andern Orte geſagt worden, nichts hinzugefuͤgt werden kann. Der Brutto-Ertrag einer Kuh, d. h. ohne Abzug des Futters, der Weide und der Wartung, jedoch auch ohne Anrech- nung des Duͤngers, ſchwankt, wenn wir die ganz kaͤrgliche und die ſehr reich- liche Verpflegung ausnehmen, zwiſchen 10 und 30 Rthlr. Der mittlere Er- trag einer Kuh wird bei gut eingerichteten Wirthſchaften im Durchſchnitt ihrer Milchzeit von 40 Wochen oder 280 Tagen zu 4 Quart taͤglich angenommen werden Vortheil der Molkerei.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/368>, abgerufen am 22.12.2024.