Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Ernährung des Rindviehes.

Man hat zur Empfehlung der trockenen Sommerfütterung Besorglichkei-
ten mancher Art gegen die grüne Fütterung angeführt, die ganz unbegründet
sind. So warnt man gegen das Einbringen des nassen und vornämlich des
bethauten Futters. Dies ist aber, meiner Erfahrung nach, völlig unschädlich,
wenn man es nur nicht zusammengehäuft, und durch seine eigene Schwere sich
niederdrückend so lange liegen läßt, daß es sich zu erhitzen anfängt. Der
Futter-Vorrathsplatz muß entweder so geräumig seyn, daß es dünn ausge-
breitet werden könne, oder man muß es nur bei Quantitäten, die auf eine
Mahlzeit zureichen, einhohlen. Bei feuchtem Wetter schadet es durchaus
nichts, wenn es auch einige Tage in Schwaden auf dem Felde liegt.

§. 46.

Jungen, vor der Blüthe gemähten Klee habe ich nie gefährlich gefun-Zeit des Klee-
schnitts.

den, wenn er mäßig gegeben wird. Wenn man ihn aber dem, nach grünem
Futter anfangs so begierigen Viehe im Uebermaaß vorwirft, oder es etwa zu
dem Futtervorrathe kommen und eilig davon fressen läßt, so kann es sich al-
lerdings eine Unverdaulichkeit mit ihren Folgen, der Aufblähung, zuziehen.
Wirthschaftlich ist es aber freilich nicht, den Klee, bevor er Blütheknospen
ausgetrieben hat, zu mähen, weil er in den acht Tagen, wo er dies thut, in
Masse mehr zunimmt, als in den vorherigen fünf Wochen. Wenn man eine
Kleefläche sechs Wochen hindurch alle 14 Tage einmal mähet, und jedesmal
30 Pfund jungen Klee, in Summa 90 Pfund erhält, so erhält man von der-
selben Fläche 600 Pfund, wenn man ihn nach sechs Wochen nur einmal
mähet, wie ein darüber angestellter Versuch entscheidend bewiesen hat.

Dies ist eine der Hauptursachen, warum eine gleiche Fläche durch das
Abmähen einen so viel höheren Ertrag, als durch die Weide giebt, welche
die Pflanzen nicht zu ihrer Entwickelung kommen läßt. Ob aber eine Kuh
bei der Stallfütterung oder bei der Weide, ohne Rücksicht auf die Fläche,
welche sie zu ihrer Nahrung gebraucht, mehrere Milch gebe, wird sich nim-
mermehr im Allgemeinen entscheiden lassen. Dieselbe Kuh, welche auf einer
guten aber gewöhnlichen Weide 10 Quart Milch täglich giebt, kann bei der
Stallfütterung, wenn sie spärlich ist, vielleicht nur 6 Quart, bei einer
reichlichen aber 14 Quart Milch geben. Wenn man indessen die üppigste und

Ernaͤhrung des Rindviehes.

Man hat zur Empfehlung der trockenen Sommerfuͤtterung Beſorglichkei-
ten mancher Art gegen die gruͤne Fuͤtterung angefuͤhrt, die ganz unbegruͤndet
ſind. So warnt man gegen das Einbringen des naſſen und vornaͤmlich des
bethauten Futters. Dies iſt aber, meiner Erfahrung nach, voͤllig unſchaͤdlich,
wenn man es nur nicht zuſammengehaͤuft, und durch ſeine eigene Schwere ſich
niederdruͤckend ſo lange liegen laͤßt, daß es ſich zu erhitzen anfaͤngt. Der
Futter-Vorrathsplatz muß entweder ſo geraͤumig ſeyn, daß es duͤnn ausge-
breitet werden koͤnne, oder man muß es nur bei Quantitaͤten, die auf eine
Mahlzeit zureichen, einhohlen. Bei feuchtem Wetter ſchadet es durchaus
nichts, wenn es auch einige Tage in Schwaden auf dem Felde liegt.

§. 46.

Jungen, vor der Bluͤthe gemaͤhten Klee habe ich nie gefaͤhrlich gefun-Zeit des Klee-
ſchnitts.

den, wenn er maͤßig gegeben wird. Wenn man ihn aber dem, nach gruͤnem
Futter anfangs ſo begierigen Viehe im Uebermaaß vorwirft, oder es etwa zu
dem Futtervorrathe kommen und eilig davon freſſen laͤßt, ſo kann es ſich al-
lerdings eine Unverdaulichkeit mit ihren Folgen, der Aufblaͤhung, zuziehen.
Wirthſchaftlich iſt es aber freilich nicht, den Klee, bevor er Bluͤtheknospen
ausgetrieben hat, zu maͤhen, weil er in den acht Tagen, wo er dies thut, in
Maſſe mehr zunimmt, als in den vorherigen fuͤnf Wochen. Wenn man eine
Kleeflaͤche ſechs Wochen hindurch alle 14 Tage einmal maͤhet, und jedesmal
30 Pfund jungen Klee, in Summa 90 Pfund erhaͤlt, ſo erhaͤlt man von der-
ſelben Flaͤche 600 Pfund, wenn man ihn nach ſechs Wochen nur einmal
maͤhet, wie ein daruͤber angeſtellter Verſuch entſcheidend bewieſen hat.

Dies iſt eine der Haupturſachen, warum eine gleiche Flaͤche durch das
Abmaͤhen einen ſo viel hoͤheren Ertrag, als durch die Weide giebt, welche
die Pflanzen nicht zu ihrer Entwickelung kommen laͤßt. Ob aber eine Kuh
bei der Stallfuͤtterung oder bei der Weide, ohne Ruͤckſicht auf die Flaͤche,
welche ſie zu ihrer Nahrung gebraucht, mehrere Milch gebe, wird ſich nim-
mermehr im Allgemeinen entſcheiden laſſen. Dieſelbe Kuh, welche auf einer
guten aber gewoͤhnlichen Weide 10 Quart Milch taͤglich giebt, kann bei der
Stallfuͤtterung, wenn ſie ſpaͤrlich iſt, vielleicht nur 6 Quart, bei einer
reichlichen aber 14 Quart Milch geben. Wenn man indeſſen die uͤppigſte und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0367" n="343"/>
              <fw place="top" type="header">Erna&#x0364;hrung des Rindviehes.</fw><lb/>
              <p>Man hat zur Empfehlung der trockenen Sommerfu&#x0364;tterung Be&#x017F;orglichkei-<lb/>
ten mancher Art gegen die gru&#x0364;ne Fu&#x0364;tterung angefu&#x0364;hrt, die ganz unbegru&#x0364;ndet<lb/>
&#x017F;ind. So warnt man gegen das Einbringen des na&#x017F;&#x017F;en und vorna&#x0364;mlich des<lb/>
bethauten Futters. Dies i&#x017F;t aber, meiner Erfahrung nach, vo&#x0364;llig un&#x017F;cha&#x0364;dlich,<lb/>
wenn man es nur nicht zu&#x017F;ammengeha&#x0364;uft, und durch &#x017F;eine eigene Schwere &#x017F;ich<lb/>
niederdru&#x0364;ckend &#x017F;o lange liegen la&#x0364;ßt, daß es &#x017F;ich zu erhitzen anfa&#x0364;ngt. Der<lb/>
Futter-Vorrathsplatz muß entweder &#x017F;o gera&#x0364;umig &#x017F;eyn, daß es du&#x0364;nn ausge-<lb/>
breitet werden ko&#x0364;nne, oder man muß es nur bei Quantita&#x0364;ten, die auf eine<lb/>
Mahlzeit zureichen, einhohlen. Bei feuchtem Wetter &#x017F;chadet es durchaus<lb/>
nichts, wenn es auch einige Tage in Schwaden auf dem Felde liegt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 46.</head><lb/>
              <p>Jungen, vor der Blu&#x0364;the gema&#x0364;hten Klee habe ich nie gefa&#x0364;hrlich gefun-<note place="right">Zeit des Klee-<lb/>
&#x017F;chnitts.</note><lb/>
den, wenn er ma&#x0364;ßig gegeben wird. Wenn man ihn aber dem, nach gru&#x0364;nem<lb/>
Futter anfangs &#x017F;o begierigen Viehe im Uebermaaß vorwirft, oder es etwa zu<lb/>
dem Futtervorrathe kommen und eilig davon fre&#x017F;&#x017F;en la&#x0364;ßt, &#x017F;o kann es &#x017F;ich al-<lb/>
lerdings eine Unverdaulichkeit mit ihren Folgen, der Aufbla&#x0364;hung, zuziehen.<lb/>
Wirth&#x017F;chaftlich i&#x017F;t es aber freilich nicht, den Klee, bevor er Blu&#x0364;theknospen<lb/>
ausgetrieben hat, zu ma&#x0364;hen, weil er in den acht Tagen, wo er dies thut, in<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e mehr zunimmt, als in den vorherigen fu&#x0364;nf Wochen. Wenn man eine<lb/>
Kleefla&#x0364;che &#x017F;echs Wochen hindurch alle 14 Tage einmal ma&#x0364;het, und jedesmal<lb/>
30 Pfund jungen Klee, <hi rendition="#aq">in Summa</hi> 90 Pfund erha&#x0364;lt, &#x017F;o erha&#x0364;lt man von der-<lb/>
&#x017F;elben Fla&#x0364;che 600 Pfund, wenn man ihn nach &#x017F;echs Wochen nur einmal<lb/>
ma&#x0364;het, wie ein daru&#x0364;ber ange&#x017F;tellter Ver&#x017F;uch ent&#x017F;cheidend bewie&#x017F;en hat.</p><lb/>
              <p>Dies i&#x017F;t eine der Hauptur&#x017F;achen, warum eine gleiche Fla&#x0364;che durch das<lb/>
Abma&#x0364;hen einen &#x017F;o viel ho&#x0364;heren Ertrag, als durch die Weide giebt, welche<lb/>
die Pflanzen nicht zu ihrer Entwickelung kommen la&#x0364;ßt. Ob aber eine Kuh<lb/>
bei der Stallfu&#x0364;tterung oder bei der Weide, ohne Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf die Fla&#x0364;che,<lb/>
welche &#x017F;ie zu ihrer Nahrung gebraucht, mehrere Milch gebe, wird &#x017F;ich nim-<lb/>
mermehr im Allgemeinen ent&#x017F;cheiden la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;elbe Kuh, welche auf einer<lb/>
guten aber gewo&#x0364;hnlichen Weide 10 Quart Milch ta&#x0364;glich giebt, kann bei der<lb/>
Stallfu&#x0364;tterung, wenn &#x017F;ie &#x017F;pa&#x0364;rlich i&#x017F;t, vielleicht nur 6 Quart, bei einer<lb/>
reichlichen aber 14 Quart Milch geben. Wenn man inde&#x017F;&#x017F;en die u&#x0364;ppig&#x017F;te und<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0367] Ernaͤhrung des Rindviehes. Man hat zur Empfehlung der trockenen Sommerfuͤtterung Beſorglichkei- ten mancher Art gegen die gruͤne Fuͤtterung angefuͤhrt, die ganz unbegruͤndet ſind. So warnt man gegen das Einbringen des naſſen und vornaͤmlich des bethauten Futters. Dies iſt aber, meiner Erfahrung nach, voͤllig unſchaͤdlich, wenn man es nur nicht zuſammengehaͤuft, und durch ſeine eigene Schwere ſich niederdruͤckend ſo lange liegen laͤßt, daß es ſich zu erhitzen anfaͤngt. Der Futter-Vorrathsplatz muß entweder ſo geraͤumig ſeyn, daß es duͤnn ausge- breitet werden koͤnne, oder man muß es nur bei Quantitaͤten, die auf eine Mahlzeit zureichen, einhohlen. Bei feuchtem Wetter ſchadet es durchaus nichts, wenn es auch einige Tage in Schwaden auf dem Felde liegt. §. 46. Jungen, vor der Bluͤthe gemaͤhten Klee habe ich nie gefaͤhrlich gefun- den, wenn er maͤßig gegeben wird. Wenn man ihn aber dem, nach gruͤnem Futter anfangs ſo begierigen Viehe im Uebermaaß vorwirft, oder es etwa zu dem Futtervorrathe kommen und eilig davon freſſen laͤßt, ſo kann es ſich al- lerdings eine Unverdaulichkeit mit ihren Folgen, der Aufblaͤhung, zuziehen. Wirthſchaftlich iſt es aber freilich nicht, den Klee, bevor er Bluͤtheknospen ausgetrieben hat, zu maͤhen, weil er in den acht Tagen, wo er dies thut, in Maſſe mehr zunimmt, als in den vorherigen fuͤnf Wochen. Wenn man eine Kleeflaͤche ſechs Wochen hindurch alle 14 Tage einmal maͤhet, und jedesmal 30 Pfund jungen Klee, in Summa 90 Pfund erhaͤlt, ſo erhaͤlt man von der- ſelben Flaͤche 600 Pfund, wenn man ihn nach ſechs Wochen nur einmal maͤhet, wie ein daruͤber angeſtellter Verſuch entſcheidend bewieſen hat. Zeit des Klee- ſchnitts. Dies iſt eine der Haupturſachen, warum eine gleiche Flaͤche durch das Abmaͤhen einen ſo viel hoͤheren Ertrag, als durch die Weide giebt, welche die Pflanzen nicht zu ihrer Entwickelung kommen laͤßt. Ob aber eine Kuh bei der Stallfuͤtterung oder bei der Weide, ohne Ruͤckſicht auf die Flaͤche, welche ſie zu ihrer Nahrung gebraucht, mehrere Milch gebe, wird ſich nim- mermehr im Allgemeinen entſcheiden laſſen. Dieſelbe Kuh, welche auf einer guten aber gewoͤhnlichen Weide 10 Quart Milch taͤglich giebt, kann bei der Stallfuͤtterung, wenn ſie ſpaͤrlich iſt, vielleicht nur 6 Quart, bei einer reichlichen aber 14 Quart Milch geben. Wenn man indeſſen die uͤppigſte und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/367
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/367>, abgerufen am 22.11.2024.