herunter, die sie bei dem Kalben so nothwendig braucht, und vermindert dann die Milcherzengung. Es ist vielmehr sehr rathsam, der Kuh gegen ihre Ent- bindungszeit kräftige und leicht verdauliche Nahrungsmittel in kleinem Volu- men zu reichen, z. B. Schroottrank, Oelkuchentrank, Rockensauerteig in Was- ser aufgelöst; einige rühmen besonders gekochte Linsen. Dergleichen Getränke sind hauptsächlich zur Beförderung einer starken Milchabsonderung durch Auf- reizung der Milchgefäße jetzt und in den ersten Tagen nach der Geburt sehr nützlich, und weil man ihnen dabei weniger hartes und aufblähendes Futter geben darf.
§. 16.
Geburt.Die Zeichen der herannahenden Geburt sind folgende: der Euter strotzt und enthält Milch, die Geburtstheile schwellen an, es entstehen oben zu bei- den Seiten des Schwanzes zwei Grübchen, die immer tiefer werden, und beim Berühren sehr nachgeben, die Kuh wird unruhig, legt sich bald nieder, steht bald wieder auf, sieht sich öfters nach dem Hinterleibe um, und blökt dazwischen. Man giebt ihr nun stärkere Streu, damit das Kalb nicht beschädigt werde, und behält sie einigermaßen im Auge; überläßt es übrigens ganz der Natur. Manche Kühe bringen das Kalb im Liegen, manche im Stehen zur Welt.
Die Vorderfüße, auf welchen der Kopf liegt, kommen zuerst zum Vor- schein, und der ganze Körper folgt, durch die Wehen der Mutter fortgedrückt, bald nach; doch ist es nicht, wie bei vielen andren Thieren, der Kopf, son- dern hauptsächlich die Brust, welche am schwersten hervordringt. Die Nabel- schnur reißt von selbst ab; wo nicht, kann man sie einen guten Zoll vom Bauch abbinden, und dann einen Zoll tiefer abschneiden.
Man legt das Kalb, wenn es en der Mutter saugen soll, der Kuh so vor, daß sie es belecken kann; soll aber das Kalb aufgetränkt werden, so wird es gleich weggetragen, und an seinen Ort gelegt.
Die Nachgeburt und der häutige mit Wasser gefüllte Beutel, in welchem das Kalb im Leibe lag, geht mehrentheils von selbst ab, und man hat dabei nichts anderes zu thun, als der Kuh eine kräftige Nahrung, Schroottrank und dergl. zu geben.
Aufzucht des Rindviehes.
herunter, die ſie bei dem Kalben ſo nothwendig braucht, und vermindert dann die Milcherzengung. Es iſt vielmehr ſehr rathſam, der Kuh gegen ihre Ent- bindungszeit kraͤftige und leicht verdauliche Nahrungsmittel in kleinem Volu- men zu reichen, z. B. Schroottrank, Oelkuchentrank, Rockenſauerteig in Waſ- ſer aufgeloͤſt; einige ruͤhmen beſonders gekochte Linſen. Dergleichen Getraͤnke ſind hauptſaͤchlich zur Befoͤrderung einer ſtarken Milchabſonderung durch Auf- reizung der Milchgefaͤße jetzt und in den erſten Tagen nach der Geburt ſehr nuͤtzlich, und weil man ihnen dabei weniger hartes und aufblaͤhendes Futter geben darf.
§. 16.
Geburt.Die Zeichen der herannahenden Geburt ſind folgende: der Euter ſtrotzt und enthaͤlt Milch, die Geburtstheile ſchwellen an, es entſtehen oben zu bei- den Seiten des Schwanzes zwei Gruͤbchen, die immer tiefer werden, und beim Beruͤhren ſehr nachgeben, die Kuh wird unruhig, legt ſich bald nieder, ſteht bald wieder auf, ſieht ſich oͤfters nach dem Hinterleibe um, und bloͤkt dazwiſchen. Man giebt ihr nun ſtaͤrkere Streu, damit das Kalb nicht beſchaͤdigt werde, und behaͤlt ſie einigermaßen im Auge; uͤberlaͤßt es uͤbrigens ganz der Natur. Manche Kuͤhe bringen das Kalb im Liegen, manche im Stehen zur Welt.
Die Vorderfuͤße, auf welchen der Kopf liegt, kommen zuerſt zum Vor- ſchein, und der ganze Koͤrper folgt, durch die Wehen der Mutter fortgedruͤckt, bald nach; doch iſt es nicht, wie bei vielen andren Thieren, der Kopf, ſon- dern hauptſaͤchlich die Bruſt, welche am ſchwerſten hervordringt. Die Nabel- ſchnur reißt von ſelbſt ab; wo nicht, kann man ſie einen guten Zoll vom Bauch abbinden, und dann einen Zoll tiefer abſchneiden.
Man legt das Kalb, wenn es en der Mutter ſaugen ſoll, der Kuh ſo vor, daß ſie es belecken kann; ſoll aber das Kalb aufgetraͤnkt werden, ſo wird es gleich weggetragen, und an ſeinen Ort gelegt.
Die Nachgeburt und der haͤutige mit Waſſer gefuͤllte Beutel, in welchem das Kalb im Leibe lag, geht mehrentheils von ſelbſt ab, und man hat dabei nichts anderes zu thun, als der Kuh eine kraͤftige Nahrung, Schroottrank und dergl. zu geben.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0334"n="310"/><fwplace="top"type="header">Aufzucht des Rindviehes.</fw><lb/>
herunter, die ſie bei dem Kalben ſo nothwendig braucht, und vermindert dann<lb/>
die Milcherzengung. Es iſt vielmehr ſehr rathſam, der Kuh gegen ihre Ent-<lb/>
bindungszeit kraͤftige und leicht verdauliche Nahrungsmittel in kleinem Volu-<lb/>
men zu reichen, z. B. Schroottrank, Oelkuchentrank, Rockenſauerteig in Waſ-<lb/>ſer aufgeloͤſt; einige ruͤhmen beſonders gekochte Linſen. Dergleichen Getraͤnke<lb/>ſind hauptſaͤchlich zur Befoͤrderung einer ſtarken Milchabſonderung durch Auf-<lb/>
reizung der Milchgefaͤße jetzt und in den erſten Tagen nach der Geburt ſehr<lb/>
nuͤtzlich, und weil man ihnen dabei weniger hartes und aufblaͤhendes Futter<lb/>
geben darf.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 16.</head><lb/><p><noteplace="left">Geburt.</note>Die Zeichen der herannahenden Geburt ſind folgende: der Euter ſtrotzt<lb/>
und enthaͤlt Milch, die Geburtstheile ſchwellen an, es entſtehen oben zu bei-<lb/>
den Seiten des Schwanzes zwei Gruͤbchen, die immer tiefer werden, und beim<lb/>
Beruͤhren ſehr nachgeben, die Kuh wird unruhig, legt ſich bald nieder, ſteht<lb/>
bald wieder auf, ſieht ſich oͤfters nach dem Hinterleibe um, und bloͤkt dazwiſchen.<lb/>
Man giebt ihr nun ſtaͤrkere Streu, damit das Kalb nicht beſchaͤdigt werde,<lb/>
und behaͤlt ſie einigermaßen im Auge; uͤberlaͤßt es uͤbrigens ganz der Natur.<lb/>
Manche Kuͤhe bringen das Kalb im Liegen, manche im Stehen zur Welt.</p><lb/><p>Die Vorderfuͤße, auf welchen der Kopf liegt, kommen zuerſt zum Vor-<lb/>ſchein, und der ganze Koͤrper folgt, durch die Wehen der Mutter fortgedruͤckt,<lb/>
bald nach; doch iſt es nicht, wie bei vielen andren Thieren, der Kopf, ſon-<lb/>
dern hauptſaͤchlich die Bruſt, welche am ſchwerſten hervordringt. Die Nabel-<lb/>ſchnur reißt von ſelbſt ab; wo nicht, kann man ſie einen guten Zoll vom Bauch<lb/>
abbinden, und dann einen Zoll tiefer abſchneiden.</p><lb/><p>Man legt das Kalb, wenn es en der Mutter ſaugen ſoll, der Kuh ſo<lb/>
vor, daß ſie es belecken kann; ſoll aber das Kalb aufgetraͤnkt werden, ſo wird<lb/>
es gleich weggetragen, und an ſeinen Ort gelegt.</p><lb/><p>Die Nachgeburt und der haͤutige mit Waſſer gefuͤllte Beutel, in welchem<lb/>
das Kalb im Leibe lag, geht mehrentheils von ſelbſt ab, und man hat dabei<lb/>
nichts anderes zu thun, als der Kuh eine kraͤftige Nahrung, Schroottrank und<lb/>
dergl. zu geben.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[310/0334]
Aufzucht des Rindviehes.
herunter, die ſie bei dem Kalben ſo nothwendig braucht, und vermindert dann
die Milcherzengung. Es iſt vielmehr ſehr rathſam, der Kuh gegen ihre Ent-
bindungszeit kraͤftige und leicht verdauliche Nahrungsmittel in kleinem Volu-
men zu reichen, z. B. Schroottrank, Oelkuchentrank, Rockenſauerteig in Waſ-
ſer aufgeloͤſt; einige ruͤhmen beſonders gekochte Linſen. Dergleichen Getraͤnke
ſind hauptſaͤchlich zur Befoͤrderung einer ſtarken Milchabſonderung durch Auf-
reizung der Milchgefaͤße jetzt und in den erſten Tagen nach der Geburt ſehr
nuͤtzlich, und weil man ihnen dabei weniger hartes und aufblaͤhendes Futter
geben darf.
§. 16.
Die Zeichen der herannahenden Geburt ſind folgende: der Euter ſtrotzt
und enthaͤlt Milch, die Geburtstheile ſchwellen an, es entſtehen oben zu bei-
den Seiten des Schwanzes zwei Gruͤbchen, die immer tiefer werden, und beim
Beruͤhren ſehr nachgeben, die Kuh wird unruhig, legt ſich bald nieder, ſteht
bald wieder auf, ſieht ſich oͤfters nach dem Hinterleibe um, und bloͤkt dazwiſchen.
Man giebt ihr nun ſtaͤrkere Streu, damit das Kalb nicht beſchaͤdigt werde,
und behaͤlt ſie einigermaßen im Auge; uͤberlaͤßt es uͤbrigens ganz der Natur.
Manche Kuͤhe bringen das Kalb im Liegen, manche im Stehen zur Welt.
Geburt.
Die Vorderfuͤße, auf welchen der Kopf liegt, kommen zuerſt zum Vor-
ſchein, und der ganze Koͤrper folgt, durch die Wehen der Mutter fortgedruͤckt,
bald nach; doch iſt es nicht, wie bei vielen andren Thieren, der Kopf, ſon-
dern hauptſaͤchlich die Bruſt, welche am ſchwerſten hervordringt. Die Nabel-
ſchnur reißt von ſelbſt ab; wo nicht, kann man ſie einen guten Zoll vom Bauch
abbinden, und dann einen Zoll tiefer abſchneiden.
Man legt das Kalb, wenn es en der Mutter ſaugen ſoll, der Kuh ſo
vor, daß ſie es belecken kann; ſoll aber das Kalb aufgetraͤnkt werden, ſo wird
es gleich weggetragen, und an ſeinen Ort gelegt.
Die Nachgeburt und der haͤutige mit Waſſer gefuͤllte Beutel, in welchem
das Kalb im Leibe lag, geht mehrentheils von ſelbſt ab, und man hat dabei
nichts anderes zu thun, als der Kuh eine kraͤftige Nahrung, Schroottrank und
dergl. zu geben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/334>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.