aber bei fortgesetzter guter Fütterung fett werden, und sodann gar nicht empfan- gen können. In Gegenden, wo man die Viehzucht sonst sehr aufmerksam be- treibt, in den Holsteinischen und Bremischen Marschen, überläßt man die Sache ganz der Natur, indem alles Vieh auf den Weiden sich zusammentrifft. Hier ist der Fall nicht selten, daß eine Ferse mit dem zweiten Jahre ein Kalb bringt, ohne daß man deshalb eine Verkröppelung derselben besorgt, nur braucht man die Vorsicht, eine solche voreilige Ferse zum ersten Male nicht lange zu melken. Ich habe sogar einmal den Fall gehabt, daß ein 18 Monat altes Thier ein Kalb bekam, von einem andren nicht älteren Bullenkalbe: es ist klein geblieben, aber dennoch eine gute Milchkuh geworden.
§. 14.
Brunstzeit.Die Brunst des Rindviehes tritt zu jeder Jahreszeit ein, und dieser Ein- tritt richtet sich nach dem Kalben. Bei reichlich genährtem Vieh tritt der Be- gattungstrieb zuweilen schon am zwanzigsten Tage ein. Man läßt diesen aber gewöhnlich übergehen, theils um die Kuh nicht zu sehr anzugreifen, theils weil man ihre Kalbezeit ungern vorrücken will. Zeigt sich der Begattungstrieb zum zweiten Male, gegen den vierzigsten oder sechzigsten Tag nach dem Kalben, so muß man ihn wahrnehmen, weil er sonst vielleicht ganz ausbleiben könnte. Es ist besonders bei dem auf dem Stalle gehaltenen Vieh von Wichtigkeit, die Zei- chen der Brunst zu beachten. Sie sind: Unruhe, Wildheit in den Augen und dem Gesichte, ungewöhnliches Schreien und Brüllen, aufgedunsene, schleimige Geburtstheile, Reiten auf andren Kühen, Entziehen oder Anhalten der Milch. Auf letzteres Zeichen müssen die Mägde bei Kühen, die nicht vom Stalle kom- men, aufmerksam achten.
Wenn der Begattungstrieb sich nicht einfindet, so ist entweder eine Schwäche des Thiers, oder bei sehr reicher Nahrung eine zu große Fettigkeit Schuld. Im ersteren Falle muß man die Nahrung verstärken, und dadurch wirken wohl solche spezifisch angerühmte Mittel, wie gerösteter Hafer mit Salz, Linsen, gestoßene Hanfkörner u. s. f. Auch soll man ihnen warme Milch von einer Kuh zu trinken geben, die eben gerindert hat. Scheint aber eine übergroße Feistigkeit Schuld zu seyn, so muß man der Kuh mehrere Bewegung verschaffen. Einige haben Kühen dadurch zur Trächtigkeit verholfen, daß sie solche vor den Pflug spannten.
Aufzucht des Rindviehes.
aber bei fortgeſetzter guter Fuͤtterung fett werden, und ſodann gar nicht empfan- gen koͤnnen. In Gegenden, wo man die Viehzucht ſonſt ſehr aufmerkſam be- treibt, in den Holſteiniſchen und Bremiſchen Marſchen, uͤberlaͤßt man die Sache ganz der Natur, indem alles Vieh auf den Weiden ſich zuſammentrifft. Hier iſt der Fall nicht ſelten, daß eine Ferſe mit dem zweiten Jahre ein Kalb bringt, ohne daß man deshalb eine Verkroͤppelung derſelben beſorgt, nur braucht man die Vorſicht, eine ſolche voreilige Ferſe zum erſten Male nicht lange zu melken. Ich habe ſogar einmal den Fall gehabt, daß ein 18 Monat altes Thier ein Kalb bekam, von einem andren nicht aͤlteren Bullenkalbe: es iſt klein geblieben, aber dennoch eine gute Milchkuh geworden.
§. 14.
Brunſtzeit.Die Brunſt des Rindviehes tritt zu jeder Jahreszeit ein, und dieſer Ein- tritt richtet ſich nach dem Kalben. Bei reichlich genaͤhrtem Vieh tritt der Be- gattungstrieb zuweilen ſchon am zwanzigſten Tage ein. Man laͤßt dieſen aber gewoͤhnlich uͤbergehen, theils um die Kuh nicht zu ſehr anzugreifen, theils weil man ihre Kalbezeit ungern vorruͤcken will. Zeigt ſich der Begattungstrieb zum zweiten Male, gegen den vierzigſten oder ſechzigſten Tag nach dem Kalben, ſo muß man ihn wahrnehmen, weil er ſonſt vielleicht ganz ausbleiben koͤnnte. Es iſt beſonders bei dem auf dem Stalle gehaltenen Vieh von Wichtigkeit, die Zei- chen der Brunſt zu beachten. Sie ſind: Unruhe, Wildheit in den Augen und dem Geſichte, ungewoͤhnliches Schreien und Bruͤllen, aufgedunſene, ſchleimige Geburtstheile, Reiten auf andren Kuͤhen, Entziehen oder Anhalten der Milch. Auf letzteres Zeichen muͤſſen die Maͤgde bei Kuͤhen, die nicht vom Stalle kom- men, aufmerkſam achten.
Wenn der Begattungstrieb ſich nicht einfindet, ſo iſt entweder eine Schwaͤche des Thiers, oder bei ſehr reicher Nahrung eine zu große Fettigkeit Schuld. Im erſteren Falle muß man die Nahrung verſtaͤrken, und dadurch wirken wohl ſolche ſpezifiſch angeruͤhmte Mittel, wie geroͤſteter Hafer mit Salz, Linſen, geſtoßene Hanfkoͤrner u. ſ. f. Auch ſoll man ihnen warme Milch von einer Kuh zu trinken geben, die eben gerindert hat. Scheint aber eine uͤbergroße Feiſtigkeit Schuld zu ſeyn, ſo muß man der Kuh mehrere Bewegung verſchaffen. Einige haben Kuͤhen dadurch zur Traͤchtigkeit verholfen, daß ſie ſolche vor den Pflug ſpannten.
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Aufzucht des Rindviehes.
aber bei fortgeſetzter guter Fuͤtterung fett werden, und ſodann gar nicht empfan-
gen koͤnnen. In Gegenden, wo man die Viehzucht ſonſt ſehr aufmerkſam be-
treibt, in den Holſteiniſchen und Bremiſchen Marſchen, uͤberlaͤßt man die Sache
ganz der Natur, indem alles Vieh auf den Weiden ſich zuſammentrifft. Hier
iſt der Fall nicht ſelten, daß eine Ferſe mit dem zweiten Jahre ein Kalb bringt,
ohne daß man deshalb eine Verkroͤppelung derſelben beſorgt, nur braucht man
die Vorſicht, eine ſolche voreilige Ferſe zum erſten Male nicht lange zu melken.
Ich habe ſogar einmal den Fall gehabt, daß ein 18 Monat altes Thier ein Kalb
bekam, von einem andren nicht aͤlteren Bullenkalbe: es iſt klein geblieben, aber
dennoch eine gute Milchkuh geworden.
§. 14.
Die Brunſt des Rindviehes tritt zu jeder Jahreszeit ein, und dieſer Ein-
tritt richtet ſich nach dem Kalben. Bei reichlich genaͤhrtem Vieh tritt der Be-
gattungstrieb zuweilen ſchon am zwanzigſten Tage ein. Man laͤßt dieſen aber
gewoͤhnlich uͤbergehen, theils um die Kuh nicht zu ſehr anzugreifen, theils weil
man ihre Kalbezeit ungern vorruͤcken will. Zeigt ſich der Begattungstrieb zum
zweiten Male, gegen den vierzigſten oder ſechzigſten Tag nach dem Kalben, ſo
muß man ihn wahrnehmen, weil er ſonſt vielleicht ganz ausbleiben koͤnnte. Es
iſt beſonders bei dem auf dem Stalle gehaltenen Vieh von Wichtigkeit, die Zei-
chen der Brunſt zu beachten. Sie ſind: Unruhe, Wildheit in den Augen und
dem Geſichte, ungewoͤhnliches Schreien und Bruͤllen, aufgedunſene, ſchleimige
Geburtstheile, Reiten auf andren Kuͤhen, Entziehen oder Anhalten der Milch.
Auf letzteres Zeichen muͤſſen die Maͤgde bei Kuͤhen, die nicht vom Stalle kom-
men, aufmerkſam achten.
Brunſtzeit.
Wenn der Begattungstrieb ſich nicht einfindet, ſo iſt entweder eine Schwaͤche
des Thiers, oder bei ſehr reicher Nahrung eine zu große Fettigkeit Schuld. Im
erſteren Falle muß man die Nahrung verſtaͤrken, und dadurch wirken wohl ſolche
ſpezifiſch angeruͤhmte Mittel, wie geroͤſteter Hafer mit Salz, Linſen, geſtoßene
Hanfkoͤrner u. ſ. f. Auch ſoll man ihnen warme Milch von einer Kuh zu trinken
geben, die eben gerindert hat. Scheint aber eine uͤbergroße Feiſtigkeit Schuld
zu ſeyn, ſo muß man der Kuh mehrere Bewegung verſchaffen. Einige haben Kuͤhen
dadurch zur Traͤchtigkeit verholfen, daß ſie ſolche vor den Pflug ſpannten.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/332>, abgerufen am 03.03.2025.
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