Der Spörgel, Ackerspark, Knötrich, Mariengras, Spergula arvensis,
§. 386.
Arten.ist von dem wildwachsenden Spörgel, Spergula pentandra, in seiner Natur und Habitus merklich verschieden, unerachtet ich kein charakteristisches Unterschei- dungszeichen davon anzugeben weiß. Denn daß jener 10, dieser nur 5 Staub- fäden habe, ist nicht beständig, und man findet selbst an derselben Pflanze Blü- ten, die deren 5 und andre, die 10 haben. Der höhere mehr ausgebreitete Wuchs, die spätere Blütezeit unterscheidet sie fast nur. Ob der angebauete Spörgel auch zur wildwachsenden Pflanze oder zum Unkraut werden könne, wie manche bei seinem Anbau besorgen, ist mir noch zweifelhaft. Ich habe zwar oft bemerkt, daß wenn er auf einem Felde zur Saamenreife kam, auf demsel- ben oder den benachbarten Feldern sich im folgenden Jahre unter den ausgesäe- ten Früchten viel Spörgel zeigte, der von dem ausgefallenen, verweheten, im Winter schlafenden und im Frühjahr erst laufenden Saamen herrührte; er ver- lor sich aber nach ein oder zwei Jahren völlig wieder. Denn die jungen Pflan- zen können keinen Frost ertragen, den der wildwachsende dagegen aushält.
Vom angebaueten Spörgel giebt es zwei Abarten: eine die niedriger aber dichter wächst; eine andre die doppelt so hoch wird, aber einen sehr kräftigen Boden erfordert, um dicht zu werden, und, in Verhältniß ihrer Größe, jene im Ertrage zu übertreffen. Erstere paßt sich auf minder kräftigem Boden, wor- auf man doch nur Spörgel zu bauen pflegt, und zur Weide besser; diese wenn man einmal starken Boden mit Spörgel zum Abmähen bestellen will. Man kann den Saamen beider schon unterscheiden; die kleinere hat einen schwärzeren Saamen mit weißem Ringe, die größere einen bräunlichten Saamen, der, wenn man ihn genau betrachtet, dunkelbraun und gelb getüpfelt ist und mehrentheils keinen Ring hat.
Ich habe durch Vermengung des Saamens eine Mittelart hervorgebracht, die beträchtlich höher wie die kleine Art, aber dabei sehr dicht wird, von der ich auf mittelmäßigem Boden einen vorzüglichen Ertrag erlange, und die ich zur Weide und zum Mähen gleich gut benutzen kann.
Futterkraͤuter.
Der Spoͤrgel, Ackerſpark, Knoͤtrich, Mariengras, Spergula arvensis,
§. 386.
Arten.iſt von dem wildwachſenden Spoͤrgel, Spergula pentandra, in ſeiner Natur und Habitus merklich verſchieden, unerachtet ich kein charakteriſtiſches Unterſchei- dungszeichen davon anzugeben weiß. Denn daß jener 10, dieſer nur 5 Staub- faͤden habe, iſt nicht beſtaͤndig, und man findet ſelbſt an derſelben Pflanze Bluͤ- ten, die deren 5 und andre, die 10 haben. Der hoͤhere mehr ausgebreitete Wuchs, die ſpaͤtere Bluͤtezeit unterſcheidet ſie faſt nur. Ob der angebauete Spoͤrgel auch zur wildwachſenden Pflanze oder zum Unkraut werden koͤnne, wie manche bei ſeinem Anbau beſorgen, iſt mir noch zweifelhaft. Ich habe zwar oft bemerkt, daß wenn er auf einem Felde zur Saamenreife kam, auf demſel- ben oder den benachbarten Feldern ſich im folgenden Jahre unter den ausgeſaͤe- ten Fruͤchten viel Spoͤrgel zeigte, der von dem ausgefallenen, verweheten, im Winter ſchlafenden und im Fruͤhjahr erſt laufenden Saamen herruͤhrte; er ver- lor ſich aber nach ein oder zwei Jahren voͤllig wieder. Denn die jungen Pflan- zen koͤnnen keinen Froſt ertragen, den der wildwachſende dagegen aushaͤlt.
Vom angebaueten Spoͤrgel giebt es zwei Abarten: eine die niedriger aber dichter waͤchſt; eine andre die doppelt ſo hoch wird, aber einen ſehr kraͤftigen Boden erfordert, um dicht zu werden, und, in Verhaͤltniß ihrer Groͤße, jene im Ertrage zu uͤbertreffen. Erſtere paßt ſich auf minder kraͤftigem Boden, wor- auf man doch nur Spoͤrgel zu bauen pflegt, und zur Weide beſſer; dieſe wenn man einmal ſtarken Boden mit Spoͤrgel zum Abmaͤhen beſtellen will. Man kann den Saamen beider ſchon unterſcheiden; die kleinere hat einen ſchwaͤrzeren Saamen mit weißem Ringe, die groͤßere einen braͤunlichten Saamen, der, wenn man ihn genau betrachtet, dunkelbraun und gelb getuͤpfelt iſt und mehrentheils keinen Ring hat.
Ich habe durch Vermengung des Saamens eine Mittelart hervorgebracht, die betraͤchtlich hoͤher wie die kleine Art, aber dabei ſehr dicht wird, von der ich auf mittelmaͤßigem Boden einen vorzuͤglichen Ertrag erlange, und die ich zur Weide und zum Maͤhen gleich gut benutzen kann.
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Futterkraͤuter.
Der Spoͤrgel, Ackerſpark, Knoͤtrich, Mariengras,
Spergula arvensis,
§. 386.
iſt von dem wildwachſenden Spoͤrgel, Spergula pentandra, in ſeiner Natur
und Habitus merklich verſchieden, unerachtet ich kein charakteriſtiſches Unterſchei-
dungszeichen davon anzugeben weiß. Denn daß jener 10, dieſer nur 5 Staub-
faͤden habe, iſt nicht beſtaͤndig, und man findet ſelbſt an derſelben Pflanze Bluͤ-
ten, die deren 5 und andre, die 10 haben. Der hoͤhere mehr ausgebreitete
Wuchs, die ſpaͤtere Bluͤtezeit unterſcheidet ſie faſt nur. Ob der angebauete
Spoͤrgel auch zur wildwachſenden Pflanze oder zum Unkraut werden koͤnne, wie
manche bei ſeinem Anbau beſorgen, iſt mir noch zweifelhaft. Ich habe zwar
oft bemerkt, daß wenn er auf einem Felde zur Saamenreife kam, auf demſel-
ben oder den benachbarten Feldern ſich im folgenden Jahre unter den ausgeſaͤe-
ten Fruͤchten viel Spoͤrgel zeigte, der von dem ausgefallenen, verweheten, im
Winter ſchlafenden und im Fruͤhjahr erſt laufenden Saamen herruͤhrte; er ver-
lor ſich aber nach ein oder zwei Jahren voͤllig wieder. Denn die jungen Pflan-
zen koͤnnen keinen Froſt ertragen, den der wildwachſende dagegen aushaͤlt.
Arten.
Vom angebaueten Spoͤrgel giebt es zwei Abarten: eine die niedriger aber
dichter waͤchſt; eine andre die doppelt ſo hoch wird, aber einen ſehr kraͤftigen
Boden erfordert, um dicht zu werden, und, in Verhaͤltniß ihrer Groͤße, jene
im Ertrage zu uͤbertreffen. Erſtere paßt ſich auf minder kraͤftigem Boden, wor-
auf man doch nur Spoͤrgel zu bauen pflegt, und zur Weide beſſer; dieſe wenn
man einmal ſtarken Boden mit Spoͤrgel zum Abmaͤhen beſtellen will. Man
kann den Saamen beider ſchon unterſcheiden; die kleinere hat einen ſchwaͤrzeren
Saamen mit weißem Ringe, die groͤßere einen braͤunlichten Saamen, der, wenn
man ihn genau betrachtet, dunkelbraun und gelb getuͤpfelt iſt und mehrentheils
keinen Ring hat.
Ich habe durch Vermengung des Saamens eine Mittelart hervorgebracht,
die betraͤchtlich hoͤher wie die kleine Art, aber dabei ſehr dicht wird, von der
ich auf mittelmaͤßigem Boden einen vorzuͤglichen Ertrag erlange, und die ich
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/310>, abgerufen am 22.11.2024.
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