hier anwenden, noch wirksamer aber wird eine schwache Kalk- oder Seifensieder- aschen-Düngung, oder eine Ueberstreuung mit Federvieh- besonders Taubenmist seyn.
Nach Hülsenfrüchten, besonders Erbsen, soll dagegen, zufolge der Bemerkun- gen der Belgier, der Lein schlecht gerathen. Nach behackten und stark gedüngten Früchten wird der Lein sehr gut, auch bauet man ihn vortheilhaft nach Hanf; aber umgekehrt ist es das Gegentheil.
§. 228.
Ganz besonders aber paßt sich der Leinbau auf einem kräftigen Neubruch, oder auf Land, was sehr lange zu Grase gelegen hat, und ich glaube, daß man dieses in der ersten Tracht kaum vortheilhafter benutzen könne. Es muß tiefer oder flacher nach der Dicke des Rasens abgeschält, und dieser gut und vollständig umgewandt werden, weswegen man an rauhen Stellen mit Forke und Spaten zu Hülfe kommen muß. Es kann spät im Herbst, oder im ersten Frühjahr gesche- hen; man walzt oder egget sogleich, damit das Gras nicht durchschlage. Zur Saatzeit wird dieser Acker scharf aufgeegget, der Lein gesäet, wieder eingeegget und gewalzt. Ich habe nie kräftigern, hochstämmigern und dabei sich aufrecht erhaltendern Lein gesehen, wie auf solchem Neubruch, und dazu kommt der große Vortheil, daß man ihn nicht zu jäten nöthig hat. Es schlagen höchstens die Wurzeln einiger zähern wilden Pflanzen wieder aus, die man leicht aussticht. Unter dem Lein wird der Rasen so mürbe, daß man ihn nachher, wenn man will, mit einer Furche zur Winterung bereiten kann. Auf einem kräftigen Neubruch habe ich auf die Weise sehr guten Weizen nach dem Lein gebaut, weil der Rocken in dem vor- hergehenden Jahre bei einer gleichen Behandlung eines ähnlichen Neubruchs sich lagerte. Ich wüßte keine andre Frucht, unter welcher man zähen Rasen so leicht gaar machte.
Wenn ich nicht Neubruch habe, räume ich bei meinem Ackersysteme dem Lein nur diejenigen Sinken im Winterungsfelde ein, wo ich eine Auswässerung der Winterung besorgen muß, oder wo sie wirklich erfolgt ist. Sind diese Flecke klein, so wende ich die Kosten daran, sie mit dem Spaten umgraben zu lassen, und gebe ihnen kurz vor der Bestellung eine schwache mit Kalk versetzte Kompostdüngung, mit welcher der Saamen eingeegget wird, und so gewinne ich meinen Flachsbedarf
Z 2
Der Leinbau.
hier anwenden, noch wirkſamer aber wird eine ſchwache Kalk- oder Seifenſieder- aſchen-Duͤngung, oder eine Ueberſtreuung mit Federvieh- beſonders Taubenmiſt ſeyn.
Nach Huͤlſenfruͤchten, beſonders Erbſen, ſoll dagegen, zufolge der Bemerkun- gen der Belgier, der Lein ſchlecht gerathen. Nach behackten und ſtark geduͤngten Fruͤchten wird der Lein ſehr gut, auch bauet man ihn vortheilhaft nach Hanf; aber umgekehrt iſt es das Gegentheil.
§. 228.
Ganz beſonders aber paßt ſich der Leinbau auf einem kraͤftigen Neubruch, oder auf Land, was ſehr lange zu Graſe gelegen hat, und ich glaube, daß man dieſes in der erſten Tracht kaum vortheilhafter benutzen koͤnne. Es muß tiefer oder flacher nach der Dicke des Raſens abgeſchaͤlt, und dieſer gut und vollſtaͤndig umgewandt werden, weswegen man an rauhen Stellen mit Forke und Spaten zu Huͤlfe kommen muß. Es kann ſpaͤt im Herbſt, oder im erſten Fruͤhjahr geſche- hen; man walzt oder egget ſogleich, damit das Gras nicht durchſchlage. Zur Saatzeit wird dieſer Acker ſcharf aufgeegget, der Lein geſaͤet, wieder eingeegget und gewalzt. Ich habe nie kraͤftigern, hochſtaͤmmigern und dabei ſich aufrecht erhaltendern Lein geſehen, wie auf ſolchem Neubruch, und dazu kommt der große Vortheil, daß man ihn nicht zu jaͤten noͤthig hat. Es ſchlagen hoͤchſtens die Wurzeln einiger zaͤhern wilden Pflanzen wieder aus, die man leicht ausſticht. Unter dem Lein wird der Raſen ſo muͤrbe, daß man ihn nachher, wenn man will, mit einer Furche zur Winterung bereiten kann. Auf einem kraͤftigen Neubruch habe ich auf die Weiſe ſehr guten Weizen nach dem Lein gebaut, weil der Rocken in dem vor- hergehenden Jahre bei einer gleichen Behandlung eines aͤhnlichen Neubruchs ſich lagerte. Ich wuͤßte keine andre Frucht, unter welcher man zaͤhen Raſen ſo leicht gaar machte.
Wenn ich nicht Neubruch habe, raͤume ich bei meinem Ackerſyſteme dem Lein nur diejenigen Sinken im Winterungsfelde ein, wo ich eine Auswaͤſſerung der Winterung beſorgen muß, oder wo ſie wirklich erfolgt iſt. Sind dieſe Flecke klein, ſo wende ich die Koſten daran, ſie mit dem Spaten umgraben zu laſſen, und gebe ihnen kurz vor der Beſtellung eine ſchwache mit Kalk verſetzte Kompoſtduͤngung, mit welcher der Saamen eingeegget wird, und ſo gewinne ich meinen Flachsbedarf
Z 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0203"n="179"/><fwplace="top"type="header">Der Leinbau.</fw><lb/>
hier anwenden, noch wirkſamer aber wird eine ſchwache Kalk- oder Seifenſieder-<lb/>
aſchen-Duͤngung, oder eine Ueberſtreuung mit Federvieh- beſonders Taubenmiſt ſeyn.</p><lb/><p>Nach Huͤlſenfruͤchten, beſonders Erbſen, ſoll dagegen, zufolge der Bemerkun-<lb/>
gen der Belgier, der Lein ſchlecht gerathen. Nach behackten und ſtark geduͤngten<lb/>
Fruͤchten wird der Lein ſehr gut, auch bauet man ihn vortheilhaft nach Hanf; aber<lb/>
umgekehrt iſt es das Gegentheil.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 228.</head><lb/><p>Ganz beſonders aber paßt ſich der Leinbau auf einem <hirendition="#g">kraͤftigen</hi> Neubruch,<lb/>
oder auf Land, was ſehr lange zu Graſe gelegen hat, und ich glaube, daß man<lb/>
dieſes in der erſten Tracht kaum vortheilhafter benutzen koͤnne. Es muß tiefer<lb/>
oder flacher nach der Dicke des Raſens abgeſchaͤlt, und dieſer gut und vollſtaͤndig<lb/>
umgewandt werden, weswegen man an rauhen Stellen mit Forke und Spaten zu<lb/>
Huͤlfe kommen muß. Es kann ſpaͤt im Herbſt, oder im erſten Fruͤhjahr geſche-<lb/>
hen; man walzt oder egget ſogleich, damit das Gras nicht durchſchlage. Zur<lb/>
Saatzeit wird dieſer Acker ſcharf aufgeegget, der Lein geſaͤet, wieder eingeegget und<lb/>
gewalzt. Ich habe nie kraͤftigern, hochſtaͤmmigern und dabei ſich aufrecht erhaltendern<lb/>
Lein geſehen, wie auf ſolchem Neubruch, und dazu kommt der große Vortheil, daß<lb/>
man ihn nicht zu jaͤten noͤthig hat. Es ſchlagen hoͤchſtens die Wurzeln einiger<lb/>
zaͤhern wilden Pflanzen wieder aus, die man leicht ausſticht. Unter dem Lein<lb/>
wird der Raſen ſo muͤrbe, daß man ihn nachher, wenn man will, mit einer Furche<lb/>
zur Winterung bereiten kann. Auf einem kraͤftigen Neubruch habe ich auf die<lb/>
Weiſe ſehr guten Weizen nach dem Lein gebaut, weil der Rocken in dem vor-<lb/>
hergehenden Jahre bei einer gleichen Behandlung eines aͤhnlichen Neubruchs ſich<lb/>
lagerte. Ich wuͤßte keine andre Frucht, unter welcher man zaͤhen Raſen ſo leicht<lb/>
gaar machte.</p><lb/><p>Wenn ich nicht Neubruch habe, raͤume ich bei meinem Ackerſyſteme dem Lein<lb/>
nur diejenigen Sinken im Winterungsfelde ein, wo ich eine Auswaͤſſerung der<lb/>
Winterung beſorgen muß, oder wo ſie wirklich erfolgt iſt. Sind dieſe Flecke klein,<lb/>ſo wende ich die Koſten daran, ſie mit dem Spaten umgraben zu laſſen, und gebe<lb/>
ihnen kurz vor der Beſtellung eine ſchwache mit Kalk verſetzte Kompoſtduͤngung,<lb/>
mit welcher der Saamen eingeegget wird, und ſo gewinne ich meinen Flachsbedarf<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Z 2</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[179/0203]
Der Leinbau.
hier anwenden, noch wirkſamer aber wird eine ſchwache Kalk- oder Seifenſieder-
aſchen-Duͤngung, oder eine Ueberſtreuung mit Federvieh- beſonders Taubenmiſt ſeyn.
Nach Huͤlſenfruͤchten, beſonders Erbſen, ſoll dagegen, zufolge der Bemerkun-
gen der Belgier, der Lein ſchlecht gerathen. Nach behackten und ſtark geduͤngten
Fruͤchten wird der Lein ſehr gut, auch bauet man ihn vortheilhaft nach Hanf; aber
umgekehrt iſt es das Gegentheil.
§. 228.
Ganz beſonders aber paßt ſich der Leinbau auf einem kraͤftigen Neubruch,
oder auf Land, was ſehr lange zu Graſe gelegen hat, und ich glaube, daß man
dieſes in der erſten Tracht kaum vortheilhafter benutzen koͤnne. Es muß tiefer
oder flacher nach der Dicke des Raſens abgeſchaͤlt, und dieſer gut und vollſtaͤndig
umgewandt werden, weswegen man an rauhen Stellen mit Forke und Spaten zu
Huͤlfe kommen muß. Es kann ſpaͤt im Herbſt, oder im erſten Fruͤhjahr geſche-
hen; man walzt oder egget ſogleich, damit das Gras nicht durchſchlage. Zur
Saatzeit wird dieſer Acker ſcharf aufgeegget, der Lein geſaͤet, wieder eingeegget und
gewalzt. Ich habe nie kraͤftigern, hochſtaͤmmigern und dabei ſich aufrecht erhaltendern
Lein geſehen, wie auf ſolchem Neubruch, und dazu kommt der große Vortheil, daß
man ihn nicht zu jaͤten noͤthig hat. Es ſchlagen hoͤchſtens die Wurzeln einiger
zaͤhern wilden Pflanzen wieder aus, die man leicht ausſticht. Unter dem Lein
wird der Raſen ſo muͤrbe, daß man ihn nachher, wenn man will, mit einer Furche
zur Winterung bereiten kann. Auf einem kraͤftigen Neubruch habe ich auf die
Weiſe ſehr guten Weizen nach dem Lein gebaut, weil der Rocken in dem vor-
hergehenden Jahre bei einer gleichen Behandlung eines aͤhnlichen Neubruchs ſich
lagerte. Ich wuͤßte keine andre Frucht, unter welcher man zaͤhen Raſen ſo leicht
gaar machte.
Wenn ich nicht Neubruch habe, raͤume ich bei meinem Ackerſyſteme dem Lein
nur diejenigen Sinken im Winterungsfelde ein, wo ich eine Auswaͤſſerung der
Winterung beſorgen muß, oder wo ſie wirklich erfolgt iſt. Sind dieſe Flecke klein,
ſo wende ich die Koſten daran, ſie mit dem Spaten umgraben zu laſſen, und gebe
ihnen kurz vor der Beſtellung eine ſchwache mit Kalk verſetzte Kompoſtduͤngung,
mit welcher der Saamen eingeegget wird, und ſo gewinne ich meinen Flachsbedarf
Z 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/203>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.