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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Der Hafer.

Da der Hederich und anderes mit aufkeimende und dann zuvorkommende
Unkraut ihn sehr schwächt, so sucht man es durch das Eggen zu vertilgen Der
Hafer erträgt dieses Eggen der hervorstechenden Saat sehr gut, besonders wenn
er untergepflügt worden und man dann die Saatfurche nur leicht überzogen hat.
Trifft man eine glückliche Witterung, und das Unkraut in seinem ersten Saa-
menblättchen, so richtet man viel damit aus; wenn es aber sein drittes Blatt be-
kommen, und tieferee Wurzel geschlagen hat, so ist es vergeblich, weil man nun
eher den Hafer als das Unkraut, durch gewaltsames Eggen, vertilgen würde.
Man hat deshalb den Versuch gemacht, den auf die Furche gesäeten Hafer,
nachdem er fingerlang hervorgewachsen, unterzupflügen, damit er bald wieder
ohne Unkraut aufschlage. Mehreren ist das geglückt, und sie haben vorzüglich
stark bestaudeten und reinen Hafer danach erhalten; mir aber ist es zweimal miß-
glückt, der Hafer kam nur spärlich, und desto mehr Unkraut wieder hervor. Ein
dritter Versuch, den ich in diesem Frühjahre gemacht habe, würde besser gerathen
seyn, indem er gut wieder hervorkam; aber die Dürre verhinderte ihn, sich stark
zu bestauden.

§. 102.

Reife.Die Reifung des Hafers ist genau wahrzunehmen, und wenn er ungleich
reift, muß man sich nach dem ersten richten; man setzt sich sonst der Gefahr
aus, diesen ganz zu verlieren, und wenn der unreife auch nicht vollständig wird,
ja sogar beim Dreschen nicht ausfällt, so behält man ihn doch im Stroh, wel-
ches nun um so futterreicher ist. Auch giebt der zuerst reifende immer das meiste.
Er muß jedoch in solchem Falle länger im Schwade liegen, wo er nach einigen
Bemerkungen nachreifen, und sein Gewicht vermehren soll; es aber auch leicht
verlieren kann, wenn man zu lange mit dem Einbringen zögert.

Das Haferstroh wird von vielen für das Vieh aller Art am nahrhaftesten
gehalten, vielleicht weil in der Regel die meisten Körner darin bleiben. In man-
chen Wirthschaften läßt man sie absichtlich darin, und überdrischt den Hafer nur
leicht. Im Miste hält man es nur dem warmen Boden zuträglich.

§. 103.

Werth.Da das Gewicht des Hafers nur geringe, für den Scheffel im Durchschnitt
50 Pfd. ist, und er nach Einhofs, aber nur oberflächlicher Untersuchung, nicht

Der Hafer.

Da der Hederich und anderes mit aufkeimende und dann zuvorkommende
Unkraut ihn ſehr ſchwaͤcht, ſo ſucht man es durch das Eggen zu vertilgen Der
Hafer ertraͤgt dieſes Eggen der hervorſtechenden Saat ſehr gut, beſonders wenn
er untergepfluͤgt worden und man dann die Saatfurche nur leicht uͤberzogen hat.
Trifft man eine gluͤckliche Witterung, und das Unkraut in ſeinem erſten Saa-
menblaͤttchen, ſo richtet man viel damit aus; wenn es aber ſein drittes Blatt be-
kommen, und tieferee Wurzel geſchlagen hat, ſo iſt es vergeblich, weil man nun
eher den Hafer als das Unkraut, durch gewaltſames Eggen, vertilgen wuͤrde.
Man hat deshalb den Verſuch gemacht, den auf die Furche geſaͤeten Hafer,
nachdem er fingerlang hervorgewachſen, unterzupfluͤgen, damit er bald wieder
ohne Unkraut aufſchlage. Mehreren iſt das gegluͤckt, und ſie haben vorzuͤglich
ſtark beſtaudeten und reinen Hafer danach erhalten; mir aber iſt es zweimal miß-
gluͤckt, der Hafer kam nur ſpaͤrlich, und deſto mehr Unkraut wieder hervor. Ein
dritter Verſuch, den ich in dieſem Fruͤhjahre gemacht habe, wuͤrde beſſer gerathen
ſeyn, indem er gut wieder hervorkam; aber die Duͤrre verhinderte ihn, ſich ſtark
zu beſtauden.

§. 102.

Reife.Die Reifung des Hafers iſt genau wahrzunehmen, und wenn er ungleich
reift, muß man ſich nach dem erſten richten; man ſetzt ſich ſonſt der Gefahr
aus, dieſen ganz zu verlieren, und wenn der unreife auch nicht vollſtaͤndig wird,
ja ſogar beim Dreſchen nicht ausfaͤllt, ſo behaͤlt man ihn doch im Stroh, wel-
ches nun um ſo futterreicher iſt. Auch giebt der zuerſt reifende immer das meiſte.
Er muß jedoch in ſolchem Falle laͤnger im Schwade liegen, wo er nach einigen
Bemerkungen nachreifen, und ſein Gewicht vermehren ſoll; es aber auch leicht
verlieren kann, wenn man zu lange mit dem Einbringen zoͤgert.

Das Haferſtroh wird von vielen fuͤr das Vieh aller Art am nahrhafteſten
gehalten, vielleicht weil in der Regel die meiſten Koͤrner darin bleiben. In man-
chen Wirthſchaften laͤßt man ſie abſichtlich darin, und uͤberdriſcht den Hafer nur
leicht. Im Miſte haͤlt man es nur dem warmen Boden zutraͤglich.

§. 103.

Werth.Da das Gewicht des Hafers nur geringe, fuͤr den Scheffel im Durchſchnitt
50 Pfd. iſt, und er nach Einhofs, aber nur oberflaͤchlicher Unterſuchung, nicht

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[94/0118] Der Hafer. Da der Hederich und anderes mit aufkeimende und dann zuvorkommende Unkraut ihn ſehr ſchwaͤcht, ſo ſucht man es durch das Eggen zu vertilgen Der Hafer ertraͤgt dieſes Eggen der hervorſtechenden Saat ſehr gut, beſonders wenn er untergepfluͤgt worden und man dann die Saatfurche nur leicht uͤberzogen hat. Trifft man eine gluͤckliche Witterung, und das Unkraut in ſeinem erſten Saa- menblaͤttchen, ſo richtet man viel damit aus; wenn es aber ſein drittes Blatt be- kommen, und tieferee Wurzel geſchlagen hat, ſo iſt es vergeblich, weil man nun eher den Hafer als das Unkraut, durch gewaltſames Eggen, vertilgen wuͤrde. Man hat deshalb den Verſuch gemacht, den auf die Furche geſaͤeten Hafer, nachdem er fingerlang hervorgewachſen, unterzupfluͤgen, damit er bald wieder ohne Unkraut aufſchlage. Mehreren iſt das gegluͤckt, und ſie haben vorzuͤglich ſtark beſtaudeten und reinen Hafer danach erhalten; mir aber iſt es zweimal miß- gluͤckt, der Hafer kam nur ſpaͤrlich, und deſto mehr Unkraut wieder hervor. Ein dritter Verſuch, den ich in dieſem Fruͤhjahre gemacht habe, wuͤrde beſſer gerathen ſeyn, indem er gut wieder hervorkam; aber die Duͤrre verhinderte ihn, ſich ſtark zu beſtauden. §. 102. Die Reifung des Hafers iſt genau wahrzunehmen, und wenn er ungleich reift, muß man ſich nach dem erſten richten; man ſetzt ſich ſonſt der Gefahr aus, dieſen ganz zu verlieren, und wenn der unreife auch nicht vollſtaͤndig wird, ja ſogar beim Dreſchen nicht ausfaͤllt, ſo behaͤlt man ihn doch im Stroh, wel- ches nun um ſo futterreicher iſt. Auch giebt der zuerſt reifende immer das meiſte. Er muß jedoch in ſolchem Falle laͤnger im Schwade liegen, wo er nach einigen Bemerkungen nachreifen, und ſein Gewicht vermehren ſoll; es aber auch leicht verlieren kann, wenn man zu lange mit dem Einbringen zoͤgert. Reife. Das Haferſtroh wird von vielen fuͤr das Vieh aller Art am nahrhafteſten gehalten, vielleicht weil in der Regel die meiſten Koͤrner darin bleiben. In man- chen Wirthſchaften laͤßt man ſie abſichtlich darin, und uͤberdriſcht den Hafer nur leicht. Im Miſte haͤlt man es nur dem warmen Boden zutraͤglich. §. 103. Da das Gewicht des Hafers nur geringe, fuͤr den Scheffel im Durchſchnitt 50 Pfd. iſt, und er nach Einhofs, aber nur oberflaͤchlicher Unterſuchung, nicht Werth.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/118>, abgerufen am 23.11.2024.