Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Arbeit der Beackerung.

4) Bei trockener Witterung dagegen, wo die Wirkung eines jeden einfal-
lenden Regenschauers für die Saat so wichtig ist, erhält ein hohes, an den Sei-
ten abhängiges Beet wenig Nutzen davon, indem das Wasser von der trockenen,
borkigen Oberfläche gleich zur Seite abläuft, so daß man nach einem solchen Re-
genschauer die Furchen zuweilen voll Wasser, den Rücken aber eben so trocken,
wie vor dem Regen antrifft.

5) Sie verhindern eine gleichmäßige Einwirkung der Sonne. Wenn sie
insbesondere in der Richtung von Osten nach Westen gelegt sind, so ist der Unter-
schied zwischen der südlichen und nördlichen Seite des Beets höchst auffallend, in-
dem das Getreide auf der letztern Seite weit schlechter steht, und weit mehr zurück
ist, als auf der erstern. Das Zurückbleiben ist manchmal so groß, daß man sich
genöthigt sieht, die südliche Seite abzuernten, weil hier alles völlig reif ist, wo-
gegen es sich an der nördlichen noch im unreifen Zustande befindet.

6) Wenn die hohen Rücken bei kalten Wintern durch den Wind vom Schnee
entblößt werden, oder wenn er in der kritischen Frühjahrsperiode durch die Sonne
bei Tage geschmolzen wird, und das in den Furchen stehende Wasser heraufstauet
und des Nachts gefriert, so werden die Pflanzen auf dem Rücken aus der Erde ge-
hoben und völlig zerstört, so daß nun gerade der Theil des Ackers, von dem man
sich am meisten versprechen durfte, gar keine Pflanzen behält.

7) Bei einer sehr günstigen Witterung wird von der in der Mitte angehäuf-
ten Fruchtbarkeit das Getreide daselbst oft so geil, daß es sich lagert, wogegen es
an den Seiten verkümmert und nur Schmachthalme hat.

8) Die Beackerung wird dadurch sehr erschwert, und man kann den günstig-
sten Zeitpunkt in Rücksicht der Feuchtigkeit nicht wahrnehmen. Der Rücken ist
oft schon zu trocken und erhärtet, wenn die abhängigen Seiten noch so an Feuchtig-
keit leiden, daß sie den Auftritt der Pferde nicht zulassen. Thätige Wirthe pfle-
gen daher häufig die Mitte solcher Beete zu pflügen, und die Seiten bis zu einer
trockenen Zeit liegen zu lassen. Wie sehr dies aber die Bestellung erschweren und
eine vollständige Bearbeitung des Bodens verhindern müsse, erhellt von selbst.

9) Das so wirksame Querpflügen ist bei solchen Beeten ganz ausgeschlossen.
Eben so sehr ist ein wirksames Eggen erschwert. Auch ist eine gleichmäßige Ver-

Die Arbeit der Beackerung.

4) Bei trockener Witterung dagegen, wo die Wirkung eines jeden einfal-
lenden Regenſchauers fuͤr die Saat ſo wichtig iſt, erhaͤlt ein hohes, an den Sei-
ten abhaͤngiges Beet wenig Nutzen davon, indem das Waſſer von der trockenen,
borkigen Oberflaͤche gleich zur Seite ablaͤuft, ſo daß man nach einem ſolchen Re-
genſchauer die Furchen zuweilen voll Waſſer, den Ruͤcken aber eben ſo trocken,
wie vor dem Regen antrifft.

5) Sie verhindern eine gleichmaͤßige Einwirkung der Sonne. Wenn ſie
insbeſondere in der Richtung von Oſten nach Weſten gelegt ſind, ſo iſt der Unter-
ſchied zwiſchen der ſuͤdlichen und noͤrdlichen Seite des Beets hoͤchſt auffallend, in-
dem das Getreide auf der letztern Seite weit ſchlechter ſteht, und weit mehr zuruͤck
iſt, als auf der erſtern. Das Zuruͤckbleiben iſt manchmal ſo groß, daß man ſich
genoͤthigt ſieht, die ſuͤdliche Seite abzuernten, weil hier alles voͤllig reif iſt, wo-
gegen es ſich an der noͤrdlichen noch im unreifen Zuſtande befindet.

6) Wenn die hohen Ruͤcken bei kalten Wintern durch den Wind vom Schnee
entbloͤßt werden, oder wenn er in der kritiſchen Fruͤhjahrsperiode durch die Sonne
bei Tage geſchmolzen wird, und das in den Furchen ſtehende Waſſer heraufſtauet
und des Nachts gefriert, ſo werden die Pflanzen auf dem Ruͤcken aus der Erde ge-
hoben und voͤllig zerſtoͤrt, ſo daß nun gerade der Theil des Ackers, von dem man
ſich am meiſten verſprechen durfte, gar keine Pflanzen behaͤlt.

7) Bei einer ſehr guͤnſtigen Witterung wird von der in der Mitte angehaͤuf-
ten Fruchtbarkeit das Getreide daſelbſt oft ſo geil, daß es ſich lagert, wogegen es
an den Seiten verkuͤmmert und nur Schmachthalme hat.

8) Die Beackerung wird dadurch ſehr erſchwert, und man kann den guͤnſtig-
ſten Zeitpunkt in Ruͤckſicht der Feuchtigkeit nicht wahrnehmen. Der Ruͤcken iſt
oft ſchon zu trocken und erhaͤrtet, wenn die abhaͤngigen Seiten noch ſo an Feuchtig-
keit leiden, daß ſie den Auftritt der Pferde nicht zulaſſen. Thaͤtige Wirthe pfle-
gen daher haͤufig die Mitte ſolcher Beete zu pfluͤgen, und die Seiten bis zu einer
trockenen Zeit liegen zu laſſen. Wie ſehr dies aber die Beſtellung erſchweren und
eine vollſtaͤndige Bearbeitung des Bodens verhindern muͤſſe, erhellt von ſelbſt.

9) Das ſo wirkſame Querpfluͤgen iſt bei ſolchen Beeten ganz ausgeſchloſſen.
Eben ſo ſehr iſt ein wirkſames Eggen erſchwert. Auch iſt eine gleichmaͤßige Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0093" n="71"/>
              <fw place="top" type="header">Die Arbeit der Beackerung.</fw><lb/>
              <p>4) Bei trockener Witterung dagegen, wo die Wirkung eines jeden einfal-<lb/>
lenden Regen&#x017F;chauers fu&#x0364;r die Saat &#x017F;o wichtig i&#x017F;t, erha&#x0364;lt ein hohes, an den Sei-<lb/>
ten abha&#x0364;ngiges Beet wenig Nutzen davon, indem das Wa&#x017F;&#x017F;er von der trockenen,<lb/>
borkigen Oberfla&#x0364;che gleich zur Seite abla&#x0364;uft, &#x017F;o daß man nach einem &#x017F;olchen Re-<lb/>
gen&#x017F;chauer die Furchen zuweilen voll Wa&#x017F;&#x017F;er, den Ru&#x0364;cken aber eben &#x017F;o trocken,<lb/>
wie vor dem Regen antrifft.</p><lb/>
              <p>5) Sie verhindern eine gleichma&#x0364;ßige Einwirkung der Sonne. Wenn &#x017F;ie<lb/>
insbe&#x017F;ondere in der Richtung von O&#x017F;ten nach We&#x017F;ten gelegt &#x017F;ind, &#x017F;o i&#x017F;t der Unter-<lb/>
&#x017F;chied zwi&#x017F;chen der &#x017F;u&#x0364;dlichen und no&#x0364;rdlichen Seite des Beets ho&#x0364;ch&#x017F;t auffallend, in-<lb/>
dem das Getreide auf der letztern Seite weit &#x017F;chlechter &#x017F;teht, und weit mehr zuru&#x0364;ck<lb/>
i&#x017F;t, als auf der er&#x017F;tern. Das Zuru&#x0364;ckbleiben i&#x017F;t manchmal &#x017F;o groß, daß man &#x017F;ich<lb/>
geno&#x0364;thigt &#x017F;ieht, die &#x017F;u&#x0364;dliche Seite abzuernten, weil hier alles vo&#x0364;llig reif i&#x017F;t, wo-<lb/>
gegen es &#x017F;ich an der no&#x0364;rdlichen noch im unreifen Zu&#x017F;tande befindet.</p><lb/>
              <p>6) Wenn die hohen Ru&#x0364;cken bei kalten Wintern durch den Wind vom Schnee<lb/>
entblo&#x0364;ßt werden, oder wenn er in der kriti&#x017F;chen Fru&#x0364;hjahrsperiode durch die Sonne<lb/>
bei Tage ge&#x017F;chmolzen wird, und das in den Furchen &#x017F;tehende Wa&#x017F;&#x017F;er herauf&#x017F;tauet<lb/>
und des Nachts gefriert, &#x017F;o werden die Pflanzen auf dem Ru&#x0364;cken aus der Erde ge-<lb/>
hoben und vo&#x0364;llig zer&#x017F;to&#x0364;rt, &#x017F;o daß nun gerade der Theil des Ackers, von dem man<lb/>
&#x017F;ich am mei&#x017F;ten ver&#x017F;prechen durfte, gar keine Pflanzen beha&#x0364;lt.</p><lb/>
              <p>7) Bei einer &#x017F;ehr gu&#x0364;n&#x017F;tigen Witterung wird von der in der Mitte angeha&#x0364;uf-<lb/>
ten Fruchtbarkeit das Getreide da&#x017F;elb&#x017F;t oft &#x017F;o geil, daß es &#x017F;ich lagert, wogegen es<lb/>
an den Seiten verku&#x0364;mmert und nur Schmachthalme hat.</p><lb/>
              <p>8) Die Beackerung wird dadurch &#x017F;ehr er&#x017F;chwert, und man kann den gu&#x0364;n&#x017F;tig-<lb/>
&#x017F;ten Zeitpunkt in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht der Feuchtigkeit nicht wahrnehmen. Der Ru&#x0364;cken i&#x017F;t<lb/>
oft &#x017F;chon zu trocken und erha&#x0364;rtet, wenn die abha&#x0364;ngigen Seiten noch &#x017F;o an Feuchtig-<lb/>
keit leiden, daß &#x017F;ie den Auftritt der Pferde nicht zula&#x017F;&#x017F;en. Tha&#x0364;tige Wirthe pfle-<lb/>
gen daher ha&#x0364;ufig die Mitte &#x017F;olcher Beete zu pflu&#x0364;gen, und die Seiten bis zu einer<lb/>
trockenen Zeit liegen zu la&#x017F;&#x017F;en. Wie &#x017F;ehr dies aber die Be&#x017F;tellung er&#x017F;chweren und<lb/>
eine voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Bearbeitung des Bodens verhindern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, erhellt von &#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>9) Das &#x017F;o wirk&#x017F;ame Querpflu&#x0364;gen i&#x017F;t bei &#x017F;olchen Beeten ganz ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Eben &#x017F;o &#x017F;ehr i&#x017F;t ein wirk&#x017F;ames Eggen er&#x017F;chwert. Auch i&#x017F;t eine gleichma&#x0364;ßige Ver-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0093] Die Arbeit der Beackerung. 4) Bei trockener Witterung dagegen, wo die Wirkung eines jeden einfal- lenden Regenſchauers fuͤr die Saat ſo wichtig iſt, erhaͤlt ein hohes, an den Sei- ten abhaͤngiges Beet wenig Nutzen davon, indem das Waſſer von der trockenen, borkigen Oberflaͤche gleich zur Seite ablaͤuft, ſo daß man nach einem ſolchen Re- genſchauer die Furchen zuweilen voll Waſſer, den Ruͤcken aber eben ſo trocken, wie vor dem Regen antrifft. 5) Sie verhindern eine gleichmaͤßige Einwirkung der Sonne. Wenn ſie insbeſondere in der Richtung von Oſten nach Weſten gelegt ſind, ſo iſt der Unter- ſchied zwiſchen der ſuͤdlichen und noͤrdlichen Seite des Beets hoͤchſt auffallend, in- dem das Getreide auf der letztern Seite weit ſchlechter ſteht, und weit mehr zuruͤck iſt, als auf der erſtern. Das Zuruͤckbleiben iſt manchmal ſo groß, daß man ſich genoͤthigt ſieht, die ſuͤdliche Seite abzuernten, weil hier alles voͤllig reif iſt, wo- gegen es ſich an der noͤrdlichen noch im unreifen Zuſtande befindet. 6) Wenn die hohen Ruͤcken bei kalten Wintern durch den Wind vom Schnee entbloͤßt werden, oder wenn er in der kritiſchen Fruͤhjahrsperiode durch die Sonne bei Tage geſchmolzen wird, und das in den Furchen ſtehende Waſſer heraufſtauet und des Nachts gefriert, ſo werden die Pflanzen auf dem Ruͤcken aus der Erde ge- hoben und voͤllig zerſtoͤrt, ſo daß nun gerade der Theil des Ackers, von dem man ſich am meiſten verſprechen durfte, gar keine Pflanzen behaͤlt. 7) Bei einer ſehr guͤnſtigen Witterung wird von der in der Mitte angehaͤuf- ten Fruchtbarkeit das Getreide daſelbſt oft ſo geil, daß es ſich lagert, wogegen es an den Seiten verkuͤmmert und nur Schmachthalme hat. 8) Die Beackerung wird dadurch ſehr erſchwert, und man kann den guͤnſtig- ſten Zeitpunkt in Ruͤckſicht der Feuchtigkeit nicht wahrnehmen. Der Ruͤcken iſt oft ſchon zu trocken und erhaͤrtet, wenn die abhaͤngigen Seiten noch ſo an Feuchtig- keit leiden, daß ſie den Auftritt der Pferde nicht zulaſſen. Thaͤtige Wirthe pfle- gen daher haͤufig die Mitte ſolcher Beete zu pfluͤgen, und die Seiten bis zu einer trockenen Zeit liegen zu laſſen. Wie ſehr dies aber die Beſtellung erſchweren und eine vollſtaͤndige Bearbeitung des Bodens verhindern muͤſſe, erhellt von ſelbſt. 9) Das ſo wirkſame Querpfluͤgen iſt bei ſolchen Beeten ganz ausgeſchloſſen. Eben ſo ſehr iſt ein wirkſames Eggen erſchwert. Auch iſt eine gleichmaͤßige Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/93
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/93>, abgerufen am 24.11.2024.