Kommune Weideänger.Andere beständige Weiden, deren Boden zum Ackerbau geschickt und sicher wäre, findet man als privatives Eigenthum jetzt nur selten, weil man ihre vor- theilhaftere Benutzung als beständiges oder wechselndes Ackerland längst eingese- hen hat. Diejenigen Weideänger und Lehden, welche man noch antrifft, sind gewöhnlich Kommunen, oder es ruhen auf ihnen doch Servitute, die eine andere Benutzung verhindern. Diese Gemeinweiden befinden sich gewöhnlich in dem elendesten Zustande, weil jeder sie möglichst benutzen, aber keiner auf ihre Kultur etwas verwenden will. Sie werden, besonders wenn sie bequem und nahe liegen, übermäßig, unzeitig mit allerlei Vieh durcheinander, oder doch nicht in gehöriger Folge betrieben, und gewähren folglich dem Viehe oft nur eine Abtrift und keine Nahrung. Bei der Anerkennung des geringen Nutzens ist man nun schon seit lan- ger Zeit darauf verfallen, sie förmlich zu theilen, oder es hat doch ein Interessent gegen gleiche Vergünstigung dem anderen nachgesehen, wenn er sich einen Theil davon zueignete und umbrach. Auch hat sich die Grundherrschaft -- in einigen Fällen der Landesherr, in anderen der Grundherr -- das Recht zugeeignet, sol- chen Grund und Boden neuen Ansiedlern auszuweisen. Und so haben sich diese Gemeinweiden seit mehreren hundert Jahren ebenfalls beträchtlich vermindert. So vortheilhaft dies der Ackerkultur im Allgemeinen zu seyn scheint, so hat es doch keinen Zweifel, daß die Verminderung dieser Viehweiden dem Ackerertrage bei sonst unverändertem Wirthschaftssysteme geschadet habe, und daß vormals die gewöhnlichen Wirthschaften besser bestehen konnten, wie jetzt.
Neuere Erfahrungen, die man über den Erfolg der Theilung der kommunen Werdeänger gemacht hat, bestätigen dies; wenn nämlich mit derselben keine neue Einrichtung in Ansehung der Ackerländerei und der ganzen Wirthschaftsart getrof- fen wurde. Jeder brach nun seinen erhaltenen Antheil um, und nahm die Früchte davon, die derselbe aus seiner natürlichen Kraft tragen konnte, bis diese erschöpft war. Der erweiterte Ackerbau hätte mehreren Dünger verlangt, aber dieser hatte sich nur um so stärker vermindert, da man die verlorne Wiede auf eine andere Art nicht ersetzt hatte. Die Wirthschaft und der Ertrag das Ganzen sank also um so tiefer herunter, je ausgedehnter der Ackerbau geworden war. Es hat also große Bedenklichkeiten, einen gemeinen Weideanger allein zu theilen, ohne damit eine
Weiden und Hutungen.
§. 376.
Kommune Weideaͤnger.Andere beſtaͤndige Weiden, deren Boden zum Ackerbau geſchickt und ſicher waͤre, findet man als privatives Eigenthum jetzt nur ſelten, weil man ihre vor- theilhaftere Benutzung als beſtaͤndiges oder wechſelndes Ackerland laͤngſt eingeſe- hen hat. Diejenigen Weideaͤnger und Lehden, welche man noch antrifft, ſind gewoͤhnlich Kommunen, oder es ruhen auf ihnen doch Servitute, die eine andere Benutzung verhindern. Dieſe Gemeinweiden befinden ſich gewoͤhnlich in dem elendeſten Zuſtande, weil jeder ſie moͤglichſt benutzen, aber keiner auf ihre Kultur etwas verwenden will. Sie werden, beſonders wenn ſie bequem und nahe liegen, uͤbermaͤßig, unzeitig mit allerlei Vieh durcheinander, oder doch nicht in gehoͤriger Folge betrieben, und gewaͤhren folglich dem Viehe oft nur eine Abtrift und keine Nahrung. Bei der Anerkennung des geringen Nutzens iſt man nun ſchon ſeit lan- ger Zeit darauf verfallen, ſie foͤrmlich zu theilen, oder es hat doch ein Intereſſent gegen gleiche Verguͤnſtigung dem anderen nachgeſehen, wenn er ſich einen Theil davon zueignete und umbrach. Auch hat ſich die Grundherrſchaft — in einigen Faͤllen der Landesherr, in anderen der Grundherr — das Recht zugeeignet, ſol- chen Grund und Boden neuen Anſiedlern auszuweiſen. Und ſo haben ſich dieſe Gemeinweiden ſeit mehreren hundert Jahren ebenfalls betraͤchtlich vermindert. So vortheilhaft dies der Ackerkultur im Allgemeinen zu ſeyn ſcheint, ſo hat es doch keinen Zweifel, daß die Verminderung dieſer Viehweiden dem Ackerertrage bei ſonſt unveraͤndertem Wirthſchaftsſyſteme geſchadet habe, und daß vormals die gewoͤhnlichen Wirthſchaften beſſer beſtehen konnten, wie jetzt.
Neuere Erfahrungen, die man uͤber den Erfolg der Theilung der kommunen Werdeaͤnger gemacht hat, beſtaͤtigen dies; wenn naͤmlich mit derſelben keine neue Einrichtung in Anſehung der Ackerlaͤnderei und der ganzen Wirthſchaftsart getrof- fen wurde. Jeder brach nun ſeinen erhaltenen Antheil um, und nahm die Fruͤchte davon, die derſelbe aus ſeiner natuͤrlichen Kraft tragen konnte, bis dieſe erſchoͤpft war. Der erweiterte Ackerbau haͤtte mehreren Duͤnger verlangt, aber dieſer hatte ſich nur um ſo ſtaͤrker vermindert, da man die verlorne Wiede auf eine andere Art nicht erſetzt hatte. Die Wirthſchaft und der Ertrag das Ganzen ſank alſo um ſo tiefer herunter, je ausgedehnter der Ackerbau geworden war. Es hat alſo große Bedenklichkeiten, einen gemeinen Weideanger allein zu theilen, ohne damit eine
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Weiden und Hutungen.
§. 376.
Andere beſtaͤndige Weiden, deren Boden zum Ackerbau geſchickt und ſicher
waͤre, findet man als privatives Eigenthum jetzt nur ſelten, weil man ihre vor-
theilhaftere Benutzung als beſtaͤndiges oder wechſelndes Ackerland laͤngſt eingeſe-
hen hat. Diejenigen Weideaͤnger und Lehden, welche man noch antrifft, ſind
gewoͤhnlich Kommunen, oder es ruhen auf ihnen doch Servitute, die eine andere
Benutzung verhindern. Dieſe Gemeinweiden befinden ſich gewoͤhnlich in dem
elendeſten Zuſtande, weil jeder ſie moͤglichſt benutzen, aber keiner auf ihre Kultur
etwas verwenden will. Sie werden, beſonders wenn ſie bequem und nahe liegen,
uͤbermaͤßig, unzeitig mit allerlei Vieh durcheinander, oder doch nicht in gehoͤriger
Folge betrieben, und gewaͤhren folglich dem Viehe oft nur eine Abtrift und keine
Nahrung. Bei der Anerkennung des geringen Nutzens iſt man nun ſchon ſeit lan-
ger Zeit darauf verfallen, ſie foͤrmlich zu theilen, oder es hat doch ein Intereſſent
gegen gleiche Verguͤnſtigung dem anderen nachgeſehen, wenn er ſich einen Theil
davon zueignete und umbrach. Auch hat ſich die Grundherrſchaft — in einigen
Faͤllen der Landesherr, in anderen der Grundherr — das Recht zugeeignet, ſol-
chen Grund und Boden neuen Anſiedlern auszuweiſen. Und ſo haben ſich dieſe
Gemeinweiden ſeit mehreren hundert Jahren ebenfalls betraͤchtlich vermindert.
So vortheilhaft dies der Ackerkultur im Allgemeinen zu ſeyn ſcheint, ſo hat es
doch keinen Zweifel, daß die Verminderung dieſer Viehweiden dem Ackerertrage
bei ſonſt unveraͤndertem Wirthſchaftsſyſteme geſchadet habe, und daß vormals die
gewoͤhnlichen Wirthſchaften beſſer beſtehen konnten, wie jetzt.
Kommune
Weideaͤnger.
Neuere Erfahrungen, die man uͤber den Erfolg der Theilung der kommunen
Werdeaͤnger gemacht hat, beſtaͤtigen dies; wenn naͤmlich mit derſelben keine neue
Einrichtung in Anſehung der Ackerlaͤnderei und der ganzen Wirthſchaftsart getrof-
fen wurde. Jeder brach nun ſeinen erhaltenen Antheil um, und nahm die Fruͤchte
davon, die derſelbe aus ſeiner natuͤrlichen Kraft tragen konnte, bis dieſe erſchoͤpft
war. Der erweiterte Ackerbau haͤtte mehreren Duͤnger verlangt, aber dieſer hatte
ſich nur um ſo ſtaͤrker vermindert, da man die verlorne Wiede auf eine andere
Art nicht erſetzt hatte. Die Wirthſchaft und der Ertrag das Ganzen ſank alſo um
ſo tiefer herunter, je ausgedehnter der Ackerbau geworden war. Es hat alſo große
Bedenklichkeiten, einen gemeinen Weideanger allein zu theilen, ohne damit eine
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/306>, abgerufen am 03.03.2025.
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