Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Weiden und Hutungen.

Wenn von der Weide 6 Morgen und darüber für eine Kuh erforderlich sind,
so paßt sie sich überhaupt nicht mehr zur Kuhweide, sondern kann alsdann vor-
theilhaft nur zur Schaafweide benutzt werden, und nach dem im vorigen §. ange-
gebenen Verhältnisse Schaafe ernähren.

§. 365.

Da man bei den Koppelwirthschaften einen beträchtlichen Theil des ErtragesKultur und
Besaamung
der Dreesch-
weiden.

auf diese Dreeschweiden rechnet, und ihrer zur Erhaltung des Ganzen nothwen-
dig bedarf, so nimmt man auf ihre Nahrhaftigkeit und ihre Kultur schon bei der
Bestellung Rücksicht. In der alten ursprünglichen hollsteinischen Koppelwirth-
schaft scheuete man sich daher, dem Acker viele Bearbeitung zu geben und reine
Brache zu halten, weil man dadurch die Graswurzeln zerstörte, und der Acker
sich dann bei der Ruhe späterer und schwächerer benarbte. Auch nahm man bei
der Wahl der Früchte darauf Rücksicht, und wählte deshalb zuletzt Winterung,
weil sich unter derselben schon mehr Gras erzeugt; oder wenn man Hafer nahm,
bestellte man ihn auf einer flachen Furche. Es ist nicht zu läugnen, daß dieses
Verfahren zweckmäßig war, wenn man den Graswuchs vorzüglich begünstigen,
ihn aber auf keine andere Weise ersetzen wollte, und es hat lange gedauert, bevor
man sich zu letzterem allgemein entschloß, weil man glaubte, die Nahrhaftigkeit
des natürlichen Rasens könne durch keine künstliche Pflanze ersetzt werden. Jetzt
scheint dieses Vorurtheil aber bei allen industriösen Wirthen verschwunden zu seyn,
und man ist überzeugt, daß eine künstliche Besaamung dem durch die Natur oder
vielmehr durch den Zufall erzeugten Grase nicht nur gleich komme, sondern sol-
ches auch noch übertreffe.

Zu dieser Besaamung wird am häufigsten der weiße kriechende Klee genom-
men. Da wegen der Feinheit seines Saamens und seiner starken Verbreitung
durch die rankenden Wurzeln nur wenig erfordert wird, und dieser Saamen leicht
zu gewinnen, diese Besaamung also wohlfeil ist, so wählt man sie vor Allen.
Es reichen zwei Pfund per Morgen, wenn er sorgfältig vertheilt wird, völlig zu.
Häufig nimmt man jedoch auch rothen Klee darunter, und vor diesem dann noch
vier Pfund hinzu, weil man im ersten Jahre an den Stellen, wo der Klee gut ge-
räth, gern einen Heuschnitt davon nimmt, wozu der weiße Klee nur auf sehr kräf-
tigem Boden geeignet ist.


M m 2
Weiden und Hutungen.

Wenn von der Weide 6 Morgen und daruͤber fuͤr eine Kuh erforderlich ſind,
ſo paßt ſie ſich uͤberhaupt nicht mehr zur Kuhweide, ſondern kann alsdann vor-
theilhaft nur zur Schaafweide benutzt werden, und nach dem im vorigen §. ange-
gebenen Verhaͤltniſſe Schaafe ernaͤhren.

§. 365.

Da man bei den Koppelwirthſchaften einen betraͤchtlichen Theil des ErtragesKultur und
Beſaamung
der Dreeſch-
weiden.

auf dieſe Dreeſchweiden rechnet, und ihrer zur Erhaltung des Ganzen nothwen-
dig bedarf, ſo nimmt man auf ihre Nahrhaftigkeit und ihre Kultur ſchon bei der
Beſtellung Ruͤckſicht. In der alten urſpruͤnglichen hollſteiniſchen Koppelwirth-
ſchaft ſcheuete man ſich daher, dem Acker viele Bearbeitung zu geben und reine
Brache zu halten, weil man dadurch die Graswurzeln zerſtoͤrte, und der Acker
ſich dann bei der Ruhe ſpaͤterer und ſchwaͤcherer benarbte. Auch nahm man bei
der Wahl der Fruͤchte darauf Ruͤckſicht, und waͤhlte deshalb zuletzt Winterung,
weil ſich unter derſelben ſchon mehr Gras erzeugt; oder wenn man Hafer nahm,
beſtellte man ihn auf einer flachen Furche. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß dieſes
Verfahren zweckmaͤßig war, wenn man den Graswuchs vorzuͤglich beguͤnſtigen,
ihn aber auf keine andere Weiſe erſetzen wollte, und es hat lange gedauert, bevor
man ſich zu letzterem allgemein entſchloß, weil man glaubte, die Nahrhaftigkeit
des natuͤrlichen Raſens koͤnne durch keine kuͤnſtliche Pflanze erſetzt werden. Jetzt
ſcheint dieſes Vorurtheil aber bei allen induſtrioͤſen Wirthen verſchwunden zu ſeyn,
und man iſt uͤberzeugt, daß eine kuͤnſtliche Beſaamung dem durch die Natur oder
vielmehr durch den Zufall erzeugten Graſe nicht nur gleich komme, ſondern ſol-
ches auch noch uͤbertreffe.

Zu dieſer Beſaamung wird am haͤufigſten der weiße kriechende Klee genom-
men. Da wegen der Feinheit ſeines Saamens und ſeiner ſtarken Verbreitung
durch die rankenden Wurzeln nur wenig erfordert wird, und dieſer Saamen leicht
zu gewinnen, dieſe Beſaamung alſo wohlfeil iſt, ſo waͤhlt man ſie vor Allen.
Es reichen zwei Pfund per Morgen, wenn er ſorgfaͤltig vertheilt wird, voͤllig zu.
Haͤufig nimmt man jedoch auch rothen Klee darunter, und vor dieſem dann noch
vier Pfund hinzu, weil man im erſten Jahre an den Stellen, wo der Klee gut ge-
raͤth, gern einen Heuſchnitt davon nimmt, wozu der weiße Klee nur auf ſehr kraͤf-
tigem Boden geeignet iſt.


M m 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0297" n="275"/>
              <fw place="top" type="header">Weiden und Hutungen.</fw><lb/>
              <p>Wenn von der Weide 6 Morgen und daru&#x0364;ber fu&#x0364;r eine Kuh erforderlich &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;o paßt &#x017F;ie &#x017F;ich u&#x0364;berhaupt nicht mehr zur Kuhweide, &#x017F;ondern kann alsdann vor-<lb/>
theilhaft nur zur Schaafweide benutzt werden, und nach dem im vorigen §. ange-<lb/>
gebenen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e Schaafe erna&#x0364;hren.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 365.</head><lb/>
              <p>Da man bei den Koppelwirth&#x017F;chaften einen betra&#x0364;chtlichen Theil des Ertrages<note place="right">Kultur und<lb/>
Be&#x017F;aamung<lb/>
der Dree&#x017F;ch-<lb/>
weiden.</note><lb/>
auf die&#x017F;e Dree&#x017F;chweiden rechnet, und ihrer zur Erhaltung des Ganzen nothwen-<lb/>
dig bedarf, &#x017F;o nimmt man auf ihre Nahrhaftigkeit und ihre Kultur &#x017F;chon bei der<lb/>
Be&#x017F;tellung Ru&#x0364;ck&#x017F;icht. In der alten ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen holl&#x017F;teini&#x017F;chen Koppelwirth-<lb/>
&#x017F;chaft &#x017F;cheuete man &#x017F;ich daher, dem Acker viele Bearbeitung zu geben und reine<lb/>
Brache zu halten, weil man dadurch die Graswurzeln zer&#x017F;to&#x0364;rte, und der Acker<lb/>
&#x017F;ich dann bei der Ruhe &#x017F;pa&#x0364;terer und &#x017F;chwa&#x0364;cherer benarbte. Auch nahm man bei<lb/>
der Wahl der Fru&#x0364;chte darauf Ru&#x0364;ck&#x017F;icht, und wa&#x0364;hlte deshalb zuletzt Winterung,<lb/>
weil &#x017F;ich unter der&#x017F;elben &#x017F;chon mehr Gras erzeugt; oder wenn man Hafer nahm,<lb/>
be&#x017F;tellte man ihn auf <hi rendition="#g">einer</hi> flachen Furche. Es i&#x017F;t nicht zu la&#x0364;ugnen, daß die&#x017F;es<lb/>
Verfahren zweckma&#x0364;ßig war, wenn man den Graswuchs vorzu&#x0364;glich begu&#x0364;n&#x017F;tigen,<lb/>
ihn aber auf keine andere Wei&#x017F;e er&#x017F;etzen wollte, und es hat lange gedauert, bevor<lb/>
man &#x017F;ich zu letzterem allgemein ent&#x017F;chloß, weil man glaubte, die Nahrhaftigkeit<lb/>
des natu&#x0364;rlichen Ra&#x017F;ens ko&#x0364;nne durch keine ku&#x0364;n&#x017F;tliche Pflanze er&#x017F;etzt werden. Jetzt<lb/>
&#x017F;cheint die&#x017F;es Vorurtheil aber bei allen indu&#x017F;trio&#x0364;&#x017F;en Wirthen ver&#x017F;chwunden zu &#x017F;eyn,<lb/>
und man i&#x017F;t u&#x0364;berzeugt, daß eine ku&#x0364;n&#x017F;tliche Be&#x017F;aamung dem durch die Natur oder<lb/>
vielmehr durch den Zufall erzeugten Gra&#x017F;e nicht nur gleich komme, &#x017F;ondern &#x017F;ol-<lb/>
ches auch noch u&#x0364;bertreffe.</p><lb/>
              <p>Zu die&#x017F;er Be&#x017F;aamung wird am ha&#x0364;ufig&#x017F;ten der weiße kriechende Klee genom-<lb/>
men. Da wegen der Feinheit &#x017F;eines Saamens und &#x017F;einer &#x017F;tarken Verbreitung<lb/>
durch die rankenden Wurzeln nur wenig erfordert wird, und die&#x017F;er Saamen leicht<lb/>
zu gewinnen, die&#x017F;e Be&#x017F;aamung al&#x017F;o wohlfeil i&#x017F;t, &#x017F;o wa&#x0364;hlt man &#x017F;ie vor Allen.<lb/>
Es reichen zwei Pfund <hi rendition="#aq">per</hi> Morgen, wenn er &#x017F;orgfa&#x0364;ltig vertheilt wird, vo&#x0364;llig zu.<lb/>
Ha&#x0364;ufig nimmt man jedoch auch rothen Klee darunter, und vor die&#x017F;em dann noch<lb/>
vier Pfund hinzu, weil man im er&#x017F;ten Jahre an den Stellen, wo der Klee gut ge-<lb/>
ra&#x0364;th, gern einen Heu&#x017F;chnitt davon nimmt, wozu der weiße Klee nur auf &#x017F;ehr kra&#x0364;f-<lb/>
tigem Boden geeignet i&#x017F;t.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">M m 2</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0297] Weiden und Hutungen. Wenn von der Weide 6 Morgen und daruͤber fuͤr eine Kuh erforderlich ſind, ſo paßt ſie ſich uͤberhaupt nicht mehr zur Kuhweide, ſondern kann alsdann vor- theilhaft nur zur Schaafweide benutzt werden, und nach dem im vorigen §. ange- gebenen Verhaͤltniſſe Schaafe ernaͤhren. §. 365. Da man bei den Koppelwirthſchaften einen betraͤchtlichen Theil des Ertrages auf dieſe Dreeſchweiden rechnet, und ihrer zur Erhaltung des Ganzen nothwen- dig bedarf, ſo nimmt man auf ihre Nahrhaftigkeit und ihre Kultur ſchon bei der Beſtellung Ruͤckſicht. In der alten urſpruͤnglichen hollſteiniſchen Koppelwirth- ſchaft ſcheuete man ſich daher, dem Acker viele Bearbeitung zu geben und reine Brache zu halten, weil man dadurch die Graswurzeln zerſtoͤrte, und der Acker ſich dann bei der Ruhe ſpaͤterer und ſchwaͤcherer benarbte. Auch nahm man bei der Wahl der Fruͤchte darauf Ruͤckſicht, und waͤhlte deshalb zuletzt Winterung, weil ſich unter derſelben ſchon mehr Gras erzeugt; oder wenn man Hafer nahm, beſtellte man ihn auf einer flachen Furche. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß dieſes Verfahren zweckmaͤßig war, wenn man den Graswuchs vorzuͤglich beguͤnſtigen, ihn aber auf keine andere Weiſe erſetzen wollte, und es hat lange gedauert, bevor man ſich zu letzterem allgemein entſchloß, weil man glaubte, die Nahrhaftigkeit des natuͤrlichen Raſens koͤnne durch keine kuͤnſtliche Pflanze erſetzt werden. Jetzt ſcheint dieſes Vorurtheil aber bei allen induſtrioͤſen Wirthen verſchwunden zu ſeyn, und man iſt uͤberzeugt, daß eine kuͤnſtliche Beſaamung dem durch die Natur oder vielmehr durch den Zufall erzeugten Graſe nicht nur gleich komme, ſondern ſol- ches auch noch uͤbertreffe. Kultur und Beſaamung der Dreeſch- weiden. Zu dieſer Beſaamung wird am haͤufigſten der weiße kriechende Klee genom- men. Da wegen der Feinheit ſeines Saamens und ſeiner ſtarken Verbreitung durch die rankenden Wurzeln nur wenig erfordert wird, und dieſer Saamen leicht zu gewinnen, dieſe Beſaamung alſo wohlfeil iſt, ſo waͤhlt man ſie vor Allen. Es reichen zwei Pfund per Morgen, wenn er ſorgfaͤltig vertheilt wird, voͤllig zu. Haͤufig nimmt man jedoch auch rothen Klee darunter, und vor dieſem dann noch vier Pfund hinzu, weil man im erſten Jahre an den Stellen, wo der Klee gut ge- raͤth, gern einen Heuſchnitt davon nimmt, wozu der weiße Klee nur auf ſehr kraͤf- tigem Boden geeignet iſt. M m 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/297
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/297>, abgerufen am 09.11.2024.