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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Der Wiesenbau.
§. 335.

Einige sind der Meinung, man müsse frisch niedergelegtes und besaamtesOb frisch nie-
dergelegtes
Grasland zu
mähen oder
zu beweiden.

Wiesenland im ersten Grasjahre nicht mähen, sondern vom Vieh abweiden lassen.
Andere sind der entgegengesetzten Meinung, und noch andere wollen, daß man,
um sich in der Folge eine desto bessere Wiese zu verschaffen, das Gras frei wach-
sen, seinen Saamen reifen und verstreuen, den abgetragenen Halm aber nieder-
walzen lasse.

Alle drei Methoden können nach den Umständen am gerathensten seyn. Durch
die Weide, wenn sie mit der in der Folge anzugebenden Vorsicht betrieben wird,
erstarken die Gräser mehr in ihrem Wurzelaustriebe, verbreiten sich auf dem Bo-
den, und bilden eine dichtere Narbe. Der Weidemist kömmt zu Gute, besonders
wenn er umher gestreuet wird, und selbst der Auftritt und das Lagern des Viehes
ist dem Graswuchse auf trocknem Boden zuträglich. Wenn die neue Wiese daher
mit Grase bestanden ist, die Pflanzen sich aber nur schwach zeigen, würde ich die
Abweidung vorziehen.

Scheint dagegen das Gras dicht und geschlossen emportreiben zu wollen, und
kann man sich auf die Kraft des Bodens verlassen, so ist das Abmähen unbedenk-
lich, besonders wenn es möglichst früh geschieht, damit sich die Pflanzen nicht
durch Saamenansatz entkräften.

Das gänzliche Verschonen der Wiese könnte wohl nur in dem Falle rathsam
seyn, daß sich das angesäete Gras einzeln und horstig mit vielen leeren Zwischen-
räumen einfände, und folglich eine neue Besaamung nöthig schiene; jedoch nur
unter der Voraussetzung, daß sich dazwischen kein schädliches Unkraut zeige.
Denn im letztern Falle ist das Abmähen um so dringender. Einige rathen in sol-
chen Fällen nur einzelne Grasstellen, die besonders rein sind, in gewissen Entfer-
nungen stehen zu lassen, damit sich der Saamen von hier aus verbreite.

Wurzelunkraut, welches sich seiner Natur nach verbreitet, muß durchaus
auf solchen neuen Wiesen ausgestochen werden. Das Saamenunkraut darf nur
nicht zur Reife kommen.

§. 336.

Das scharfe Eggen der Wiesen oder noch besser das Aufritzen derselben durchEggen der
Wiesen.

Instrumente, nach Art der Skarrifikators mit Messern versehen, gehört zu den

Der Wieſenbau.
§. 335.

Einige ſind der Meinung, man muͤſſe friſch niedergelegtes und beſaamtesOb friſch nie-
dergelegtes
Grasland zu
maͤhen oder
zu beweiden.

Wieſenland im erſten Grasjahre nicht maͤhen, ſondern vom Vieh abweiden laſſen.
Andere ſind der entgegengeſetzten Meinung, und noch andere wollen, daß man,
um ſich in der Folge eine deſto beſſere Wieſe zu verſchaffen, das Gras frei wach-
ſen, ſeinen Saamen reifen und verſtreuen, den abgetragenen Halm aber nieder-
walzen laſſe.

Alle drei Methoden koͤnnen nach den Umſtaͤnden am gerathenſten ſeyn. Durch
die Weide, wenn ſie mit der in der Folge anzugebenden Vorſicht betrieben wird,
erſtarken die Graͤſer mehr in ihrem Wurzelaustriebe, verbreiten ſich auf dem Bo-
den, und bilden eine dichtere Narbe. Der Weidemiſt koͤmmt zu Gute, beſonders
wenn er umher geſtreuet wird, und ſelbſt der Auftritt und das Lagern des Viehes
iſt dem Graswuchſe auf trocknem Boden zutraͤglich. Wenn die neue Wieſe daher
mit Graſe beſtanden iſt, die Pflanzen ſich aber nur ſchwach zeigen, wuͤrde ich die
Abweidung vorziehen.

Scheint dagegen das Gras dicht und geſchloſſen emportreiben zu wollen, und
kann man ſich auf die Kraft des Bodens verlaſſen, ſo iſt das Abmaͤhen unbedenk-
lich, beſonders wenn es moͤglichſt fruͤh geſchieht, damit ſich die Pflanzen nicht
durch Saamenanſatz entkraͤften.

Das gaͤnzliche Verſchonen der Wieſe koͤnnte wohl nur in dem Falle rathſam
ſeyn, daß ſich das angeſaͤete Gras einzeln und horſtig mit vielen leeren Zwiſchen-
raͤumen einfaͤnde, und folglich eine neue Beſaamung noͤthig ſchiene; jedoch nur
unter der Vorausſetzung, daß ſich dazwiſchen kein ſchaͤdliches Unkraut zeige.
Denn im letztern Falle iſt das Abmaͤhen um ſo dringender. Einige rathen in ſol-
chen Faͤllen nur einzelne Grasſtellen, die beſonders rein ſind, in gewiſſen Entfer-
nungen ſtehen zu laſſen, damit ſich der Saamen von hier aus verbreite.

Wurzelunkraut, welches ſich ſeiner Natur nach verbreitet, muß durchaus
auf ſolchen neuen Wieſen ausgeſtochen werden. Das Saamenunkraut darf nur
nicht zur Reife kommen.

§. 336.

Das ſcharfe Eggen der Wieſen oder noch beſſer das Aufritzen derſelben durchEggen der
Wieſen.

Inſtrumente, nach Art der Skarrifikators mit Meſſern verſehen, gehoͤrt zu den

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[245/0267] Der Wieſenbau. §. 335. Einige ſind der Meinung, man muͤſſe friſch niedergelegtes und beſaamtes Wieſenland im erſten Grasjahre nicht maͤhen, ſondern vom Vieh abweiden laſſen. Andere ſind der entgegengeſetzten Meinung, und noch andere wollen, daß man, um ſich in der Folge eine deſto beſſere Wieſe zu verſchaffen, das Gras frei wach- ſen, ſeinen Saamen reifen und verſtreuen, den abgetragenen Halm aber nieder- walzen laſſe. Ob friſch nie- dergelegtes Grasland zu maͤhen oder zu beweiden. Alle drei Methoden koͤnnen nach den Umſtaͤnden am gerathenſten ſeyn. Durch die Weide, wenn ſie mit der in der Folge anzugebenden Vorſicht betrieben wird, erſtarken die Graͤſer mehr in ihrem Wurzelaustriebe, verbreiten ſich auf dem Bo- den, und bilden eine dichtere Narbe. Der Weidemiſt koͤmmt zu Gute, beſonders wenn er umher geſtreuet wird, und ſelbſt der Auftritt und das Lagern des Viehes iſt dem Graswuchſe auf trocknem Boden zutraͤglich. Wenn die neue Wieſe daher mit Graſe beſtanden iſt, die Pflanzen ſich aber nur ſchwach zeigen, wuͤrde ich die Abweidung vorziehen. Scheint dagegen das Gras dicht und geſchloſſen emportreiben zu wollen, und kann man ſich auf die Kraft des Bodens verlaſſen, ſo iſt das Abmaͤhen unbedenk- lich, beſonders wenn es moͤglichſt fruͤh geſchieht, damit ſich die Pflanzen nicht durch Saamenanſatz entkraͤften. Das gaͤnzliche Verſchonen der Wieſe koͤnnte wohl nur in dem Falle rathſam ſeyn, daß ſich das angeſaͤete Gras einzeln und horſtig mit vielen leeren Zwiſchen- raͤumen einfaͤnde, und folglich eine neue Beſaamung noͤthig ſchiene; jedoch nur unter der Vorausſetzung, daß ſich dazwiſchen kein ſchaͤdliches Unkraut zeige. Denn im letztern Falle iſt das Abmaͤhen um ſo dringender. Einige rathen in ſol- chen Faͤllen nur einzelne Grasſtellen, die beſonders rein ſind, in gewiſſen Entfer- nungen ſtehen zu laſſen, damit ſich der Saamen von hier aus verbreite. Wurzelunkraut, welches ſich ſeiner Natur nach verbreitet, muß durchaus auf ſolchen neuen Wieſen ausgeſtochen werden. Das Saamenunkraut darf nur nicht zur Reife kommen. §. 336. Das ſcharfe Eggen der Wieſen oder noch beſſer das Aufritzen derſelben durch Inſtrumente, nach Art der Skarrifikators mit Meſſern verſehen, gehoͤrt zu den Eggen der Wieſen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/267>, abgerufen am 25.11.2024.