Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Wiesenbau.
diese Wiesen aber zwischen mageren Feldern liegen, von denen sie nur bei feuchter
Witterung Zufluß erhalten, welcher zuweilen nur zu stark ist, sie morastig macht,
Wasserpflanzen erzeugt, und ihre Beackerung nicht verstattet, bei trockner Witte-
rung dagegen an Dürre leiden, so sind sie von geringem Werthe und Ertrage,
dabei aber wegen ihrer Lage und Vermengung mit den Ackerfeldern sehr unbequem;
weshalb thätigere Landwirthe sie oft durch bewirkten Wasserabzug und Auffahren
von Erde völlig trocken gelegt, und in Ackerland, welches anfangs vorzüglich
fruchtbar war, umgewandelt haben. Sie sind unter dem Namen Meeschwie-
sen
bekannt. Wenn sie es ihrer Lage und ausdauerndern gleichmäßigeren Feuch-
tigkeit wegen verdienen, so wird diesen Wiesen besonders durch Düngung sehr
aufgeholfen, wodurch sie nicht selten zu einem dreifach größern Ertrag, als sie
sonst geben, gebracht worden.

§. 314.

Die vierte Wiesenart, welche man mehrentheils an dem Fuße der Berge und
Hügel findet, sind in dem Falle, daß das Wasser mehr auf ihrer Oberfläche her-
abzieht und nirgends stockt, zuweilen sehr fruchtbar, und mit einem feinhalmigen,
dichten und süßen Grase überzogen, insbesondere wenn das Wasser kalk- oder
gypshaltig ist. Berieselt das Wasser dagegen die Oberfläche wenig, ziehet es sich
nur im Untergrunde herab und stockt daselbst, so erzeugen sie ein schlechtes, wenig
nutzbares Gras, welches hauptsächlich aus Binsen, Seggen und Schafthalm be-
stehet. Durch gehörige Abfangung und Leitung des Wassers können sie aber häu-
fig in fruchtbare Berieselungswiesen umgeschaffen werden.

§. 315.

Auch die fünfte Art der Wiesen ist nicht jedesmal ganz schlecht zu nennen.
Wenn sie sich durch immer neu erzeugte Lagen von abgestorbenen Pflanzen hoch
genug erhoben haben, das Wasser genugsamen Abzug hat, um die obere Schicht
nicht übermäßig zu durchnässen, so hat der hier erzeugte Humus eine mildere und
fruchtbarere Beschaffenheit angenommen, und trägt dann reichliche und gedeihliche
Gräser, obgleich der Untergrund noch so schwammig und quebbig ist, daß man
besondere Vorkehrungen -- z. B. Karren mit sehr breitfelgigten Rädern --
gebrauchen muß, um das Heu herabzuholen. Wenn sie aber diese günstige Lage
und diesen gerechten Feuchtigkeitszustand nicht haben, so tragen sie nur nahrungs-

F f 2

Der Wieſenbau.
dieſe Wieſen aber zwiſchen mageren Feldern liegen, von denen ſie nur bei feuchter
Witterung Zufluß erhalten, welcher zuweilen nur zu ſtark iſt, ſie moraſtig macht,
Waſſerpflanzen erzeugt, und ihre Beackerung nicht verſtattet, bei trockner Witte-
rung dagegen an Duͤrre leiden, ſo ſind ſie von geringem Werthe und Ertrage,
dabei aber wegen ihrer Lage und Vermengung mit den Ackerfeldern ſehr unbequem;
weshalb thaͤtigere Landwirthe ſie oft durch bewirkten Waſſerabzug und Auffahren
von Erde voͤllig trocken gelegt, und in Ackerland, welches anfangs vorzuͤglich
fruchtbar war, umgewandelt haben. Sie ſind unter dem Namen Meeſchwie-
ſen
bekannt. Wenn ſie es ihrer Lage und ausdauerndern gleichmaͤßigeren Feuch-
tigkeit wegen verdienen, ſo wird dieſen Wieſen beſonders durch Duͤngung ſehr
aufgeholfen, wodurch ſie nicht ſelten zu einem dreifach groͤßern Ertrag, als ſie
ſonſt geben, gebracht worden.

§. 314.

Die vierte Wieſenart, welche man mehrentheils an dem Fuße der Berge und
Huͤgel findet, ſind in dem Falle, daß das Waſſer mehr auf ihrer Oberflaͤche her-
abzieht und nirgends ſtockt, zuweilen ſehr fruchtbar, und mit einem feinhalmigen,
dichten und ſuͤßen Graſe uͤberzogen, insbeſondere wenn das Waſſer kalk- oder
gypshaltig iſt. Berieſelt das Waſſer dagegen die Oberflaͤche wenig, ziehet es ſich
nur im Untergrunde herab und ſtockt daſelbſt, ſo erzeugen ſie ein ſchlechtes, wenig
nutzbares Gras, welches hauptſaͤchlich aus Binſen, Seggen und Schafthalm be-
ſtehet. Durch gehoͤrige Abfangung und Leitung des Waſſers koͤnnen ſie aber haͤu-
fig in fruchtbare Berieſelungswieſen umgeſchaffen werden.

§. 315.

Auch die fuͤnfte Art der Wieſen iſt nicht jedesmal ganz ſchlecht zu nennen.
Wenn ſie ſich durch immer neu erzeugte Lagen von abgeſtorbenen Pflanzen hoch
genug erhoben haben, das Waſſer genugſamen Abzug hat, um die obere Schicht
nicht uͤbermaͤßig zu durchnaͤſſen, ſo hat der hier erzeugte Humus eine mildere und
fruchtbarere Beſchaffenheit angenommen, und traͤgt dann reichliche und gedeihliche
Graͤſer, obgleich der Untergrund noch ſo ſchwammig und quebbig iſt, daß man
beſondere Vorkehrungen — z. B. Karren mit ſehr breitfelgigten Raͤdern —
gebrauchen muß, um das Heu herabzuholen. Wenn ſie aber dieſe guͤnſtige Lage
und dieſen gerechten Feuchtigkeitszuſtand nicht haben, ſo tragen ſie nur nahrungs-

F f 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0249" n="227"/><fw place="top" type="header">Der Wie&#x017F;enbau.</fw><lb/>
die&#x017F;e Wie&#x017F;en aber zwi&#x017F;chen mageren Feldern liegen, von denen &#x017F;ie nur bei feuchter<lb/>
Witterung Zufluß erhalten, welcher zuweilen nur zu &#x017F;tark i&#x017F;t, &#x017F;ie mora&#x017F;tig macht,<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;erpflanzen erzeugt, und ihre Beackerung nicht ver&#x017F;tattet, bei trockner Witte-<lb/>
rung dagegen an Du&#x0364;rre leiden, &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie von geringem Werthe und Ertrage,<lb/>
dabei aber wegen ihrer Lage und Vermengung mit den Ackerfeldern &#x017F;ehr unbequem;<lb/>
weshalb tha&#x0364;tigere Landwirthe &#x017F;ie oft durch bewirkten Wa&#x017F;&#x017F;erabzug und Auffahren<lb/>
von Erde vo&#x0364;llig trocken gelegt, und in Ackerland, welches anfangs vorzu&#x0364;glich<lb/>
fruchtbar war, umgewandelt haben. Sie &#x017F;ind unter dem Namen <hi rendition="#g">Mee&#x017F;chwie-<lb/>
&#x017F;en</hi> bekannt. Wenn &#x017F;ie es ihrer Lage und ausdauerndern gleichma&#x0364;ßigeren Feuch-<lb/>
tigkeit wegen verdienen, &#x017F;o wird die&#x017F;en Wie&#x017F;en be&#x017F;onders durch Du&#x0364;ngung &#x017F;ehr<lb/>
aufgeholfen, wodurch &#x017F;ie nicht &#x017F;elten zu einem dreifach gro&#x0364;ßern Ertrag, als &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t geben, gebracht worden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 314.</head><lb/>
              <p>Die vierte Wie&#x017F;enart, welche man mehrentheils an dem Fuße der Berge und<lb/>
Hu&#x0364;gel findet, &#x017F;ind in dem Falle, daß das Wa&#x017F;&#x017F;er mehr auf ihrer Oberfla&#x0364;che her-<lb/>
abzieht und nirgends &#x017F;tockt, zuweilen &#x017F;ehr fruchtbar, und mit einem feinhalmigen,<lb/>
dichten und &#x017F;u&#x0364;ßen Gra&#x017F;e u&#x0364;berzogen, insbe&#x017F;ondere wenn das Wa&#x017F;&#x017F;er kalk- oder<lb/>
gypshaltig i&#x017F;t. Berie&#x017F;elt das Wa&#x017F;&#x017F;er dagegen die Oberfla&#x0364;che wenig, ziehet es &#x017F;ich<lb/>
nur im Untergrunde herab und &#x017F;tockt da&#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;o erzeugen &#x017F;ie ein &#x017F;chlechtes, wenig<lb/>
nutzbares Gras, welches haupt&#x017F;a&#x0364;chlich aus Bin&#x017F;en, Seggen und Schafthalm be-<lb/>
&#x017F;tehet. Durch geho&#x0364;rige Abfangung und Leitung des Wa&#x017F;&#x017F;ers ko&#x0364;nnen &#x017F;ie aber ha&#x0364;u-<lb/>
fig in fruchtbare Berie&#x017F;elungswie&#x017F;en umge&#x017F;chaffen werden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 315.</head><lb/>
              <p>Auch die fu&#x0364;nfte Art der Wie&#x017F;en i&#x017F;t nicht <hi rendition="#g">jedesmal</hi> ganz &#x017F;chlecht zu nennen.<lb/>
Wenn &#x017F;ie &#x017F;ich durch immer neu erzeugte Lagen von abge&#x017F;torbenen Pflanzen hoch<lb/>
genug erhoben haben, das Wa&#x017F;&#x017F;er genug&#x017F;amen Abzug hat, um die obere Schicht<lb/>
nicht u&#x0364;berma&#x0364;ßig zu durchna&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o hat der hier erzeugte Humus eine mildere und<lb/>
fruchtbarere Be&#x017F;chaffenheit angenommen, und tra&#x0364;gt dann reichliche und gedeihliche<lb/>
Gra&#x0364;&#x017F;er, obgleich der Untergrund noch &#x017F;o &#x017F;chwammig und quebbig i&#x017F;t, daß man<lb/>
be&#x017F;ondere Vorkehrungen &#x2014; z. B. Karren mit &#x017F;ehr breitfelgigten Ra&#x0364;dern &#x2014;<lb/>
gebrauchen muß, um das Heu herabzuholen. Wenn &#x017F;ie aber die&#x017F;e gu&#x0364;n&#x017F;tige Lage<lb/>
und die&#x017F;en gerechten Feuchtigkeitszu&#x017F;tand nicht haben, &#x017F;o tragen &#x017F;ie nur nahrungs-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 2</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0249] Der Wieſenbau. dieſe Wieſen aber zwiſchen mageren Feldern liegen, von denen ſie nur bei feuchter Witterung Zufluß erhalten, welcher zuweilen nur zu ſtark iſt, ſie moraſtig macht, Waſſerpflanzen erzeugt, und ihre Beackerung nicht verſtattet, bei trockner Witte- rung dagegen an Duͤrre leiden, ſo ſind ſie von geringem Werthe und Ertrage, dabei aber wegen ihrer Lage und Vermengung mit den Ackerfeldern ſehr unbequem; weshalb thaͤtigere Landwirthe ſie oft durch bewirkten Waſſerabzug und Auffahren von Erde voͤllig trocken gelegt, und in Ackerland, welches anfangs vorzuͤglich fruchtbar war, umgewandelt haben. Sie ſind unter dem Namen Meeſchwie- ſen bekannt. Wenn ſie es ihrer Lage und ausdauerndern gleichmaͤßigeren Feuch- tigkeit wegen verdienen, ſo wird dieſen Wieſen beſonders durch Duͤngung ſehr aufgeholfen, wodurch ſie nicht ſelten zu einem dreifach groͤßern Ertrag, als ſie ſonſt geben, gebracht worden. §. 314. Die vierte Wieſenart, welche man mehrentheils an dem Fuße der Berge und Huͤgel findet, ſind in dem Falle, daß das Waſſer mehr auf ihrer Oberflaͤche her- abzieht und nirgends ſtockt, zuweilen ſehr fruchtbar, und mit einem feinhalmigen, dichten und ſuͤßen Graſe uͤberzogen, insbeſondere wenn das Waſſer kalk- oder gypshaltig iſt. Berieſelt das Waſſer dagegen die Oberflaͤche wenig, ziehet es ſich nur im Untergrunde herab und ſtockt daſelbſt, ſo erzeugen ſie ein ſchlechtes, wenig nutzbares Gras, welches hauptſaͤchlich aus Binſen, Seggen und Schafthalm be- ſtehet. Durch gehoͤrige Abfangung und Leitung des Waſſers koͤnnen ſie aber haͤu- fig in fruchtbare Berieſelungswieſen umgeſchaffen werden. §. 315. Auch die fuͤnfte Art der Wieſen iſt nicht jedesmal ganz ſchlecht zu nennen. Wenn ſie ſich durch immer neu erzeugte Lagen von abgeſtorbenen Pflanzen hoch genug erhoben haben, das Waſſer genugſamen Abzug hat, um die obere Schicht nicht uͤbermaͤßig zu durchnaͤſſen, ſo hat der hier erzeugte Humus eine mildere und fruchtbarere Beſchaffenheit angenommen, und traͤgt dann reichliche und gedeihliche Graͤſer, obgleich der Untergrund noch ſo ſchwammig und quebbig iſt, daß man beſondere Vorkehrungen — z. B. Karren mit ſehr breitfelgigten Raͤdern — gebrauchen muß, um das Heu herabzuholen. Wenn ſie aber dieſe guͤnſtige Lage und dieſen gerechten Feuchtigkeitszuſtand nicht haben, ſo tragen ſie nur nahrungs- F f 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/249
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/249>, abgerufen am 22.11.2024.