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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Abschwemmung oder Anlage der Schwemmwiesen.
hier gewöhnlich ein anderes Düngungsmittel an die Hand, nämlich den erdigen
oder torfigen Moder, den zwar mehrentheils sauren und binsigen Rasen, welchen
man in der Niederung findet, und der dann doch überschwemmt werden soll. Man
sticht ihn, nachdem der Abwässerungsgraben gezogen worden, und man also um so
besser beikommen kann, hier an den besten und tiefsten Stellen aus, da doch die
entstandenen Löcher wieder zugeschwemmt werden. Man bringt ihn dann auf die
Höhe, und legt ihn, wo möglich mit thierischem Dünger oder etwas Kalk oder
Asche versetzt, in Mieten, und verbreitet ihn dann über die geschwemmte Ober-
fläche. Wenn man eine solche Düngung giebt, so kann man zuweilen im nächsten
Jahre schon einen beträchtlichen Ertrag von einer solchen Wiese erwarten. Und es
giebt einen überraschenden Anblick, wenn man dann auf einer scharf abgeschnitte-
nen Linie den üppigsten Graswuchs neben dem dürrsten Flugsande, der erst eben
abgeschwemmt worden, erblickt.

Auch kann man durch Besaamung einer abgeschwemmten und gedüngten
Fläche die Benutzung derselben allerdings noch mehr beschleunigen. Allein die
Auswahl der Sämereien erfordert besondere Rücksichten. Diejenigen Kräuter und
Gräser, welche am üppigsten wachsen, eher die Bewässerungen anhaltend gegeben
werden, verlieren sich nachher, wenn die Bewässerung fortdauert. Ich habe auf
einen Boden, der aber freilich nicht sandig, sondern lehmmerglicht war, gleich
rothen Klee, Avena elatior, Festuca elatior, Phleum pratense, Dactylis
glomerata, Holcus lanatus,
an den niedrigern Stellen Alopecurus praten-
sis
u. s. f. gesäet, selbst ohne Dünger zu geben. Sie wuchsen zu meinem Ersteu-
nen ohne Dünger im ersten Jahre nach der Einsaat, wurden im zweiten schwä-
cher, und haben sich nun nach vier Jahren fast völlig verloren, und dagegen ande-
ren Gräsern und Kräutern Platz gemacht. Diejenigen Stellen, wo nichts hinge-
säet war, scheinen jetzt jene besaamte Stellen fast zu übertreffen. Sonderbar,
daß sich von allen der rothe Klee, der starken Bewässerung ungeachtet, am mei-
sten erhalten hat, und selbst durch dickes Moos hervorbricht. Jedoch steht er na-
türlich nur einzeln. Ich halte es daher, wenn man auf die Folge sieht, nicht für
rathsam, dergleichen starke Gräser hier anzusäen, sondern die Berasung entweder
der Natur ganz zu überlassen, oder aber solche Gräser auszuwählen, welche der
Erfahrung nach auf Berieselungswiesen von gleicher Bodenart die dichteste Narbe

Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.
hier gewoͤhnlich ein anderes Duͤngungsmittel an die Hand, naͤmlich den erdigen
oder torfigen Moder, den zwar mehrentheils ſauren und binſigen Raſen, welchen
man in der Niederung findet, und der dann doch uͤberſchwemmt werden ſoll. Man
ſticht ihn, nachdem der Abwaͤſſerungsgraben gezogen worden, und man alſo um ſo
beſſer beikommen kann, hier an den beſten und tiefſten Stellen aus, da doch die
entſtandenen Loͤcher wieder zugeſchwemmt werden. Man bringt ihn dann auf die
Hoͤhe, und legt ihn, wo moͤglich mit thieriſchem Duͤnger oder etwas Kalk oder
Aſche verſetzt, in Mieten, und verbreitet ihn dann uͤber die geſchwemmte Ober-
flaͤche. Wenn man eine ſolche Duͤngung giebt, ſo kann man zuweilen im naͤchſten
Jahre ſchon einen betraͤchtlichen Ertrag von einer ſolchen Wieſe erwarten. Und es
giebt einen uͤberraſchenden Anblick, wenn man dann auf einer ſcharf abgeſchnitte-
nen Linie den uͤppigſten Graswuchs neben dem duͤrrſten Flugſande, der erſt eben
abgeſchwemmt worden, erblickt.

Auch kann man durch Beſaamung einer abgeſchwemmten und geduͤngten
Flaͤche die Benutzung derſelben allerdings noch mehr beſchleunigen. Allein die
Auswahl der Saͤmereien erfordert beſondere Ruͤckſichten. Diejenigen Kraͤuter und
Graͤſer, welche am uͤppigſten wachſen, eher die Bewaͤſſerungen anhaltend gegeben
werden, verlieren ſich nachher, wenn die Bewaͤſſerung fortdauert. Ich habe auf
einen Boden, der aber freilich nicht ſandig, ſondern lehmmerglicht war, gleich
rothen Klee, Avena elatior, Festuca elatior, Phleum pratense, Dactylis
glomerata, Holcus lanatus,
an den niedrigern Stellen Alopecurus praten-
sis
u. ſ. f. geſaͤet, ſelbſt ohne Duͤnger zu geben. Sie wuchſen zu meinem Erſteu-
nen ohne Duͤnger im erſten Jahre nach der Einſaat, wurden im zweiten ſchwaͤ-
cher, und haben ſich nun nach vier Jahren faſt voͤllig verloren, und dagegen ande-
ren Graͤſern und Kraͤutern Platz gemacht. Diejenigen Stellen, wo nichts hinge-
ſaͤet war, ſcheinen jetzt jene beſaamte Stellen faſt zu uͤbertreffen. Sonderbar,
daß ſich von allen der rothe Klee, der ſtarken Bewaͤſſerung ungeachtet, am mei-
ſten erhalten hat, und ſelbſt durch dickes Moos hervorbricht. Jedoch ſteht er na-
tuͤrlich nur einzeln. Ich halte es daher, wenn man auf die Folge ſieht, nicht fuͤr
rathſam, dergleichen ſtarke Graͤſer hier anzuſaͤen, ſondern die Beraſung entweder
der Natur ganz zu uͤberlaſſen, oder aber ſolche Graͤſer auszuwaͤhlen, welche der
Erfahrung nach auf Berieſelungswieſen von gleicher Bodenart die dichteſte Narbe

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[218/0240] Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen. hier gewoͤhnlich ein anderes Duͤngungsmittel an die Hand, naͤmlich den erdigen oder torfigen Moder, den zwar mehrentheils ſauren und binſigen Raſen, welchen man in der Niederung findet, und der dann doch uͤberſchwemmt werden ſoll. Man ſticht ihn, nachdem der Abwaͤſſerungsgraben gezogen worden, und man alſo um ſo beſſer beikommen kann, hier an den beſten und tiefſten Stellen aus, da doch die entſtandenen Loͤcher wieder zugeſchwemmt werden. Man bringt ihn dann auf die Hoͤhe, und legt ihn, wo moͤglich mit thieriſchem Duͤnger oder etwas Kalk oder Aſche verſetzt, in Mieten, und verbreitet ihn dann uͤber die geſchwemmte Ober- flaͤche. Wenn man eine ſolche Duͤngung giebt, ſo kann man zuweilen im naͤchſten Jahre ſchon einen betraͤchtlichen Ertrag von einer ſolchen Wieſe erwarten. Und es giebt einen uͤberraſchenden Anblick, wenn man dann auf einer ſcharf abgeſchnitte- nen Linie den uͤppigſten Graswuchs neben dem duͤrrſten Flugſande, der erſt eben abgeſchwemmt worden, erblickt. Auch kann man durch Beſaamung einer abgeſchwemmten und geduͤngten Flaͤche die Benutzung derſelben allerdings noch mehr beſchleunigen. Allein die Auswahl der Saͤmereien erfordert beſondere Ruͤckſichten. Diejenigen Kraͤuter und Graͤſer, welche am uͤppigſten wachſen, eher die Bewaͤſſerungen anhaltend gegeben werden, verlieren ſich nachher, wenn die Bewaͤſſerung fortdauert. Ich habe auf einen Boden, der aber freilich nicht ſandig, ſondern lehmmerglicht war, gleich rothen Klee, Avena elatior, Festuca elatior, Phleum pratense, Dactylis glomerata, Holcus lanatus, an den niedrigern Stellen Alopecurus praten- sis u. ſ. f. geſaͤet, ſelbſt ohne Duͤnger zu geben. Sie wuchſen zu meinem Erſteu- nen ohne Duͤnger im erſten Jahre nach der Einſaat, wurden im zweiten ſchwaͤ- cher, und haben ſich nun nach vier Jahren faſt voͤllig verloren, und dagegen ande- ren Graͤſern und Kraͤutern Platz gemacht. Diejenigen Stellen, wo nichts hinge- ſaͤet war, ſcheinen jetzt jene beſaamte Stellen faſt zu uͤbertreffen. Sonderbar, daß ſich von allen der rothe Klee, der ſtarken Bewaͤſſerung ungeachtet, am mei- ſten erhalten hat, und ſelbſt durch dickes Moos hervorbricht. Jedoch ſteht er na- tuͤrlich nur einzeln. Ich halte es daher, wenn man auf die Folge ſieht, nicht fuͤr rathſam, dergleichen ſtarke Graͤſer hier anzuſaͤen, ſondern die Beraſung entweder der Natur ganz zu uͤberlaſſen, oder aber ſolche Graͤſer auszuwaͤhlen, welche der Erfahrung nach auf Berieſelungswieſen von gleicher Bodenart die dichteſte Narbe

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/240>, abgerufen am 24.11.2024.