Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Bewässerung.
rung der Pflanzen -- der einen jedoch mehr als der andern, der Blätter mehr als
der Saamen -- habe, ist allgemein anerkannt. Die verschiedene Fruchtbarkeit man-
cher Bodenarten hängt größtentheils von ihrer mehreren oder minderen Feuchtigkeits-
anhaltung ab, und der sandige Boden, welcher wegen des schnellen Verlustes seiner
Feuchtigkeit für völlig unfruchtbar gehalten wird, kann dadurch, daß man ihn mit be-
ständig zureichender Feuchtigkeit im gerechten Maaße versieht, wo nicht für alle Ge-
wächse, doch für viele der nutzbarsten eben so fruchtbar wie der thonreichere Boden
werden; vorausgesetzt, daß er eine zureichende Beimischung von auflöslichem Humus
habe. Ja er wird in diesem Falle manchen der schätzbarsten Gewächsen ungleich zu-
träglicher, und befördert das Gedeihen aller derer sicherer, die zu leicht von übermä-
ßiger Feuchtigkeit leiden. Durch eine gehörig angelegte Bewässerung hat man aber
das Maaß der Feuchtigkeit, welches man geben und nehmen will, immer in seiner
Gewalt.

Die meisten Gewässer führen überdem düngende und auf die Vegetation wohl-
thätig wirkende Theile mit sich. Das Wasser, welches schon länger an der Oberfläche
floß, hat immer nahrhafte Materien, die ihm aus den umliegenden Gegenden zu-
strömten, in sich aufgenommen -- um so mehrere, je fruchtbarer und düngerreicher
die Fluren und Orte waren, die es durchfloß. Diese nahrhafte Materie, welche
sonst dem Abgrunde des Meeres unaufhaltbar zuströmt, und für den kultivirten Theil
des Erdbodens verloren geht, wird durch die Bewässerung zurückgehalten, und muß
sich größtentheils auf dem Boden, dem diese Wohlthat zufließt, absetzen, und da-
selbst zur Erzeugung neuer Pflanzen dienen. Das aus dem Innern der Erde hervor-
brechende Wasser führt dagegen mehrentheils den der Vegetation so vortheilhaften
Kalk und Gyps, in Kohlensäure aufgelöst, und folglich auf das Feinste zertheilt, mit
sich, und dieser setzt sich dann bei der Entweichung der Kohlensäure auf die wirksamste
Weise an der Oberfläche des bewässerten Grundes ab; weswegen das Wasser solcher
Quellen zunächst an seinem Ursprunge sich immer am wirksamsten zeigt, weil es näm-
lich daselbst seinen Kalk noch nicht verloren hat.

Durch die Bewässerung eignen wir uns also einen Dünger zu, den wir nicht er-
zeuget hatten, und bewirken dadurch eine Produktion, welche neuen Dünger giebt,
ohne daß sie uns Dünger kostet. Wir vermehren folglich dadurch den vegetabilischen
Stoff auf unserem Areal, ohne welchen zu consumiren.


Die Bewaͤſſerung.
rung der Pflanzen — der einen jedoch mehr als der andern, der Blaͤtter mehr als
der Saamen — habe, iſt allgemein anerkannt. Die verſchiedene Fruchtbarkeit man-
cher Bodenarten haͤngt groͤßtentheils von ihrer mehreren oder minderen Feuchtigkeits-
anhaltung ab, und der ſandige Boden, welcher wegen des ſchnellen Verluſtes ſeiner
Feuchtigkeit fuͤr voͤllig unfruchtbar gehalten wird, kann dadurch, daß man ihn mit be-
ſtaͤndig zureichender Feuchtigkeit im gerechten Maaße verſieht, wo nicht fuͤr alle Ge-
waͤchſe, doch fuͤr viele der nutzbarſten eben ſo fruchtbar wie der thonreichere Boden
werden; vorausgeſetzt, daß er eine zureichende Beimiſchung von aufloͤslichem Humus
habe. Ja er wird in dieſem Falle manchen der ſchaͤtzbarſten Gewaͤchſen ungleich zu-
traͤglicher, und befoͤrdert das Gedeihen aller derer ſicherer, die zu leicht von uͤbermaͤ-
ßiger Feuchtigkeit leiden. Durch eine gehoͤrig angelegte Bewaͤſſerung hat man aber
das Maaß der Feuchtigkeit, welches man geben und nehmen will, immer in ſeiner
Gewalt.

Die meiſten Gewaͤſſer fuͤhren uͤberdem duͤngende und auf die Vegetation wohl-
thaͤtig wirkende Theile mit ſich. Das Waſſer, welches ſchon laͤnger an der Oberflaͤche
floß, hat immer nahrhafte Materien, die ihm aus den umliegenden Gegenden zu-
ſtroͤmten, in ſich aufgenommen — um ſo mehrere, je fruchtbarer und duͤngerreicher
die Fluren und Orte waren, die es durchfloß. Dieſe nahrhafte Materie, welche
ſonſt dem Abgrunde des Meeres unaufhaltbar zuſtroͤmt, und fuͤr den kultivirten Theil
des Erdbodens verloren geht, wird durch die Bewaͤſſerung zuruͤckgehalten, und muß
ſich groͤßtentheils auf dem Boden, dem dieſe Wohlthat zufließt, abſetzen, und da-
ſelbſt zur Erzeugung neuer Pflanzen dienen. Das aus dem Innern der Erde hervor-
brechende Waſſer fuͤhrt dagegen mehrentheils den der Vegetation ſo vortheilhaften
Kalk und Gyps, in Kohlenſaͤure aufgeloͤſt, und folglich auf das Feinſte zertheilt, mit
ſich, und dieſer ſetzt ſich dann bei der Entweichung der Kohlenſaͤure auf die wirkſamſte
Weiſe an der Oberflaͤche des bewaͤſſerten Grundes ab; weswegen das Waſſer ſolcher
Quellen zunaͤchſt an ſeinem Urſprunge ſich immer am wirkſamſten zeigt, weil es naͤm-
lich daſelbſt ſeinen Kalk noch nicht verloren hat.

Durch die Bewaͤſſerung eignen wir uns alſo einen Duͤnger zu, den wir nicht er-
zeuget hatten, und bewirken dadurch eine Produktion, welche neuen Duͤnger giebt,
ohne daß ſie uns Duͤnger koſtet. Wir vermehren folglich dadurch den vegetabiliſchen
Stoff auf unſerem Areal, ohne welchen zu conſumiren.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0203" n="181"/><fw place="top" type="header">Die Bewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung.</fw><lb/>
rung der Pflanzen &#x2014; der einen jedoch mehr als der andern, der Bla&#x0364;tter mehr als<lb/>
der Saamen &#x2014; habe, i&#x017F;t allgemein anerkannt. Die ver&#x017F;chiedene Fruchtbarkeit man-<lb/>
cher Bodenarten ha&#x0364;ngt gro&#x0364;ßtentheils von ihrer mehreren oder minderen Feuchtigkeits-<lb/>
anhaltung ab, und der &#x017F;andige Boden, welcher wegen des &#x017F;chnellen Verlu&#x017F;tes &#x017F;einer<lb/>
Feuchtigkeit fu&#x0364;r vo&#x0364;llig unfruchtbar gehalten wird, kann dadurch, daß man ihn mit be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig zureichender Feuchtigkeit im gerechten Maaße ver&#x017F;ieht, wo nicht fu&#x0364;r alle Ge-<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;e, doch fu&#x0364;r viele der nutzbar&#x017F;ten eben &#x017F;o fruchtbar wie der thonreichere Boden<lb/>
werden; vorausge&#x017F;etzt, daß er eine zureichende Beimi&#x017F;chung von auflo&#x0364;slichem Humus<lb/>
habe. Ja er wird in die&#x017F;em Falle manchen der &#x017F;cha&#x0364;tzbar&#x017F;ten Gewa&#x0364;ch&#x017F;en ungleich zu-<lb/>
tra&#x0364;glicher, und befo&#x0364;rdert das Gedeihen aller derer &#x017F;icherer, die zu leicht von u&#x0364;berma&#x0364;-<lb/>
ßiger Feuchtigkeit leiden. Durch eine geho&#x0364;rig angelegte Bewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung hat man aber<lb/>
das Maaß der Feuchtigkeit, welches man geben und nehmen will, immer in &#x017F;einer<lb/>
Gewalt.</p><lb/>
              <p>Die mei&#x017F;ten Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;hren u&#x0364;berdem du&#x0364;ngende und auf die Vegetation wohl-<lb/>
tha&#x0364;tig wirkende Theile mit &#x017F;ich. Das Wa&#x017F;&#x017F;er, welches &#x017F;chon la&#x0364;nger an der Oberfla&#x0364;che<lb/>
floß, hat immer nahrhafte Materien, die ihm aus den umliegenden Gegenden zu-<lb/>
&#x017F;tro&#x0364;mten, in &#x017F;ich aufgenommen &#x2014; um &#x017F;o mehrere, je fruchtbarer und du&#x0364;ngerreicher<lb/>
die Fluren und Orte waren, die es durchfloß. Die&#x017F;e nahrhafte Materie, welche<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t dem Abgrunde des Meeres unaufhaltbar zu&#x017F;tro&#x0364;mt, und fu&#x0364;r den kultivirten Theil<lb/>
des Erdbodens verloren geht, wird durch die Bewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung zuru&#x0364;ckgehalten, und muß<lb/>
&#x017F;ich gro&#x0364;ßtentheils auf dem Boden, dem die&#x017F;e Wohlthat zufließt, ab&#x017F;etzen, und da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zur Erzeugung neuer Pflanzen dienen. Das aus dem Innern der Erde hervor-<lb/>
brechende Wa&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;hrt dagegen mehrentheils den der Vegetation &#x017F;o vortheilhaften<lb/>
Kalk und Gyps, in Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure aufgelo&#x0364;&#x017F;t, und folglich auf das Fein&#x017F;te zertheilt, mit<lb/>
&#x017F;ich, und die&#x017F;er &#x017F;etzt &#x017F;ich dann bei der Entweichung der Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure auf die wirk&#x017F;am&#x017F;te<lb/>
Wei&#x017F;e an der Oberfla&#x0364;che des bewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erten Grundes ab; weswegen das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;olcher<lb/>
Quellen zuna&#x0364;ch&#x017F;t an &#x017F;einem Ur&#x017F;prunge &#x017F;ich immer am wirk&#x017F;am&#x017F;ten zeigt, weil es na&#x0364;m-<lb/>
lich da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;einen Kalk noch nicht verloren hat.</p><lb/>
              <p>Durch die Bewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung eignen wir uns al&#x017F;o einen Du&#x0364;nger zu, den wir nicht er-<lb/>
zeuget hatten, und bewirken dadurch eine Produktion, welche neuen Du&#x0364;nger giebt,<lb/>
ohne daß &#x017F;ie uns Du&#x0364;nger ko&#x017F;tet. Wir vermehren folglich dadurch den vegetabili&#x017F;chen<lb/>
Stoff auf un&#x017F;erem Areal, ohne welchen zu con&#x017F;umiren.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0203] Die Bewaͤſſerung. rung der Pflanzen — der einen jedoch mehr als der andern, der Blaͤtter mehr als der Saamen — habe, iſt allgemein anerkannt. Die verſchiedene Fruchtbarkeit man- cher Bodenarten haͤngt groͤßtentheils von ihrer mehreren oder minderen Feuchtigkeits- anhaltung ab, und der ſandige Boden, welcher wegen des ſchnellen Verluſtes ſeiner Feuchtigkeit fuͤr voͤllig unfruchtbar gehalten wird, kann dadurch, daß man ihn mit be- ſtaͤndig zureichender Feuchtigkeit im gerechten Maaße verſieht, wo nicht fuͤr alle Ge- waͤchſe, doch fuͤr viele der nutzbarſten eben ſo fruchtbar wie der thonreichere Boden werden; vorausgeſetzt, daß er eine zureichende Beimiſchung von aufloͤslichem Humus habe. Ja er wird in dieſem Falle manchen der ſchaͤtzbarſten Gewaͤchſen ungleich zu- traͤglicher, und befoͤrdert das Gedeihen aller derer ſicherer, die zu leicht von uͤbermaͤ- ßiger Feuchtigkeit leiden. Durch eine gehoͤrig angelegte Bewaͤſſerung hat man aber das Maaß der Feuchtigkeit, welches man geben und nehmen will, immer in ſeiner Gewalt. Die meiſten Gewaͤſſer fuͤhren uͤberdem duͤngende und auf die Vegetation wohl- thaͤtig wirkende Theile mit ſich. Das Waſſer, welches ſchon laͤnger an der Oberflaͤche floß, hat immer nahrhafte Materien, die ihm aus den umliegenden Gegenden zu- ſtroͤmten, in ſich aufgenommen — um ſo mehrere, je fruchtbarer und duͤngerreicher die Fluren und Orte waren, die es durchfloß. Dieſe nahrhafte Materie, welche ſonſt dem Abgrunde des Meeres unaufhaltbar zuſtroͤmt, und fuͤr den kultivirten Theil des Erdbodens verloren geht, wird durch die Bewaͤſſerung zuruͤckgehalten, und muß ſich groͤßtentheils auf dem Boden, dem dieſe Wohlthat zufließt, abſetzen, und da- ſelbſt zur Erzeugung neuer Pflanzen dienen. Das aus dem Innern der Erde hervor- brechende Waſſer fuͤhrt dagegen mehrentheils den der Vegetation ſo vortheilhaften Kalk und Gyps, in Kohlenſaͤure aufgeloͤſt, und folglich auf das Feinſte zertheilt, mit ſich, und dieſer ſetzt ſich dann bei der Entweichung der Kohlenſaͤure auf die wirkſamſte Weiſe an der Oberflaͤche des bewaͤſſerten Grundes ab; weswegen das Waſſer ſolcher Quellen zunaͤchſt an ſeinem Urſprunge ſich immer am wirkſamſten zeigt, weil es naͤm- lich daſelbſt ſeinen Kalk noch nicht verloren hat. Durch die Bewaͤſſerung eignen wir uns alſo einen Duͤnger zu, den wir nicht er- zeuget hatten, und bewirken dadurch eine Produktion, welche neuen Duͤnger giebt, ohne daß ſie uns Duͤnger koſtet. Wir vermehren folglich dadurch den vegetabiliſchen Stoff auf unſerem Areal, ohne welchen zu conſumiren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/203
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/203>, abgerufen am 27.11.2024.