Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Urbarmachung unangebauter Ländereien.
selben als eines Hebels bedienen kann. Der Baum wird erst umgraben, seine
Hauptwurzeln gelöset, die flacher liegenden werden ausgerissen, und wenn er
wankt, wird an einem hoch am Stamme befestigten Seile gezogen, und so mit
Umreißung des Baums selbst das Wurzelnende herausgehoben. Man hat dieses
Umwerfen der Bäume oft dem Winde überlassen, der, nachdem die Wurzeln ge-
löset waren, ganze Reviere niederlegte.

Man giebt die Arbeit des Holzrohdens mehrentheils in Verdung, entweder
Morgenweise oder nach Klaftern des aufgeschlagenen Holzes; wobei man eine
möglichst vollkommene Reinigung des Bodens von Wurzeln bedingen muß. Oft
giebt man auch die Stämme oder Blöcke für die Rohdungsarbeit.

Es würde sehr mühsam seyn, einem Boden, der mit Gesträuchen, als
Schwarzdorn, Hahnebutten, Maaßholder, selbst mit Gestrüppe von Eichen,
Eschen, Birken, Rüstern bewachsen ist, so von den Wurzeln zu reinigen, daß
sie nicht wieder ausschlügen. Man kann dessen überhoben seyn, wenn man den
Boden etliche Jahre als Wiese benutzen will. Denn nachdem die größeren Wur-
zeln herausgehoben, hauet man nur das kleinere Gesträuch etliche Zoll unter der
Oberfläche ab, und ebnet diese so gut wie möglich. Wenn dann junge Lohden, im
ersten Jahre gewöhnlich stark, hervortreiben, werden diese, mit dem Grase zu-
gleich, so dicht wie möglich an der Erde abgehauen, und vermehren den Heu-
ertrag. Im zweiten Jahre treiben sie schwächer und sind reichlicher; das dritte
überleben die Wurzeln selten, sondern sterben ab, gehen in Fäulniß, und geben
dem Acker Düngung. Dann kann das Land gepflüget und gehörig bearbeitet wer-
den. Benutzt man solchen Boden dagegen gleich als Ackerland, ohne alles Ge-
sträuch völlig ausgerottet zu haben, so erhalten die Wurzeln durch die Beackerung
um so größere Triebkraft, und es hält dann äußerst schwer, den Acker davon
zu reinigen.

§. 199.

Nächst dem Forstgrunde kommen am häufigsten Lehden und Aenger, die bisUrbarma-
chung der Leh-
den und Wei-
deänger.

dahin bloß als Weide, unter der Last der Gemeinheit, gedient hatten, nachdem
sie getheilt worden oder die Berechtigten abgefunden sind, zur Urbarmachung.
Sie sind häufig in einem sehr rohen Zustande, mit hohen Ameisenhaufen, Binsen-
bulten und Gestrüppe bedeckt, und von sehr unebner Oberfläche. Wenn bei dem

Dritter Theil. P

Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.
ſelben als eines Hebels bedienen kann. Der Baum wird erſt umgraben, ſeine
Hauptwurzeln geloͤſet, die flacher liegenden werden ausgeriſſen, und wenn er
wankt, wird an einem hoch am Stamme befeſtigten Seile gezogen, und ſo mit
Umreißung des Baums ſelbſt das Wurzelnende herausgehoben. Man hat dieſes
Umwerfen der Baͤume oft dem Winde uͤberlaſſen, der, nachdem die Wurzeln ge-
loͤſet waren, ganze Reviere niederlegte.

Man giebt die Arbeit des Holzrohdens mehrentheils in Verdung, entweder
Morgenweiſe oder nach Klaftern des aufgeſchlagenen Holzes; wobei man eine
moͤglichſt vollkommene Reinigung des Bodens von Wurzeln bedingen muß. Oft
giebt man auch die Staͤmme oder Bloͤcke fuͤr die Rohdungsarbeit.

Es wuͤrde ſehr muͤhſam ſeyn, einem Boden, der mit Geſtraͤuchen, als
Schwarzdorn, Hahnebutten, Maaßholder, ſelbſt mit Geſtruͤppe von Eichen,
Eſchen, Birken, Ruͤſtern bewachſen iſt, ſo von den Wurzeln zu reinigen, daß
ſie nicht wieder ausſchluͤgen. Man kann deſſen uͤberhoben ſeyn, wenn man den
Boden etliche Jahre als Wieſe benutzen will. Denn nachdem die groͤßeren Wur-
zeln herausgehoben, hauet man nur das kleinere Geſtraͤuch etliche Zoll unter der
Oberflaͤche ab, und ebnet dieſe ſo gut wie moͤglich. Wenn dann junge Lohden, im
erſten Jahre gewoͤhnlich ſtark, hervortreiben, werden dieſe, mit dem Graſe zu-
gleich, ſo dicht wie moͤglich an der Erde abgehauen, und vermehren den Heu-
ertrag. Im zweiten Jahre treiben ſie ſchwaͤcher und ſind reichlicher; das dritte
uͤberleben die Wurzeln ſelten, ſondern ſterben ab, gehen in Faͤulniß, und geben
dem Acker Duͤngung. Dann kann das Land gepfluͤget und gehoͤrig bearbeitet wer-
den. Benutzt man ſolchen Boden dagegen gleich als Ackerland, ohne alles Ge-
ſtraͤuch voͤllig ausgerottet zu haben, ſo erhalten die Wurzeln durch die Beackerung
um ſo groͤßere Triebkraft, und es haͤlt dann aͤußerſt ſchwer, den Acker davon
zu reinigen.

§. 199.

Naͤchſt dem Forſtgrunde kommen am haͤufigſten Lehden und Aenger, die bisUrbarma-
chung der Leh-
den und Wei-
deaͤnger.

dahin bloß als Weide, unter der Laſt der Gemeinheit, gedient hatten, nachdem
ſie getheilt worden oder die Berechtigten abgefunden ſind, zur Urbarmachung.
Sie ſind haͤufig in einem ſehr rohen Zuſtande, mit hohen Ameiſenhaufen, Binſen-
bulten und Geſtruͤppe bedeckt, und von ſehr unebner Oberflaͤche. Wenn bei dem

Dritter Theil. P
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0135" n="113"/><fw place="top" type="header">Urbarmachung unangebauter La&#x0364;ndereien.</fw><lb/>
&#x017F;elben als eines Hebels bedienen kann. Der Baum wird er&#x017F;t umgraben, &#x017F;eine<lb/>
Hauptwurzeln gelo&#x0364;&#x017F;et, die flacher liegenden werden ausgeri&#x017F;&#x017F;en, und wenn er<lb/>
wankt, wird an einem hoch am Stamme befe&#x017F;tigten Seile gezogen, und &#x017F;o mit<lb/>
Umreißung des Baums &#x017F;elb&#x017F;t das Wurzelnende herausgehoben. Man hat die&#x017F;es<lb/>
Umwerfen der Ba&#x0364;ume oft dem Winde u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, der, nachdem die Wurzeln ge-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;et waren, ganze Reviere niederlegte.</p><lb/>
              <p>Man giebt die Arbeit des Holzrohdens mehrentheils in Verdung, entweder<lb/>
Morgenwei&#x017F;e oder nach Klaftern des aufge&#x017F;chlagenen Holzes; wobei man eine<lb/>
mo&#x0364;glich&#x017F;t vollkommene Reinigung des Bodens von Wurzeln bedingen muß. Oft<lb/>
giebt man auch die Sta&#x0364;mme oder Blo&#x0364;cke fu&#x0364;r die Rohdungsarbeit.</p><lb/>
              <p>Es wu&#x0364;rde &#x017F;ehr mu&#x0364;h&#x017F;am &#x017F;eyn, einem Boden, der mit Ge&#x017F;tra&#x0364;uchen, als<lb/>
Schwarzdorn, Hahnebutten, Maaßholder, &#x017F;elb&#x017F;t mit Ge&#x017F;tru&#x0364;ppe von Eichen,<lb/>
E&#x017F;chen, Birken, Ru&#x0364;&#x017F;tern bewach&#x017F;en i&#x017F;t, &#x017F;o von den Wurzeln zu reinigen, daß<lb/>
&#x017F;ie nicht wieder aus&#x017F;chlu&#x0364;gen. Man kann de&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berhoben &#x017F;eyn, wenn man den<lb/>
Boden etliche Jahre als Wie&#x017F;e benutzen will. Denn nachdem die gro&#x0364;ßeren Wur-<lb/>
zeln herausgehoben, hauet man nur das kleinere Ge&#x017F;tra&#x0364;uch etliche Zoll unter der<lb/>
Oberfla&#x0364;che ab, und ebnet die&#x017F;e &#x017F;o gut wie mo&#x0364;glich. Wenn dann junge Lohden, im<lb/>
er&#x017F;ten Jahre gewo&#x0364;hnlich &#x017F;tark, hervortreiben, werden die&#x017F;e, mit dem Gra&#x017F;e zu-<lb/>
gleich, &#x017F;o dicht wie mo&#x0364;glich an der Erde abgehauen, und vermehren den Heu-<lb/>
ertrag. Im zweiten Jahre treiben &#x017F;ie &#x017F;chwa&#x0364;cher und &#x017F;ind reichlicher; das dritte<lb/>
u&#x0364;berleben die Wurzeln &#x017F;elten, &#x017F;ondern &#x017F;terben ab, gehen in Fa&#x0364;ulniß, und geben<lb/>
dem Acker Du&#x0364;ngung. Dann kann das Land gepflu&#x0364;get und geho&#x0364;rig bearbeitet wer-<lb/>
den. Benutzt man &#x017F;olchen Boden dagegen gleich als Ackerland, ohne alles Ge-<lb/>
&#x017F;tra&#x0364;uch vo&#x0364;llig ausgerottet zu haben, &#x017F;o erhalten die Wurzeln durch die Beackerung<lb/>
um &#x017F;o gro&#x0364;ßere Triebkraft, und es ha&#x0364;lt dann a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;chwer, den Acker davon<lb/>
zu reinigen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 199.</head><lb/>
              <p>Na&#x0364;ch&#x017F;t dem For&#x017F;tgrunde kommen am ha&#x0364;ufig&#x017F;ten Lehden und Aenger, die bis<note place="right">Urbarma-<lb/>
chung der Leh-<lb/>
den und Wei-<lb/>
dea&#x0364;nger.</note><lb/>
dahin bloß als Weide, unter der La&#x017F;t der Gemeinheit, gedient hatten, nachdem<lb/>
&#x017F;ie getheilt worden oder die Berechtigten abgefunden &#x017F;ind, zur Urbarmachung.<lb/>
Sie &#x017F;ind ha&#x0364;ufig in einem &#x017F;ehr rohen Zu&#x017F;tande, mit hohen Amei&#x017F;enhaufen, Bin&#x017F;en-<lb/>
bulten und Ge&#x017F;tru&#x0364;ppe bedeckt, und von &#x017F;ehr unebner Oberfla&#x0364;che. Wenn bei dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Dritter Theil. P</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0135] Urbarmachung unangebauter Laͤndereien. ſelben als eines Hebels bedienen kann. Der Baum wird erſt umgraben, ſeine Hauptwurzeln geloͤſet, die flacher liegenden werden ausgeriſſen, und wenn er wankt, wird an einem hoch am Stamme befeſtigten Seile gezogen, und ſo mit Umreißung des Baums ſelbſt das Wurzelnende herausgehoben. Man hat dieſes Umwerfen der Baͤume oft dem Winde uͤberlaſſen, der, nachdem die Wurzeln ge- loͤſet waren, ganze Reviere niederlegte. Man giebt die Arbeit des Holzrohdens mehrentheils in Verdung, entweder Morgenweiſe oder nach Klaftern des aufgeſchlagenen Holzes; wobei man eine moͤglichſt vollkommene Reinigung des Bodens von Wurzeln bedingen muß. Oft giebt man auch die Staͤmme oder Bloͤcke fuͤr die Rohdungsarbeit. Es wuͤrde ſehr muͤhſam ſeyn, einem Boden, der mit Geſtraͤuchen, als Schwarzdorn, Hahnebutten, Maaßholder, ſelbſt mit Geſtruͤppe von Eichen, Eſchen, Birken, Ruͤſtern bewachſen iſt, ſo von den Wurzeln zu reinigen, daß ſie nicht wieder ausſchluͤgen. Man kann deſſen uͤberhoben ſeyn, wenn man den Boden etliche Jahre als Wieſe benutzen will. Denn nachdem die groͤßeren Wur- zeln herausgehoben, hauet man nur das kleinere Geſtraͤuch etliche Zoll unter der Oberflaͤche ab, und ebnet dieſe ſo gut wie moͤglich. Wenn dann junge Lohden, im erſten Jahre gewoͤhnlich ſtark, hervortreiben, werden dieſe, mit dem Graſe zu- gleich, ſo dicht wie moͤglich an der Erde abgehauen, und vermehren den Heu- ertrag. Im zweiten Jahre treiben ſie ſchwaͤcher und ſind reichlicher; das dritte uͤberleben die Wurzeln ſelten, ſondern ſterben ab, gehen in Faͤulniß, und geben dem Acker Duͤngung. Dann kann das Land gepfluͤget und gehoͤrig bearbeitet wer- den. Benutzt man ſolchen Boden dagegen gleich als Ackerland, ohne alles Ge- ſtraͤuch voͤllig ausgerottet zu haben, ſo erhalten die Wurzeln durch die Beackerung um ſo groͤßere Triebkraft, und es haͤlt dann aͤußerſt ſchwer, den Acker davon zu reinigen. §. 199. Naͤchſt dem Forſtgrunde kommen am haͤufigſten Lehden und Aenger, die bis dahin bloß als Weide, unter der Laſt der Gemeinheit, gedient hatten, nachdem ſie getheilt worden oder die Berechtigten abgefunden ſind, zur Urbarmachung. Sie ſind haͤufig in einem ſehr rohen Zuſtande, mit hohen Ameiſenhaufen, Binſen- bulten und Geſtruͤppe bedeckt, und von ſehr unebner Oberflaͤche. Wenn bei dem Urbarma- chung der Leh- den und Wei- deaͤnger. Dritter Theil. P

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/135
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/135>, abgerufen am 09.11.2024.