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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Arbeit der Beackerung.
kerer Anspannung zu zwingen, so hat das Pflügen des trockenen harten Bodens
außer der Beschwerlichkeit keine Nachtheile, indem die trocken umgeworfenen Schol-
len bei eintretendem Regen dann desto leichter zerfallen, und eine mürbe
Krume geben.

Auf jedem Fall ist es von großer Wichtigkeit, bei zäherem Boden denjenigen
Feuchtigkeitsgrad zu unterscheiden und wahrzunehmen, in welchem das Pflügen am
nützlichsten und leichtesten geschehen kann. Und da dieser Grad auf größeren Fluren
bei verschiedenen Feldern früher oder später eintritt, so erfordert es große Aufmerk-
samkeit, den gerechten Zeitpunkt für jedes zu treffen, und bei keinem übergehen zu
lassen. Hier unterscheidet sich der wahrhaft praktische Mann von Ueberlegung und
Aufmerksamkeit von dem bloß mechanischen Wirthschafter, der oft bloß nach einer
einmal eingeführten Ordnung seine Pflüge vertheilt, und erhält durch Beobachtung
dieses Umstandes schon ein großes Uebergewicht der Ernten vor diesem. Die schwerer
zu bearbeitenden Plätze müssen mit aller Kraft, die zu Gebote stehet, in dem rechten
Augenblicke angegriffen werden, und ein Tag kann einen beträchtlichen Unter-
schied machen.

Die Engländer bezeichnen diesen zum Pflügen geeigneten Zustand des Bodens
mit dem besonderen Ausdruck: Tid. Sie sagen: das Land hat jetzt den Tid; das
Land ist am rechten Tid gepflügt oder bestellet. Diesem Ausdruck entspricht ursprüng-
lich das deutsche Wort Gaare. Denn daß man den Düngungszustand darunter ver-
stehet, ist Mißbrauch des Ausdrucks. Man sagt Gail und Gaare, um den ganzen
Kulturzustand auszudrücken.

§. 185.

Wann geegget
werden soll.
Noch wichtiger wie bei dem Pflügen ist es beim Eggen, diesen gerechten Feuch-
tigkeitszustand, diese Gaare zu treffen, und nur hinsichtlich auf selbigem läßt sich die
Frage, wenn man eggen solle, entscheiden.

Es ist ohne Zweifel gut, den Boden eine Zeitlang nach dem Pflügen in rauher
Oberfläche liegen zu lassen, weil ihn so die Atmosphäre stärker berührt, und manche
Unkrautsarten mit ihren Wurzeln eher verdorren. Deshalb soll die Egge in der Re-
gel nicht unmittelbar dem Pfluge folgen. Indessen ist es auch nicht rathsam, sie nur
kurz vor dem neuen Pflügen zu gebrauchen; denn die in den Schollen eingeschlossenen
Saamen laufen nicht anders, als wenn jene zerkrümelt sind, auch lassen sich die

Unkrauts-

Die Arbeit der Beackerung.
kerer Anſpannung zu zwingen, ſo hat das Pfluͤgen des trockenen harten Bodens
außer der Beſchwerlichkeit keine Nachtheile, indem die trocken umgeworfenen Schol-
len bei eintretendem Regen dann deſto leichter zerfallen, und eine muͤrbe
Krume geben.

Auf jedem Fall iſt es von großer Wichtigkeit, bei zaͤherem Boden denjenigen
Feuchtigkeitsgrad zu unterſcheiden und wahrzunehmen, in welchem das Pfluͤgen am
nuͤtzlichſten und leichteſten geſchehen kann. Und da dieſer Grad auf groͤßeren Fluren
bei verſchiedenen Feldern fruͤher oder ſpaͤter eintritt, ſo erfordert es große Aufmerk-
ſamkeit, den gerechten Zeitpunkt fuͤr jedes zu treffen, und bei keinem uͤbergehen zu
laſſen. Hier unterſcheidet ſich der wahrhaft praktiſche Mann von Ueberlegung und
Aufmerkſamkeit von dem bloß mechaniſchen Wirthſchafter, der oft bloß nach einer
einmal eingefuͤhrten Ordnung ſeine Pfluͤge vertheilt, und erhaͤlt durch Beobachtung
dieſes Umſtandes ſchon ein großes Uebergewicht der Ernten vor dieſem. Die ſchwerer
zu bearbeitenden Plaͤtze muͤſſen mit aller Kraft, die zu Gebote ſtehet, in dem rechten
Augenblicke angegriffen werden, und ein Tag kann einen betraͤchtlichen Unter-
ſchied machen.

Die Englaͤnder bezeichnen dieſen zum Pfluͤgen geeigneten Zuſtand des Bodens
mit dem beſonderen Ausdruck: Tid. Sie ſagen: das Land hat jetzt den Tid; das
Land iſt am rechten Tid gepfluͤgt oder beſtellet. Dieſem Ausdruck entſpricht urſpruͤng-
lich das deutſche Wort Gaare. Denn daß man den Duͤngungszuſtand darunter ver-
ſtehet, iſt Mißbrauch des Ausdrucks. Man ſagt Gail und Gaare, um den ganzen
Kulturzuſtand auszudruͤcken.

§. 185.

Wann geegget
werden ſoll.
Noch wichtiger wie bei dem Pfluͤgen iſt es beim Eggen, dieſen gerechten Feuch-
tigkeitszuſtand, dieſe Gaare zu treffen, und nur hinſichtlich auf ſelbigem laͤßt ſich die
Frage, wenn man eggen ſolle, entſcheiden.

Es iſt ohne Zweifel gut, den Boden eine Zeitlang nach dem Pfluͤgen in rauher
Oberflaͤche liegen zu laſſen, weil ihn ſo die Atmoſphaͤre ſtaͤrker beruͤhrt, und manche
Unkrautsarten mit ihren Wurzeln eher verdorren. Deshalb ſoll die Egge in der Re-
gel nicht unmittelbar dem Pfluge folgen. Indeſſen iſt es auch nicht rathſam, ſie nur
kurz vor dem neuen Pfluͤgen zu gebrauchen; denn die in den Schollen eingeſchloſſenen
Saamen laufen nicht anders, als wenn jene zerkruͤmelt ſind, auch laſſen ſich die

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[104/0126] Die Arbeit der Beackerung. kerer Anſpannung zu zwingen, ſo hat das Pfluͤgen des trockenen harten Bodens außer der Beſchwerlichkeit keine Nachtheile, indem die trocken umgeworfenen Schol- len bei eintretendem Regen dann deſto leichter zerfallen, und eine muͤrbe Krume geben. Auf jedem Fall iſt es von großer Wichtigkeit, bei zaͤherem Boden denjenigen Feuchtigkeitsgrad zu unterſcheiden und wahrzunehmen, in welchem das Pfluͤgen am nuͤtzlichſten und leichteſten geſchehen kann. Und da dieſer Grad auf groͤßeren Fluren bei verſchiedenen Feldern fruͤher oder ſpaͤter eintritt, ſo erfordert es große Aufmerk- ſamkeit, den gerechten Zeitpunkt fuͤr jedes zu treffen, und bei keinem uͤbergehen zu laſſen. Hier unterſcheidet ſich der wahrhaft praktiſche Mann von Ueberlegung und Aufmerkſamkeit von dem bloß mechaniſchen Wirthſchafter, der oft bloß nach einer einmal eingefuͤhrten Ordnung ſeine Pfluͤge vertheilt, und erhaͤlt durch Beobachtung dieſes Umſtandes ſchon ein großes Uebergewicht der Ernten vor dieſem. Die ſchwerer zu bearbeitenden Plaͤtze muͤſſen mit aller Kraft, die zu Gebote ſtehet, in dem rechten Augenblicke angegriffen werden, und ein Tag kann einen betraͤchtlichen Unter- ſchied machen. Die Englaͤnder bezeichnen dieſen zum Pfluͤgen geeigneten Zuſtand des Bodens mit dem beſonderen Ausdruck: Tid. Sie ſagen: das Land hat jetzt den Tid; das Land iſt am rechten Tid gepfluͤgt oder beſtellet. Dieſem Ausdruck entſpricht urſpruͤng- lich das deutſche Wort Gaare. Denn daß man den Duͤngungszuſtand darunter ver- ſtehet, iſt Mißbrauch des Ausdrucks. Man ſagt Gail und Gaare, um den ganzen Kulturzuſtand auszudruͤcken. §. 185. Noch wichtiger wie bei dem Pfluͤgen iſt es beim Eggen, dieſen gerechten Feuch- tigkeitszuſtand, dieſe Gaare zu treffen, und nur hinſichtlich auf ſelbigem laͤßt ſich die Frage, wenn man eggen ſolle, entſcheiden. Wann geegget werden ſoll. Es iſt ohne Zweifel gut, den Boden eine Zeitlang nach dem Pfluͤgen in rauher Oberflaͤche liegen zu laſſen, weil ihn ſo die Atmoſphaͤre ſtaͤrker beruͤhrt, und manche Unkrautsarten mit ihren Wurzeln eher verdorren. Deshalb ſoll die Egge in der Re- gel nicht unmittelbar dem Pfluge folgen. Indeſſen iſt es auch nicht rathſam, ſie nur kurz vor dem neuen Pfluͤgen zu gebrauchen; denn die in den Schollen eingeſchloſſenen Saamen laufen nicht anders, als wenn jene zerkruͤmelt ſind, auch laſſen ſich die Unkrauts-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/126>, abgerufen am 09.11.2024.