Ein zu seiner Zeit Aufsehen erregender Schriftsteller, Peter Kretschmar, wollte durch dieses Rajolpflügen die Erde in beständiger Fruchtbarkeit erhalten, in- dem die untergebrachte Schicht sich indessen ausruhen und neue Kräfte sammeln werde, wobei dann Brache, Wechsel der Früchte und sogar der Dünger völlig ent- behrlich werde, wie dies in seiner ökonomischen Praktica, Leipzig 1749, und in mehreren von ihm und andern verfaßten Schriften behauptet wurde. Seine auf einem nahe bei Berlin gelegenen, ihm von Friedrich dem II geschenkten Gute ange- stellten Versuche fielen natürlich übel aus; da er sich indessen des Berliner Stadt- düngers zu bedienen anfing, um seine heraufgeholte frische Erde zu beschwängern, so würde er, mit gewissen Modifikationen, seine Bestellung wohl haben fortsetzen können, wenn er die Landwirthschaft überhaupt verstanden, nicht ein Projekt über das andere vergessen, und dadurch sein Vermögen verschwendet hätte. Das In- teresse, was dieser Mann indessen erregte, trug in dieser Zeit nicht wenig bei, das Nachdenken über den Ackerbau zu erwecken, indem manche scharfsinnige Männer in diese Idee hineingingen, und Untersuchungen darüber anstellten.
Die derzeitigen orthodoxen Oekonomen benutzten ihn, so wie den von Friedrich dem II ebenfalls unterstützten Engländer Brown, zum Schreckbild gegen alles Neue für ihre Kinder; weswegen er bei diesen noch immer spukt, so daß sie mich, wie mich der König ins Land berief, bald für den Einen, bald für den Andern hielten, oder wenigstens versicherten, ich wäre in allen meinen Meinungen und Grundsätzen jenen so ähnlich, wie ein Ey dem andern.
Es giebt noch eine andere Methode, den Boden tief zu lockern, ohne ihn jedoch umzuwenden oder tiefer liegende Erde auf die Oberfläche zu bringen, welche man auf thonigem Boden sehr nützlich angewandt hat. Sie wird mit einem Pfluge bewirkt, der kein Streichbrett, aber ein starkes niedrieges und convexes Schaar hat. Dieser folgt dem gewöhnlichen Pfluge in derselben Furche, und wühlet die Sohle derselben auf, läßt aber die zerkrümelte und gelockerte Erde darin liegen. Wo man mit ge- wissen Pflügen tiefer als 16 Zoll gepflügt hat, hat man wahrscheinlich nicht viel mehr, wie dieses, gethan.
§. 169.
Zu welchen Früchten tief oder flach zu pflügen.Nur zu den behackten Brachfrüchten und zu den Hülsenfrüchten scheint mir ein über die mittlere Tiefe hinausgehendes Pflügen rathsam und angemessen zu seyn. Zum Getreide kann oft ein sehr flaches Pflügen oder ein Umarbeiten der Erde mit weit mehr fördernden Instrumenten zureichend seyn, weil die untere Erde einmal recht
Die Arbeit der Beackerung.
Ein zu ſeiner Zeit Aufſehen erregender Schriftſteller, Peter Kretſchmar, wollte durch dieſes Rajolpfluͤgen die Erde in beſtaͤndiger Fruchtbarkeit erhalten, in- dem die untergebrachte Schicht ſich indeſſen ausruhen und neue Kraͤfte ſammeln werde, wobei dann Brache, Wechſel der Fruͤchte und ſogar der Duͤnger voͤllig ent- behrlich werde, wie dies in ſeiner oͤkonomiſchen Praktica, Leipzig 1749, und in mehreren von ihm und andern verfaßten Schriften behauptet wurde. Seine auf einem nahe bei Berlin gelegenen, ihm von Friedrich dem II geſchenkten Gute ange- ſtellten Verſuche fielen natuͤrlich uͤbel aus; da er ſich indeſſen des Berliner Stadt- duͤngers zu bedienen anfing, um ſeine heraufgeholte friſche Erde zu beſchwaͤngern, ſo wuͤrde er, mit gewiſſen Modifikationen, ſeine Beſtellung wohl haben fortſetzen koͤnnen, wenn er die Landwirthſchaft uͤberhaupt verſtanden, nicht ein Projekt uͤber das andere vergeſſen, und dadurch ſein Vermoͤgen verſchwendet haͤtte. Das In- tereſſe, was dieſer Mann indeſſen erregte, trug in dieſer Zeit nicht wenig bei, das Nachdenken uͤber den Ackerbau zu erwecken, indem manche ſcharfſinnige Maͤnner in dieſe Idee hineingingen, und Unterſuchungen daruͤber anſtellten.
Die derzeitigen orthodoxen Oekonomen benutzten ihn, ſo wie den von Friedrich dem II ebenfalls unterſtuͤtzten Englaͤnder Brown, zum Schreckbild gegen alles Neue fuͤr ihre Kinder; weswegen er bei dieſen noch immer ſpukt, ſo daß ſie mich, wie mich der Koͤnig ins Land berief, bald fuͤr den Einen, bald fuͤr den Andern hielten, oder wenigſtens verſicherten, ich waͤre in allen meinen Meinungen und Grundſaͤtzen jenen ſo aͤhnlich, wie ein Ey dem andern.
Es giebt noch eine andere Methode, den Boden tief zu lockern, ohne ihn jedoch umzuwenden oder tiefer liegende Erde auf die Oberflaͤche zu bringen, welche man auf thonigem Boden ſehr nuͤtzlich angewandt hat. Sie wird mit einem Pfluge bewirkt, der kein Streichbrett, aber ein ſtarkes niedrieges und convexes Schaar hat. Dieſer folgt dem gewoͤhnlichen Pfluge in derſelben Furche, und wuͤhlet die Sohle derſelben auf, laͤßt aber die zerkruͤmelte und gelockerte Erde darin liegen. Wo man mit ge- wiſſen Pfluͤgen tiefer als 16 Zoll gepfluͤgt hat, hat man wahrſcheinlich nicht viel mehr, wie dieſes, gethan.
§. 169.
Zu welchen Fruͤchten tief oder flach zu pfluͤgen.Nur zu den behackten Brachfruͤchten und zu den Huͤlſenfruͤchten ſcheint mir ein uͤber die mittlere Tiefe hinausgehendes Pfluͤgen rathſam und angemeſſen zu ſeyn. Zum Getreide kann oft ein ſehr flaches Pfluͤgen oder ein Umarbeiten der Erde mit weit mehr foͤrdernden Inſtrumenten zureichend ſeyn, weil die untere Erde einmal recht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbn="92"facs="#f0114"/><fwtype="header"place="top">Die Arbeit der Beackerung.</fw><lb/><p>Ein zu ſeiner Zeit Aufſehen erregender Schriftſteller, <hirendition="#g">Peter Kretſchmar</hi>,<lb/>
wollte durch dieſes Rajolpfluͤgen die Erde in beſtaͤndiger Fruchtbarkeit erhalten, in-<lb/>
dem die untergebrachte Schicht ſich indeſſen ausruhen und neue Kraͤfte ſammeln<lb/>
werde, wobei dann Brache, Wechſel der Fruͤchte und ſogar der Duͤnger voͤllig ent-<lb/>
behrlich werde, wie dies in ſeiner <hirendition="#g">oͤkonomiſchen Praktica</hi>, Leipzig 1749, und<lb/>
in mehreren von ihm und andern verfaßten Schriften behauptet wurde. Seine auf<lb/>
einem nahe bei Berlin gelegenen, ihm von Friedrich dem <hirendition="#aq">II</hi> geſchenkten Gute ange-<lb/>ſtellten Verſuche fielen natuͤrlich uͤbel aus; da er ſich indeſſen des Berliner Stadt-<lb/>
duͤngers zu bedienen anfing, um ſeine heraufgeholte friſche Erde zu beſchwaͤngern,<lb/>ſo wuͤrde er, mit gewiſſen Modifikationen, ſeine Beſtellung wohl haben fortſetzen<lb/>
koͤnnen, wenn er die Landwirthſchaft uͤberhaupt verſtanden, nicht ein Projekt uͤber<lb/>
das andere vergeſſen, und dadurch ſein Vermoͤgen verſchwendet haͤtte. Das In-<lb/>
tereſſe, was dieſer Mann indeſſen erregte, trug in dieſer Zeit nicht wenig bei, das<lb/>
Nachdenken uͤber den Ackerbau zu erwecken, indem manche ſcharfſinnige Maͤnner in<lb/>
dieſe Idee hineingingen, und Unterſuchungen daruͤber anſtellten.</p><lb/><p>Die derzeitigen orthodoxen Oekonomen benutzten ihn, ſo wie den von Friedrich<lb/>
dem <hirendition="#aq">II</hi> ebenfalls unterſtuͤtzten Englaͤnder <hirendition="#g">Brown</hi>, zum Schreckbild gegen alles Neue<lb/>
fuͤr ihre Kinder; weswegen er bei dieſen noch immer ſpukt, ſo daß ſie mich, wie<lb/>
mich der Koͤnig ins Land berief, bald fuͤr den Einen, bald fuͤr den Andern hielten,<lb/>
oder wenigſtens verſicherten, ich waͤre in allen meinen Meinungen und Grundſaͤtzen<lb/>
jenen ſo aͤhnlich, wie ein Ey dem andern.</p><lb/><p>Es giebt noch eine andere Methode, den Boden tief zu lockern, ohne ihn jedoch<lb/>
umzuwenden oder tiefer liegende Erde auf die Oberflaͤche zu bringen, welche man auf<lb/>
thonigem Boden ſehr nuͤtzlich angewandt hat. Sie wird mit einem Pfluge bewirkt,<lb/>
der kein Streichbrett, aber ein ſtarkes niedrieges und convexes Schaar hat. Dieſer<lb/>
folgt dem gewoͤhnlichen Pfluge in derſelben Furche, und wuͤhlet die Sohle derſelben<lb/>
auf, laͤßt aber die zerkruͤmelte und gelockerte Erde darin liegen. Wo man mit ge-<lb/>
wiſſen Pfluͤgen tiefer als 16 Zoll gepfluͤgt hat, hat man wahrſcheinlich nicht viel mehr,<lb/>
wie dieſes, gethan.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 169.</head><lb/><p><noteplace="left">Zu welchen<lb/>
Fruͤchten tief<lb/>
oder flach zu<lb/>
pfluͤgen.</note>Nur zu den behackten Brachfruͤchten und zu den Huͤlſenfruͤchten ſcheint mir ein<lb/>
uͤber die mittlere Tiefe hinausgehendes Pfluͤgen rathſam und angemeſſen zu ſeyn.<lb/>
Zum Getreide kann oft ein ſehr flaches Pfluͤgen oder ein Umarbeiten der Erde mit<lb/>
weit mehr foͤrdernden Inſtrumenten zureichend ſeyn, weil die untere Erde einmal recht<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[92/0114]
Die Arbeit der Beackerung.
Ein zu ſeiner Zeit Aufſehen erregender Schriftſteller, Peter Kretſchmar,
wollte durch dieſes Rajolpfluͤgen die Erde in beſtaͤndiger Fruchtbarkeit erhalten, in-
dem die untergebrachte Schicht ſich indeſſen ausruhen und neue Kraͤfte ſammeln
werde, wobei dann Brache, Wechſel der Fruͤchte und ſogar der Duͤnger voͤllig ent-
behrlich werde, wie dies in ſeiner oͤkonomiſchen Praktica, Leipzig 1749, und
in mehreren von ihm und andern verfaßten Schriften behauptet wurde. Seine auf
einem nahe bei Berlin gelegenen, ihm von Friedrich dem II geſchenkten Gute ange-
ſtellten Verſuche fielen natuͤrlich uͤbel aus; da er ſich indeſſen des Berliner Stadt-
duͤngers zu bedienen anfing, um ſeine heraufgeholte friſche Erde zu beſchwaͤngern,
ſo wuͤrde er, mit gewiſſen Modifikationen, ſeine Beſtellung wohl haben fortſetzen
koͤnnen, wenn er die Landwirthſchaft uͤberhaupt verſtanden, nicht ein Projekt uͤber
das andere vergeſſen, und dadurch ſein Vermoͤgen verſchwendet haͤtte. Das In-
tereſſe, was dieſer Mann indeſſen erregte, trug in dieſer Zeit nicht wenig bei, das
Nachdenken uͤber den Ackerbau zu erwecken, indem manche ſcharfſinnige Maͤnner in
dieſe Idee hineingingen, und Unterſuchungen daruͤber anſtellten.
Die derzeitigen orthodoxen Oekonomen benutzten ihn, ſo wie den von Friedrich
dem II ebenfalls unterſtuͤtzten Englaͤnder Brown, zum Schreckbild gegen alles Neue
fuͤr ihre Kinder; weswegen er bei dieſen noch immer ſpukt, ſo daß ſie mich, wie
mich der Koͤnig ins Land berief, bald fuͤr den Einen, bald fuͤr den Andern hielten,
oder wenigſtens verſicherten, ich waͤre in allen meinen Meinungen und Grundſaͤtzen
jenen ſo aͤhnlich, wie ein Ey dem andern.
Es giebt noch eine andere Methode, den Boden tief zu lockern, ohne ihn jedoch
umzuwenden oder tiefer liegende Erde auf die Oberflaͤche zu bringen, welche man auf
thonigem Boden ſehr nuͤtzlich angewandt hat. Sie wird mit einem Pfluge bewirkt,
der kein Streichbrett, aber ein ſtarkes niedrieges und convexes Schaar hat. Dieſer
folgt dem gewoͤhnlichen Pfluge in derſelben Furche, und wuͤhlet die Sohle derſelben
auf, laͤßt aber die zerkruͤmelte und gelockerte Erde darin liegen. Wo man mit ge-
wiſſen Pfluͤgen tiefer als 16 Zoll gepfluͤgt hat, hat man wahrſcheinlich nicht viel mehr,
wie dieſes, gethan.
§. 169.
Nur zu den behackten Brachfruͤchten und zu den Huͤlſenfruͤchten ſcheint mir ein
uͤber die mittlere Tiefe hinausgehendes Pfluͤgen rathſam und angemeſſen zu ſeyn.
Zum Getreide kann oft ein ſehr flaches Pfluͤgen oder ein Umarbeiten der Erde mit
weit mehr foͤrdernden Inſtrumenten zureichend ſeyn, weil die untere Erde einmal recht
Zu welchen
Fruͤchten tief
oder flach zu
pfluͤgen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/114>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.