Wie der Gyps hier wirke, ist §. 86. d. v. H. angedeutet worden. Wahr- scheinlich tritt er in eine langsame Wechselwirkung mit dem Humus, indem dieser seine Säure zersetzt, und Kohlensäure oder einen mehr zusammengesetzten Stoff -- den wir noch nicht kennen und vielleicht seiner schnellen Zersetzbarkeit wegen nie werden kennen lernen -- bildet. Der entsäuerte Schwefel geht wahrscheinlich mit dem Kalk und einem andern Theile der hydrogenisirten Kohle in Verbindung. Diese Zer- setzung macht der auffallende Gestank wahrscheinlich, welchen die Zumischung des Gypses zu faulenden Substanzen erregt. Jene Kohlensäure und jene neuen Verbin- dungen sind dann wahrscheinlich zur Nahrung gewisser Pflanzen so vorzüglich geeignet. Daher hat aber auch der Gyps nur unter der Bedingung eine Wirkung, daß er Hu- mus vder faulende Substanzen noch genugsam im Boden antreffe.
§. 82.
Gebrauch des Gypses.Man bedient sich des Gypses hauptsächlich zum Klee und zu kleeartigen Gewäch- sen, zuweilen doch auch zu Hülsenfrüchten. Da er auf alle Gewächse aus dem Ge- schlechte der Brassica auch merklich wirkt, so vermuthe ich, daß er für die Rapssaat sehr nützlich seyn würde, kenne indessen noch keine damit angestellte Versuche.
§. 83.
Vereitung desselben.Er wird in gebranntem und ungebranntem Zustande gebraucht, und seine Wir- kung scheint übrigens gleich zu seyn, wenn nur den gebrannten Gyps nicht gleich ein starker Regen befällt, wodurch er zusammengeschwemmt und wieder zur harten Masse wird. Es kömmt nur auf möglichst feine Pulverung an, und um recht wirksam zu seyn, muß er völlig zu Staub zermalmt werden. Dies ist aber mit dem ungebrann- ten ungleich schwieriger, als mit dem gebrannten, welcher letztere sich sehr leicht pul- vern läßt.
Die Pulverung geschieht an einigen Orten auf die wohlfeilste Art durch Stampf- mühlen. Wo man diese nicht hat, bedient man sich verschiedener Vorrichtungen mit der Hand. Man stößt ihn in Mörsern, in Trögen und mit dem Apparate, dessen man sich zum Hirse- auch wohl zum Oelsaat-Stampfen bedient, sogenannten Tret- stampfen. Oder man zerkleinert ihn in einem langen Troge, in welchem man einen abgenutzten Mühlstein auf der hohen Kante hin und her drehet. Er wird dann, wenn er recht wirksam seyn soll, gesiebet, und die ungepulverten Körner werden noch-
Mineraliſche Duͤngungsmittel.
§. 81.
Wie der Gyps hier wirke, iſt §. 86. d. v. H. angedeutet worden. Wahr- ſcheinlich tritt er in eine langſame Wechſelwirkung mit dem Humus, indem dieſer ſeine Saͤure zerſetzt, und Kohlenſaͤure oder einen mehr zuſammengeſetzten Stoff — den wir noch nicht kennen und vielleicht ſeiner ſchnellen Zerſetzbarkeit wegen nie werden kennen lernen — bildet. Der entſaͤuerte Schwefel geht wahrſcheinlich mit dem Kalk und einem andern Theile der hydrogeniſirten Kohle in Verbindung. Dieſe Zer- ſetzung macht der auffallende Geſtank wahrſcheinlich, welchen die Zumiſchung des Gypſes zu faulenden Subſtanzen erregt. Jene Kohlenſaͤure und jene neuen Verbin- dungen ſind dann wahrſcheinlich zur Nahrung gewiſſer Pflanzen ſo vorzuͤglich geeignet. Daher hat aber auch der Gyps nur unter der Bedingung eine Wirkung, daß er Hu- mus vder faulende Subſtanzen noch genugſam im Boden antreffe.
§. 82.
Gebrauch des Gypſes.Man bedient ſich des Gypſes hauptſaͤchlich zum Klee und zu kleeartigen Gewaͤch- ſen, zuweilen doch auch zu Huͤlſenfruͤchten. Da er auf alle Gewaͤchſe aus dem Ge- ſchlechte der Brassica auch merklich wirkt, ſo vermuthe ich, daß er fuͤr die Rapsſaat ſehr nuͤtzlich ſeyn wuͤrde, kenne indeſſen noch keine damit angeſtellte Verſuche.
§. 83.
Vereitung deſſelben.Er wird in gebranntem und ungebranntem Zuſtande gebraucht, und ſeine Wir- kung ſcheint uͤbrigens gleich zu ſeyn, wenn nur den gebrannten Gyps nicht gleich ein ſtarker Regen befaͤllt, wodurch er zuſammengeſchwemmt und wieder zur harten Maſſe wird. Es koͤmmt nur auf moͤglichſt feine Pulverung an, und um recht wirkſam zu ſeyn, muß er voͤllig zu Staub zermalmt werden. Dies iſt aber mit dem ungebrann- ten ungleich ſchwieriger, als mit dem gebrannten, welcher letztere ſich ſehr leicht pul- vern laͤßt.
Die Pulverung geſchieht an einigen Orten auf die wohlfeilſte Art durch Stampf- muͤhlen. Wo man dieſe nicht hat, bedient man ſich verſchiedener Vorrichtungen mit der Hand. Man ſtoͤßt ihn in Moͤrſern, in Troͤgen und mit dem Apparate, deſſen man ſich zum Hirſe- auch wohl zum Oelſaat-Stampfen bedient, ſogenannten Tret- ſtampfen. Oder man zerkleinert ihn in einem langen Troge, in welchem man einen abgenutzten Muͤhlſtein auf der hohen Kante hin und her drehet. Er wird dann, wenn er recht wirkſam ſeyn ſoll, geſiebet, und die ungepulverten Koͤrner werden noch-
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Mineraliſche Duͤngungsmittel.
§. 81.
Wie der Gyps hier wirke, iſt §. 86. d. v. H. angedeutet worden. Wahr-
ſcheinlich tritt er in eine langſame Wechſelwirkung mit dem Humus, indem dieſer
ſeine Saͤure zerſetzt, und Kohlenſaͤure oder einen mehr zuſammengeſetzten Stoff —
den wir noch nicht kennen und vielleicht ſeiner ſchnellen Zerſetzbarkeit wegen nie werden
kennen lernen — bildet. Der entſaͤuerte Schwefel geht wahrſcheinlich mit dem
Kalk und einem andern Theile der hydrogeniſirten Kohle in Verbindung. Dieſe Zer-
ſetzung macht der auffallende Geſtank wahrſcheinlich, welchen die Zumiſchung des
Gypſes zu faulenden Subſtanzen erregt. Jene Kohlenſaͤure und jene neuen Verbin-
dungen ſind dann wahrſcheinlich zur Nahrung gewiſſer Pflanzen ſo vorzuͤglich geeignet.
Daher hat aber auch der Gyps nur unter der Bedingung eine Wirkung, daß er Hu-
mus vder faulende Subſtanzen noch genugſam im Boden antreffe.
§. 82.
Man bedient ſich des Gypſes hauptſaͤchlich zum Klee und zu kleeartigen Gewaͤch-
ſen, zuweilen doch auch zu Huͤlſenfruͤchten. Da er auf alle Gewaͤchſe aus dem Ge-
ſchlechte der Brassica auch merklich wirkt, ſo vermuthe ich, daß er fuͤr die Rapsſaat
ſehr nuͤtzlich ſeyn wuͤrde, kenne indeſſen noch keine damit angeſtellte Verſuche.
Gebrauch des
Gypſes.
§. 83.
Er wird in gebranntem und ungebranntem Zuſtande gebraucht, und ſeine Wir-
kung ſcheint uͤbrigens gleich zu ſeyn, wenn nur den gebrannten Gyps nicht gleich ein
ſtarker Regen befaͤllt, wodurch er zuſammengeſchwemmt und wieder zur harten Maſſe
wird. Es koͤmmt nur auf moͤglichſt feine Pulverung an, und um recht wirkſam zu
ſeyn, muß er voͤllig zu Staub zermalmt werden. Dies iſt aber mit dem ungebrann-
ten ungleich ſchwieriger, als mit dem gebrannten, welcher letztere ſich ſehr leicht pul-
vern laͤßt.
Vereitung
deſſelben.
Die Pulverung geſchieht an einigen Orten auf die wohlfeilſte Art durch Stampf-
muͤhlen. Wo man dieſe nicht hat, bedient man ſich verſchiedener Vorrichtungen mit
der Hand. Man ſtoͤßt ihn in Moͤrſern, in Troͤgen und mit dem Apparate, deſſen
man ſich zum Hirſe- auch wohl zum Oelſaat-Stampfen bedient, ſogenannten Tret-
ſtampfen. Oder man zerkleinert ihn in einem langen Troge, in welchem man einen
abgenutzten Muͤhlſtein auf der hohen Kante hin und her drehet. Er wird dann,
wenn er recht wirkſam ſeyn ſoll, geſiebet, und die ungepulverten Koͤrner werden noch-
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/310>, abgerufen am 16.02.2025.
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