Es giebt manche Gegenden und Wirthschaften, welche auf diesen Walddün- ger oder dieses Streulingrechen ihren Düngerstand vorzüglich begründen, in- dem sie ihr sämmtliches Stroh zur Erhaltung ihres Viehes im Winter verfuttern. Bei ihrer jetzigen Verfassung wäre es in der That unmöglich, daß sie ohne selbiges bestehen könnten. Es ist aber anerkannt, daß dieses Hülfsmittel nicht anders als auf Kosten der Forstkultur herbeigeschafft werden könne, und daß der Nachtheil, welcher dieser dadurch geschieht, den Vortheil überwiege, welchen der kümmerliche Ackerbau davon hat. Die Befugniß zu diesen Streulingrechen ist daher zu einem höchst lästi- gen Servitut für die Forsteigenthümer geworden, dessen Abfindung aber bei der ein- geführten Wirthschaftsart große Schwierigkeiten hat. Der Eigenthümer einer Forst kann sich zwar dieses Streulingsrechens zuweilen mit Vortheil für sein Gut im Gan- zen bedienen, wenn er mit Vorsicht und Mäßigung dabei verfährt. Dieses thun die Berechtigten aber nicht.
§. 34.
Haidekraut.Nächstdem kommt in den Haidgegenden das Haidekraut als Einstreuungs- mittel am häufigsten vor. Es wird entweder abgemähet, oder es wird die Haidnarbe selbst mit einer eigens dazu eingerichteten Hacke dünn abgeschält und angefahren. Dieses Haidekraut verweset allerdings schwer, wird jedoch in Jahresfrist im Miste so mürbe, und seiner adstringirenden Eigenschaft so beraubt, daß es im Acker dann bald zergeht. In einem Theile des Lüneburgischen, des Bremischen und des Pommer- schen halten manche dieses Haidekraut für ein so unentbehrliches Bedürfniß des Acker- baues, daß sie sich der Urbarmachung der Haide, deren Möglichkeit sie sonst anerken- nen, nur aus dem Grunde widersetzen, weil man ohne Haidekraut keinen Dünger machen könne; welches in der That bei der jetzigen Verfassung ihrer Wirthschaft auch richtig ist. Mittelst einer weiten Haide-Hiebsberechtigung und angestrengten Aus- übung derselben sind manche im Stande, ihren an sich schlechten Acker in auffallender Fruchtbarkeit zu erhalten. Da das Haidekraut aber langsam wieder wächst, zumahl wenn die Narbe mit weggehackt worden, so sind vielleicht 100 Morgen Haidland nicht zureichend, 1 Morgen Ackerland in Kraft zu erhalten, und es findet daher diese Operation nur da nachhaltig statt, wo einzelne kleine Ackerhöse mit großen Haidrevie- ren umgeben liegen. Muß das Haidekraut in größerer Entfernung gehauen und an- gefahren werden, so erfordert es großen Aufwand an Arbeit, so daß Menschen und
Die Miſtduͤngung.
Es giebt manche Gegenden und Wirthſchaften, welche auf dieſen Waldduͤn- ger oder dieſes Streulingrechen ihren Duͤngerſtand vorzuͤglich begruͤnden, in- dem ſie ihr ſaͤmmtliches Stroh zur Erhaltung ihres Viehes im Winter verfuttern. Bei ihrer jetzigen Verfaſſung waͤre es in der That unmoͤglich, daß ſie ohne ſelbiges beſtehen koͤnnten. Es iſt aber anerkannt, daß dieſes Huͤlfsmittel nicht anders als auf Koſten der Forſtkultur herbeigeſchafft werden koͤnne, und daß der Nachtheil, welcher dieſer dadurch geſchieht, den Vortheil uͤberwiege, welchen der kuͤmmerliche Ackerbau davon hat. Die Befugniß zu dieſen Streulingrechen iſt daher zu einem hoͤchſt laͤſti- gen Servitut fuͤr die Forſteigenthuͤmer geworden, deſſen Abfindung aber bei der ein- gefuͤhrten Wirthſchaftsart große Schwierigkeiten hat. Der Eigenthuͤmer einer Forſt kann ſich zwar dieſes Streulingsrechens zuweilen mit Vortheil fuͤr ſein Gut im Gan- zen bedienen, wenn er mit Vorſicht und Maͤßigung dabei verfaͤhrt. Dieſes thun die Berechtigten aber nicht.
§. 34.
Haidekraut.Naͤchſtdem kommt in den Haidgegenden das Haidekraut als Einſtreuungs- mittel am haͤufigſten vor. Es wird entweder abgemaͤhet, oder es wird die Haidnarbe ſelbſt mit einer eigens dazu eingerichteten Hacke duͤnn abgeſchaͤlt und angefahren. Dieſes Haidekraut verweſet allerdings ſchwer, wird jedoch in Jahresfriſt im Miſte ſo muͤrbe, und ſeiner adſtringirenden Eigenſchaft ſo beraubt, daß es im Acker dann bald zergeht. In einem Theile des Luͤneburgiſchen, des Bremiſchen und des Pommer- ſchen halten manche dieſes Haidekraut fuͤr ein ſo unentbehrliches Beduͤrfniß des Acker- baues, daß ſie ſich der Urbarmachung der Haide, deren Moͤglichkeit ſie ſonſt anerken- nen, nur aus dem Grunde widerſetzen, weil man ohne Haidekraut keinen Duͤnger machen koͤnne; welches in der That bei der jetzigen Verfaſſung ihrer Wirthſchaft auch richtig iſt. Mittelſt einer weiten Haide-Hiebsberechtigung und angeſtrengten Aus- uͤbung derſelben ſind manche im Stande, ihren an ſich ſchlechten Acker in auffallender Fruchtbarkeit zu erhalten. Da das Haidekraut aber langſam wieder waͤchſt, zumahl wenn die Narbe mit weggehackt worden, ſo ſind vielleicht 100 Morgen Haidland nicht zureichend, 1 Morgen Ackerland in Kraft zu erhalten, und es findet daher dieſe Operation nur da nachhaltig ſtatt, wo einzelne kleine Ackerhoͤſe mit großen Haidrevie- ren umgeben liegen. Muß das Haidekraut in groͤßerer Entfernung gehauen und an- gefahren werden, ſo erfordert es großen Aufwand an Arbeit, ſo daß Menſchen und
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Die Miſtduͤngung.
Es giebt manche Gegenden und Wirthſchaften, welche auf dieſen Waldduͤn-
ger oder dieſes Streulingrechen ihren Duͤngerſtand vorzuͤglich begruͤnden, in-
dem ſie ihr ſaͤmmtliches Stroh zur Erhaltung ihres Viehes im Winter verfuttern.
Bei ihrer jetzigen Verfaſſung waͤre es in der That unmoͤglich, daß ſie ohne ſelbiges
beſtehen koͤnnten. Es iſt aber anerkannt, daß dieſes Huͤlfsmittel nicht anders als auf
Koſten der Forſtkultur herbeigeſchafft werden koͤnne, und daß der Nachtheil, welcher
dieſer dadurch geſchieht, den Vortheil uͤberwiege, welchen der kuͤmmerliche Ackerbau
davon hat. Die Befugniß zu dieſen Streulingrechen iſt daher zu einem hoͤchſt laͤſti-
gen Servitut fuͤr die Forſteigenthuͤmer geworden, deſſen Abfindung aber bei der ein-
gefuͤhrten Wirthſchaftsart große Schwierigkeiten hat. Der Eigenthuͤmer einer Forſt
kann ſich zwar dieſes Streulingsrechens zuweilen mit Vortheil fuͤr ſein Gut im Gan-
zen bedienen, wenn er mit Vorſicht und Maͤßigung dabei verfaͤhrt. Dieſes thun die
Berechtigten aber nicht.
§. 34.
Naͤchſtdem kommt in den Haidgegenden das Haidekraut als Einſtreuungs-
mittel am haͤufigſten vor. Es wird entweder abgemaͤhet, oder es wird die Haidnarbe
ſelbſt mit einer eigens dazu eingerichteten Hacke duͤnn abgeſchaͤlt und angefahren.
Dieſes Haidekraut verweſet allerdings ſchwer, wird jedoch in Jahresfriſt im Miſte ſo
muͤrbe, und ſeiner adſtringirenden Eigenſchaft ſo beraubt, daß es im Acker dann bald
zergeht. In einem Theile des Luͤneburgiſchen, des Bremiſchen und des Pommer-
ſchen halten manche dieſes Haidekraut fuͤr ein ſo unentbehrliches Beduͤrfniß des Acker-
baues, daß ſie ſich der Urbarmachung der Haide, deren Moͤglichkeit ſie ſonſt anerken-
nen, nur aus dem Grunde widerſetzen, weil man ohne Haidekraut keinen Duͤnger
machen koͤnne; welches in der That bei der jetzigen Verfaſſung ihrer Wirthſchaft auch
richtig iſt. Mittelſt einer weiten Haide-Hiebsberechtigung und angeſtrengten Aus-
uͤbung derſelben ſind manche im Stande, ihren an ſich ſchlechten Acker in auffallender
Fruchtbarkeit zu erhalten. Da das Haidekraut aber langſam wieder waͤchſt, zumahl
wenn die Narbe mit weggehackt worden, ſo ſind vielleicht 100 Morgen Haidland
nicht zureichend, 1 Morgen Ackerland in Kraft zu erhalten, und es findet daher dieſe
Operation nur da nachhaltig ſtatt, wo einzelne kleine Ackerhoͤſe mit großen Haidrevie-
ren umgeben liegen. Muß das Haidekraut in groͤßerer Entfernung gehauen und an-
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/258>, abgerufen am 22.02.2025.
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