es Kalkrahm. Die Erzeugung desselben findet immer von neuem statt, bis end- lich das Wasser allen Kalk verloren hat, und geschmacklos geworden ist. Diese Erscheinung wird durch die Kohlensäure der Luft bewirkt. Dieselbe vereinigt sich mit dem aufgelösten Kalk, der nun in kohlensaurem Zustande nicht mehr aufgelöst bleiben kann. Die Aufbewahrung des Kalkwassers muß desfalls in fest ver- schlossenen Gefäßen geschehen.
§. 68.
Der im Wasser entweder völlig aufgelöste oder nur zu Kalkmilch zerfallene und mechanisch mit dem Wasser vermengte Kalk zieht die Kohlensäure schnell an sich, und kann bald damit gesättigt werden, wenn man ihn mit kohlensaurem Gas zusammenschüttelt. Alle Wasser, die Kohlensäure enthalten, werden durch ihn desselben beraubt, und er zersetzt demnach auch das kohlensaure Kalkwasser. Der Kalk ist daher eins der besten Mittel, die Kohlensäure als Gas oder in Flüssig- keiten aufgelöst zu entdecken, und ihre Quantität zu bestimmen. Man bedient sich also desselben öfterer zur Untersuchung der Atmosphäre und der Wasser auf Kohlensäure.
§. 69.
Der gebrannte Kalk vereinigt sich leicht mit dem Schwefel, und zeigt ver- schiedene Phänomene, je nachdem man die Verbindung bewirkt hat. Wenn man gepulverten ätzenden Kalk mit gepulvertem Schwefel vermengt, glühet, so wird die Masse bräunlich und backt zusammen. Man nennt dies Schwefelkalk oder Schwefelleber. Sie besitzt keinen Geruch, und ist eine einfache Verbindung des Kalks und Schwefels. So wie sie aber feucht wird, entweder durch Benetzung mit Wasser, oder durch die Feuchtigkeit der Luft, so verbreitet sich ein stinkender Geruch nach Hydronthionsäure. Ein Theil des Schwefels zersetzt das Wasser; das Hydrogen des letztern löst einen Theil des Schwefels auf, und bildet jene Säure, die sich wieder mit dem Kalk verbindet. Und so entsteht Hydronthion- Schwefelkalk.
Derselbe erzeugt sich auch, wenn man Kalkmilch oder Kalkwasser mit Schwe- fel kocht. Die Flüssigkeit wird braun, und stößt denselben Geruch aus. Diese, so wie die auf trocknem Wege bereitete und mit Wasser angefeuchtete Schwefel- verbindung erleidet an der Luft eine Zersetzung, indem der Schwefel Oxygen an-
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Die Kalkerde.
es Kalkrahm. Die Erzeugung deſſelben findet immer von neuem ſtatt, bis end- lich das Waſſer allen Kalk verloren hat, und geſchmacklos geworden iſt. Dieſe Erſcheinung wird durch die Kohlenſaͤure der Luft bewirkt. Dieſelbe vereinigt ſich mit dem aufgeloͤſten Kalk, der nun in kohlenſaurem Zuſtande nicht mehr aufgeloͤſt bleiben kann. Die Aufbewahrung des Kalkwaſſers muß desfalls in feſt ver- ſchloſſenen Gefaͤßen geſchehen.
§. 68.
Der im Waſſer entweder voͤllig aufgeloͤſte oder nur zu Kalkmilch zerfallene und mechaniſch mit dem Waſſer vermengte Kalk zieht die Kohlenſaͤure ſchnell an ſich, und kann bald damit geſaͤttigt werden, wenn man ihn mit kohlenſaurem Gas zuſammenſchuͤttelt. Alle Waſſer, die Kohlenſaͤure enthalten, werden durch ihn deſſelben beraubt, und er zerſetzt demnach auch das kohlenſaure Kalkwaſſer. Der Kalk iſt daher eins der beſten Mittel, die Kohlenſaͤure als Gas oder in Fluͤſſig- keiten aufgeloͤſt zu entdecken, und ihre Quantitaͤt zu beſtimmen. Man bedient ſich alſo deſſelben oͤfterer zur Unterſuchung der Atmoſphaͤre und der Waſſer auf Kohlenſaͤure.
§. 69.
Der gebrannte Kalk vereinigt ſich leicht mit dem Schwefel, und zeigt ver- ſchiedene Phaͤnomene, je nachdem man die Verbindung bewirkt hat. Wenn man gepulverten aͤtzenden Kalk mit gepulvertem Schwefel vermengt, gluͤhet, ſo wird die Maſſe braͤunlich und backt zuſammen. Man nennt dies Schwefelkalk oder Schwefelleber. Sie beſitzt keinen Geruch, und iſt eine einfache Verbindung des Kalks und Schwefels. So wie ſie aber feucht wird, entweder durch Benetzung mit Waſſer, oder durch die Feuchtigkeit der Luft, ſo verbreitet ſich ein ſtinkender Geruch nach Hydronthionſaͤure. Ein Theil des Schwefels zerſetzt das Waſſer; das Hydrogen des letztern loͤſt einen Theil des Schwefels auf, und bildet jene Saͤure, die ſich wieder mit dem Kalk verbindet. Und ſo entſteht Hydronthion- Schwefelkalk.
Derſelbe erzeugt ſich auch, wenn man Kalkmilch oder Kalkwaſſer mit Schwe- fel kocht. Die Fluͤſſigkeit wird braun, und ſtoͤßt denſelben Geruch aus. Dieſe, ſo wie die auf trocknem Wege bereitete und mit Waſſer angefeuchtete Schwefel- verbindung erleidet an der Luft eine Zerſetzung, indem der Schwefel Oxygen an-
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Die Kalkerde.
es Kalkrahm. Die Erzeugung deſſelben findet immer von neuem ſtatt, bis end-
lich das Waſſer allen Kalk verloren hat, und geſchmacklos geworden iſt. Dieſe
Erſcheinung wird durch die Kohlenſaͤure der Luft bewirkt. Dieſelbe vereinigt ſich
mit dem aufgeloͤſten Kalk, der nun in kohlenſaurem Zuſtande nicht mehr aufgeloͤſt
bleiben kann. Die Aufbewahrung des Kalkwaſſers muß desfalls in feſt ver-
ſchloſſenen Gefaͤßen geſchehen.
§. 68.
Der im Waſſer entweder voͤllig aufgeloͤſte oder nur zu Kalkmilch zerfallene
und mechaniſch mit dem Waſſer vermengte Kalk zieht die Kohlenſaͤure ſchnell an
ſich, und kann bald damit geſaͤttigt werden, wenn man ihn mit kohlenſaurem Gas
zuſammenſchuͤttelt. Alle Waſſer, die Kohlenſaͤure enthalten, werden durch ihn
deſſelben beraubt, und er zerſetzt demnach auch das kohlenſaure Kalkwaſſer. Der
Kalk iſt daher eins der beſten Mittel, die Kohlenſaͤure als Gas oder in Fluͤſſig-
keiten aufgeloͤſt zu entdecken, und ihre Quantitaͤt zu beſtimmen. Man bedient ſich
alſo deſſelben oͤfterer zur Unterſuchung der Atmoſphaͤre und der Waſſer auf
Kohlenſaͤure.
§. 69.
Der gebrannte Kalk vereinigt ſich leicht mit dem Schwefel, und zeigt ver-
ſchiedene Phaͤnomene, je nachdem man die Verbindung bewirkt hat. Wenn man
gepulverten aͤtzenden Kalk mit gepulvertem Schwefel vermengt, gluͤhet, ſo wird
die Maſſe braͤunlich und backt zuſammen. Man nennt dies Schwefelkalk oder
Schwefelleber. Sie beſitzt keinen Geruch, und iſt eine einfache Verbindung des
Kalks und Schwefels. So wie ſie aber feucht wird, entweder durch Benetzung
mit Waſſer, oder durch die Feuchtigkeit der Luft, ſo verbreitet ſich ein ſtinkender
Geruch nach Hydronthionſaͤure. Ein Theil des Schwefels zerſetzt das Waſſer;
das Hydrogen des letztern loͤſt einen Theil des Schwefels auf, und bildet jene
Saͤure, die ſich wieder mit dem Kalk verbindet. Und ſo entſteht Hydronthion-
Schwefelkalk.
Schwefelkalk.
Derſelbe erzeugt ſich auch, wenn man Kalkmilch oder Kalkwaſſer mit Schwe-
fel kocht. Die Fluͤſſigkeit wird braun, und ſtoͤßt denſelben Geruch aus. Dieſe,
ſo wie die auf trocknem Wege bereitete und mit Waſſer angefeuchtete Schwefel-
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/127>, abgerufen am 07.01.2025.
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