geringe, angeschlagen wird. Man wähnt so, wie in manchen Fällen, einen Fehler durch den andern auszugleichen.
Der Käufer muß, nach der Kenntniß, die er von den Wiesen und von ihrer obgleich nicht ohne Kosten zu bewerkstellenden Verbesserung hat, diese für sich nach dem Nutzen, die sie ihm in seiner Wirthschaft bringen können, und nach dem ge- wöhnlichen Heupreise der Gegend, den er am besten auf Getreide reduzirt, abschätzen. Daß er Rücksicht nehme, ob die Wiesen privativ, oder dem Vor- und Nachhuten und andern Servituten unterworfen sey, auch ob er mit dem durchfließenden Wasser frei oder nicht frei schalten und walten könne, versteht sich wohl von selbst.
§. 79.
Die Weiden hielt man für eben so unentbehrlich wie die Wiesen, bis man ent-Schätzung der Weiden. weder die Möglichkeit einer Stallfutterung, oder aber der wechselnden Niederlegung des Ackerlandes zur Weide kennen lernte. Sie werden seitdem allgemein geringer, wie vormals geschätzt, jedoch darum nicht werthlos. Bei Kaufanschlägen werden sie mehrentheils unter der Rubrik der Viehnutzung mit veranschlagt. Indessen ver- dienen sie bei dem Kaufe eines Gutes besondere Rücksicht.
§. 80.
Die Weiden finden statt:
1) auf raumen oder mit Bäumen wenig besetzten Weideangern.
Sind sie hier privativ und uneingeschränkt, so ist der Grundwerth des Bodens zu schätzen, da es nämlich dem Besitzer frei steht, ihn auch auf andere Weise zu nutzen, in sofern die physische Beschaffenheit dieses erlaubt. Ist letzteres nicht der Fall, indem z. B. häufige Ueberschwemmungen eine andere Benutzung zu unsicher machen, so muß er sie nach der Nahrung, die sie einer gewissen Kopfzahl von Vieh geben können, beurtheilen.
Häufiger aber findet es sich, daß solche Weideanger Kommungüter sind, und jedem Eigenthümer eine bestimmte oder doch beschränkte Weideberechtigung darauf zusteht. Hier muß der Werth dieser Berechtigung ebenfalls nach der Kopfzahl des Viehes und dem effektiven Nutzen, den es davon hat, beurtheilt werden. Jedoch hat man nach den Ortsverhältnissen besondere Rücksicht darauf zu nehmen, ob eine baldige Theilung zu bewirken steht, da dann solche durch ihre Unkultur schlecht be-
Werthſchaͤtzung eines Landguts.
geringe, angeſchlagen wird. Man waͤhnt ſo, wie in manchen Faͤllen, einen Fehler durch den andern auszugleichen.
Der Kaͤufer muß, nach der Kenntniß, die er von den Wieſen und von ihrer obgleich nicht ohne Koſten zu bewerkſtellenden Verbeſſerung hat, dieſe fuͤr ſich nach dem Nutzen, die ſie ihm in ſeiner Wirthſchaft bringen koͤnnen, und nach dem ge- woͤhnlichen Heupreiſe der Gegend, den er am beſten auf Getreide reduzirt, abſchaͤtzen. Daß er Ruͤckſicht nehme, ob die Wieſen privativ, oder dem Vor- und Nachhuten und andern Servituten unterworfen ſey, auch ob er mit dem durchfließenden Waſſer frei oder nicht frei ſchalten und walten koͤnne, verſteht ſich wohl von ſelbſt.
§. 79.
Die Weiden hielt man fuͤr eben ſo unentbehrlich wie die Wieſen, bis man ent-Schaͤtzung der Weiden. weder die Moͤglichkeit einer Stallfutterung, oder aber der wechſelnden Niederlegung des Ackerlandes zur Weide kennen lernte. Sie werden ſeitdem allgemein geringer, wie vormals geſchaͤtzt, jedoch darum nicht werthlos. Bei Kaufanſchlaͤgen werden ſie mehrentheils unter der Rubrik der Viehnutzung mit veranſchlagt. Indeſſen ver- dienen ſie bei dem Kaufe eines Gutes beſondere Ruͤckſicht.
§. 80.
Die Weiden finden ſtatt:
1) auf raumen oder mit Baͤumen wenig beſetzten Weideangern.
Sind ſie hier privativ und uneingeſchraͤnkt, ſo iſt der Grundwerth des Bodens zu ſchaͤtzen, da es naͤmlich dem Beſitzer frei ſteht, ihn auch auf andere Weiſe zu nutzen, in ſofern die phyſiſche Beſchaffenheit dieſes erlaubt. Iſt letzteres nicht der Fall, indem z. B. haͤufige Ueberſchwemmungen eine andere Benutzung zu unſicher machen, ſo muß er ſie nach der Nahrung, die ſie einer gewiſſen Kopfzahl von Vieh geben koͤnnen, beurtheilen.
Haͤufiger aber findet es ſich, daß ſolche Weideanger Kommunguͤter ſind, und jedem Eigenthuͤmer eine beſtimmte oder doch beſchraͤnkte Weideberechtigung darauf zuſteht. Hier muß der Werth dieſer Berechtigung ebenfalls nach der Kopfzahl des Viehes und dem effektiven Nutzen, den es davon hat, beurtheilt werden. Jedoch hat man nach den Ortsverhaͤltniſſen beſondere Ruͤckſicht darauf zu nehmen, ob eine baldige Theilung zu bewirken ſteht, da dann ſolche durch ihre Unkultur ſchlecht be-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0075"n="45"/><fwplace="top"type="header">Werthſchaͤtzung eines Landguts.</fw><lb/>
geringe, angeſchlagen wird. Man waͤhnt ſo, wie in manchen Faͤllen, einen Fehler<lb/>
durch den andern auszugleichen.</p><lb/><p>Der Kaͤufer muß, nach der Kenntniß, die er von den Wieſen und von ihrer<lb/>
obgleich nicht ohne Koſten zu bewerkſtellenden Verbeſſerung hat, dieſe fuͤr ſich nach<lb/>
dem Nutzen, die ſie ihm in ſeiner Wirthſchaft bringen koͤnnen, und nach dem ge-<lb/>
woͤhnlichen Heupreiſe der Gegend, den er am beſten auf Getreide reduzirt, abſchaͤtzen.<lb/>
Daß er Ruͤckſicht nehme, ob die Wieſen privativ, oder dem Vor- und Nachhuten<lb/>
und andern Servituten unterworfen ſey, auch ob er mit dem durchfließenden Waſſer<lb/>
frei oder nicht frei ſchalten und walten koͤnne, verſteht ſich wohl von ſelbſt.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 79.</head><lb/><p>Die Weiden hielt man fuͤr eben ſo unentbehrlich wie die Wieſen, bis man ent-<noteplace="right">Schaͤtzung der<lb/>
Weiden.</note><lb/>
weder die Moͤglichkeit einer Stallfutterung, oder aber der wechſelnden Niederlegung<lb/>
des Ackerlandes zur Weide kennen lernte. Sie werden ſeitdem allgemein geringer,<lb/>
wie vormals geſchaͤtzt, jedoch darum nicht werthlos. Bei Kaufanſchlaͤgen werden<lb/>ſie mehrentheils unter der Rubrik der Viehnutzung mit veranſchlagt. Indeſſen ver-<lb/>
dienen ſie bei dem Kaufe eines Gutes beſondere Ruͤckſicht.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 80.</head><lb/><p>Die Weiden finden ſtatt:</p><lb/><p>1) auf <hirendition="#g">raumen</hi> oder mit Baͤumen <hirendition="#g">wenig</hi> beſetzten Weideangern.</p><lb/><p>Sind ſie hier privativ und uneingeſchraͤnkt, ſo iſt der Grundwerth des Bodens<lb/>
zu ſchaͤtzen, da es naͤmlich dem Beſitzer frei ſteht, ihn auch auf andere Weiſe zu<lb/>
nutzen, in ſofern die phyſiſche Beſchaffenheit dieſes erlaubt. Iſt letzteres nicht der<lb/>
Fall, indem z. B. haͤufige Ueberſchwemmungen eine andere Benutzung zu unſicher<lb/>
machen, ſo muß er ſie nach der Nahrung, die ſie einer gewiſſen Kopfzahl von Vieh<lb/>
geben koͤnnen, beurtheilen.</p><lb/><p>Haͤufiger aber findet es ſich, daß ſolche Weideanger Kommunguͤter ſind, und<lb/>
jedem Eigenthuͤmer eine beſtimmte oder doch beſchraͤnkte Weideberechtigung darauf<lb/>
zuſteht. Hier muß der Werth dieſer Berechtigung ebenfalls nach der Kopfzahl des<lb/>
Viehes und dem effektiven Nutzen, den es davon hat, beurtheilt werden. Jedoch<lb/>
hat man nach den Ortsverhaͤltniſſen beſondere Ruͤckſicht darauf zu nehmen, ob eine<lb/>
baldige Theilung zu bewirken ſteht, da dann ſolche durch ihre Unkultur ſchlecht be-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[45/0075]
Werthſchaͤtzung eines Landguts.
geringe, angeſchlagen wird. Man waͤhnt ſo, wie in manchen Faͤllen, einen Fehler
durch den andern auszugleichen.
Der Kaͤufer muß, nach der Kenntniß, die er von den Wieſen und von ihrer
obgleich nicht ohne Koſten zu bewerkſtellenden Verbeſſerung hat, dieſe fuͤr ſich nach
dem Nutzen, die ſie ihm in ſeiner Wirthſchaft bringen koͤnnen, und nach dem ge-
woͤhnlichen Heupreiſe der Gegend, den er am beſten auf Getreide reduzirt, abſchaͤtzen.
Daß er Ruͤckſicht nehme, ob die Wieſen privativ, oder dem Vor- und Nachhuten
und andern Servituten unterworfen ſey, auch ob er mit dem durchfließenden Waſſer
frei oder nicht frei ſchalten und walten koͤnne, verſteht ſich wohl von ſelbſt.
§. 79.
Die Weiden hielt man fuͤr eben ſo unentbehrlich wie die Wieſen, bis man ent-
weder die Moͤglichkeit einer Stallfutterung, oder aber der wechſelnden Niederlegung
des Ackerlandes zur Weide kennen lernte. Sie werden ſeitdem allgemein geringer,
wie vormals geſchaͤtzt, jedoch darum nicht werthlos. Bei Kaufanſchlaͤgen werden
ſie mehrentheils unter der Rubrik der Viehnutzung mit veranſchlagt. Indeſſen ver-
dienen ſie bei dem Kaufe eines Gutes beſondere Ruͤckſicht.
Schaͤtzung der
Weiden.
§. 80.
Die Weiden finden ſtatt:
1) auf raumen oder mit Baͤumen wenig beſetzten Weideangern.
Sind ſie hier privativ und uneingeſchraͤnkt, ſo iſt der Grundwerth des Bodens
zu ſchaͤtzen, da es naͤmlich dem Beſitzer frei ſteht, ihn auch auf andere Weiſe zu
nutzen, in ſofern die phyſiſche Beſchaffenheit dieſes erlaubt. Iſt letzteres nicht der
Fall, indem z. B. haͤufige Ueberſchwemmungen eine andere Benutzung zu unſicher
machen, ſo muß er ſie nach der Nahrung, die ſie einer gewiſſen Kopfzahl von Vieh
geben koͤnnen, beurtheilen.
Haͤufiger aber findet es ſich, daß ſolche Weideanger Kommunguͤter ſind, und
jedem Eigenthuͤmer eine beſtimmte oder doch beſchraͤnkte Weideberechtigung darauf
zuſteht. Hier muß der Werth dieſer Berechtigung ebenfalls nach der Kopfzahl des
Viehes und dem effektiven Nutzen, den es davon hat, beurtheilt werden. Jedoch
hat man nach den Ortsverhaͤltniſſen beſondere Ruͤckſicht darauf zu nehmen, ob eine
baldige Theilung zu bewirken ſteht, da dann ſolche durch ihre Unkultur ſchlecht be-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/75>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.