Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite
Werthschätzung eines Landguts.

4) Rockenacker, welcher in der Dreifelderwirthschaft nur alle drei Jahr Rocken
trägt, nach demselben aber keine Kraft zu einer andern Frucht mehr hat, sondern
zwei Jahre ruhen muß.

Sechsjähriges, neunjähriges und zwölfjähriges Rockenland nennt man solches,
welches nur alle sechs, neun oder zwölf Jahre mit Rocken bestellt wird und außerdem
ruht. Hierzu gehört das entfernte Außenland, welches nie Dünger erhält, und des-
sen schlechte Qualität dann mehrentheils nicht von seiner Grundbeschaffenheit, sondern
von diesem Düngermangel herrührt. Die Kraft, welche die Natur diesem Lande
durch die Grasnarbe, oder die ihm der verstreute Weidemist der Schafe giebt, wird
durch die Rockensaat sogleich wieder ausgesogen, und so der Boden in dem unfrucht-
baren Zustande erhalten.

So viel Schwankendes diese Klassifikation auch hat, so ist sie doch unter den
gewöhnlich angenommenen noch die genaueste, und zugleich die, welche den meisten
Anschlägen zum Grunde liegt. Deshalb muß sie ein jeder Landwirth kennen, der
seiner Beurtheilung des Bodens auch bestimmtere Begriffe unterzulegen weiß, sich
aber in jeder Gegend, wohin ihn das Schicksal führt, genauer erkundigen, welchen
Boden man nach seinen physisch-chemischen Beschaffenheiten in jede dieser Klassen
zu setzen pflegt.

§. 76.

Die schlechte
Qualität des
Bodens wird
schwer durch
die Quantität
ersetzt.
Jeder verständige Landwirth wird sich bei der Auswahl eines Gutes mehr durch
die Güte des Ackerbodens, als durch die Größe desselben bestimmen lassen. Die
schlechtere Qualität kann sehr selten durch die größere Oberfläche kompensirt werden.
Es giebt solchen Boden, der als Ackerland durchaus gar nichts werth ist, und genau
gerechnet nie die Kosten seiner Bearbeitung überträgt, wo folglich 1000 Morgen
nicht 1 Morgen guten Bodens in Hinsicht auf Fruchtbau gleich zu schätzen wäre.
Trägt ein Boden nach der Düngung nicht vier Saaten zu 3 Scheffel per Morgen ab,
so kann man ihn in der That gar keinen Werth als Ackerboden beilegen, es sey denn,
daß man unzweifelhaft wirksame Mittel zu seiner Verbesserung habe, z. B. angemes-
senen Mergel und Schlamm in der Nähe, wo man dann bei dem Ankauf so rechnen
muß, als kaufe man nur den Raum, um sich einen zuträglichen Ackerboden zu schaf-
fen. Wenn man gehörig rechnet, wird man im Durchschnitt guten Boden immer

Werthſchaͤtzung eines Landguts.

4) Rockenacker, welcher in der Dreifelderwirthſchaft nur alle drei Jahr Rocken
traͤgt, nach demſelben aber keine Kraft zu einer andern Frucht mehr hat, ſondern
zwei Jahre ruhen muß.

Sechsjaͤhriges, neunjaͤhriges und zwoͤlfjaͤhriges Rockenland nennt man ſolches,
welches nur alle ſechs, neun oder zwoͤlf Jahre mit Rocken beſtellt wird und außerdem
ruht. Hierzu gehoͤrt das entfernte Außenland, welches nie Duͤnger erhaͤlt, und deſ-
ſen ſchlechte Qualitaͤt dann mehrentheils nicht von ſeiner Grundbeſchaffenheit, ſondern
von dieſem Duͤngermangel herruͤhrt. Die Kraft, welche die Natur dieſem Lande
durch die Grasnarbe, oder die ihm der verſtreute Weidemiſt der Schafe giebt, wird
durch die Rockenſaat ſogleich wieder ausgeſogen, und ſo der Boden in dem unfrucht-
baren Zuſtande erhalten.

So viel Schwankendes dieſe Klaſſifikation auch hat, ſo iſt ſie doch unter den
gewoͤhnlich angenommenen noch die genaueſte, und zugleich die, welche den meiſten
Anſchlaͤgen zum Grunde liegt. Deshalb muß ſie ein jeder Landwirth kennen, der
ſeiner Beurtheilung des Bodens auch beſtimmtere Begriffe unterzulegen weiß, ſich
aber in jeder Gegend, wohin ihn das Schickſal fuͤhrt, genauer erkundigen, welchen
Boden man nach ſeinen phyſiſch-chemiſchen Beſchaffenheiten in jede dieſer Klaſſen
zu ſetzen pflegt.

§. 76.

Die ſchlechte
Qualitaͤt des
Bodens wird
ſchwer durch
die Quantitaͤt
erſetzt.
Jeder verſtaͤndige Landwirth wird ſich bei der Auswahl eines Gutes mehr durch
die Guͤte des Ackerbodens, als durch die Groͤße deſſelben beſtimmen laſſen. Die
ſchlechtere Qualitaͤt kann ſehr ſelten durch die groͤßere Oberflaͤche kompenſirt werden.
Es giebt ſolchen Boden, der als Ackerland durchaus gar nichts werth iſt, und genau
gerechnet nie die Koſten ſeiner Bearbeitung uͤbertraͤgt, wo folglich 1000 Morgen
nicht 1 Morgen guten Bodens in Hinſicht auf Fruchtbau gleich zu ſchaͤtzen waͤre.
Traͤgt ein Boden nach der Duͤngung nicht vier Saaten zu 3 Scheffel per Morgen ab,
ſo kann man ihn in der That gar keinen Werth als Ackerboden beilegen, es ſey denn,
daß man unzweifelhaft wirkſame Mittel zu ſeiner Verbeſſerung habe, z. B. angemeſ-
ſenen Mergel und Schlamm in der Naͤhe, wo man dann bei dem Ankauf ſo rechnen
muß, als kaufe man nur den Raum, um ſich einen zutraͤglichen Ackerboden zu ſchaf-
fen. Wenn man gehoͤrig rechnet, wird man im Durchſchnitt guten Boden immer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0072" n="42"/>
              <fw place="top" type="header">Werth&#x017F;cha&#x0364;tzung eines Landguts.</fw><lb/>
              <p>4) Rockenacker, welcher in der Dreifelderwirth&#x017F;chaft nur alle drei Jahr Rocken<lb/>
tra&#x0364;gt, nach dem&#x017F;elben aber keine Kraft zu einer andern Frucht mehr hat, &#x017F;ondern<lb/>
zwei Jahre ruhen muß.</p><lb/>
              <p>Sechsja&#x0364;hriges, neunja&#x0364;hriges und zwo&#x0364;lfja&#x0364;hriges Rockenland nennt man &#x017F;olches,<lb/>
welches nur alle &#x017F;echs, neun oder zwo&#x0364;lf Jahre mit Rocken be&#x017F;tellt wird und außerdem<lb/>
ruht. Hierzu geho&#x0364;rt das entfernte Außenland, welches nie Du&#x0364;nger erha&#x0364;lt, und de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;chlechte Qualita&#x0364;t dann mehrentheils nicht von &#x017F;einer Grundbe&#x017F;chaffenheit, &#x017F;ondern<lb/>
von die&#x017F;em Du&#x0364;ngermangel herru&#x0364;hrt. Die Kraft, welche die Natur die&#x017F;em Lande<lb/>
durch die Grasnarbe, oder die ihm der ver&#x017F;treute Weidemi&#x017F;t der Schafe giebt, wird<lb/>
durch die Rocken&#x017F;aat &#x017F;ogleich wieder ausge&#x017F;ogen, und &#x017F;o der Boden in dem unfrucht-<lb/>
baren Zu&#x017F;tande erhalten.</p><lb/>
              <p>So viel Schwankendes die&#x017F;e Kla&#x017F;&#x017F;ifikation auch hat, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie doch unter den<lb/>
gewo&#x0364;hnlich angenommenen noch die genaue&#x017F;te, und zugleich die, welche den mei&#x017F;ten<lb/>
An&#x017F;chla&#x0364;gen zum Grunde liegt. Deshalb muß &#x017F;ie ein jeder Landwirth kennen, der<lb/>
&#x017F;einer Beurtheilung des Bodens auch be&#x017F;timmtere Begriffe unterzulegen weiß, &#x017F;ich<lb/>
aber in jeder Gegend, wohin ihn das Schick&#x017F;al fu&#x0364;hrt, genauer erkundigen, welchen<lb/>
Boden man nach &#x017F;einen phy&#x017F;i&#x017F;ch-chemi&#x017F;chen Be&#x017F;chaffenheiten in jede die&#x017F;er Kla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
zu &#x017F;etzen pflegt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 76.</head><lb/>
              <p><note place="left">Die &#x017F;chlechte<lb/>
Qualita&#x0364;t des<lb/>
Bodens wird<lb/>
&#x017F;chwer durch<lb/>
die Quantita&#x0364;t<lb/>
er&#x017F;etzt.</note>Jeder ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Landwirth wird &#x017F;ich bei der Auswahl eines Gutes mehr durch<lb/>
die Gu&#x0364;te des Ackerbodens, als durch die Gro&#x0364;ße de&#x017F;&#x017F;elben be&#x017F;timmen la&#x017F;&#x017F;en. Die<lb/>
&#x017F;chlechtere Qualita&#x0364;t kann &#x017F;ehr &#x017F;elten durch die gro&#x0364;ßere Oberfla&#x0364;che kompen&#x017F;irt werden.<lb/>
Es giebt &#x017F;olchen Boden, der als Ackerland durchaus gar nichts werth i&#x017F;t, und genau<lb/>
gerechnet nie die Ko&#x017F;ten &#x017F;einer Bearbeitung u&#x0364;bertra&#x0364;gt, wo folglich 1000 Morgen<lb/>
nicht 1 Morgen guten Bodens in Hin&#x017F;icht auf Fruchtbau gleich zu &#x017F;cha&#x0364;tzen wa&#x0364;re.<lb/>
Tra&#x0364;gt ein Boden nach der Du&#x0364;ngung nicht vier Saaten zu 3 Scheffel <hi rendition="#aq">per</hi> Morgen ab,<lb/>
&#x017F;o kann man ihn in der That gar keinen Werth als Ackerboden beilegen, es &#x017F;ey denn,<lb/>
daß man <choice><sic>unzwei&#x017F;elhaft</sic><corr>unzweifelhaft</corr></choice> wirk&#x017F;ame Mittel zu &#x017F;einer Verbe&#x017F;&#x017F;erung habe, z. B. angeme&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enen Mergel und Schlamm in der Na&#x0364;he, wo man dann bei dem Ankauf &#x017F;o rechnen<lb/>
muß, als kaufe man nur den Raum, um &#x017F;ich einen zutra&#x0364;glichen Ackerboden zu &#x017F;chaf-<lb/>
fen. Wenn man geho&#x0364;rig rechnet, wird man im Durch&#x017F;chnitt guten Boden immer<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0072] Werthſchaͤtzung eines Landguts. 4) Rockenacker, welcher in der Dreifelderwirthſchaft nur alle drei Jahr Rocken traͤgt, nach demſelben aber keine Kraft zu einer andern Frucht mehr hat, ſondern zwei Jahre ruhen muß. Sechsjaͤhriges, neunjaͤhriges und zwoͤlfjaͤhriges Rockenland nennt man ſolches, welches nur alle ſechs, neun oder zwoͤlf Jahre mit Rocken beſtellt wird und außerdem ruht. Hierzu gehoͤrt das entfernte Außenland, welches nie Duͤnger erhaͤlt, und deſ- ſen ſchlechte Qualitaͤt dann mehrentheils nicht von ſeiner Grundbeſchaffenheit, ſondern von dieſem Duͤngermangel herruͤhrt. Die Kraft, welche die Natur dieſem Lande durch die Grasnarbe, oder die ihm der verſtreute Weidemiſt der Schafe giebt, wird durch die Rockenſaat ſogleich wieder ausgeſogen, und ſo der Boden in dem unfrucht- baren Zuſtande erhalten. So viel Schwankendes dieſe Klaſſifikation auch hat, ſo iſt ſie doch unter den gewoͤhnlich angenommenen noch die genaueſte, und zugleich die, welche den meiſten Anſchlaͤgen zum Grunde liegt. Deshalb muß ſie ein jeder Landwirth kennen, der ſeiner Beurtheilung des Bodens auch beſtimmtere Begriffe unterzulegen weiß, ſich aber in jeder Gegend, wohin ihn das Schickſal fuͤhrt, genauer erkundigen, welchen Boden man nach ſeinen phyſiſch-chemiſchen Beſchaffenheiten in jede dieſer Klaſſen zu ſetzen pflegt. §. 76. Jeder verſtaͤndige Landwirth wird ſich bei der Auswahl eines Gutes mehr durch die Guͤte des Ackerbodens, als durch die Groͤße deſſelben beſtimmen laſſen. Die ſchlechtere Qualitaͤt kann ſehr ſelten durch die groͤßere Oberflaͤche kompenſirt werden. Es giebt ſolchen Boden, der als Ackerland durchaus gar nichts werth iſt, und genau gerechnet nie die Koſten ſeiner Bearbeitung uͤbertraͤgt, wo folglich 1000 Morgen nicht 1 Morgen guten Bodens in Hinſicht auf Fruchtbau gleich zu ſchaͤtzen waͤre. Traͤgt ein Boden nach der Duͤngung nicht vier Saaten zu 3 Scheffel per Morgen ab, ſo kann man ihn in der That gar keinen Werth als Ackerboden beilegen, es ſey denn, daß man unzweifelhaft wirkſame Mittel zu ſeiner Verbeſſerung habe, z. B. angemeſ- ſenen Mergel und Schlamm in der Naͤhe, wo man dann bei dem Ankauf ſo rechnen muß, als kaufe man nur den Raum, um ſich einen zutraͤglichen Ackerboden zu ſchaf- fen. Wenn man gehoͤrig rechnet, wird man im Durchſchnitt guten Boden immer Die ſchlechte Qualitaͤt des Bodens wird ſchwer durch die Quantitaͤt erſetzt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/72
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/72>, abgerufen am 22.12.2024.