Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Auswahl eines Landguts.
rigkeiten, die dem Betriebe höherer Wirthschaften entgegen stehen, taxire diese eben-
falls nach Prozenten, und summire sie, so wird sich durch Abziehung der einen
Summe von der andern ergeben, um wieviel der nach seinem Flächeninhalt und Be-
schaffenheit des Bodens angenommene Werth durch solche Nebenumstände erhöhet
oder vermindert werde.

Daß dies nicht mechanisch, sondern mit großer Ueberlegung und vorauszusetzen-
den
Kenntnissen des ganzen Gewerbes geschehen müsse, versteht sich von selbst.

§. 62.

Es ist dem angehenden Landwirthe allerdings nicht zu verdenken, wenn er beim
Ankauf eines Landguts auf solche Eigenschaften Rücksicht nimmt, die seinen persönli-
chen Verhältnissen, seiner Neigung zu einer besondern Wirthschaftsart und seiner
Vorstellung eines besondern Ideals entsprechen. Besondere persönliche individuelle
Verhältnisse können es ihm höchst wichtig machen, ein Gut bestimmter Art und in
einer bestimmten Lage anzukaufen. Wer aber einzig und allein auf sein zu betreiben-
des Gewerbe, wie wir hier voraussetzen müssen, Rücksicht nehmen will, muß sich
kein Ideal von einem Landgute und von einer besondern darauf zu betreibenden
Wirthschaftsart machen, und nur bloß darnach trachten, ein Material aufzufinden,
durch welches er seine Vorstellung realisiren könne. Vielmehr muß er, erst nachdem
er das Gut aus andern Gründen gewählet hat, die Wirthschaftsart, welche er dar-
stellen will, bestimmen. Zufällig kann sich's freilich treffen, daß man ein Gut findet,
was einer zuvorgefaßten Idee besonders angemessen ist, allein in der Regel wird die
Wahl dadurch erschwert, beschränkt, und man wird von den Rücksichten abgeleitet,
die man beim Kaufe zu nehmen hat, um einen möglichst vortheilhaften zu machen.

§. 63.

Vor allem aber hat man dahin zu sehen, daß das anzunehmende Landgut mit
dem Vermögen, welches man besitzt, in gerechtem Verhältnisse stehe. Es kömmt
aber hierbei nicht allein auf den Kaufpreis an, sondern auch auf den Ueberschlag der
Kosten, die erforderlich sind, um die Wirthschaft so zu organisiren und so fortzufüh-
ren, daß daraus nach bestimmter Zeit der möglich höchste Gewinn hervorgehe.

Wenn wir hier überhaupt vom Gutsankaufe reden, so geschieht dies bloß in
Rücksicht auf den eigentlichen Landwirth, der das zu erkaufende Landgut als ein zu

Erster Theil. E

Auswahl eines Landguts.
rigkeiten, die dem Betriebe hoͤherer Wirthſchaften entgegen ſtehen, taxire dieſe eben-
falls nach Prozenten, und ſummire ſie, ſo wird ſich durch Abziehung der einen
Summe von der andern ergeben, um wieviel der nach ſeinem Flaͤcheninhalt und Be-
ſchaffenheit des Bodens angenommene Werth durch ſolche Nebenumſtaͤnde erhoͤhet
oder vermindert werde.

Daß dies nicht mechaniſch, ſondern mit großer Ueberlegung und vorauszuſetzen-
den
Kenntniſſen des ganzen Gewerbes geſchehen muͤſſe, verſteht ſich von ſelbſt.

§. 62.

Es iſt dem angehenden Landwirthe allerdings nicht zu verdenken, wenn er beim
Ankauf eines Landguts auf ſolche Eigenſchaften Ruͤckſicht nimmt, die ſeinen perſoͤnli-
chen Verhaͤltniſſen, ſeiner Neigung zu einer beſondern Wirthſchaftsart und ſeiner
Vorſtellung eines beſondern Ideals entſprechen. Beſondere perſoͤnliche individuelle
Verhaͤltniſſe koͤnnen es ihm hoͤchſt wichtig machen, ein Gut beſtimmter Art und in
einer beſtimmten Lage anzukaufen. Wer aber einzig und allein auf ſein zu betreiben-
des Gewerbe, wie wir hier vorausſetzen muͤſſen, Ruͤckſicht nehmen will, muß ſich
kein Ideal von einem Landgute und von einer beſondern darauf zu betreibenden
Wirthſchaftsart machen, und nur bloß darnach trachten, ein Material aufzufinden,
durch welches er ſeine Vorſtellung realiſiren koͤnne. Vielmehr muß er, erſt nachdem
er das Gut aus andern Gruͤnden gewaͤhlet hat, die Wirthſchaftsart, welche er dar-
ſtellen will, beſtimmen. Zufaͤllig kann ſich’s freilich treffen, daß man ein Gut findet,
was einer zuvorgefaßten Idee beſonders angemeſſen iſt, allein in der Regel wird die
Wahl dadurch erſchwert, beſchraͤnkt, und man wird von den Ruͤckſichten abgeleitet,
die man beim Kaufe zu nehmen hat, um einen moͤglichſt vortheilhaften zu machen.

§. 63.

Vor allem aber hat man dahin zu ſehen, daß das anzunehmende Landgut mit
dem Vermoͤgen, welches man beſitzt, in gerechtem Verhaͤltniſſe ſtehe. Es koͤmmt
aber hierbei nicht allein auf den Kaufpreis an, ſondern auch auf den Ueberſchlag der
Koſten, die erforderlich ſind, um die Wirthſchaft ſo zu organiſiren und ſo fortzufuͤh-
ren, daß daraus nach beſtimmter Zeit der moͤglich hoͤchſte Gewinn hervorgehe.

Wenn wir hier uͤberhaupt vom Gutsankaufe reden, ſo geſchieht dies bloß in
Ruͤckſicht auf den eigentlichen Landwirth, der das zu erkaufende Landgut als ein zu

Erſter Theil. E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0063" n="33"/><fw place="top" type="header">Auswahl eines Landguts.</fw><lb/>
rigkeiten, die dem Betriebe ho&#x0364;herer Wirth&#x017F;chaften entgegen &#x017F;tehen, taxire die&#x017F;e eben-<lb/>
falls nach Prozenten, und &#x017F;ummire &#x017F;ie, &#x017F;o wird &#x017F;ich durch Abziehung der einen<lb/>
Summe von der andern ergeben, um wieviel der nach &#x017F;einem Fla&#x0364;cheninhalt und Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit des Bodens angenommene Werth durch &#x017F;olche Nebenum&#x017F;ta&#x0364;nde erho&#x0364;het<lb/>
oder vermindert werde.</p><lb/>
              <p>Daß dies nicht mechani&#x017F;ch, &#x017F;ondern mit großer Ueberlegung und <choice><sic>voranszu&#x017F;etzen-<lb/>
den</sic><corr>vorauszu&#x017F;etzen-<lb/>
den</corr></choice> Kenntni&#x017F;&#x017F;en des ganzen Gewerbes ge&#x017F;chehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, ver&#x017F;teht &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 62.</head><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t dem angehenden Landwirthe allerdings nicht zu verdenken, wenn er beim<lb/>
Ankauf eines Landguts auf &#x017F;olche Eigen&#x017F;chaften Ru&#x0364;ck&#x017F;icht nimmt, die &#x017F;einen per&#x017F;o&#x0364;nli-<lb/>
chen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;einer Neigung zu einer be&#x017F;ondern Wirth&#x017F;chaftsart und &#x017F;einer<lb/>
Vor&#x017F;tellung eines be&#x017F;ondern Ideals ent&#x017F;prechen. Be&#x017F;ondere per&#x017F;o&#x0364;nliche individuelle<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e ko&#x0364;nnen es ihm ho&#x0364;ch&#x017F;t wichtig machen, ein Gut be&#x017F;timmter Art und in<lb/>
einer be&#x017F;timmten Lage anzukaufen. Wer aber einzig und allein auf &#x017F;ein zu betreiben-<lb/>
des Gewerbe, wie wir hier voraus&#x017F;etzen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, Ru&#x0364;ck&#x017F;icht nehmen will, muß &#x017F;ich<lb/>
kein Ideal von einem Landgute und von einer be&#x017F;ondern darauf zu betreibenden<lb/>
Wirth&#x017F;chaftsart machen, und nur bloß darnach trachten, ein Material aufzufinden,<lb/>
durch welches er &#x017F;eine Vor&#x017F;tellung reali&#x017F;iren ko&#x0364;nne. Vielmehr muß er, er&#x017F;t nachdem<lb/>
er das Gut aus andern Gru&#x0364;nden gewa&#x0364;hlet hat, die Wirth&#x017F;chaftsart, welche er dar-<lb/>
&#x017F;tellen will, be&#x017F;timmen. Zufa&#x0364;llig kann &#x017F;ich&#x2019;s freilich treffen, daß man ein Gut findet,<lb/>
was einer zuvorgefaßten Idee be&#x017F;onders angeme&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, allein in der Regel wird die<lb/>
Wahl dadurch er&#x017F;chwert, be&#x017F;chra&#x0364;nkt, und man wird von den Ru&#x0364;ck&#x017F;ichten abgeleitet,<lb/>
die man beim Kaufe zu nehmen hat, um einen mo&#x0364;glich&#x017F;t vortheilhaften zu machen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 63.</head><lb/>
              <p>Vor allem aber hat man dahin zu &#x017F;ehen, daß das anzunehmende Landgut mit<lb/>
dem Vermo&#x0364;gen, welches man be&#x017F;itzt, in gerechtem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tehe. Es ko&#x0364;mmt<lb/>
aber hierbei nicht allein auf den Kaufpreis an, &#x017F;ondern auch auf den Ueber&#x017F;chlag der<lb/>
Ko&#x017F;ten, die erforderlich &#x017F;ind, um die Wirth&#x017F;chaft &#x017F;o zu organi&#x017F;iren und &#x017F;o fortzufu&#x0364;h-<lb/>
ren, daß daraus nach be&#x017F;timmter Zeit der mo&#x0364;glich ho&#x0364;ch&#x017F;te Gewinn hervorgehe.</p><lb/>
              <p>Wenn wir hier u&#x0364;berhaupt vom Gutsankaufe reden, &#x017F;o ge&#x017F;chieht dies bloß in<lb/>
Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf den eigentlichen Landwirth, der das zu erkaufende Landgut als ein zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. E</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0063] Auswahl eines Landguts. rigkeiten, die dem Betriebe hoͤherer Wirthſchaften entgegen ſtehen, taxire dieſe eben- falls nach Prozenten, und ſummire ſie, ſo wird ſich durch Abziehung der einen Summe von der andern ergeben, um wieviel der nach ſeinem Flaͤcheninhalt und Be- ſchaffenheit des Bodens angenommene Werth durch ſolche Nebenumſtaͤnde erhoͤhet oder vermindert werde. Daß dies nicht mechaniſch, ſondern mit großer Ueberlegung und vorauszuſetzen- den Kenntniſſen des ganzen Gewerbes geſchehen muͤſſe, verſteht ſich von ſelbſt. §. 62. Es iſt dem angehenden Landwirthe allerdings nicht zu verdenken, wenn er beim Ankauf eines Landguts auf ſolche Eigenſchaften Ruͤckſicht nimmt, die ſeinen perſoͤnli- chen Verhaͤltniſſen, ſeiner Neigung zu einer beſondern Wirthſchaftsart und ſeiner Vorſtellung eines beſondern Ideals entſprechen. Beſondere perſoͤnliche individuelle Verhaͤltniſſe koͤnnen es ihm hoͤchſt wichtig machen, ein Gut beſtimmter Art und in einer beſtimmten Lage anzukaufen. Wer aber einzig und allein auf ſein zu betreiben- des Gewerbe, wie wir hier vorausſetzen muͤſſen, Ruͤckſicht nehmen will, muß ſich kein Ideal von einem Landgute und von einer beſondern darauf zu betreibenden Wirthſchaftsart machen, und nur bloß darnach trachten, ein Material aufzufinden, durch welches er ſeine Vorſtellung realiſiren koͤnne. Vielmehr muß er, erſt nachdem er das Gut aus andern Gruͤnden gewaͤhlet hat, die Wirthſchaftsart, welche er dar- ſtellen will, beſtimmen. Zufaͤllig kann ſich’s freilich treffen, daß man ein Gut findet, was einer zuvorgefaßten Idee beſonders angemeſſen iſt, allein in der Regel wird die Wahl dadurch erſchwert, beſchraͤnkt, und man wird von den Ruͤckſichten abgeleitet, die man beim Kaufe zu nehmen hat, um einen moͤglichſt vortheilhaften zu machen. §. 63. Vor allem aber hat man dahin zu ſehen, daß das anzunehmende Landgut mit dem Vermoͤgen, welches man beſitzt, in gerechtem Verhaͤltniſſe ſtehe. Es koͤmmt aber hierbei nicht allein auf den Kaufpreis an, ſondern auch auf den Ueberſchlag der Koſten, die erforderlich ſind, um die Wirthſchaft ſo zu organiſiren und ſo fortzufuͤh- ren, daß daraus nach beſtimmter Zeit der moͤglich hoͤchſte Gewinn hervorgehe. Wenn wir hier uͤberhaupt vom Gutsankaufe reden, ſo geſchieht dies bloß in Ruͤckſicht auf den eigentlichen Landwirth, der das zu erkaufende Landgut als ein zu Erſter Theil. E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/63
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/63>, abgerufen am 03.12.2024.