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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Stallfutterungssystem.
§. 383.

4) Bei einem kleinen Viehstapel können die Mehrkosten gegen die Weide ganz
unbedeutend seyn. Aber der größere Arbeitsaufwand steigt mit der Kopfzahl des Vie-
hes in größerem Verhältnisse gegen den bei der Weide. Es ist zumahl bei der Kop-
pelwirthschaft fast gleich, ob ein Hirte 20 oder 200 Stück zu hüten habe. Bei der
Stallfutterung hingegen nimmt die Zahl der anzustellenden Menschen mit der Zahl
des Viehes in gleichem Verhältnisse zu, und auf jede 50 Stück wird ein Mann mehr
erfordert. Wenn also bei der Stallfutterung in kleinen Wirthschaften Vortheil ist, so
vermindert sich derselbe immer mehr, je größer sie werden.

Antwort: Dieser Einwurf sagt eigentlich nichts weiter, als daß die Stall-
futterung bei mäßigen Wirthschaften und Vorwerken noch vortheilhafter als bei gro-
ßen sey, ohne doch den Vortheil überhaupt absprechen zu können. Er ist übrigens
bei dem ersten und zweiten Einwurfe beantwortet.

§. 384.

5) Auch wird bei großen Feldfluren der Aufwand des Futteranfahrens immer
größer, weil die Entfernung des Futterfeldes weiter ist. Diese weitere Entfernung
ist hingegen bei der Weide von geringer Bedeutung.

Antwort: Sehr entfernte Futterkoppeln würden allerdings die Sache schwie-
riger machen. Allein es läßt sich bei einer auf Stallfutterung angelegten Feldeinthei-
lung wohl immer die Einrichtung treffen, daß man einen Theil des Klee- oder Wik-
kenschlages, der zur grünen Futterung bestimmt ist, in der Nähe des Hofes habe.
Sonst hat man dieser Beschwerde auch durch die Anlegung eines Hürdenhofes auf
einer entfernten Futterkoppel wohl abgeholfen.

§. 385.

6) Auf großen Gütern ist der Boden mehrentheils von verschiedener Beschaffen-
heit, und wenn bei einem allgemeinen Umlaufe der Klee und andere Futtergewächse
auf einem ihnen nicht angemessenen Platz kommen, so sind sie dem Mißrathen unter-
worfen, oder geben doch nicht gleich starken Ertrag. Es läßt sich folglich keine regu-
läre Schlagordnung dabei befolgen; oder man darf auf hinreichende Ausfutterung
eines gleich starken Viehstapels nicht Rechnung machen, und wird in gewissen Jah-

Stallfutterungsſyſtem.
§. 383.

4) Bei einem kleinen Viehſtapel koͤnnen die Mehrkoſten gegen die Weide ganz
unbedeutend ſeyn. Aber der groͤßere Arbeitsaufwand ſteigt mit der Kopfzahl des Vie-
hes in groͤßerem Verhaͤltniſſe gegen den bei der Weide. Es iſt zumahl bei der Kop-
pelwirthſchaft faſt gleich, ob ein Hirte 20 oder 200 Stuͤck zu huͤten habe. Bei der
Stallfutterung hingegen nimmt die Zahl der anzuſtellenden Menſchen mit der Zahl
des Viehes in gleichem Verhaͤltniſſe zu, und auf jede 50 Stuͤck wird ein Mann mehr
erfordert. Wenn alſo bei der Stallfutterung in kleinen Wirthſchaften Vortheil iſt, ſo
vermindert ſich derſelbe immer mehr, je groͤßer ſie werden.

Antwort: Dieſer Einwurf ſagt eigentlich nichts weiter, als daß die Stall-
futterung bei maͤßigen Wirthſchaften und Vorwerken noch vortheilhafter als bei gro-
ßen ſey, ohne doch den Vortheil uͤberhaupt abſprechen zu koͤnnen. Er iſt uͤbrigens
bei dem erſten und zweiten Einwurfe beantwortet.

§. 384.

5) Auch wird bei großen Feldfluren der Aufwand des Futteranfahrens immer
groͤßer, weil die Entfernung des Futterfeldes weiter iſt. Dieſe weitere Entfernung
iſt hingegen bei der Weide von geringer Bedeutung.

Antwort: Sehr entfernte Futterkoppeln wuͤrden allerdings die Sache ſchwie-
riger machen. Allein es laͤßt ſich bei einer auf Stallfutterung angelegten Feldeinthei-
lung wohl immer die Einrichtung treffen, daß man einen Theil des Klee- oder Wik-
kenſchlages, der zur gruͤnen Futterung beſtimmt iſt, in der Naͤhe des Hofes habe.
Sonſt hat man dieſer Beſchwerde auch durch die Anlegung eines Huͤrdenhofes auf
einer entfernten Futterkoppel wohl abgeholfen.

§. 385.

6) Auf großen Guͤtern iſt der Boden mehrentheils von verſchiedener Beſchaffen-
heit, und wenn bei einem allgemeinen Umlaufe der Klee und andere Futtergewaͤchſe
auf einem ihnen nicht angemeſſenen Platz kommen, ſo ſind ſie dem Mißrathen unter-
worfen, oder geben doch nicht gleich ſtarken Ertrag. Es laͤßt ſich folglich keine regu-
laͤre Schlagordnung dabei befolgen; oder man darf auf hinreichende Ausfutterung
eines gleich ſtarken Viehſtapels nicht Rechnung machen, und wird in gewiſſen Jah-

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[370/0416] Stallfutterungsſyſtem. §. 383. 4) Bei einem kleinen Viehſtapel koͤnnen die Mehrkoſten gegen die Weide ganz unbedeutend ſeyn. Aber der groͤßere Arbeitsaufwand ſteigt mit der Kopfzahl des Vie- hes in groͤßerem Verhaͤltniſſe gegen den bei der Weide. Es iſt zumahl bei der Kop- pelwirthſchaft faſt gleich, ob ein Hirte 20 oder 200 Stuͤck zu huͤten habe. Bei der Stallfutterung hingegen nimmt die Zahl der anzuſtellenden Menſchen mit der Zahl des Viehes in gleichem Verhaͤltniſſe zu, und auf jede 50 Stuͤck wird ein Mann mehr erfordert. Wenn alſo bei der Stallfutterung in kleinen Wirthſchaften Vortheil iſt, ſo vermindert ſich derſelbe immer mehr, je groͤßer ſie werden. Antwort: Dieſer Einwurf ſagt eigentlich nichts weiter, als daß die Stall- futterung bei maͤßigen Wirthſchaften und Vorwerken noch vortheilhafter als bei gro- ßen ſey, ohne doch den Vortheil uͤberhaupt abſprechen zu koͤnnen. Er iſt uͤbrigens bei dem erſten und zweiten Einwurfe beantwortet. §. 384. 5) Auch wird bei großen Feldfluren der Aufwand des Futteranfahrens immer groͤßer, weil die Entfernung des Futterfeldes weiter iſt. Dieſe weitere Entfernung iſt hingegen bei der Weide von geringer Bedeutung. Antwort: Sehr entfernte Futterkoppeln wuͤrden allerdings die Sache ſchwie- riger machen. Allein es laͤßt ſich bei einer auf Stallfutterung angelegten Feldeinthei- lung wohl immer die Einrichtung treffen, daß man einen Theil des Klee- oder Wik- kenſchlages, der zur gruͤnen Futterung beſtimmt iſt, in der Naͤhe des Hofes habe. Sonſt hat man dieſer Beſchwerde auch durch die Anlegung eines Huͤrdenhofes auf einer entfernten Futterkoppel wohl abgeholfen. §. 385. 6) Auf großen Guͤtern iſt der Boden mehrentheils von verſchiedener Beſchaffen- heit, und wenn bei einem allgemeinen Umlaufe der Klee und andere Futtergewaͤchſe auf einem ihnen nicht angemeſſenen Platz kommen, ſo ſind ſie dem Mißrathen unter- worfen, oder geben doch nicht gleich ſtarken Ertrag. Es laͤßt ſich folglich keine regu- laͤre Schlagordnung dabei befolgen; oder man darf auf hinreichende Ausfutterung eines gleich ſtarken Viehſtapels nicht Rechnung machen, und wird in gewiſſen Jah-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/416>, abgerufen am 27.11.2024.