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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
man mich mit dem Namen eines Vaters dieses sogenannten Systems in Deutschland
beehrt hat, so darf ich hier die kleinen Umstände erzählen, die mich darauf führten.
Ich war ein lebhafter Anhänger des Kleebaues und der Stallfutterung nach dem
Schubartschen Systeme, und wollte jenen im dritten oder Brachjahre durchsetzen.
Allein er mißrieth und der Acker verqueckte, die einfährig darin bestellte Winterung
versagte völlig, ungeachtet die Kleestoppel noch einmal dazu gedüngt wurde, oder
der Klee im Winter eine Düngung erhielt. Ich gewann mit Hülfe eines mittelmä-
ßigen Luzerne- und Hafergrasfeldes die grüne Futterung zureichend für den Sommer,
aber kein Heu für den Winter, welches ich mir doch von meinem Kleefelde berechnet
hatte. Nur die in einem zerstörten Luzernefelde gebauten Kartoffeln und Rüben
hatten mich bei einem geringen Wiesenheugewinnste einen Winter glücklich durchge-
holfen. Voll Dankbarkeit für selbige brach ich einen Theil meines mit Klee besam-
ten, aber schlecht bestandenen Ackers zu Kartoffeln um. Die reichliche Ernte dersel-
ben verspätete sich, nnd ich konnte bei ohnehin nasser Witterung keinen Rocken
hineinsäen, wie ich sonst würde gethan haben; nahm deshalb Gerste. Weil ich in-
dessen durchaus Kleevorrath haben wollte, so säete ich ihn wieder sehr dick unter diese
Gerste. Die Gerste gerieth außerordentlich, und erregte Bewunderung auf einem
Felde, welches nur selten mittelmäßige Gerste trug. Im folgenden Jahre hatte ich
hier zum erstenmale guten Klee, wogegen ein anderes Feld, worauf der Klee in die
zweite Getreidetracht gesäet, ungeachtet es im Winter überdüngt war, nur Sauer-
ampfer brachte. Letzteres ward nach einem traurigen Schnitte dreimal zu Rocken
gepflügt; ersteres nach zwei Schnitten nur einmal, und der Rocken auf diesen ward
entschieden besser als auf jenem. Diese Erfahrung bestimmte meine künftige Frucht-
folge. Ich war indessen weit entfernt, irgend einen höhern Werth, als den der
besondern Nützlichkeit für meine Verhältnisse darauf zu setzen. Ich schämte mich
vielmehr, von einem Befolger der Pfeiferschen, Mayerschen, Gugemusischen und
Schubartschen Lehren, ein Kartoffelbauer und ein Nachahmer der kleinen Gärtner
geworden zu seyn, die in meiner Nachbarschaft ihren Morgen Landes ungefähr auf
dieselbe Weise benutzten. Ich befrug sie indessen über ihre Erfahrungen, und fand,
daß sie mit den meinigen stimmten. Nur verfiel ich darauf, mich bei meinem grö-
ßern Kartoffelbau eines Mecklenburgischen Hakens zum Anhäufen zu bedienen, aus
welchem ich nachher dasjenige Instrument formte, dessen man sich jetzt in Deutsch-
land
am häufigsten zum Kartoffelbau bedient.

§. 367.

Warum dieser
Fruchtwechsel
Erst später fielen mir neue englische Schriftsteller in die Hand, welche gerade
diese oder eine ähnliche Fruchtfolge als die Basis jeder höhern Ackerkultur betrach-

Der Fruchtwechſel.
man mich mit dem Namen eines Vaters dieſes ſogenannten Syſtems in Deutſchland
beehrt hat, ſo darf ich hier die kleinen Umſtaͤnde erzaͤhlen, die mich darauf fuͤhrten.
Ich war ein lebhafter Anhaͤnger des Kleebaues und der Stallfutterung nach dem
Schubartſchen Syſteme, und wollte jenen im dritten oder Brachjahre durchſetzen.
Allein er mißrieth und der Acker verqueckte, die einfaͤhrig darin beſtellte Winterung
verſagte voͤllig, ungeachtet die Kleeſtoppel noch einmal dazu geduͤngt wurde, oder
der Klee im Winter eine Duͤngung erhielt. Ich gewann mit Huͤlfe eines mittelmaͤ-
ßigen Luzerne- und Hafergrasfeldes die gruͤne Futterung zureichend fuͤr den Sommer,
aber kein Heu fuͤr den Winter, welches ich mir doch von meinem Kleefelde berechnet
hatte. Nur die in einem zerſtoͤrten Luzernefelde gebauten Kartoffeln und Ruͤben
hatten mich bei einem geringen Wieſenheugewinnſte einen Winter gluͤcklich durchge-
holfen. Voll Dankbarkeit fuͤr ſelbige brach ich einen Theil meines mit Klee beſam-
ten, aber ſchlecht beſtandenen Ackers zu Kartoffeln um. Die reichliche Ernte derſel-
ben verſpaͤtete ſich, nnd ich konnte bei ohnehin naſſer Witterung keinen Rocken
hineinſaͤen, wie ich ſonſt wuͤrde gethan haben; nahm deshalb Gerſte. Weil ich in-
deſſen durchaus Kleevorrath haben wollte, ſo ſaͤete ich ihn wieder ſehr dick unter dieſe
Gerſte. Die Gerſte gerieth außerordentlich, und erregte Bewunderung auf einem
Felde, welches nur ſelten mittelmaͤßige Gerſte trug. Im folgenden Jahre hatte ich
hier zum erſtenmale guten Klee, wogegen ein anderes Feld, worauf der Klee in die
zweite Getreidetracht geſaͤet, ungeachtet es im Winter uͤberduͤngt war, nur Sauer-
ampfer brachte. Letzteres ward nach einem traurigen Schnitte dreimal zu Rocken
gepfluͤgt; erſteres nach zwei Schnitten nur einmal, und der Rocken auf dieſen ward
entſchieden beſſer als auf jenem. Dieſe Erfahrung beſtimmte meine kuͤnftige Frucht-
folge. Ich war indeſſen weit entfernt, irgend einen hoͤhern Werth, als den der
beſondern Nuͤtzlichkeit fuͤr meine Verhaͤltniſſe darauf zu ſetzen. Ich ſchaͤmte mich
vielmehr, von einem Befolger der Pfeiferſchen, Mayerſchen, Gugemuſiſchen und
Schubartſchen Lehren, ein Kartoffelbauer und ein Nachahmer der kleinen Gaͤrtner
geworden zu ſeyn, die in meiner Nachbarſchaft ihren Morgen Landes ungefaͤhr auf
dieſelbe Weiſe benutzten. Ich befrug ſie indeſſen uͤber ihre Erfahrungen, und fand,
daß ſie mit den meinigen ſtimmten. Nur verfiel ich darauf, mich bei meinem groͤ-
ßern Kartoffelbau eines Mecklenburgiſchen Hakens zum Anhaͤufen zu bedienen, aus
welchem ich nachher dasjenige Inſtrument formte, deſſen man ſich jetzt in Deutſch-
land
am haͤufigſten zum Kartoffelbau bedient.

§. 367.

Warum dieſer
Fruchtwechſel
Erſt ſpaͤter fielen mir neue engliſche Schriftſteller in die Hand, welche gerade
dieſe oder eine aͤhnliche Fruchtfolge als die Baſis jeder hoͤhern Ackerkultur betrach-

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[350/0396] Der Fruchtwechſel. man mich mit dem Namen eines Vaters dieſes ſogenannten Syſtems in Deutſchland beehrt hat, ſo darf ich hier die kleinen Umſtaͤnde erzaͤhlen, die mich darauf fuͤhrten. Ich war ein lebhafter Anhaͤnger des Kleebaues und der Stallfutterung nach dem Schubartſchen Syſteme, und wollte jenen im dritten oder Brachjahre durchſetzen. Allein er mißrieth und der Acker verqueckte, die einfaͤhrig darin beſtellte Winterung verſagte voͤllig, ungeachtet die Kleeſtoppel noch einmal dazu geduͤngt wurde, oder der Klee im Winter eine Duͤngung erhielt. Ich gewann mit Huͤlfe eines mittelmaͤ- ßigen Luzerne- und Hafergrasfeldes die gruͤne Futterung zureichend fuͤr den Sommer, aber kein Heu fuͤr den Winter, welches ich mir doch von meinem Kleefelde berechnet hatte. Nur die in einem zerſtoͤrten Luzernefelde gebauten Kartoffeln und Ruͤben hatten mich bei einem geringen Wieſenheugewinnſte einen Winter gluͤcklich durchge- holfen. Voll Dankbarkeit fuͤr ſelbige brach ich einen Theil meines mit Klee beſam- ten, aber ſchlecht beſtandenen Ackers zu Kartoffeln um. Die reichliche Ernte derſel- ben verſpaͤtete ſich, nnd ich konnte bei ohnehin naſſer Witterung keinen Rocken hineinſaͤen, wie ich ſonſt wuͤrde gethan haben; nahm deshalb Gerſte. Weil ich in- deſſen durchaus Kleevorrath haben wollte, ſo ſaͤete ich ihn wieder ſehr dick unter dieſe Gerſte. Die Gerſte gerieth außerordentlich, und erregte Bewunderung auf einem Felde, welches nur ſelten mittelmaͤßige Gerſte trug. Im folgenden Jahre hatte ich hier zum erſtenmale guten Klee, wogegen ein anderes Feld, worauf der Klee in die zweite Getreidetracht geſaͤet, ungeachtet es im Winter uͤberduͤngt war, nur Sauer- ampfer brachte. Letzteres ward nach einem traurigen Schnitte dreimal zu Rocken gepfluͤgt; erſteres nach zwei Schnitten nur einmal, und der Rocken auf dieſen ward entſchieden beſſer als auf jenem. Dieſe Erfahrung beſtimmte meine kuͤnftige Frucht- folge. Ich war indeſſen weit entfernt, irgend einen hoͤhern Werth, als den der beſondern Nuͤtzlichkeit fuͤr meine Verhaͤltniſſe darauf zu ſetzen. Ich ſchaͤmte mich vielmehr, von einem Befolger der Pfeiferſchen, Mayerſchen, Gugemuſiſchen und Schubartſchen Lehren, ein Kartoffelbauer und ein Nachahmer der kleinen Gaͤrtner geworden zu ſeyn, die in meiner Nachbarſchaft ihren Morgen Landes ungefaͤhr auf dieſelbe Weiſe benutzten. Ich befrug ſie indeſſen uͤber ihre Erfahrungen, und fand, daß ſie mit den meinigen ſtimmten. Nur verfiel ich darauf, mich bei meinem groͤ- ßern Kartoffelbau eines Mecklenburgiſchen Hakens zum Anhaͤufen zu bedienen, aus welchem ich nachher dasjenige Inſtrument formte, deſſen man ſich jetzt in Deutſch- land am haͤufigſten zum Kartoffelbau bedient. §. 367. Erſt ſpaͤter fielen mir neue engliſche Schriftſteller in die Hand, welche gerade dieſe oder eine aͤhnliche Fruchtfolge als die Baſis jeder hoͤhern Ackerkultur betrach- Warum dieſer Fruchtwechſel

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/396>, abgerufen am 24.11.2024.