Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Feldersystem.
Beweis für die Güte des Systems durch sein Alterthum und seine allgemeine
Verbreitung unhaltbar zu machen..

§. 314.

Ad 2. Mit der stärkern Einsaat, welche dieses System, in Ansehung desUebergewicht
seines Korn-
baues.

eigentlichen Getreides, auf gleicher Fläche des pflugbaren Ackers erlaubt, hat es
seine Richtigkeit, und das Dreifeldersystem steht darin nur dem vier und fünf-
feldrigen nach. Wenn man aber die Fläche des Graslandes an Wiesen und
Weiden, deren es zur Erhaltung seines in Hinsicht des Düngers unentbehrlichen
Viehes bedarf, hinzunimmt, und also sein ganzes Areal berechnet, sich dieses, sey
es auch nur in Ansehung der Weiden, pflugbar denkt, so kommt es schon mit der
möglichen Einsaat anders zu stehen. Nur unter der Voraussetzung, daß dieses
Grasland zureichend und nicht zur abwechselnden Kultur brauchbar ist, kann also
jene Behauptung zugegeben werden, und unter dieser Bedingung giebt es aller-
dings Fälle, wo man für die besondere Lokalität dem Systeme den Vorzug einräu-
men muß.

Allein Aussaat und Ertrag ist etwas sehr verschiedenes, und nur aus
dem letzteren geht, nach Abzug der Einsaat und der sämmtlichen Kosten, der reine
Gewinn für den Landwirth und die Nation hervor. Und hierin werden in
den bei weitem meisten Fällen andere Systeme ihren Vorzug beweisen. Neh-
men wir aber gar auch andere zur Nahrung und zu den Bedürfnissen der
Menschen nutzbare vegetabilische Produkte hinzu, die andere Systeme ohne Nach-
theil des Getreidebaues weit mehr hervorbringen können, so zeigt sich ihr Vorzug
noch auffallender.

Die höhere Viehnutzung anderer Wirthschaftsarten gesteht man zu, legt
aber auf solche einen geringen Werth, und hält sie weder für den Landwirth,
noch für die Nation von großer Wichtigkeit. So lange in unkultivirten Gegen-
den ein großer Ueberfluß des wilden Weidelandes vorhanden und der Viehzucht
ausschließlich gewidmet war, stand der Viehpreis in niedrigem Verhältnisse gegen
den des Getreides. Der Preis des Viehes steigt, so wie die Kultur zunimmt
und man das Land vortheilhafter durch den Pflug benutzen lernt, theils weil we-
niger zur Weide liegen bleibt, theils weil größere Wohlhabenheit sich durch alle
Klassen verbreitet, und jede in den Stand kommt, die kraftvollere obgleich theurere

Das Felderſyſtem.
Beweis fuͤr die Guͤte des Syſtems durch ſein Alterthum und ſeine allgemeine
Verbreitung unhaltbar zu machen..

§. 314.

Ad 2. Mit der ſtaͤrkern Einſaat, welche dieſes Syſtem, in Anſehung desUebergewicht
ſeines Korn-
baues.

eigentlichen Getreides, auf gleicher Flaͤche des pflugbaren Ackers erlaubt, hat es
ſeine Richtigkeit, und das Dreifelderſyſtem ſteht darin nur dem vier und fuͤnf-
feldrigen nach. Wenn man aber die Flaͤche des Graslandes an Wieſen und
Weiden, deren es zur Erhaltung ſeines in Hinſicht des Duͤngers unentbehrlichen
Viehes bedarf, hinzunimmt, und alſo ſein ganzes Areal berechnet, ſich dieſes, ſey
es auch nur in Anſehung der Weiden, pflugbar denkt, ſo kommt es ſchon mit der
moͤglichen Einſaat anders zu ſtehen. Nur unter der Vorausſetzung, daß dieſes
Grasland zureichend und nicht zur abwechſelnden Kultur brauchbar iſt, kann alſo
jene Behauptung zugegeben werden, und unter dieſer Bedingung giebt es aller-
dings Faͤlle, wo man fuͤr die beſondere Lokalitaͤt dem Syſteme den Vorzug einraͤu-
men muß.

Allein Ausſaat und Ertrag iſt etwas ſehr verſchiedenes, und nur aus
dem letzteren geht, nach Abzug der Einſaat und der ſaͤmmtlichen Koſten, der reine
Gewinn fuͤr den Landwirth und die Nation hervor. Und hierin werden in
den bei weitem meiſten Faͤllen andere Syſteme ihren Vorzug beweiſen. Neh-
men wir aber gar auch andere zur Nahrung und zu den Beduͤrfniſſen der
Menſchen nutzbare vegetabiliſche Produkte hinzu, die andere Syſteme ohne Nach-
theil des Getreidebaues weit mehr hervorbringen koͤnnen, ſo zeigt ſich ihr Vorzug
noch auffallender.

Die hoͤhere Viehnutzung anderer Wirthſchaftsarten geſteht man zu, legt
aber auf ſolche einen geringen Werth, und haͤlt ſie weder fuͤr den Landwirth,
noch fuͤr die Nation von großer Wichtigkeit. So lange in unkultivirten Gegen-
den ein großer Ueberfluß des wilden Weidelandes vorhanden und der Viehzucht
ausſchließlich gewidmet war, ſtand der Viehpreis in niedrigem Verhaͤltniſſe gegen
den des Getreides. Der Preis des Viehes ſteigt, ſo wie die Kultur zunimmt
und man das Land vortheilhafter durch den Pflug benutzen lernt, theils weil we-
niger zur Weide liegen bleibt, theils weil groͤßere Wohlhabenheit ſich durch alle
Klaſſen verbreitet, und jede in den Stand kommt, die kraftvollere obgleich theurere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0349" n="303"/><fw place="top" type="header">Das Felder&#x017F;y&#x017F;tem.</fw><lb/>
Beweis fu&#x0364;r die Gu&#x0364;te des Sy&#x017F;tems durch &#x017F;ein Alterthum und &#x017F;eine allgemeine<lb/>
Verbreitung unhaltbar zu machen..</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 314.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Ad</hi> 2. Mit der &#x017F;ta&#x0364;rkern Ein&#x017F;aat, welche die&#x017F;es Sy&#x017F;tem, in An&#x017F;ehung des<note place="right">Uebergewicht<lb/>
&#x017F;eines Korn-<lb/>
baues.</note><lb/>
eigentlichen Getreides, auf gleicher Fla&#x0364;che des pflugbaren Ackers erlaubt, hat es<lb/>
&#x017F;eine Richtigkeit, und das Dreifelder&#x017F;y&#x017F;tem &#x017F;teht darin nur dem vier und fu&#x0364;nf-<lb/>
feldrigen nach. Wenn man aber die Fla&#x0364;che des Graslandes an Wie&#x017F;en und<lb/>
Weiden, deren es zur Erhaltung &#x017F;eines in Hin&#x017F;icht des Du&#x0364;ngers unentbehrlichen<lb/>
Viehes bedarf, hinzunimmt, und al&#x017F;o &#x017F;ein ganzes Areal berechnet, &#x017F;ich die&#x017F;es, &#x017F;ey<lb/>
es auch nur in An&#x017F;ehung der Weiden, pflugbar denkt, &#x017F;o kommt es &#x017F;chon mit der<lb/>
mo&#x0364;glichen Ein&#x017F;aat anders zu &#x017F;tehen. Nur unter der Voraus&#x017F;etzung, daß die&#x017F;es<lb/>
Grasland zureichend und nicht zur abwech&#x017F;elnden Kultur brauchbar i&#x017F;t, kann al&#x017F;o<lb/>
jene Behauptung zugegeben werden, und unter die&#x017F;er Bedingung giebt es aller-<lb/>
dings Fa&#x0364;lle, wo man fu&#x0364;r die be&#x017F;ondere Lokalita&#x0364;t dem Sy&#x017F;teme den Vorzug einra&#x0364;u-<lb/>
men muß.</p><lb/>
            <p>Allein <hi rendition="#g">Aus&#x017F;aat</hi> und <hi rendition="#g">Ertrag</hi> i&#x017F;t etwas &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedenes, und nur aus<lb/>
dem letzteren geht, nach Abzug der Ein&#x017F;aat und der &#x017F;a&#x0364;mmtlichen Ko&#x017F;ten, der reine<lb/>
Gewinn fu&#x0364;r den Landwirth und die Nation hervor. Und hierin werden in<lb/>
den bei weitem mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen andere Sy&#x017F;teme ihren Vorzug bewei&#x017F;en. Neh-<lb/>
men wir aber gar auch andere zur Nahrung und zu den Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en der<lb/>
Men&#x017F;chen nutzbare vegetabili&#x017F;che Produkte hinzu, die andere Sy&#x017F;teme ohne Nach-<lb/>
theil des Getreidebaues weit mehr hervorbringen ko&#x0364;nnen, &#x017F;o zeigt &#x017F;ich ihr Vorzug<lb/>
noch auffallender.</p><lb/>
            <p>Die ho&#x0364;here Viehnutzung anderer Wirth&#x017F;chaftsarten ge&#x017F;teht man zu, legt<lb/>
aber auf &#x017F;olche einen geringen Werth, und ha&#x0364;lt &#x017F;ie weder fu&#x0364;r den Landwirth,<lb/>
noch fu&#x0364;r die Nation von großer Wichtigkeit. So lange in unkultivirten Gegen-<lb/>
den ein großer Ueberfluß des wilden Weidelandes vorhanden und der Viehzucht<lb/>
aus&#x017F;chließlich gewidmet war, &#x017F;tand der Viehpreis in niedrigem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e gegen<lb/>
den des Getreides. Der Preis des Viehes &#x017F;teigt, &#x017F;o wie die Kultur zunimmt<lb/>
und man das Land vortheilhafter durch den Pflug benutzen lernt, theils weil we-<lb/>
niger zur Weide liegen bleibt, theils weil gro&#x0364;ßere Wohlhabenheit &#x017F;ich durch alle<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;en verbreitet, und jede in den Stand kommt, die kraftvollere obgleich theurere<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0349] Das Felderſyſtem. Beweis fuͤr die Guͤte des Syſtems durch ſein Alterthum und ſeine allgemeine Verbreitung unhaltbar zu machen.. §. 314. Ad 2. Mit der ſtaͤrkern Einſaat, welche dieſes Syſtem, in Anſehung des eigentlichen Getreides, auf gleicher Flaͤche des pflugbaren Ackers erlaubt, hat es ſeine Richtigkeit, und das Dreifelderſyſtem ſteht darin nur dem vier und fuͤnf- feldrigen nach. Wenn man aber die Flaͤche des Graslandes an Wieſen und Weiden, deren es zur Erhaltung ſeines in Hinſicht des Duͤngers unentbehrlichen Viehes bedarf, hinzunimmt, und alſo ſein ganzes Areal berechnet, ſich dieſes, ſey es auch nur in Anſehung der Weiden, pflugbar denkt, ſo kommt es ſchon mit der moͤglichen Einſaat anders zu ſtehen. Nur unter der Vorausſetzung, daß dieſes Grasland zureichend und nicht zur abwechſelnden Kultur brauchbar iſt, kann alſo jene Behauptung zugegeben werden, und unter dieſer Bedingung giebt es aller- dings Faͤlle, wo man fuͤr die beſondere Lokalitaͤt dem Syſteme den Vorzug einraͤu- men muß. Uebergewicht ſeines Korn- baues. Allein Ausſaat und Ertrag iſt etwas ſehr verſchiedenes, und nur aus dem letzteren geht, nach Abzug der Einſaat und der ſaͤmmtlichen Koſten, der reine Gewinn fuͤr den Landwirth und die Nation hervor. Und hierin werden in den bei weitem meiſten Faͤllen andere Syſteme ihren Vorzug beweiſen. Neh- men wir aber gar auch andere zur Nahrung und zu den Beduͤrfniſſen der Menſchen nutzbare vegetabiliſche Produkte hinzu, die andere Syſteme ohne Nach- theil des Getreidebaues weit mehr hervorbringen koͤnnen, ſo zeigt ſich ihr Vorzug noch auffallender. Die hoͤhere Viehnutzung anderer Wirthſchaftsarten geſteht man zu, legt aber auf ſolche einen geringen Werth, und haͤlt ſie weder fuͤr den Landwirth, noch fuͤr die Nation von großer Wichtigkeit. So lange in unkultivirten Gegen- den ein großer Ueberfluß des wilden Weidelandes vorhanden und der Viehzucht ausſchließlich gewidmet war, ſtand der Viehpreis in niedrigem Verhaͤltniſſe gegen den des Getreides. Der Preis des Viehes ſteigt, ſo wie die Kultur zunimmt und man das Land vortheilhafter durch den Pflug benutzen lernt, theils weil we- niger zur Weide liegen bleibt, theils weil groͤßere Wohlhabenheit ſich durch alle Klaſſen verbreitet, und jede in den Stand kommt, die kraftvollere obgleich theurere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/349
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/349>, abgerufen am 22.12.2024.