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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Verhältniß der Düngung,
mit vielen Halmen in die Höhe schießt, nun aber zur Blüthezeit entweder gerade
seiner Geilheit wegen sich lagert, oder aber in der Periode seines Körneransatzes durch
ungünstige Witterung und daraus entstehende Krankheiten mancher Art an der Voll-
endung derselben verhindert wird, oder auch bei der Ernte einen großen Ausfall er-
leidet, so wird das Verhältniß des Korns gegen das Stroh beträchtlich geringer,
als gewöhnlich werden. Wenn dagegen ungünstige Witterung die jungen Pflanzen
im Bestauden hindert, oder einen großen Theil tödtet, Mäuse und Insekten die
Pflanzen zu sehr verdünnen, dann aber eine günstigere Witterung bei der Bildung
der Aehren eintritt, die Blüthe, den Körneransatz und Reifung befördert; so ist
das Verhältniß des Strohes zum Korne beträchtlich geringer, und man sagt: ich
habe schlecht eingeschnitten, dresche aber vortrefflich.

Es versteht sich nun, daß auf diese Ausnahme bei allgemeiner Berechnung der
Wirthschaftsverhältnisse keine Rücksicht genommen werden könne.

§. 279.

Dann aber kommt die Art des Bodens und der Bestellung in Betracht. Es
giebt nämlich solchen Boden, wo im Allgemeinen der Wuchs des Grases gerade sei-
ner Ueppigkeit wegen dem Ansatze der Körner ungünstig ist, wo alles Getreide sich
in der Regel lagert und nicht zur Vollkommenheit kommt, oder mit andern Gräsern
und Unkräutern so durchwachsen wird, daß die Aehren dadurch verdünnt werden,
und den Körnern die Nahrung entzogen wird. Hier ist das Verhältniß des Strohes
zum Korne in der Regel bei weitem größer, wie in andern Gegenden, wo das Ge-
treide minder üppig emporschießt, aber vollständigere Aehren bildet und rein von Un-
kraut ist. Das letztere wird durch die Kultur sehr modifizirt, und man findet da,
wo entweder gehörige Brachbearbeitung um's dritte Jahr dem Acker gegeben wird,
oder wo man andere Sorgfalt auf dessen Reinigung verwendet, bei wenigerem Stroh
einen höhern Körnerertrag, als an Orten, wo man die gehörige Bearbeitung und
Fruchtfolge vernachlässigt, aber auf besonders starke Düngung bauet.

Diese Verschiedenheit in Ansehung des Bodens und der Kultur muß man also
wohl vor Augen haben, wenn man nach der Meierschen Methode aus dem be-
kannten Körnerertrage den noch unbekannten Strohertrag ausmitteln will. In ein-
zeinen Wirthschaften ist es am sichersten, das Gewicht der gewöhnlichen Bunde,
deren Zahl doch ein jeder Landwirth weiß, durch Abwägung einiger Schocke auszu-

Verhaͤltniß der Duͤngung,
mit vielen Halmen in die Hoͤhe ſchießt, nun aber zur Bluͤthezeit entweder gerade
ſeiner Geilheit wegen ſich lagert, oder aber in der Periode ſeines Koͤrneranſatzes durch
unguͤnſtige Witterung und daraus entſtehende Krankheiten mancher Art an der Voll-
endung derſelben verhindert wird, oder auch bei der Ernte einen großen Ausfall er-
leidet, ſo wird das Verhaͤltniß des Korns gegen das Stroh betraͤchtlich geringer,
als gewoͤhnlich werden. Wenn dagegen unguͤnſtige Witterung die jungen Pflanzen
im Beſtauden hindert, oder einen großen Theil toͤdtet, Maͤuſe und Inſekten die
Pflanzen zu ſehr verduͤnnen, dann aber eine guͤnſtigere Witterung bei der Bildung
der Aehren eintritt, die Bluͤthe, den Koͤrneranſatz und Reifung befoͤrdert; ſo iſt
das Verhaͤltniß des Strohes zum Korne betraͤchtlich geringer, und man ſagt: ich
habe ſchlecht eingeſchnitten, dreſche aber vortrefflich.

Es verſteht ſich nun, daß auf dieſe Ausnahme bei allgemeiner Berechnung der
Wirthſchaftsverhaͤltniſſe keine Ruͤckſicht genommen werden koͤnne.

§. 279.

Dann aber kommt die Art des Bodens und der Beſtellung in Betracht. Es
giebt naͤmlich ſolchen Boden, wo im Allgemeinen der Wuchs des Graſes gerade ſei-
ner Ueppigkeit wegen dem Anſatze der Koͤrner unguͤnſtig iſt, wo alles Getreide ſich
in der Regel lagert und nicht zur Vollkommenheit kommt, oder mit andern Graͤſern
und Unkraͤutern ſo durchwachſen wird, daß die Aehren dadurch verduͤnnt werden,
und den Koͤrnern die Nahrung entzogen wird. Hier iſt das Verhaͤltniß des Strohes
zum Korne in der Regel bei weitem groͤßer, wie in andern Gegenden, wo das Ge-
treide minder uͤppig emporſchießt, aber vollſtaͤndigere Aehren bildet und rein von Un-
kraut iſt. Das letztere wird durch die Kultur ſehr modifizirt, und man findet da,
wo entweder gehoͤrige Brachbearbeitung um’s dritte Jahr dem Acker gegeben wird,
oder wo man andere Sorgfalt auf deſſen Reinigung verwendet, bei wenigerem Stroh
einen hoͤhern Koͤrnerertrag, als an Orten, wo man die gehoͤrige Bearbeitung und
Fruchtfolge vernachlaͤſſigt, aber auf beſonders ſtarke Duͤngung bauet.

Dieſe Verſchiedenheit in Anſehung des Bodens und der Kultur muß man alſo
wohl vor Augen haben, wenn man nach der Meierſchen Methode aus dem be-
kannten Koͤrnerertrage den noch unbekannten Strohertrag ausmitteln will. In ein-
zeinen Wirthſchaften iſt es am ſicherſten, das Gewicht der gewoͤhnlichen Bunde,
deren Zahl doch ein jeder Landwirth weiß, durch Abwaͤgung einiger Schocke auszu-

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[268/0312] Verhaͤltniß der Duͤngung, mit vielen Halmen in die Hoͤhe ſchießt, nun aber zur Bluͤthezeit entweder gerade ſeiner Geilheit wegen ſich lagert, oder aber in der Periode ſeines Koͤrneranſatzes durch unguͤnſtige Witterung und daraus entſtehende Krankheiten mancher Art an der Voll- endung derſelben verhindert wird, oder auch bei der Ernte einen großen Ausfall er- leidet, ſo wird das Verhaͤltniß des Korns gegen das Stroh betraͤchtlich geringer, als gewoͤhnlich werden. Wenn dagegen unguͤnſtige Witterung die jungen Pflanzen im Beſtauden hindert, oder einen großen Theil toͤdtet, Maͤuſe und Inſekten die Pflanzen zu ſehr verduͤnnen, dann aber eine guͤnſtigere Witterung bei der Bildung der Aehren eintritt, die Bluͤthe, den Koͤrneranſatz und Reifung befoͤrdert; ſo iſt das Verhaͤltniß des Strohes zum Korne betraͤchtlich geringer, und man ſagt: ich habe ſchlecht eingeſchnitten, dreſche aber vortrefflich. Es verſteht ſich nun, daß auf dieſe Ausnahme bei allgemeiner Berechnung der Wirthſchaftsverhaͤltniſſe keine Ruͤckſicht genommen werden koͤnne. §. 279. Dann aber kommt die Art des Bodens und der Beſtellung in Betracht. Es giebt naͤmlich ſolchen Boden, wo im Allgemeinen der Wuchs des Graſes gerade ſei- ner Ueppigkeit wegen dem Anſatze der Koͤrner unguͤnſtig iſt, wo alles Getreide ſich in der Regel lagert und nicht zur Vollkommenheit kommt, oder mit andern Graͤſern und Unkraͤutern ſo durchwachſen wird, daß die Aehren dadurch verduͤnnt werden, und den Koͤrnern die Nahrung entzogen wird. Hier iſt das Verhaͤltniß des Strohes zum Korne in der Regel bei weitem groͤßer, wie in andern Gegenden, wo das Ge- treide minder uͤppig emporſchießt, aber vollſtaͤndigere Aehren bildet und rein von Un- kraut iſt. Das letztere wird durch die Kultur ſehr modifizirt, und man findet da, wo entweder gehoͤrige Brachbearbeitung um’s dritte Jahr dem Acker gegeben wird, oder wo man andere Sorgfalt auf deſſen Reinigung verwendet, bei wenigerem Stroh einen hoͤhern Koͤrnerertrag, als an Orten, wo man die gehoͤrige Bearbeitung und Fruchtfolge vernachlaͤſſigt, aber auf beſonders ſtarke Duͤngung bauet. Dieſe Verſchiedenheit in Anſehung des Bodens und der Kultur muß man alſo wohl vor Augen haben, wenn man nach der Meierſchen Methode aus dem be- kannten Koͤrnerertrage den noch unbekannten Strohertrag ausmitteln will. In ein- zeinen Wirthſchaften iſt es am ſicherſten, das Gewicht der gewoͤhnlichen Bunde, deren Zahl doch ein jeder Landwirth weiß, durch Abwaͤgung einiger Schocke auszu-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/312>, abgerufen am 22.11.2024.