Auf diese Weise, welche noch aus den Zeiten herstammt, wo man keine an- dere Bildung als nach der Art der Handwerkszünfte in jedem Gewerbe kannte, wird nur selten ein guter Landwirth gebildet werden. Will man einen jungen Men- schen zur Landwirthschaft erziehen, so ist es allerdings gut, wenn er jede einzelne Handgriffe kennen und üben lernt. Man lasse ihn daher durchaus alle Arbeiten auf dem Hofe und Felde selbst üben, und von einem geschickten Knechte darin unter- weisen. Außerdem aber stehe er unter der unmittelbaren Aufsicht des gebildeten Wirthschaftsdirektors, sey und lebe nur mit ihm, und komme nicht in die Schrei- berstuben, so lange nämlich diese Leute noch ihre bisherigen Sitten beibehalten. Er werde dann zugleich in allen Direktionsgeschäften, sey es auch nur als Ab- schreiber, gebraucht, und allmählig zur Revision gewisser Arbeiten und Ausfüh- rungen, wenn er nämlich erst bestimmt weiß, worauf es dabei ankomme. Hier- nach kann es oft nützlich seyn, einen solchen jungen Menschen neben einem gesetz- ten, schon bejahrten Vorwerksverwalter anzustellen, um diesen etwa in der Jour- nal- und Registerführung zu erleichtern und die Ueberbringung der Rapports abzu- nehmen. Ein junger genialischer Mensch wird oft mit großem Nutzen bei einem steifen routinirten Menschen gestellt, wie man einem schlank aufschießenden Baume einen steifen Pfahl giebt, um ihn in einer geraden Richtung zu erhalten.
§. 210.
Unteraufseher.Dagegen sind in allen größeren und selbst mittleren, mit Energie geführten Wirthschaften die Arbeitsaufseher, welche man Meier, Ackervoigte oder Meisterknechte nennt, von Wichtigkeit. Sie werden, wie ich oben von den Unterverwaltern gesagt habe, erzogen, und nachher als solche angestellt. Sie müssen sich nicht besinnen, wo es nöthig ist, selbst mit Hand anzulegen und vor- zuarbeiten; aber eigene Anstrengung darf doch nicht das seyn, was man vorzüglich von ihnen fordert, sondern richtige Ausführung der Arbeit mit möglichster Erspa- rung der Kräfte und der Zeit, und Erhaltung der Ordnung unter den Arbeitern. Man findet der Bedienten dieser Art gewöhnlich zu wenige in den Wirthschaften größeren Umfanges, theils wohl, weil man den Nutzen, den sie stiften, nicht ge- nugsam würdiget, theils weil Menschen, die sich dazu qualifiziren, in manchen Gegenden unter der dienenden und arbeitenden Klasse selten zu finden sind. Die eigene Erziehung derselben scheint freilich langweilig, aber sie verlohnt sich der
Mühe.
Direktion der Wirthſchaft.
Auf dieſe Weiſe, welche noch aus den Zeiten herſtammt, wo man keine an- dere Bildung als nach der Art der Handwerkszuͤnfte in jedem Gewerbe kannte, wird nur ſelten ein guter Landwirth gebildet werden. Will man einen jungen Men- ſchen zur Landwirthſchaft erziehen, ſo iſt es allerdings gut, wenn er jede einzelne Handgriffe kennen und uͤben lernt. Man laſſe ihn daher durchaus alle Arbeiten auf dem Hofe und Felde ſelbſt uͤben, und von einem geſchickten Knechte darin unter- weiſen. Außerdem aber ſtehe er unter der unmittelbaren Aufſicht des gebildeten Wirthſchaftsdirektors, ſey und lebe nur mit ihm, und komme nicht in die Schrei- berſtuben, ſo lange naͤmlich dieſe Leute noch ihre bisherigen Sitten beibehalten. Er werde dann zugleich in allen Direktionsgeſchaͤften, ſey es auch nur als Ab- ſchreiber, gebraucht, und allmaͤhlig zur Reviſion gewiſſer Arbeiten und Ausfuͤh- rungen, wenn er naͤmlich erſt beſtimmt weiß, worauf es dabei ankomme. Hier- nach kann es oft nuͤtzlich ſeyn, einen ſolchen jungen Menſchen neben einem geſetz- ten, ſchon bejahrten Vorwerksverwalter anzuſtellen, um dieſen etwa in der Jour- nal- und Regiſterfuͤhrung zu erleichtern und die Ueberbringung der Rapports abzu- nehmen. Ein junger genialiſcher Menſch wird oft mit großem Nutzen bei einem ſteifen routinirten Menſchen geſtellt, wie man einem ſchlank aufſchießenden Baume einen ſteifen Pfahl giebt, um ihn in einer geraden Richtung zu erhalten.
§. 210.
Unteraufſeher.Dagegen ſind in allen groͤßeren und ſelbſt mittleren, mit Energie gefuͤhrten Wirthſchaften die Arbeitsaufſeher, welche man Meier, Ackervoigte oder Meiſterknechte nennt, von Wichtigkeit. Sie werden, wie ich oben von den Unterverwaltern geſagt habe, erzogen, und nachher als ſolche angeſtellt. Sie muͤſſen ſich nicht beſinnen, wo es noͤthig iſt, ſelbſt mit Hand anzulegen und vor- zuarbeiten; aber eigene Anſtrengung darf doch nicht das ſeyn, was man vorzuͤglich von ihnen fordert, ſondern richtige Ausfuͤhrung der Arbeit mit moͤglichſter Erſpa- rung der Kraͤfte und der Zeit, und Erhaltung der Ordnung unter den Arbeitern. Man findet der Bedienten dieſer Art gewoͤhnlich zu wenige in den Wirthſchaften groͤßeren Umfanges, theils wohl, weil man den Nutzen, den ſie ſtiften, nicht ge- nugſam wuͤrdiget, theils weil Menſchen, die ſich dazu qualifiziren, in manchen Gegenden unter der dienenden und arbeitenden Klaſſe ſelten zu finden ſind. Die eigene Erziehung derſelben ſcheint freilich langweilig, aber ſie verlohnt ſich der
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Direktion der Wirthſchaft.
Auf dieſe Weiſe, welche noch aus den Zeiten herſtammt, wo man keine an-
dere Bildung als nach der Art der Handwerkszuͤnfte in jedem Gewerbe kannte,
wird nur ſelten ein guter Landwirth gebildet werden. Will man einen jungen Men-
ſchen zur Landwirthſchaft erziehen, ſo iſt es allerdings gut, wenn er jede einzelne
Handgriffe kennen und uͤben lernt. Man laſſe ihn daher durchaus alle Arbeiten
auf dem Hofe und Felde ſelbſt uͤben, und von einem geſchickten Knechte darin unter-
weiſen. Außerdem aber ſtehe er unter der unmittelbaren Aufſicht des gebildeten
Wirthſchaftsdirektors, ſey und lebe nur mit ihm, und komme nicht in die Schrei-
berſtuben, ſo lange naͤmlich dieſe Leute noch ihre bisherigen Sitten beibehalten.
Er werde dann zugleich in allen Direktionsgeſchaͤften, ſey es auch nur als Ab-
ſchreiber, gebraucht, und allmaͤhlig zur Reviſion gewiſſer Arbeiten und Ausfuͤh-
rungen, wenn er naͤmlich erſt beſtimmt weiß, worauf es dabei ankomme. Hier-
nach kann es oft nuͤtzlich ſeyn, einen ſolchen jungen Menſchen neben einem geſetz-
ten, ſchon bejahrten Vorwerksverwalter anzuſtellen, um dieſen etwa in der Jour-
nal- und Regiſterfuͤhrung zu erleichtern und die Ueberbringung der Rapports abzu-
nehmen. Ein junger genialiſcher Menſch wird oft mit großem Nutzen bei einem
ſteifen routinirten Menſchen geſtellt, wie man einem ſchlank aufſchießenden Baume
einen ſteifen Pfahl giebt, um ihn in einer geraden Richtung zu erhalten.
§. 210.
Dagegen ſind in allen groͤßeren und ſelbſt mittleren, mit Energie gefuͤhrten
Wirthſchaften die Arbeitsaufſeher, welche man Meier, Ackervoigte oder
Meiſterknechte nennt, von Wichtigkeit. Sie werden, wie ich oben von den
Unterverwaltern geſagt habe, erzogen, und nachher als ſolche angeſtellt. Sie
muͤſſen ſich nicht beſinnen, wo es noͤthig iſt, ſelbſt mit Hand anzulegen und vor-
zuarbeiten; aber eigene Anſtrengung darf doch nicht das ſeyn, was man vorzuͤglich
von ihnen fordert, ſondern richtige Ausfuͤhrung der Arbeit mit moͤglichſter Erſpa-
rung der Kraͤfte und der Zeit, und Erhaltung der Ordnung unter den Arbeitern.
Man findet der Bedienten dieſer Art gewoͤhnlich zu wenige in den Wirthſchaften
groͤßeren Umfanges, theils wohl, weil man den Nutzen, den ſie ſtiften, nicht ge-
nugſam wuͤrdiget, theils weil Menſchen, die ſich dazu qualifiziren, in manchen
Gegenden unter der dienenden und arbeitenden Klaſſe ſelten zu finden ſind. Die
eigene Erziehung derſelben ſcheint freilich langweilig, aber ſie verlohnt ſich der
Muͤhe.
Unteraufſeher.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/222>, abgerufen am 23.11.2024.
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