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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Werthschätzung eines Landguts.
Die Einschränkung des freien Eigenthums, welche aus den Besitzungen letzterer Art
hervorgehn, sind in verschiedenen Ländern und Provinzen höchst verschieden, mehr
oder minder lästig, und man muß wegen der darüber vorhandenen Gesetze, Anord-
nungen, und des oft ganz speziellen Herkommens die genaueste Erkundigung einziehn,
ehe man sich zu einem solchen Ankaufe entschließt. Das Mehrere darüber findet man
in verschiedenen Schriften der Rechtsgelehrten, insbesondere in Hagemann's
Handbuch des Landwirthschaftsrechts, Hannover 1807, und Weber's ökonomisch-
juristischem Handbuche der Landhaushaltungskunst, 1ster Bd., Berlin 1809.

Da aber gegenwärtig die meisten Regierungen den großen Nachtheil, der aus
den Beschränkungen im Besitz des Landeigenthums hervorgeht, anerkennen; so ist
man allenthalben darauf bedacht, die beschränkenden Einrichtungen aufzuheben, und
jedes Eigenthum gegen bestimmte davon zu erlegende Abgaben völlig frei zu machen,
wodurch dann manche bisher fast werthlose Grundstücke ihren natürlichen Werth wie-
der erhalten werden, woraus der Nation eine große Vermehrung ihres Vermögens
zuwachsen wird. Deshalb wird man dann auch in Staaten, die diesen Grundsatz
konsequent befolgen, dergleichen Besitzungen vortheilhaft ankaufen können, ohne den
mannigfaltigen Vexationen, denen sie bisher unterworfen waren, ausgesetzt zu seyn.

§. 117.

Besondere
Gerechtsame.
Es giebt manche besondere Gerechtsamen, die ein Gut auszuüben oder zu er-
leiden hat, und die also bei seiner Werthschätzung in Betracht kommen. Dahin ge-
hören folgende:

Die Holzungsgerechtigkeit oder die Berechtigung, aus eines andern Forst seine
Bedürfnisse an Bau-, Nutz- und Brennholz zu nehmen. Sie ist in Ansehung des
eigenen Gebrauchs zuweilen ganz unbeschränkt, sonst aber mehr oder weniger aus-
gedehnt. Im erstern Falle geht sie auf den Ruin der Forsten aus, und man kann
häufig schon vorabsehen, wann sie durch totale Zerstörung derselben ihre Endschaft
erreichen werde.

Die Mastungsgerechtigkeit oder das Recht, seine Schweine in des andern Wald
zu treiben. Auch diese ist zuweilen unbeschränkt, gewöhnlich aber der Zahl nach be-
stimmt. Sie ist der Benutzung der Forst mehrentheils höchst nachtheilig.

Die Wegegerechtigkeit, wornach man über des andern Grundstück einen Weg
verlangen kann, der einmal bestimmt ist, oder den der Eigenthümer gewissermaßen

Werthſchaͤtzung eines Landguts.
Die Einſchraͤnkung des freien Eigenthums, welche aus den Beſitzungen letzterer Art
hervorgehn, ſind in verſchiedenen Laͤndern und Provinzen hoͤchſt verſchieden, mehr
oder minder laͤſtig, und man muß wegen der daruͤber vorhandenen Geſetze, Anord-
nungen, und des oft ganz ſpeziellen Herkommens die genaueſte Erkundigung einziehn,
ehe man ſich zu einem ſolchen Ankaufe entſchließt. Das Mehrere daruͤber findet man
in verſchiedenen Schriften der Rechtsgelehrten, insbeſondere in Hagemann’s
Handbuch des Landwirthſchaftsrechts, Hannover 1807, und Weber’s oͤkonomiſch-
juriſtiſchem Handbuche der Landhaushaltungskunſt, 1ſter Bd., Berlin 1809.

Da aber gegenwaͤrtig die meiſten Regierungen den großen Nachtheil, der aus
den Beſchraͤnkungen im Beſitz des Landeigenthums hervorgeht, anerkennen; ſo iſt
man allenthalben darauf bedacht, die beſchraͤnkenden Einrichtungen aufzuheben, und
jedes Eigenthum gegen beſtimmte davon zu erlegende Abgaben voͤllig frei zu machen,
wodurch dann manche bisher faſt werthloſe Grundſtuͤcke ihren natuͤrlichen Werth wie-
der erhalten werden, woraus der Nation eine große Vermehrung ihres Vermoͤgens
zuwachſen wird. Deshalb wird man dann auch in Staaten, die dieſen Grundſatz
konſequent befolgen, dergleichen Beſitzungen vortheilhaft ankaufen koͤnnen, ohne den
mannigfaltigen Vexationen, denen ſie bisher unterworfen waren, ausgeſetzt zu ſeyn.

§. 117.

Beſondere
Gerechtſame.
Es giebt manche beſondere Gerechtſamen, die ein Gut auszuuͤben oder zu er-
leiden hat, und die alſo bei ſeiner Werthſchaͤtzung in Betracht kommen. Dahin ge-
hoͤren folgende:

Die Holzungsgerechtigkeit oder die Berechtigung, aus eines andern Forſt ſeine
Beduͤrfniſſe an Bau-, Nutz- und Brennholz zu nehmen. Sie iſt in Anſehung des
eigenen Gebrauchs zuweilen ganz unbeſchraͤnkt, ſonſt aber mehr oder weniger aus-
gedehnt. Im erſtern Falle geht ſie auf den Ruin der Forſten aus, und man kann
haͤufig ſchon vorabſehen, wann ſie durch totale Zerſtoͤrung derſelben ihre Endſchaft
erreichen werde.

Die Maſtungsgerechtigkeit oder das Recht, ſeine Schweine in des andern Wald
zu treiben. Auch dieſe iſt zuweilen unbeſchraͤnkt, gewoͤhnlich aber der Zahl nach be-
ſtimmt. Sie iſt der Benutzung der Forſt mehrentheils hoͤchſt nachtheilig.

Die Wegegerechtigkeit, wornach man uͤber des andern Grundſtuͤck einen Weg
verlangen kann, der einmal beſtimmt iſt, oder den der Eigenthuͤmer gewiſſermaßen

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[78/0108] Werthſchaͤtzung eines Landguts. Die Einſchraͤnkung des freien Eigenthums, welche aus den Beſitzungen letzterer Art hervorgehn, ſind in verſchiedenen Laͤndern und Provinzen hoͤchſt verſchieden, mehr oder minder laͤſtig, und man muß wegen der daruͤber vorhandenen Geſetze, Anord- nungen, und des oft ganz ſpeziellen Herkommens die genaueſte Erkundigung einziehn, ehe man ſich zu einem ſolchen Ankaufe entſchließt. Das Mehrere daruͤber findet man in verſchiedenen Schriften der Rechtsgelehrten, insbeſondere in Hagemann’s Handbuch des Landwirthſchaftsrechts, Hannover 1807, und Weber’s oͤkonomiſch- juriſtiſchem Handbuche der Landhaushaltungskunſt, 1ſter Bd., Berlin 1809. Da aber gegenwaͤrtig die meiſten Regierungen den großen Nachtheil, der aus den Beſchraͤnkungen im Beſitz des Landeigenthums hervorgeht, anerkennen; ſo iſt man allenthalben darauf bedacht, die beſchraͤnkenden Einrichtungen aufzuheben, und jedes Eigenthum gegen beſtimmte davon zu erlegende Abgaben voͤllig frei zu machen, wodurch dann manche bisher faſt werthloſe Grundſtuͤcke ihren natuͤrlichen Werth wie- der erhalten werden, woraus der Nation eine große Vermehrung ihres Vermoͤgens zuwachſen wird. Deshalb wird man dann auch in Staaten, die dieſen Grundſatz konſequent befolgen, dergleichen Beſitzungen vortheilhaft ankaufen koͤnnen, ohne den mannigfaltigen Vexationen, denen ſie bisher unterworfen waren, ausgeſetzt zu ſeyn. §. 117. Es giebt manche beſondere Gerechtſamen, die ein Gut auszuuͤben oder zu er- leiden hat, und die alſo bei ſeiner Werthſchaͤtzung in Betracht kommen. Dahin ge- hoͤren folgende: Beſondere Gerechtſame. Die Holzungsgerechtigkeit oder die Berechtigung, aus eines andern Forſt ſeine Beduͤrfniſſe an Bau-, Nutz- und Brennholz zu nehmen. Sie iſt in Anſehung des eigenen Gebrauchs zuweilen ganz unbeſchraͤnkt, ſonſt aber mehr oder weniger aus- gedehnt. Im erſtern Falle geht ſie auf den Ruin der Forſten aus, und man kann haͤufig ſchon vorabſehen, wann ſie durch totale Zerſtoͤrung derſelben ihre Endſchaft erreichen werde. Die Maſtungsgerechtigkeit oder das Recht, ſeine Schweine in des andern Wald zu treiben. Auch dieſe iſt zuweilen unbeſchraͤnkt, gewoͤhnlich aber der Zahl nach be- ſtimmt. Sie iſt der Benutzung der Forſt mehrentheils hoͤchſt nachtheilig. Die Wegegerechtigkeit, wornach man uͤber des andern Grundſtuͤck einen Weg verlangen kann, der einmal beſtimmt iſt, oder den der Eigenthuͤmer gewiſſermaßen

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/108>, abgerufen am 21.11.2024.