Dagegen ist eine große Volksmenge in der dienenden und arbeitenden Klasse sehr erwünscht für den größern Landwirth, erleichtert den Betrieb einer höhern Wirth- schaft und Ackerkultur ungemein; wenn gleich der Arbeitspreis darum nicht sehr ge- ringe ist. Kann man nur gegen gute Bezahlung -- denn ohne solche läßt sich eine dauernde Vermehrung dieser Klasse gar nicht denken -- eine Auswahl von Arbeitern zu allen Zeiten haben, so findet allerdings auch beim Ackerbau eine Theilung der Ar- beit Statt, deren große Wirkung man in andern Gewerben anerkannt hat. Man kann auch hier jedem Arbeiter bestimmte Verrichtungen anweisen, in welchen er sich dann größere Fertigkeit verschafft, so daß er mit geringerer Anstrengung dabei mehr beschicken, im Verdüng sich mehr verdienen, und doch die Arbeit wohlfeiler machen kann, als ein ungeübter. Bei größerem Verdienst nähren sich die Arbeiter besser, erhalten mehrere Kräfte, und gewöhnen auch die Kinder früh zum Fleiß. Manche stehen zwar in dem Wahne, als sey Armuth ein vorzügliches Mittel, die Arbeitsam- keit zu befördern. Die Noth kann eine kurze Zeit dazu zwingen, läßt dann aber den Arbeiter in völliger Ohnmacht versinken. Lust zur Arbeit kann ein solcher nie bekom- men, sondern nur der, der da sieht, daß seine Arbeit seinen Genuß und seinen Wohl- stand vermehrt. Selbst, wenn er mehrere Genüsse kennen lernt, so giebt ihm dies neuen Antrieb zum Fleiße, weil er sie, ohne fleißiger zu seyn, sich nicht verschaffen kann. Die Zahl der Arbeiter zu vermehren ist höchst wohlthätig, aber nicht die Zahl der Bettler. Wo jene groß ist, da siedelt sich der Landwirth gern an, aber er hütet sich für diese.
§. 113.
Wäre in unsern Zeiten eine Gegend zu finden, wo man gegen feindliche Inva-Größere oder geringere Si- cherheit gegen Kriegsgefah- ren. sionen und Kriegesauftritte sicher wäre, so würde man diese vor allen zu wählen haben. Da aber unter den jetzigen Zeitumständen diese Sicherheit nirgends Statt findet, und die Gegenden, welche man am sichersten hielt, am meisten davon gelitten haben, so fällt diese Rücksicht beinahe weg, bis sich Alles wieder in vollkommnere Ruhe und Gleichgewicht gesetzt hat. Indessen ist doch in einigen Gegenden die Lage an Hauptstraßen, zwischen Festungen und vorzüglichen militairischen Positionen ge- fährlicher, als im offenen Lande, wo wenigstens der Kriegesschauplatz eher vorüber- geht. Eine verkoppelte, mit sehr vielen Gräben und Hecken durchschnittene Gegend stellt den Kriegesoperationen viele Hindernisse entgegen, und der Feind wird, wo
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Werthſchaͤtzung eines Landguts.
Dagegen iſt eine große Volksmenge in der dienenden und arbeitenden Klaſſe ſehr erwuͤnſcht fuͤr den groͤßern Landwirth, erleichtert den Betrieb einer hoͤhern Wirth- ſchaft und Ackerkultur ungemein; wenn gleich der Arbeitspreis darum nicht ſehr ge- ringe iſt. Kann man nur gegen gute Bezahlung — denn ohne ſolche laͤßt ſich eine dauernde Vermehrung dieſer Klaſſe gar nicht denken — eine Auswahl von Arbeitern zu allen Zeiten haben, ſo findet allerdings auch beim Ackerbau eine Theilung der Ar- beit Statt, deren große Wirkung man in andern Gewerben anerkannt hat. Man kann auch hier jedem Arbeiter beſtimmte Verrichtungen anweiſen, in welchen er ſich dann groͤßere Fertigkeit verſchafft, ſo daß er mit geringerer Anſtrengung dabei mehr beſchicken, im Verduͤng ſich mehr verdienen, und doch die Arbeit wohlfeiler machen kann, als ein ungeuͤbter. Bei groͤßerem Verdienſt naͤhren ſich die Arbeiter beſſer, erhalten mehrere Kraͤfte, und gewoͤhnen auch die Kinder fruͤh zum Fleiß. Manche ſtehen zwar in dem Wahne, als ſey Armuth ein vorzuͤgliches Mittel, die Arbeitſam- keit zu befoͤrdern. Die Noth kann eine kurze Zeit dazu zwingen, laͤßt dann aber den Arbeiter in voͤlliger Ohnmacht verſinken. Luſt zur Arbeit kann ein ſolcher nie bekom- men, ſondern nur der, der da ſieht, daß ſeine Arbeit ſeinen Genuß und ſeinen Wohl- ſtand vermehrt. Selbſt, wenn er mehrere Genuͤſſe kennen lernt, ſo giebt ihm dies neuen Antrieb zum Fleiße, weil er ſie, ohne fleißiger zu ſeyn, ſich nicht verſchaffen kann. Die Zahl der Arbeiter zu vermehren iſt hoͤchſt wohlthaͤtig, aber nicht die Zahl der Bettler. Wo jene groß iſt, da ſiedelt ſich der Landwirth gern an, aber er huͤtet ſich fuͤr dieſe.
§. 113.
Waͤre in unſern Zeiten eine Gegend zu finden, wo man gegen feindliche Inva-Groͤßere oder geringere Si- cherheit gegen Kriegsgefah- ren. ſionen und Kriegesauftritte ſicher waͤre, ſo wuͤrde man dieſe vor allen zu waͤhlen haben. Da aber unter den jetzigen Zeitumſtaͤnden dieſe Sicherheit nirgends Statt findet, und die Gegenden, welche man am ſicherſten hielt, am meiſten davon gelitten haben, ſo faͤllt dieſe Ruͤckſicht beinahe weg, bis ſich Alles wieder in vollkommnere Ruhe und Gleichgewicht geſetzt hat. Indeſſen iſt doch in einigen Gegenden die Lage an Hauptſtraßen, zwiſchen Feſtungen und vorzuͤglichen militairiſchen Poſitionen ge- faͤhrlicher, als im offenen Lande, wo wenigſtens der Kriegesſchauplatz eher voruͤber- geht. Eine verkoppelte, mit ſehr vielen Graͤben und Hecken durchſchnittene Gegend ſtellt den Kriegesoperationen viele Hinderniſſe entgegen, und der Feind wird, wo
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Werthſchaͤtzung eines Landguts.
Dagegen iſt eine große Volksmenge in der dienenden und arbeitenden Klaſſe ſehr
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ſchaft und Ackerkultur ungemein; wenn gleich der Arbeitspreis darum nicht ſehr ge-
ringe iſt. Kann man nur gegen gute Bezahlung — denn ohne ſolche laͤßt ſich eine
dauernde Vermehrung dieſer Klaſſe gar nicht denken — eine Auswahl von Arbeitern
zu allen Zeiten haben, ſo findet allerdings auch beim Ackerbau eine Theilung der Ar-
beit Statt, deren große Wirkung man in andern Gewerben anerkannt hat. Man
kann auch hier jedem Arbeiter beſtimmte Verrichtungen anweiſen, in welchen er ſich
dann groͤßere Fertigkeit verſchafft, ſo daß er mit geringerer Anſtrengung dabei mehr
beſchicken, im Verduͤng ſich mehr verdienen, und doch die Arbeit wohlfeiler machen
kann, als ein ungeuͤbter. Bei groͤßerem Verdienſt naͤhren ſich die Arbeiter beſſer,
erhalten mehrere Kraͤfte, und gewoͤhnen auch die Kinder fruͤh zum Fleiß. Manche
ſtehen zwar in dem Wahne, als ſey Armuth ein vorzuͤgliches Mittel, die Arbeitſam-
keit zu befoͤrdern. Die Noth kann eine kurze Zeit dazu zwingen, laͤßt dann aber den
Arbeiter in voͤlliger Ohnmacht verſinken. Luſt zur Arbeit kann ein ſolcher nie bekom-
men, ſondern nur der, der da ſieht, daß ſeine Arbeit ſeinen Genuß und ſeinen Wohl-
ſtand vermehrt. Selbſt, wenn er mehrere Genuͤſſe kennen lernt, ſo giebt ihm dies
neuen Antrieb zum Fleiße, weil er ſie, ohne fleißiger zu ſeyn, ſich nicht verſchaffen
kann. Die Zahl der Arbeiter zu vermehren iſt hoͤchſt wohlthaͤtig, aber nicht die
Zahl der Bettler. Wo jene groß iſt, da ſiedelt ſich der Landwirth gern an, aber er
huͤtet ſich fuͤr dieſe.
§. 113.
Waͤre in unſern Zeiten eine Gegend zu finden, wo man gegen feindliche Inva-
ſionen und Kriegesauftritte ſicher waͤre, ſo wuͤrde man dieſe vor allen zu waͤhlen
haben. Da aber unter den jetzigen Zeitumſtaͤnden dieſe Sicherheit nirgends Statt
findet, und die Gegenden, welche man am ſicherſten hielt, am meiſten davon gelitten
haben, ſo faͤllt dieſe Ruͤckſicht beinahe weg, bis ſich Alles wieder in vollkommnere
Ruhe und Gleichgewicht geſetzt hat. Indeſſen iſt doch in einigen Gegenden die Lage
an Hauptſtraßen, zwiſchen Feſtungen und vorzuͤglichen militairiſchen Poſitionen ge-
faͤhrlicher, als im offenen Lande, wo wenigſtens der Kriegesſchauplatz eher voruͤber-
geht. Eine verkoppelte, mit ſehr vielen Graͤben und Hecken durchſchnittene Gegend
ſtellt den Kriegesoperationen viele Hinderniſſe entgegen, und der Feind wird, wo
Groͤßere oder
geringere Si-
cherheit gegen
Kriegsgefah-
ren.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/105>, abgerufen am 21.11.2024.
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