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Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913.

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Gefühls als einer glühenden Phantasie. Die Neigung und Fähigkeit,
Verse zu machen, ist Gemeingut der Beduinen; ihre Gesänge pflanzen
sich von Mund zu Mund fort, und das Erzählen von Märchen und
Geschichten bildet ihre liebste Unterhaltung. Lesen und Schreiben
ist bei den Beduinen eine seltene Kunst; sie haben keine Schulen,
und die Kinder wachsen ohne Unterricht auf. Das Lesen und die
Lehren des Koran lernen sie allein vom Vater.

Die Religion der Beduinen ist der Islam, der in Arabien seine
Wiege hat und sich über alle Weltteile ausbreitete. Und zwar sind
die Beduinen Sunniten, da sie außer dem Koran noch die mündliche
Überlieferung festhalten.

Vor dem Jahre 600 nach Christus gab es in Arabien ein buntes
Gemisch von Religionen, so daß von einer gemeinschaftlichen und
gesetzlichen Gottesverehrung in dieser Zeit nicht geredet werden
kann. Viele Araber hatten zwar als Nachkommen Abrahams den
Glauben an einen Gott lange unter sich erhalten, aber zu Muhameds
Zeiten war derselbe fast ganz verloren gegangen; andere bekannten
sich zum Christentum, das damals in unzählige Sekten zerfallen
und von Aberglauben, Irrtümern und Mißbräuchen entstellt war;
die meisten aber verehrten Sonne, Mond und Sterne, waren also
Heiden, die dem üppigsten Naturdienst huldigten. Zur Anbetung
der Sterne führte sie naturgemäß der stete Aufenthalt im Freien,
wo die Karawanen, um der Tagesglut zu entgehen, während der
Nacht reisen und die Hirten sie durchwachen. Die Sterne wurden
als Beherrscher der Jahreszeiten und der menschlichen Schicksale an-
gesehen, und Astronomie und Astrologie fanden hier eine besondere
Pflegstätte. Große Verehrung zollte man den vom Himmel gefallenen
Steinen, Meteoriten, aber keiner derselben genoß ein höheres An-
sehen, als der zu Mekka in der Kaaba (das ist Gotteshaus) befindliche.
Dieser Tempel, der Sage nach von Adam erbaut und von Abraham
nach der Sintflut wieder aufgerichtet, war seit den ältesten Zeiten
das Ziel der frommen Wallfahrer.

In der Nähe von Mekka wurde Muhamed geboren, der dem
arabischen Stamme der Koreischiten angehörte, als Stifter einer
neuen Religion auftrat und die arabischen Stämme zu einem Ganzen
vereinigte und sie in der Folge zu einem historischen Volke machte.
Durch höhere Offenbarung, wie er vorgab, aufgefordert, machte er
es sich zur Aufgabe, die Religion der Patriarchen in ihrer ersten
Reinheit wieder herzustellen. Er erkannte zwar auch Moses und

Gefühls als einer glühenden Phantasie. Die Neigung und Fähigkeit,
Verse zu machen, ist Gemeingut der Beduinen; ihre Gesänge pflanzen
sich von Mund zu Mund fort, und das Erzählen von Märchen und
Geschichten bildet ihre liebste Unterhaltung. Lesen und Schreiben
ist bei den Beduinen eine seltene Kunst; sie haben keine Schulen,
und die Kinder wachsen ohne Unterricht auf. Das Lesen und die
Lehren des Koran lernen sie allein vom Vater.

Die Religion der Beduinen ist der Islam, der in Arabien seine
Wiege hat und sich über alle Weltteile ausbreitete. Und zwar sind
die Beduinen Sunniten, da sie außer dem Koran noch die mündliche
Überlieferung festhalten.

Vor dem Jahre 600 nach Christus gab es in Arabien ein buntes
Gemisch von Religionen, so daß von einer gemeinschaftlichen und
gesetzlichen Gottesverehrung in dieser Zeit nicht geredet werden
kann. Viele Araber hatten zwar als Nachkommen Abrahams den
Glauben an einen Gott lange unter sich erhalten, aber zu Muhameds
Zeiten war derselbe fast ganz verloren gegangen; andere bekannten
sich zum Christentum, das damals in unzählige Sekten zerfallen
und von Aberglauben, Irrtümern und Mißbräuchen entstellt war;
die meisten aber verehrten Sonne, Mond und Sterne, waren also
Heiden, die dem üppigsten Naturdienst huldigten. Zur Anbetung
der Sterne führte sie naturgemäß der stete Aufenthalt im Freien,
wo die Karawanen, um der Tagesglut zu entgehen, während der
Nacht reisen und die Hirten sie durchwachen. Die Sterne wurden
als Beherrscher der Jahreszeiten und der menschlichen Schicksale an-
gesehen, und Astronomie und Astrologie fanden hier eine besondere
Pflegstätte. Große Verehrung zollte man den vom Himmel gefallenen
Steinen, Meteoriten, aber keiner derselben genoß ein höheres An-
sehen, als der zu Mekka in der Kaaba (das ist Gotteshaus) befindliche.
Dieser Tempel, der Sage nach von Adam erbaut und von Abraham
nach der Sintflut wieder aufgerichtet, war seit den ältesten Zeiten
das Ziel der frommen Wallfahrer.

In der Nähe von Mekka wurde Muhamed geboren, der dem
arabischen Stamme der Koreischiten angehörte, als Stifter einer
neuen Religion auftrat und die arabischen Stämme zu einem Ganzen
vereinigte und sie in der Folge zu einem historischen Volke machte.
Durch höhere Offenbarung, wie er vorgab, aufgefordert, machte er
es sich zur Aufgabe, die Religion der Patriarchen in ihrer ersten
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[— 37 —/0041] Gefühls als einer glühenden Phantasie. Die Neigung und Fähigkeit, Verse zu machen, ist Gemeingut der Beduinen; ihre Gesänge pflanzen sich von Mund zu Mund fort, und das Erzählen von Märchen und Geschichten bildet ihre liebste Unterhaltung. Lesen und Schreiben ist bei den Beduinen eine seltene Kunst; sie haben keine Schulen, und die Kinder wachsen ohne Unterricht auf. Das Lesen und die Lehren des Koran lernen sie allein vom Vater. Die Religion der Beduinen ist der Islam, der in Arabien seine Wiege hat und sich über alle Weltteile ausbreitete. Und zwar sind die Beduinen Sunniten, da sie außer dem Koran noch die mündliche Überlieferung festhalten. Vor dem Jahre 600 n. Chr. gab es in Arabien ein buntes Gemisch von Religionen, so daß von einer gemeinschaftlichen und gesetzlichen Gottesverehrung in dieser Zeit nicht geredet werden kann. Viele Araber hatten zwar als Nachkommen Abrahams den Glauben an einen Gott lange unter sich erhalten, aber zu Muhameds Zeiten war derselbe fast ganz verloren gegangen; andere bekannten sich zum Christentum, das damals in unzählige Sekten zerfallen und von Aberglauben, Irrtümern und Mißbräuchen entstellt war; die meisten aber verehrten Sonne, Mond und Sterne, waren also Heiden, die dem üppigsten Naturdienst huldigten. Zur Anbetung der Sterne führte sie naturgemäß der stete Aufenthalt im Freien, wo die Karawanen, um der Tagesglut zu entgehen, während der Nacht reisen und die Hirten sie durchwachen. Die Sterne wurden als Beherrscher der Jahreszeiten und der menschlichen Schicksale an- gesehen, und Astronomie und Astrologie fanden hier eine besondere Pflegstätte. Große Verehrung zollte man den vom Himmel gefallenen Steinen, Meteoriten, aber keiner derselben genoß ein höheres An- sehen, als der zu Mekka in der Kaaba (d. i. Gotteshaus) befindliche. Dieser Tempel, der Sage nach von Adam erbaut und von Abraham nach der Sintflut wieder aufgerichtet, war seit den ältesten Zeiten das Ziel der frommen Wallfahrer. In der Nähe von Mekka wurde Muhamed geboren, der dem arabischen Stamme der Koreischiten angehörte, als Stifter einer neuen Religion auftrat und die arabischen Stämme zu einem Ganzen vereinigte und sie in der Folge zu einem historischen Volke machte. Durch höhere Offenbarung, wie er vorgab, aufgefordert, machte er es sich zur Aufgabe, die Religion der Patriarchen in ihrer ersten Reinheit wieder herzustellen. Er erkannte zwar auch Moses und

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: ignoriert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913, S. — 37 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tewes_menschenrassen_1913/41>, abgerufen am 24.11.2024.