"cher Stärke und Lebhaftigkeit, sogar mit größerer Jn- "tension, und also noch fortfahren innerlich sich zu er- "höhen und vollkommener zu machen." Nur das klare Gefühl und Bewußtseyn dieser Arbeiten fehlet, weil dazu eine Rückwirkung des von ihr modificirten Gehirns er- fodert wird. Nur diese Rückwirkung ist geschwächet, oder doch nicht so auseinandergesetzt, als sie seyn müßte um ein deutliches Gefühl zu verursachen; und dieß da- her, weil das Organ ungeschickt geworden ist, die sinnli- chen Bewegungen zu erneuern, und also nur so wie ein unbiegsamer Körper mit einer zwar noch gleich starken aber unentwickelten Aktion der Einwirkung der Seelen- kraft widerstehet, und sich nur unentwickelt dem Gefühle darstellet.
Drittens, was die Unerweckbarkeit der Vorstel- lungen betrifft, die aus der Steifigkeit der Fibern des Organs entstehet, so kann solche in der Seele entweder gar nicht seyn; oder wenn etwas Analoges dazu in ihr angenommen wird, um nirgends in der Harmonie eine Lücke zu lassen: so muß sie doch auch hier aus einer ana- logen Ursache entstehen, wie in dem Organ, nämlich aus der zu starken Aufhäufung der associirten Nebenzü- ge bey den Vorstellungen. Es ist also eine zu große Stärke in dem, was reproduciret werden soll, zu groß nämlich für die Kraft, welche erwecken soll. Diese be- darf größere Reize von außen, um in stärkere Thätig- keit zu kommen, oder auch neue Veranlassungen zu an- dern Vorstellungen, die sie zwischen den aufgesammle- ten, wie ein erweichendes oder auflösendes Mittel, brin- gen und solche dadurch, um denselbigen Ausdruck zu be- halten, wieder geschmeidig machen kann. Jn den äus- sern Theilen des Gehirns und dem übrigen Körper en- diget sich die aus Alter entstandene Steifigkeit mit der Zerstörung. Wenn hier eine neue Lebenskraft in die Fi- bern geleitet, das Ersteifte oder Verhärtete davon durch-
drun-
XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
„cher Staͤrke und Lebhaftigkeit, ſogar mit groͤßerer Jn- „tenſion, und alſo noch fortfahren innerlich ſich zu er- „hoͤhen und vollkommener zu machen.“ Nur das klare Gefuͤhl und Bewußtſeyn dieſer Arbeiten fehlet, weil dazu eine Ruͤckwirkung des von ihr modificirten Gehirns er- fodert wird. Nur dieſe Ruͤckwirkung iſt geſchwaͤchet, oder doch nicht ſo auseinandergeſetzt, als ſie ſeyn muͤßte um ein deutliches Gefuͤhl zu verurſachen; und dieß da- her, weil das Organ ungeſchickt geworden iſt, die ſinnli- chen Bewegungen zu erneuern, und alſo nur ſo wie ein unbiegſamer Koͤrper mit einer zwar noch gleich ſtarken aber unentwickelten Aktion der Einwirkung der Seelen- kraft widerſtehet, und ſich nur unentwickelt dem Gefuͤhle darſtellet.
Drittens, was die Unerweckbarkeit der Vorſtel- lungen betrifft, die aus der Steifigkeit der Fibern des Organs entſtehet, ſo kann ſolche in der Seele entweder gar nicht ſeyn; oder wenn etwas Analoges dazu in ihr angenommen wird, um nirgends in der Harmonie eine Luͤcke zu laſſen: ſo muß ſie doch auch hier aus einer ana- logen Urſache entſtehen, wie in dem Organ, naͤmlich aus der zu ſtarken Aufhaͤufung der aſſociirten Nebenzuͤ- ge bey den Vorſtellungen. Es iſt alſo eine zu große Staͤrke in dem, was reproduciret werden ſoll, zu groß naͤmlich fuͤr die Kraft, welche erwecken ſoll. Dieſe be- darf groͤßere Reize von außen, um in ſtaͤrkere Thaͤtig- keit zu kommen, oder auch neue Veranlaſſungen zu an- dern Vorſtellungen, die ſie zwiſchen den aufgeſammle- ten, wie ein erweichendes oder aufloͤſendes Mittel, brin- gen und ſolche dadurch, um denſelbigen Ausdruck zu be- halten, wieder geſchmeidig machen kann. Jn den aͤuſ- ſern Theilen des Gehirns und dem uͤbrigen Koͤrper en- diget ſich die aus Alter entſtandene Steifigkeit mit der Zerſtoͤrung. Wenn hier eine neue Lebenskraft in die Fi- bern geleitet, das Erſteifte oder Verhaͤrtete davon durch-
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XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
„cher Staͤrke und Lebhaftigkeit, ſogar mit groͤßerer Jn-
„tenſion, und alſo noch fortfahren innerlich ſich zu er-
„hoͤhen und vollkommener zu machen.“ Nur das klare
Gefuͤhl und Bewußtſeyn dieſer Arbeiten fehlet, weil dazu
eine Ruͤckwirkung des von ihr modificirten Gehirns er-
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oder doch nicht ſo auseinandergeſetzt, als ſie ſeyn muͤßte
um ein deutliches Gefuͤhl zu verurſachen; und dieß da-
her, weil das Organ ungeſchickt geworden iſt, die ſinnli-
chen Bewegungen zu erneuern, und alſo nur ſo wie ein
unbiegſamer Koͤrper mit einer zwar noch gleich ſtarken
aber unentwickelten Aktion der Einwirkung der Seelen-
kraft widerſtehet, und ſich nur unentwickelt dem Gefuͤhle
darſtellet.
Drittens, was die Unerweckbarkeit der Vorſtel-
lungen betrifft, die aus der Steifigkeit der Fibern des
Organs entſtehet, ſo kann ſolche in der Seele entweder
gar nicht ſeyn; oder wenn etwas Analoges dazu in ihr
angenommen wird, um nirgends in der Harmonie eine
Luͤcke zu laſſen: ſo muß ſie doch auch hier aus einer ana-
logen Urſache entſtehen, wie in dem Organ, naͤmlich
aus der zu ſtarken Aufhaͤufung der aſſociirten Nebenzuͤ-
ge bey den Vorſtellungen. Es iſt alſo eine zu große
Staͤrke in dem, was reproduciret werden ſoll, zu groß
naͤmlich fuͤr die Kraft, welche erwecken ſoll. Dieſe be-
darf groͤßere Reize von außen, um in ſtaͤrkere Thaͤtig-
keit zu kommen, oder auch neue Veranlaſſungen zu an-
dern Vorſtellungen, die ſie zwiſchen den aufgeſammle-
ten, wie ein erweichendes oder aufloͤſendes Mittel, brin-
gen und ſolche dadurch, um denſelbigen Ausdruck zu be-
halten, wieder geſchmeidig machen kann. Jn den aͤuſ-
ſern Theilen des Gehirns und dem uͤbrigen Koͤrper en-
diget ſich die aus Alter entſtandene Steifigkeit mit der
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 762. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/792>, abgerufen am 22.11.2024.
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