mehr wird auch in der Fiber etwas gehäuft, was zu ei- ner körperlichen Größe werden muß. Die Fiber wird also in dieser Hinsicht wachsen, stärker und fester, und also auch unbiegsamer und unbeweglicher werden.
Betrachten wir das körperliche Werkzeug in Ver- bindung mit der unkörperlichen Seele, so wird die pas- sive Leichtigkeit in den Fibern sich sinnlich bewegen zu lassen, oder die Leichtigkeit, womit die materiellen Jdeen hervorgehen, für sich, wie vorher erinnert wor- den ist, ein Hinderniß werden für die höhere Anstren- gung der Seelenkraft. Je leichter die materielle Jdee sich darstellet, und je leichter insbesondere die Fibern sind, welche zu den willkürlichen Thätigkeiten gehören, desto weniger ist die Handlung eine Aeußerung von der Eigenmacht der Seele. Der Antheil des Organs an den Aktionen wird größer. Aber auch desto geringer der Reiz und die Nothwendigkeit für die Seele, ihr in- neres Princip dabey anzustrengen.
Vielleicht kommt aber ein anderes Resultat heraus, wenn man die Vermögen und ihre Fertigkeiten betrach- tet, insofern solche in der Seele selbst sind? Davon nachher etwas mehr. Allein wie dem auch seyn mag, so ist aus dem Vorhergehenden so viel offenbar, daß die innere Perfektibilität im Menschen ihre natürliche Grenze haben müsse, wie die Entwickelung die ihrige haben muß. Wenn dieß von jeder Kraft und von je- dem Vermögen besonders betrachtet außer Zweifel ist, so muß es auch bey allen und bey der gesamten Kraft der menschlichen Natur stattfinden.
4.
"Sollte aber die Grenze, wo das non plus ultra "der menschlichen Vermögen ist, nicht durch gewisse "Mittel weiter hinausgerückt werden können?" Zu dieser Frage wird man veranlasset, wenn man auf die
Ursachen
und Entwickelung des Menſchen.
mehr wird auch in der Fiber etwas gehaͤuft, was zu ei- ner koͤrperlichen Groͤße werden muß. Die Fiber wird alſo in dieſer Hinſicht wachſen, ſtaͤrker und feſter, und alſo auch unbiegſamer und unbeweglicher werden.
Betrachten wir das koͤrperliche Werkzeug in Ver- bindung mit der unkoͤrperlichen Seele, ſo wird die paſ- ſive Leichtigkeit in den Fibern ſich ſinnlich bewegen zu laſſen, oder die Leichtigkeit, womit die materiellen Jdeen hervorgehen, fuͤr ſich, wie vorher erinnert wor- den iſt, ein Hinderniß werden fuͤr die hoͤhere Anſtren- gung der Seelenkraft. Je leichter die materielle Jdee ſich darſtellet, und je leichter insbeſondere die Fibern ſind, welche zu den willkuͤrlichen Thaͤtigkeiten gehoͤren, deſto weniger iſt die Handlung eine Aeußerung von der Eigenmacht der Seele. Der Antheil des Organs an den Aktionen wird groͤßer. Aber auch deſto geringer der Reiz und die Nothwendigkeit fuͤr die Seele, ihr in- neres Princip dabey anzuſtrengen.
Vielleicht kommt aber ein anderes Reſultat heraus, wenn man die Vermoͤgen und ihre Fertigkeiten betrach- tet, inſofern ſolche in der Seele ſelbſt ſind? Davon nachher etwas mehr. Allein wie dem auch ſeyn mag, ſo iſt aus dem Vorhergehenden ſo viel offenbar, daß die innere Perfektibilitaͤt im Menſchen ihre natuͤrliche Grenze haben muͤſſe, wie die Entwickelung die ihrige haben muß. Wenn dieß von jeder Kraft und von je- dem Vermoͤgen beſonders betrachtet außer Zweifel iſt, ſo muß es auch bey allen und bey der geſamten Kraft der menſchlichen Natur ſtattfinden.
4.
„Sollte aber die Grenze, wo das non plus ultra „der menſchlichen Vermoͤgen iſt, nicht durch gewiſſe „Mittel weiter hinausgeruͤckt werden koͤnnen?‟ Zu dieſer Frage wird man veranlaſſet, wenn man auf die
Urſachen
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und Entwickelung des Menſchen.
mehr wird auch in der Fiber etwas gehaͤuft, was zu ei-
ner koͤrperlichen Groͤße werden muß. Die Fiber wird
alſo in dieſer Hinſicht wachſen, ſtaͤrker und feſter, und
alſo auch unbiegſamer und unbeweglicher werden.
Betrachten wir das koͤrperliche Werkzeug in Ver-
bindung mit der unkoͤrperlichen Seele, ſo wird die paſ-
ſive Leichtigkeit in den Fibern ſich ſinnlich bewegen
zu laſſen, oder die Leichtigkeit, womit die materiellen
Jdeen hervorgehen, fuͤr ſich, wie vorher erinnert wor-
den iſt, ein Hinderniß werden fuͤr die hoͤhere Anſtren-
gung der Seelenkraft. Je leichter die materielle Jdee
ſich darſtellet, und je leichter insbeſondere die Fibern
ſind, welche zu den willkuͤrlichen Thaͤtigkeiten gehoͤren,
deſto weniger iſt die Handlung eine Aeußerung von der
Eigenmacht der Seele. Der Antheil des Organs an
den Aktionen wird groͤßer. Aber auch deſto geringer
der Reiz und die Nothwendigkeit fuͤr die Seele, ihr in-
neres Princip dabey anzuſtrengen.
Vielleicht kommt aber ein anderes Reſultat heraus,
wenn man die Vermoͤgen und ihre Fertigkeiten betrach-
tet, inſofern ſolche in der Seele ſelbſt ſind? Davon
nachher etwas mehr. Allein wie dem auch ſeyn mag,
ſo iſt aus dem Vorhergehenden ſo viel offenbar, daß die
innere Perfektibilitaͤt im Menſchen ihre natuͤrliche
Grenze haben muͤſſe, wie die Entwickelung die ihrige
haben muß. Wenn dieß von jeder Kraft und von je-
dem Vermoͤgen beſonders betrachtet außer Zweifel iſt,
ſo muß es auch bey allen und bey der geſamten Kraft
der menſchlichen Natur ſtattfinden.
4.
„Sollte aber die Grenze, wo das non plus ultra
„der menſchlichen Vermoͤgen iſt, nicht durch gewiſſe
„Mittel weiter hinausgeruͤckt werden koͤnnen?‟ Zu
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/749>, abgerufen am 22.11.2024.
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