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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

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XIV. Vers. Ueber die Perfektibilität
werden. *) Es liegt zwar in dem Saamen des Esels
der Grund von einer Bildung, die sonsten bey der Ent-
wickelung des Keims nicht entstanden seyn würde,
wenn der Saame des Hengstes statt seiner den Keim
befeuchtet hätte; aber diese abweichende Bildung ist von
der natürlichen nicht der Form nach, sondern der Größe
nach, unterschieden.

Die Form der organisirten Materie kann nur in der
Art und Weise, wie die Partikeln mit einander ver-
bunden sind, wie sie auf einander wirken, wie sie gegen
einander liegen, also in ihrer Lage, Ordnung und Ver-
knüpfung gesucht werden.

Ferner muß jeder Körper zuletzt aus Materie beste-
hen, deren einzelne Partikeln für sich betrachtet nichts
mehr als Materie sind, das ist, ohne Organisation, als
welche nur auf ihrer Verbindung beruhet. Es mag die
Materie ins Unendliche theilbar seyn, wie sie es ohne
Zweifel in einem gewissen Verstande ist, wenigstens in
Hinsicht auf unsere menschliche Fassungskraft; und es
mag also auch die Menge ihrer letzten Bestandtheile
größer seyn, als wir auf irgend eine Art bestimmen,
oder durch irgend eine Zahl ausdrücken können, und
aus dem nämlichen Grunde die Organisation so weit
gehen, als man will, und ins Unendliche: so muß doch
ein organisirter Körper als ein solcher vorgestellet wer-
den, in welchem einzelne unorganische Partikeln auf eine
gewisse Art mit einander verbunden sind. Und die be-
stimmte Art ihrer Verbindung macht ihre Organisa-
tion
aus.

Wenn nun die Masse oder Materie in einem solchen
Körper vermehret wird, so werden die hinzukommenden
Partikeln mit den vorhandenen verbunden; und da die
letzten Elemente wenigstens undurchdringlich sind, so

müssen
*) Art. 40.

XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
werden. *) Es liegt zwar in dem Saamen des Eſels
der Grund von einer Bildung, die ſonſten bey der Ent-
wickelung des Keims nicht entſtanden ſeyn wuͤrde,
wenn der Saame des Hengſtes ſtatt ſeiner den Keim
befeuchtet haͤtte; aber dieſe abweichende Bildung iſt von
der natuͤrlichen nicht der Form nach, ſondern der Groͤße
nach, unterſchieden.

Die Form der organiſirten Materie kann nur in der
Art und Weiſe, wie die Partikeln mit einander ver-
bunden ſind, wie ſie auf einander wirken, wie ſie gegen
einander liegen, alſo in ihrer Lage, Ordnung und Ver-
knuͤpfung geſucht werden.

Ferner muß jeder Koͤrper zuletzt aus Materie beſte-
hen, deren einzelne Partikeln fuͤr ſich betrachtet nichts
mehr als Materie ſind, das iſt, ohne Organiſation, als
welche nur auf ihrer Verbindung beruhet. Es mag die
Materie ins Unendliche theilbar ſeyn, wie ſie es ohne
Zweifel in einem gewiſſen Verſtande iſt, wenigſtens in
Hinſicht auf unſere menſchliche Faſſungskraft; und es
mag alſo auch die Menge ihrer letzten Beſtandtheile
groͤßer ſeyn, als wir auf irgend eine Art beſtimmen,
oder durch irgend eine Zahl ausdruͤcken koͤnnen, und
aus dem naͤmlichen Grunde die Organiſation ſo weit
gehen, als man will, und ins Unendliche: ſo muß doch
ein organiſirter Koͤrper als ein ſolcher vorgeſtellet wer-
den, in welchem einzelne unorganiſche Partikeln auf eine
gewiſſe Art mit einander verbunden ſind. Und die be-
ſtimmte Art ihrer Verbindung macht ihre Organiſa-
tion
aus.

Wenn nun die Maſſe oder Materie in einem ſolchen
Koͤrper vermehret wird, ſo werden die hinzukommenden
Partikeln mit den vorhandenen verbunden; und da die
letzten Elemente wenigſtens undurchdringlich ſind, ſo

muͤſſen
*) Art. 40.
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[478/0508] XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt werden. *) Es liegt zwar in dem Saamen des Eſels der Grund von einer Bildung, die ſonſten bey der Ent- wickelung des Keims nicht entſtanden ſeyn wuͤrde, wenn der Saame des Hengſtes ſtatt ſeiner den Keim befeuchtet haͤtte; aber dieſe abweichende Bildung iſt von der natuͤrlichen nicht der Form nach, ſondern der Groͤße nach, unterſchieden. Die Form der organiſirten Materie kann nur in der Art und Weiſe, wie die Partikeln mit einander ver- bunden ſind, wie ſie auf einander wirken, wie ſie gegen einander liegen, alſo in ihrer Lage, Ordnung und Ver- knuͤpfung geſucht werden. Ferner muß jeder Koͤrper zuletzt aus Materie beſte- hen, deren einzelne Partikeln fuͤr ſich betrachtet nichts mehr als Materie ſind, das iſt, ohne Organiſation, als welche nur auf ihrer Verbindung beruhet. Es mag die Materie ins Unendliche theilbar ſeyn, wie ſie es ohne Zweifel in einem gewiſſen Verſtande iſt, wenigſtens in Hinſicht auf unſere menſchliche Faſſungskraft; und es mag alſo auch die Menge ihrer letzten Beſtandtheile groͤßer ſeyn, als wir auf irgend eine Art beſtimmen, oder durch irgend eine Zahl ausdruͤcken koͤnnen, und aus dem naͤmlichen Grunde die Organiſation ſo weit gehen, als man will, und ins Unendliche: ſo muß doch ein organiſirter Koͤrper als ein ſolcher vorgeſtellet wer- den, in welchem einzelne unorganiſche Partikeln auf eine gewiſſe Art mit einander verbunden ſind. Und die be- ſtimmte Art ihrer Verbindung macht ihre Organiſa- tion aus. Wenn nun die Maſſe oder Materie in einem ſolchen Koͤrper vermehret wird, ſo werden die hinzukommenden Partikeln mit den vorhandenen verbunden; und da die letzten Elemente wenigſtens undurchdringlich ſind, ſo muͤſſen *) Art. 40.

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/508>, abgerufen am 22.11.2024.