Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.und Entwickelung des Menschen. Beziehung auf die Lage der größern Theile in dem ent-wickelten Huhn hat? Die Ursachen in dem Keim mö- gen unbekannt seyn, ihre Wirkungen desgleichen, wie ihre Wirkungsgesetze: aber in welcher Beziehung stehen jene innern Ursachen der Bildung auf die Bildung, welche hervorgebracht wird? Wir wollen uns gerne mit einer allgemeinen Jdee von der Organisation, von der Erzeugung, dem Wachsthum und der Fortpflanzung behelfen, ohne das Besondere zu ergründen. Man darf kein Uhrmacher seyn, und kann doch einen Begriff von dem Mechanismus haben, wenn dieß gleich noch der besondere Begriff von dem Me- chanismus einer Uhr nicht ist. Nur die Außenlinien von dem Plan der Natur sollen gezogen werden. Macht die Natur, wenn sie organisirte Wesen hervorbringet, neue organisirte Theile, durch eine Zusammensetzung aus einer Materie, die nicht organisirt war; mittelst eines vorhandenen organisirten Körpers, der die Form hergab, oder ohne diesen? oder entstehen nirgends neue organisirte Massen; sondern sind solche, welche zu ent- stehen scheinen, nichts anders als dieselbigen, die schon im Kleinen und unsichtbar vorhanden waren, und die nur verlängert, verdickt, verfestiget, sichtbar geworden sind? Wenn aus dem Saamen eine Pflanze, und in dieser wiederum ein neuer Saamen erzeuget wird, ist denn dieser letztere Saamen von neuem gemacht worden? oder war er ein Theil des ersten Keims, der vergrößert und hervorgezogen nun den neuen Saamen ausmacht, in welchem ähnliche Theile eingewickelt liegen, die auf eine ähnliche Weise entwickelt werden? Oder wie ge- schieht es sonsten, daß organisirte Wesen ihres Gleichen hervorbringen? Dieß ist es nur, was man zu erken- nen sucht. Es ist "die Beziehung, welche die Keime "zu den entwickelten Körpern haben, ob und in wie weit "die letztern den erstern ähnlich oder unähnlich sind, oder "wie F f 2
und Entwickelung des Menſchen. Beziehung auf die Lage der groͤßern Theile in dem ent-wickelten Huhn hat? Die Urſachen in dem Keim moͤ- gen unbekannt ſeyn, ihre Wirkungen desgleichen, wie ihre Wirkungsgeſetze: aber in welcher Beziehung ſtehen jene innern Urſachen der Bildung auf die Bildung, welche hervorgebracht wird? Wir wollen uns gerne mit einer allgemeinen Jdee von der Organiſation, von der Erzeugung, dem Wachsthum und der Fortpflanzung behelfen, ohne das Beſondere zu ergruͤnden. Man darf kein Uhrmacher ſeyn, und kann doch einen Begriff von dem Mechanismus haben, wenn dieß gleich noch der beſondere Begriff von dem Me- chanismus einer Uhr nicht iſt. Nur die Außenlinien von dem Plan der Natur ſollen gezogen werden. Macht die Natur, wenn ſie organiſirte Weſen hervorbringet, neue organiſirte Theile, durch eine Zuſammenſetzung aus einer Materie, die nicht organiſirt war; mittelſt eines vorhandenen organiſirten Koͤrpers, der die Form hergab, oder ohne dieſen? oder entſtehen nirgends neue organiſirte Maſſen; ſondern ſind ſolche, welche zu ent- ſtehen ſcheinen, nichts anders als dieſelbigen, die ſchon im Kleinen und unſichtbar vorhanden waren, und die nur verlaͤngert, verdickt, verfeſtiget, ſichtbar geworden ſind? Wenn aus dem Saamen eine Pflanze, und in dieſer wiederum ein neuer Saamen erzeuget wird, iſt denn dieſer letztere Saamen von neuem gemacht worden? oder war er ein Theil des erſten Keims, der vergroͤßert und hervorgezogen nun den neuen Saamen ausmacht, in welchem aͤhnliche Theile eingewickelt liegen, die auf eine aͤhnliche Weiſe entwickelt werden? Oder wie ge- ſchieht es ſonſten, daß organiſirte Weſen ihres Gleichen hervorbringen? Dieß iſt es nur, was man zu erken- nen ſucht. Es iſt „die Beziehung, welche die Keime „zu den entwickelten Koͤrpern haben, ob und in wie weit „die letztern den erſtern aͤhnlich oder unaͤhnlich ſind, oder „wie F f 2
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Beziehung auf die Lage der groͤßern Theile in dem ent-
wickelten Huhn hat? Die Urſachen in dem Keim moͤ-
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ihre Wirkungsgeſetze: aber in welcher Beziehung
ſtehen jene innern Urſachen der Bildung auf die
Bildung, welche hervorgebracht wird? Wir
wollen uns gerne mit einer allgemeinen Jdee von der
Organiſation, von der Erzeugung, dem Wachsthum
und der Fortpflanzung behelfen, ohne das Beſondere
zu ergruͤnden. Man darf kein Uhrmacher ſeyn, und
kann doch einen Begriff von dem Mechanismus haben,
wenn dieß gleich noch der beſondere Begriff von dem Me-
chanismus einer Uhr nicht iſt. Nur die Außenlinien
von dem Plan der Natur ſollen gezogen werden. Macht
die Natur, wenn ſie organiſirte Weſen hervorbringet,
neue organiſirte Theile, durch eine Zuſammenſetzung
aus einer Materie, die nicht organiſirt war; mittelſt
eines vorhandenen organiſirten Koͤrpers, der die Form
hergab, oder ohne dieſen? oder entſtehen nirgends neue
organiſirte Maſſen; ſondern ſind ſolche, welche zu ent-
ſtehen ſcheinen, nichts anders als dieſelbigen, die ſchon
im Kleinen und unſichtbar vorhanden waren, und die
nur verlaͤngert, verdickt, verfeſtiget, ſichtbar geworden
ſind? Wenn aus dem Saamen eine Pflanze, und in
dieſer wiederum ein neuer Saamen erzeuget wird, iſt
denn dieſer letztere Saamen von neuem gemacht worden?
oder war er ein Theil des erſten Keims, der vergroͤßert
und hervorgezogen nun den neuen Saamen ausmacht,
in welchem aͤhnliche Theile eingewickelt liegen, die auf
eine aͤhnliche Weiſe entwickelt werden? Oder wie ge-
ſchieht es ſonſten, daß organiſirte Weſen ihres Gleichen
hervorbringen? Dieß iſt es nur, was man zu erken-
nen ſucht. Es iſt „die Beziehung, welche die Keime
„zu den entwickelten Koͤrpern haben, ob und in wie weit
„die letztern den erſtern aͤhnlich oder unaͤhnlich ſind, oder
„wie
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