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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

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und Freyheit.
als eine höhere Stufe ihrer Selbstthätigkeit, so darzule-
gen suchen, wie die bloße Beobachtung uns solche zeiget.
Dann will ich einige kurze Reflexionen und die Reihe
der allgemeinen Begriffe anfügen, worinn die metaphy-
sische Spekulation darüber enthalten ist. Diese sollen
das Mittel seyn, die dem Scheine nach unvertragbaren
Beobachtungen zu vereinigen, und den aus Empfindun-
gen gezogenen Begriff von der Freyheit seiner Schwie-
rigkeiten zu entledigen. Das erste sehe ich hier als die
Hauptsache an. Das letztere soll mehr eine bloße An-
gabe meiner Gedanken seyn, als ein polemischer Vor-
trag, der dahin gienge, anders denkende zu widerlegen;
und daher wundre man sich nicht, wenn man diese letz-
tern spekulativischen Sätze weniger mit Gründen unter-
stützet findet, als die erstern.

II.
Begriff von der Freyheit, oder von der Selbst-
macht der Seele über sich, auf den die Em-
pfindung führet.

1) Freyheit ist hier ein Vermögen, das nicht
zu thun, was man thut, oder es anders zu
thun, als man es thut. Folgen aus die-
sem Begriffe.

2) Daß wir ein solches Vermögen besitzen, ist
aus Beobachtungen erweislich.

3) Wie solches aus der Erfahrung bewiesen
werde. Woher die Fallazen der Empfin-
dungen hiebey entstehen können.

1.

Die Seele wirket in sich selbst, bestimmet und verän-
dert sich, so wie sie außer sich in den Körper wir-

ket.
A 3

und Freyheit.
als eine hoͤhere Stufe ihrer Selbſtthaͤtigkeit, ſo darzule-
gen ſuchen, wie die bloße Beobachtung uns ſolche zeiget.
Dann will ich einige kurze Reflexionen und die Reihe
der allgemeinen Begriffe anfuͤgen, worinn die metaphy-
ſiſche Spekulation daruͤber enthalten iſt. Dieſe ſollen
das Mittel ſeyn, die dem Scheine nach unvertragbaren
Beobachtungen zu vereinigen, und den aus Empfindun-
gen gezogenen Begriff von der Freyheit ſeiner Schwie-
rigkeiten zu entledigen. Das erſte ſehe ich hier als die
Hauptſache an. Das letztere ſoll mehr eine bloße An-
gabe meiner Gedanken ſeyn, als ein polemiſcher Vor-
trag, der dahin gienge, anders denkende zu widerlegen;
und daher wundre man ſich nicht, wenn man dieſe letz-
tern ſpekulativiſchen Saͤtze weniger mit Gruͤnden unter-
ſtuͤtzet findet, als die erſtern.

II.
Begriff von der Freyheit, oder von der Selbſt-
macht der Seele uͤber ſich, auf den die Em-
pfindung fuͤhret.

1) Freyheit iſt hier ein Vermoͤgen, das nicht
zu thun, was man thut, oder es anders zu
thun, als man es thut. Folgen aus die-
ſem Begriffe.

2) Daß wir ein ſolches Vermoͤgen beſitzen, iſt
aus Beobachtungen erweislich.

3) Wie ſolches aus der Erfahrung bewieſen
werde. Woher die Fallazen der Empfin-
dungen hiebey entſtehen koͤnnen.

1.

Die Seele wirket in ſich ſelbſt, beſtimmet und veraͤn-
dert ſich, ſo wie ſie außer ſich in den Koͤrper wir-

ket.
A 3
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[5/0035] und Freyheit. als eine hoͤhere Stufe ihrer Selbſtthaͤtigkeit, ſo darzule- gen ſuchen, wie die bloße Beobachtung uns ſolche zeiget. Dann will ich einige kurze Reflexionen und die Reihe der allgemeinen Begriffe anfuͤgen, worinn die metaphy- ſiſche Spekulation daruͤber enthalten iſt. Dieſe ſollen das Mittel ſeyn, die dem Scheine nach unvertragbaren Beobachtungen zu vereinigen, und den aus Empfindun- gen gezogenen Begriff von der Freyheit ſeiner Schwie- rigkeiten zu entledigen. Das erſte ſehe ich hier als die Hauptſache an. Das letztere ſoll mehr eine bloße An- gabe meiner Gedanken ſeyn, als ein polemiſcher Vor- trag, der dahin gienge, anders denkende zu widerlegen; und daher wundre man ſich nicht, wenn man dieſe letz- tern ſpekulativiſchen Saͤtze weniger mit Gruͤnden unter- ſtuͤtzet findet, als die erſtern. II. Begriff von der Freyheit, oder von der Selbſt- macht der Seele uͤber ſich, auf den die Em- pfindung fuͤhret. 1) Freyheit iſt hier ein Vermoͤgen, das nicht zu thun, was man thut, oder es anders zu thun, als man es thut. Folgen aus die- ſem Begriffe. 2) Daß wir ein ſolches Vermoͤgen beſitzen, iſt aus Beobachtungen erweislich. 3) Wie ſolches aus der Erfahrung bewieſen werde. Woher die Fallazen der Empfin- dungen hiebey entſtehen koͤnnen. 1. Die Seele wirket in ſich ſelbſt, beſtimmet und veraͤn- dert ſich, ſo wie ſie außer ſich in den Koͤrper wir- ket. A 3

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/35>, abgerufen am 21.11.2024.