Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

XIII. Versuch. Ueber das Seelenwesen
Grund haben, weil diese mit einer Empfindung ver-
knüpfet ist, die von außen her unauf hörlich in uns ver-
neuert wird. Das Geblüt behält noch einige Zeit seine
Wallungen, und der Magen kocht noch etwas fort,
wenn gleich der Zorn vorüber ist. Jn diesen Umstän-
den mag die Seele die Vorstellung von einer empfange-
nen Beleidigung einen Augenblick unterdrücken; und dieß
vermag sie; aber weil die Bewegungen im Körper noch
immer dieselbigen dunklen Empfindungen wieder er-
neuern, die in dem ganzen Affekt enthalten waren: so
stellen sich auch die Jdeen von dem Beleidiger und von der
Beleidigung, die noch eben vorher so innig mit jenen
Jmpressionen associirt waren, nach dem Gesetz der As-
sociation wieder dar, das die Seele nicht auf heben
kann. Auf diese Art lassen sich die obgedachten Beob-
achtungen noch erklären; und dann steht die Meinung,
daß alle Vorstellungen nur allein in der Seele und von
der Seele reproduciret werden, wo auch allein ihr Sitz
ist, noch an derselbigen Stelle, wo sie vorhero stand.

VII.
Von der zwoten Bonnetischen Hypothese; von
dem Sitz der Vorstellungen im Gehirn, und
von dem Vermögen des Gehirns sie zu
reproduciren.

1) Auszug der Bonnetischen Analysis.
2) Prüfung dieser Hypothese. Sie hebt |die
Freyheit der Seele nicht auf.

3) Prüfung des ersten Grundsatzes. Ob es
eine allgemeine Eigenschaft organisirter Kör-
per sey, daß Eindrücke auf sie gewisse Dispo-
sitionen hinterlassen, die empfangenen Be-
wegungen nachher leichter anzunehmen?

4) Prü-

XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
Grund haben, weil dieſe mit einer Empfindung ver-
knuͤpfet iſt, die von außen her unauf hoͤrlich in uns ver-
neuert wird. Das Gebluͤt behaͤlt noch einige Zeit ſeine
Wallungen, und der Magen kocht noch etwas fort,
wenn gleich der Zorn voruͤber iſt. Jn dieſen Umſtaͤn-
den mag die Seele die Vorſtellung von einer empfange-
nen Beleidigung einen Augenblick unterdruͤcken; und dieß
vermag ſie; aber weil die Bewegungen im Koͤrper noch
immer dieſelbigen dunklen Empfindungen wieder er-
neuern, die in dem ganzen Affekt enthalten waren: ſo
ſtellen ſich auch die Jdeen von dem Beleidiger und von der
Beleidigung, die noch eben vorher ſo innig mit jenen
Jmpreſſionen aſſociirt waren, nach dem Geſetz der Aſ-
ſociation wieder dar, das die Seele nicht auf heben
kann. Auf dieſe Art laſſen ſich die obgedachten Beob-
achtungen noch erklaͤren; und dann ſteht die Meinung,
daß alle Vorſtellungen nur allein in der Seele und von
der Seele reproduciret werden, wo auch allein ihr Sitz
iſt, noch an derſelbigen Stelle, wo ſie vorhero ſtand.

VII.
Von der zwoten Bonnetiſchen Hypotheſe; von
dem Sitz der Vorſtellungen im Gehirn, und
von dem Vermoͤgen des Gehirns ſie zu
reproduciren.

1) Auszug der Bonnetiſchen Analyſis.
2) Pruͤfung dieſer Hypotheſe. Sie hebt |die
Freyheit der Seele nicht auf.

3) Pruͤfung des erſten Grundſatzes. Ob es
eine allgemeine Eigenſchaft organiſirter Koͤr-
per ſey, daß Eindruͤcke auf ſie gewiſſe Diſpo-
ſitionen hinterlaſſen, die empfangenen Be-
wegungen nachher leichter anzunehmen?

4) Pruͤ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0268" n="238"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XIII.</hi> Ver&#x017F;uch. Ueber das Seelenwe&#x017F;en</hi></fw><lb/>
Grund haben, weil die&#x017F;e mit einer Empfindung ver-<lb/>
knu&#x0364;pfet i&#x017F;t, die von außen her unauf ho&#x0364;rlich in uns ver-<lb/>
neuert wird. Das Geblu&#x0364;t beha&#x0364;lt noch einige Zeit &#x017F;eine<lb/>
Wallungen, und der Magen kocht noch etwas fort,<lb/>
wenn gleich der Zorn voru&#x0364;ber i&#x017F;t. Jn die&#x017F;en Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
den mag die Seele die Vor&#x017F;tellung von einer empfange-<lb/>
nen Beleidigung einen Augenblick unterdru&#x0364;cken; und dieß<lb/>
vermag &#x017F;ie; aber weil die Bewegungen im Ko&#x0364;rper noch<lb/>
immer die&#x017F;elbigen dunklen Empfindungen wieder er-<lb/>
neuern, die in dem ganzen Affekt enthalten waren: &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tellen &#x017F;ich auch die Jdeen von dem Beleidiger und von der<lb/>
Beleidigung, die noch eben vorher &#x017F;o innig mit jenen<lb/>
Jmpre&#x017F;&#x017F;ionen a&#x017F;&#x017F;ociirt waren, nach dem Ge&#x017F;etz der A&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ociation wieder dar, das die Seele nicht auf heben<lb/>
kann. Auf die&#x017F;e Art la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die obgedachten Beob-<lb/>
achtungen noch erkla&#x0364;ren; und dann &#x017F;teht die Meinung,<lb/>
daß alle Vor&#x017F;tellungen nur allein in der Seele und von<lb/>
der Seele reproduciret werden, wo auch allein ihr Sitz<lb/>
i&#x017F;t, noch an der&#x017F;elbigen Stelle, wo &#x017F;ie vorhero &#x017F;tand.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/>
Von der zwoten Bonneti&#x017F;chen Hypothe&#x017F;e; von<lb/>
dem Sitz der Vor&#x017F;tellungen im Gehirn, und<lb/>
von dem Vermo&#x0364;gen des Gehirns &#x017F;ie zu<lb/>
reproduciren.</head><lb/>
          <argument>
            <p>
              <list>
                <item>1) <hi rendition="#fr">Auszug der Bonneti&#x017F;chen Analy&#x017F;is.</hi></item><lb/>
                <item>2) <hi rendition="#fr">Pru&#x0364;fung die&#x017F;er Hypothe&#x017F;e. Sie hebt |die<lb/>
Freyheit der Seele nicht auf.</hi></item><lb/>
                <item>3) <hi rendition="#fr">Pru&#x0364;fung des er&#x017F;ten Grund&#x017F;atzes. Ob es<lb/>
eine allgemeine Eigen&#x017F;chaft organi&#x017F;irter Ko&#x0364;r-<lb/>
per &#x017F;ey, daß Eindru&#x0364;cke auf &#x017F;ie gewi&#x017F;&#x017F;e Di&#x017F;po-<lb/>
&#x017F;itionen hinterla&#x017F;&#x017F;en, die empfangenen Be-<lb/>
wegungen nachher leichter anzunehmen?</hi></item>
              </list><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">4) <hi rendition="#fr">Pru&#x0364;-</hi></fw><lb/>
            </p>
          </argument>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0268] XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen Grund haben, weil dieſe mit einer Empfindung ver- knuͤpfet iſt, die von außen her unauf hoͤrlich in uns ver- neuert wird. Das Gebluͤt behaͤlt noch einige Zeit ſeine Wallungen, und der Magen kocht noch etwas fort, wenn gleich der Zorn voruͤber iſt. Jn dieſen Umſtaͤn- den mag die Seele die Vorſtellung von einer empfange- nen Beleidigung einen Augenblick unterdruͤcken; und dieß vermag ſie; aber weil die Bewegungen im Koͤrper noch immer dieſelbigen dunklen Empfindungen wieder er- neuern, die in dem ganzen Affekt enthalten waren: ſo ſtellen ſich auch die Jdeen von dem Beleidiger und von der Beleidigung, die noch eben vorher ſo innig mit jenen Jmpreſſionen aſſociirt waren, nach dem Geſetz der Aſ- ſociation wieder dar, das die Seele nicht auf heben kann. Auf dieſe Art laſſen ſich die obgedachten Beob- achtungen noch erklaͤren; und dann ſteht die Meinung, daß alle Vorſtellungen nur allein in der Seele und von der Seele reproduciret werden, wo auch allein ihr Sitz iſt, noch an derſelbigen Stelle, wo ſie vorhero ſtand. VII. Von der zwoten Bonnetiſchen Hypotheſe; von dem Sitz der Vorſtellungen im Gehirn, und von dem Vermoͤgen des Gehirns ſie zu reproduciren. 1) Auszug der Bonnetiſchen Analyſis. 2) Pruͤfung dieſer Hypotheſe. Sie hebt |die Freyheit der Seele nicht auf. 3) Pruͤfung des erſten Grundſatzes. Ob es eine allgemeine Eigenſchaft organiſirter Koͤr- per ſey, daß Eindruͤcke auf ſie gewiſſe Diſpo- ſitionen hinterlaſſen, die empfangenen Be- wegungen nachher leichter anzunehmen? 4) Pruͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/268
Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/268>, abgerufen am 24.11.2024.