vorbringen, und die alsdann, wann wir |empfinden, auf das modificirte Gehirn zurückwirken, sondern es ist auch ein Haufe von Wesen da, in welchen diese Re- aktionen in ihren Folgen vereiniget werden und in ein Gefühl übergehen. Nur das Ganze zusammen, nur alle Theile in Verbindung mögen das Ding seyn, wel- ches die sich vereinigenden Aktus hervorbringet; aber diese Aktus sind vor ihrer Vereinigung kein Gefühl; das Gefühl ist nur in jedem einzelnen Theil, da wo die Kollektion geschieht. Der fühlenden Wesen giebt es also so viele, als es solche kolligirende substanzielle Einheiten giebt. Fühlen, insofern es eine Kolligiren anderer uns unbekannter Modifikationen, oder wenn man will, von Bewegungen ist, muß dennoch ein Aktus einer einfachen Substanz seyn, so wie Ge- wahrnehmen und Wollen. Aber deswegen darf es kein einfacher Aktus seyn. Es ist erlaubt, sich seinen An- fang, seine Mitte und sein Ende als unterscheidbar vorzustellen, und sogar eine unendliche Mannichfaltig- keit in demselben anzunehmen; aber es ist ein Aktus einer einfachen, alles dieses in Einem, das ist, in sich selbst vereinigenden Kraft.
Wird es zugegeben, daß die einzelnen Aktus der einfachen Wesen bey dem Gefühl, selbst schon mit dem Gefühl homogene Handlungen sind, so bedarf es keiner weitern Frage, ob es nicht mehrere fühlende Wesen ge- be? Jn dieser Voraussetzung würde das Fühlen eine absolute Aktion seyn, die nicht in einer Kollektion meh- rerer in Einem bestehet. Alsdann würde nur noch zu untersuchen seyn, ob alle diese einzelnen Gefühlshand- lungen gleichermaßen in jeder einzelnen fühlenden Ein- heit sich vereinigten, und also in jeder ein kollektives Ganzes ausmachten? Aber wenn irgendwo ein subjekti- vischer Schein des ganzen zusammengesetzten Gefühls seyn soll; wenn die einzelnen Gefühlsaktus der Theile
von
XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
vorbringen, und die alsdann, wann wir |empfinden, auf das modificirte Gehirn zuruͤckwirken, ſondern es iſt auch ein Haufe von Weſen da, in welchen dieſe Re- aktionen in ihren Folgen vereiniget werden und in ein Gefuͤhl uͤbergehen. Nur das Ganze zuſammen, nur alle Theile in Verbindung moͤgen das Ding ſeyn, wel- ches die ſich vereinigenden Aktus hervorbringet; aber dieſe Aktus ſind vor ihrer Vereinigung kein Gefuͤhl; das Gefuͤhl iſt nur in jedem einzelnen Theil, da wo die Kollektion geſchieht. Der fuͤhlenden Weſen giebt es alſo ſo viele, als es ſolche kolligirende ſubſtanzielle Einheiten giebt. Fuͤhlen, inſofern es eine Kolligiren anderer uns unbekannter Modifikationen, oder wenn man will, von Bewegungen iſt, muß dennoch ein Aktus einer einfachen Subſtanz ſeyn, ſo wie Ge- wahrnehmen und Wollen. Aber deswegen darf es kein einfacher Aktus ſeyn. Es iſt erlaubt, ſich ſeinen An- fang, ſeine Mitte und ſein Ende als unterſcheidbar vorzuſtellen, und ſogar eine unendliche Mannichfaltig- keit in demſelben anzunehmen; aber es iſt ein Aktus einer einfachen, alles dieſes in Einem, das iſt, in ſich ſelbſt vereinigenden Kraft.
Wird es zugegeben, daß die einzelnen Aktus der einfachen Weſen bey dem Gefuͤhl, ſelbſt ſchon mit dem Gefuͤhl homogene Handlungen ſind, ſo bedarf es keiner weitern Frage, ob es nicht mehrere fuͤhlende Weſen ge- be? Jn dieſer Vorausſetzung wuͤrde das Fuͤhlen eine abſolute Aktion ſeyn, die nicht in einer Kollektion meh- rerer in Einem beſtehet. Alsdann wuͤrde nur noch zu unterſuchen ſeyn, ob alle dieſe einzelnen Gefuͤhlshand- lungen gleichermaßen in jeder einzelnen fuͤhlenden Ein- heit ſich vereinigten, und alſo in jeder ein kollektives Ganzes ausmachten? Aber wenn irgendwo ein ſubjekti- viſcher Schein des ganzen zuſammengeſetzten Gefuͤhls ſeyn ſoll; wenn die einzelnen Gefuͤhlsaktus der Theile
von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0238"n="208"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XIII.</hi> Verſuch. Ueber das Seelenweſen</hi></fw><lb/>
vorbringen, und die alsdann, wann wir |empfinden,<lb/>
auf das modificirte Gehirn zuruͤckwirken, ſondern es iſt<lb/>
auch ein Haufe von Weſen da, in welchen dieſe Re-<lb/>
aktionen in ihren Folgen vereiniget werden und in ein<lb/>
Gefuͤhl uͤbergehen. Nur das Ganze zuſammen, nur<lb/>
alle Theile in Verbindung moͤgen das Ding ſeyn, wel-<lb/>
ches die ſich vereinigenden Aktus hervorbringet; aber<lb/>
dieſe Aktus ſind vor ihrer Vereinigung kein Gefuͤhl; das<lb/>
Gefuͤhl iſt nur in jedem einzelnen Theil, da wo die<lb/>
Kollektion geſchieht. Der <hirendition="#fr">fuͤhlenden</hi> Weſen giebt<lb/>
es alſo ſo viele, als es ſolche kolligirende ſubſtanzielle<lb/>
Einheiten giebt. <hirendition="#fr">Fuͤhlen,</hi> inſofern es eine Kolligiren<lb/>
anderer uns unbekannter Modifikationen, oder wenn<lb/>
man will, von Bewegungen iſt, muß dennoch <hirendition="#fr">ein<lb/>
Aktus einer einfachen Subſtanz</hi>ſeyn, ſo wie Ge-<lb/>
wahrnehmen und Wollen. Aber deswegen darf es kein<lb/>
einfacher Aktus ſeyn. Es iſt erlaubt, ſich ſeinen An-<lb/>
fang, ſeine Mitte und ſein Ende als unterſcheidbar<lb/>
vorzuſtellen, und ſogar eine unendliche Mannichfaltig-<lb/>
keit in demſelben anzunehmen; aber es iſt ein <hirendition="#fr">Aktus<lb/>
einer einfachen, alles dieſes</hi> in Einem, das iſt, in<lb/><hirendition="#fr">ſich ſelbſt vereinigenden Kraft.</hi></p><lb/><p>Wird es zugegeben, daß die einzelnen Aktus der<lb/>
einfachen Weſen bey dem Gefuͤhl, ſelbſt ſchon mit dem<lb/>
Gefuͤhl homogene Handlungen ſind, ſo bedarf es keiner<lb/>
weitern Frage, ob es nicht mehrere fuͤhlende Weſen ge-<lb/>
be? Jn dieſer Vorausſetzung wuͤrde das Fuͤhlen eine<lb/><hirendition="#fr">abſolute</hi> Aktion ſeyn, die nicht in einer Kollektion meh-<lb/>
rerer in Einem beſtehet. Alsdann wuͤrde nur noch zu<lb/>
unterſuchen ſeyn, ob alle dieſe einzelnen Gefuͤhlshand-<lb/>
lungen gleichermaßen in jeder einzelnen fuͤhlenden Ein-<lb/>
heit ſich vereinigten, und alſo in jeder ein kollektives<lb/>
Ganzes ausmachten? Aber wenn irgendwo ein ſubjekti-<lb/>
viſcher Schein des ganzen zuſammengeſetzten Gefuͤhls<lb/>ſeyn ſoll; wenn die einzelnen Gefuͤhlsaktus der Theile<lb/><fwplace="bottom"type="catch">von</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[208/0238]
XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
vorbringen, und die alsdann, wann wir |empfinden,
auf das modificirte Gehirn zuruͤckwirken, ſondern es iſt
auch ein Haufe von Weſen da, in welchen dieſe Re-
aktionen in ihren Folgen vereiniget werden und in ein
Gefuͤhl uͤbergehen. Nur das Ganze zuſammen, nur
alle Theile in Verbindung moͤgen das Ding ſeyn, wel-
ches die ſich vereinigenden Aktus hervorbringet; aber
dieſe Aktus ſind vor ihrer Vereinigung kein Gefuͤhl; das
Gefuͤhl iſt nur in jedem einzelnen Theil, da wo die
Kollektion geſchieht. Der fuͤhlenden Weſen giebt
es alſo ſo viele, als es ſolche kolligirende ſubſtanzielle
Einheiten giebt. Fuͤhlen, inſofern es eine Kolligiren
anderer uns unbekannter Modifikationen, oder wenn
man will, von Bewegungen iſt, muß dennoch ein
Aktus einer einfachen Subſtanz ſeyn, ſo wie Ge-
wahrnehmen und Wollen. Aber deswegen darf es kein
einfacher Aktus ſeyn. Es iſt erlaubt, ſich ſeinen An-
fang, ſeine Mitte und ſein Ende als unterſcheidbar
vorzuſtellen, und ſogar eine unendliche Mannichfaltig-
keit in demſelben anzunehmen; aber es iſt ein Aktus
einer einfachen, alles dieſes in Einem, das iſt, in
ſich ſelbſt vereinigenden Kraft.
Wird es zugegeben, daß die einzelnen Aktus der
einfachen Weſen bey dem Gefuͤhl, ſelbſt ſchon mit dem
Gefuͤhl homogene Handlungen ſind, ſo bedarf es keiner
weitern Frage, ob es nicht mehrere fuͤhlende Weſen ge-
be? Jn dieſer Vorausſetzung wuͤrde das Fuͤhlen eine
abſolute Aktion ſeyn, die nicht in einer Kollektion meh-
rerer in Einem beſtehet. Alsdann wuͤrde nur noch zu
unterſuchen ſeyn, ob alle dieſe einzelnen Gefuͤhlshand-
lungen gleichermaßen in jeder einzelnen fuͤhlenden Ein-
heit ſich vereinigten, und alſo in jeder ein kollektives
Ganzes ausmachten? Aber wenn irgendwo ein ſubjekti-
viſcher Schein des ganzen zuſammengeſetzten Gefuͤhls
ſeyn ſoll; wenn die einzelnen Gefuͤhlsaktus der Theile
von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/238>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.