nem gewissen unterschiedenen Theile des Körpers, und, wenn ich höre, in Verbindung mit einem andern Theile des Körpers. Jst es so, so wird folgen, daß das ganze Ding, welches verändert wird, wenn ich sehe, nicht dasselbige ist mit dem Ganzen, welches verändert wird, wenn ich höre, u. s. f. Allein so viel ist offenbar, es ist Ein Ding vorhanden, was ich vorzugsweise mein Jch nenne, und dieß ist in allen den genannten Seelenäuße- rungen immer ebendasselbige.
Dieß erstrecket sich auf die kleinsten und einfachsten Handlungen und Leidenheiten, deren ich mir bewußt bin. Jch bin dasselbige Jch, welches das ganze Gemälde übersieht, und welches einen einfachen Strich darauf ge- wahr wird; dasselbige, was in solchen Fällen, wo wir sagen, daß wir mit uns selbst uneins sind, bald zum Beyfall, dann zur Abstimmung sich neiget; jetzt zum Wollen, und im Augenblick darauf, ehe der Entschluß sich völlig entwickelt, wieder zum Nichtwollen gereizet wird.
Dieß wichtige Datum läßt doch zunächst so viel deutlich einsehen. Wenn auch das Jch ein aus meh- rern einfachen Wesen bestehendes Ganze ist, so muß zwischen den substanziellen Einheiten, woraus es besteht, eine durchgängige und einige Vereinigung statt finden. Jede merkbare Veränderung des Einen Theils muß sich durch das Ganze verbreiten, und alle übrigen Be- standtheile daran Antheil nehmen lassen. Denn wollte man sich vorstellen, daß etwan Einem der Bestandtheile unsers Jchs das Sehen, und einem andern das Hören ausschließungsweise zukomme; daß also die mancherley Geschäffte der Seele zwischen diesem Wesen so vertheilet sind, wie die Geschäffte eines Kollegiums zwischen meh- rern Mitgliedern desselben, davon jeder für sich in sei- nem eigenen Fach arbeitet, ohne daß der andere an sei- nen meisten Verrichtungen Antheil nimmt; so haben
wir
XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
nem gewiſſen unterſchiedenen Theile des Koͤrpers, und, wenn ich hoͤre, in Verbindung mit einem andern Theile des Koͤrpers. Jſt es ſo, ſo wird folgen, daß das ganze Ding, welches veraͤndert wird, wenn ich ſehe, nicht daſſelbige iſt mit dem Ganzen, welches veraͤndert wird, wenn ich hoͤre, u. ſ. f. Allein ſo viel iſt offenbar, es iſt Ein Ding vorhanden, was ich vorzugsweiſe mein Jch nenne, und dieß iſt in allen den genannten Seelenaͤuße- rungen immer ebendaſſelbige.
Dieß erſtrecket ſich auf die kleinſten und einfachſten Handlungen und Leidenheiten, deren ich mir bewußt bin. Jch bin daſſelbige Jch, welches das ganze Gemaͤlde uͤberſieht, und welches einen einfachen Strich darauf ge- wahr wird; daſſelbige, was in ſolchen Faͤllen, wo wir ſagen, daß wir mit uns ſelbſt uneins ſind, bald zum Beyfall, dann zur Abſtimmung ſich neiget; jetzt zum Wollen, und im Augenblick darauf, ehe der Entſchluß ſich voͤllig entwickelt, wieder zum Nichtwollen gereizet wird.
Dieß wichtige Datum laͤßt doch zunaͤchſt ſo viel deutlich einſehen. Wenn auch das Jch ein aus meh- rern einfachen Weſen beſtehendes Ganze iſt, ſo muß zwiſchen den ſubſtanziellen Einheiten, woraus es beſteht, eine durchgaͤngige und einige Vereinigung ſtatt finden. Jede merkbare Veraͤnderung des Einen Theils muß ſich durch das Ganze verbreiten, und alle uͤbrigen Be- ſtandtheile daran Antheil nehmen laſſen. Denn wollte man ſich vorſtellen, daß etwan Einem der Beſtandtheile unſers Jchs das Sehen, und einem andern das Hoͤren ausſchließungsweiſe zukomme; daß alſo die mancherley Geſchaͤffte der Seele zwiſchen dieſem Weſen ſo vertheilet ſind, wie die Geſchaͤffte eines Kollegiums zwiſchen meh- rern Mitgliedern deſſelben, davon jeder fuͤr ſich in ſei- nem eigenen Fach arbeitet, ohne daß der andere an ſei- nen meiſten Verrichtungen Antheil nimmt; ſo haben
wir
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XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
nem gewiſſen unterſchiedenen Theile des Koͤrpers, und,
wenn ich hoͤre, in Verbindung mit einem andern Theile
des Koͤrpers. Jſt es ſo, ſo wird folgen, daß das ganze
Ding, welches veraͤndert wird, wenn ich ſehe, nicht
daſſelbige iſt mit dem Ganzen, welches veraͤndert wird,
wenn ich hoͤre, u. ſ. f. Allein ſo viel iſt offenbar, es iſt
Ein Ding vorhanden, was ich vorzugsweiſe mein Jch
nenne, und dieß iſt in allen den genannten Seelenaͤuße-
rungen immer ebendaſſelbige.
Dieß erſtrecket ſich auf die kleinſten und einfachſten
Handlungen und Leidenheiten, deren ich mir bewußt bin.
Jch bin daſſelbige Jch, welches das ganze Gemaͤlde
uͤberſieht, und welches einen einfachen Strich darauf ge-
wahr wird; daſſelbige, was in ſolchen Faͤllen, wo wir
ſagen, daß wir mit uns ſelbſt uneins ſind, bald zum
Beyfall, dann zur Abſtimmung ſich neiget; jetzt zum
Wollen, und im Augenblick darauf, ehe der Entſchluß
ſich voͤllig entwickelt, wieder zum Nichtwollen gereizet
wird.
Dieß wichtige Datum laͤßt doch zunaͤchſt ſo viel
deutlich einſehen. Wenn auch das Jch ein aus meh-
rern einfachen Weſen beſtehendes Ganze iſt, ſo muß
zwiſchen den ſubſtanziellen Einheiten, woraus es beſteht,
eine durchgaͤngige und einige Vereinigung ſtatt finden.
Jede merkbare Veraͤnderung des Einen Theils muß
ſich durch das Ganze verbreiten, und alle uͤbrigen Be-
ſtandtheile daran Antheil nehmen laſſen. Denn wollte
man ſich vorſtellen, daß etwan Einem der Beſtandtheile
unſers Jchs das Sehen, und einem andern das Hoͤren
ausſchließungsweiſe zukomme; daß alſo die mancherley
Geſchaͤffte der Seele zwiſchen dieſem Weſen ſo vertheilet
ſind, wie die Geſchaͤffte eines Kollegiums zwiſchen meh-
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nem eigenen Fach arbeitet, ohne daß der andere an ſei-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/222>, abgerufen am 24.11.2024.
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