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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

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XIII. Versuch. Ueber das Seelenwesen
men vortragen, wenn man die Substanz oder das
Substanziale in ihr, dem Jnbegriff aller Beschaf-
fenheiten entgegensetzte, und jenes als eine gewisse
Grundlage sich vorstellte, worauf die Beschaffenheiten
aufgeklebet, und mit dem insbesondere das Wesen,
oder die Form, oder die Grundbeschaffenheiten un-
zertrennlich vereiniget wären. Nach der Entste-
hungsart dieser Gemeinbegriffe, kann man die Be-
ziehung der absoluten Beschaffenheiten in den Sub-
stanzen auf die Substanz selbst nicht besser vorstellen,
als wenn man sie für das ansieht, was die einzelnen un-
terscheidbaren Punkte eines Kontinuums in dem Ganzen
sind. Nicht Theile, aus denen das Ganze, wie ein
Körper aus seinen Stücken, zusammengesetzt ist oder zu-
sammengesetzet werden könnte, sondern wie so etwas,
das zusammen ein Eins ausmacht, und das einzeln ge-
nommen, nur unterscheidbare Stellen und Züge in dem
Eins sind.

Eine solche substanzielle Einheit besitzet also nur Eine
und dieselbige Kraft; und wenn gleich eine Veränderung
in ihr nicht ebendieselbe ist, wie eine andere, so sind
doch beide in demselbigen Dinge. Jeder Eindruck an
jeder Seite, auf jeden Punkt ist zugleich ein Eindruck
aufs Ganze, verbreitet sich durchs Ganze, und ist nur
zuerst unmittelbar eine Modifikation an Einer Stelle,
aber zugleich eine Modifikation an allen, die durch alle
Punkte geht, und in einem und demselbigen Dinge sich
eräugnet.

Jst dagegen ein Ding aus mehrern substanziellen
Einheiten zusammengesetzt, wie die Körper sind, so zieht
zwar die Vereinigung der Theile unter einander die
Folge nach sich, daß jeder Eindruck auf einen Theil sich
durch das Ganze verbreitet; aber da diese Theile für
sich bestehende unterschiedene Wesen sind: so ist doch
niemals die gesammte Modifikation, die in dem Gan-

zen

XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
men vortragen, wenn man die Subſtanz oder das
Subſtanziale in ihr, dem Jnbegriff aller Beſchaf-
fenheiten entgegenſetzte, und jenes als eine gewiſſe
Grundlage ſich vorſtellte, worauf die Beſchaffenheiten
aufgeklebet, und mit dem insbeſondere das Weſen,
oder die Form, oder die Grundbeſchaffenheiten un-
zertrennlich vereiniget waͤren. Nach der Entſte-
hungsart dieſer Gemeinbegriffe, kann man die Be-
ziehung der abſoluten Beſchaffenheiten in den Sub-
ſtanzen auf die Subſtanz ſelbſt nicht beſſer vorſtellen,
als wenn man ſie fuͤr das anſieht, was die einzelnen un-
terſcheidbaren Punkte eines Kontinuums in dem Ganzen
ſind. Nicht Theile, aus denen das Ganze, wie ein
Koͤrper aus ſeinen Stuͤcken, zuſammengeſetzt iſt oder zu-
ſammengeſetzet werden koͤnnte, ſondern wie ſo etwas,
das zuſammen ein Eins ausmacht, und das einzeln ge-
nommen, nur unterſcheidbare Stellen und Zuͤge in dem
Eins ſind.

Eine ſolche ſubſtanzielle Einheit beſitzet alſo nur Eine
und dieſelbige Kraft; und wenn gleich eine Veraͤnderung
in ihr nicht ebendieſelbe iſt, wie eine andere, ſo ſind
doch beide in demſelbigen Dinge. Jeder Eindruck an
jeder Seite, auf jeden Punkt iſt zugleich ein Eindruck
aufs Ganze, verbreitet ſich durchs Ganze, und iſt nur
zuerſt unmittelbar eine Modifikation an Einer Stelle,
aber zugleich eine Modifikation an allen, die durch alle
Punkte geht, und in einem und demſelbigen Dinge ſich
eraͤugnet.

Jſt dagegen ein Ding aus mehrern ſubſtanziellen
Einheiten zuſammengeſetzt, wie die Koͤrper ſind, ſo zieht
zwar die Vereinigung der Theile unter einander die
Folge nach ſich, daß jeder Eindruck auf einen Theil ſich
durch das Ganze verbreitet; aber da dieſe Theile fuͤr
ſich beſtehende unterſchiedene Weſen ſind: ſo iſt doch
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zen
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[188/0218] XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen men vortragen, wenn man die Subſtanz oder das Subſtanziale in ihr, dem Jnbegriff aller Beſchaf- fenheiten entgegenſetzte, und jenes als eine gewiſſe Grundlage ſich vorſtellte, worauf die Beſchaffenheiten aufgeklebet, und mit dem insbeſondere das Weſen, oder die Form, oder die Grundbeſchaffenheiten un- zertrennlich vereiniget waͤren. Nach der Entſte- hungsart dieſer Gemeinbegriffe, kann man die Be- ziehung der abſoluten Beſchaffenheiten in den Sub- ſtanzen auf die Subſtanz ſelbſt nicht beſſer vorſtellen, als wenn man ſie fuͤr das anſieht, was die einzelnen un- terſcheidbaren Punkte eines Kontinuums in dem Ganzen ſind. Nicht Theile, aus denen das Ganze, wie ein Koͤrper aus ſeinen Stuͤcken, zuſammengeſetzt iſt oder zu- ſammengeſetzet werden koͤnnte, ſondern wie ſo etwas, das zuſammen ein Eins ausmacht, und das einzeln ge- nommen, nur unterſcheidbare Stellen und Zuͤge in dem Eins ſind. Eine ſolche ſubſtanzielle Einheit beſitzet alſo nur Eine und dieſelbige Kraft; und wenn gleich eine Veraͤnderung in ihr nicht ebendieſelbe iſt, wie eine andere, ſo ſind doch beide in demſelbigen Dinge. Jeder Eindruck an jeder Seite, auf jeden Punkt iſt zugleich ein Eindruck aufs Ganze, verbreitet ſich durchs Ganze, und iſt nur zuerſt unmittelbar eine Modifikation an Einer Stelle, aber zugleich eine Modifikation an allen, die durch alle Punkte geht, und in einem und demſelbigen Dinge ſich eraͤugnet. Jſt dagegen ein Ding aus mehrern ſubſtanziellen Einheiten zuſammengeſetzt, wie die Koͤrper ſind, ſo zieht zwar die Vereinigung der Theile unter einander die Folge nach ſich, daß jeder Eindruck auf einen Theil ſich durch das Ganze verbreitet; aber da dieſe Theile fuͤr ſich beſtehende unterſchiedene Weſen ſind: ſo iſt doch niemals die geſammte Modifikation, die in dem Gan- zen

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/218>, abgerufen am 24.11.2024.