hung von einem innern Widerspruch frey seyn, sondern es wird zugleich angenommen, daß eine Kraft wirklich existire, welche das nöthige Vermögen, sie hervorzubrin- gen, besitze. Man kann freylich auch wohl jene absolute Möglichkeit, daß nämlich die Sache werden könne, wenn nur eine Kraft da wäre, die sie hervorzubringen das Vermögen hätte, als ihre absolute Möglichkeit zu werden, oder als ihre innere Machbarkeit ansehen; allein die nähere Möglichkeit, daß sie gemacht und hervorgebracht werden kann, setzet die dazu erfoderliche Kraft als schon existirend voraus. Soll also nach die- sen Begriffen nur alsdenn die ursachliche Verbindung für zufällig gehalten werden, wenn wirkliche Kräfte mit hinreichendem Vermögen vorhanden sind, die unter den angenommenen Umständen dazwischen kommen, und den Effekt verhindern können, so ist diejenige Zufällig- keit, welche in den Verknüpfungen der Körperwelt an- getroffen wird, nichts mehr als eine äußere Zufällig- keit, die sich auf eine äußere Ursache beziehet, welche an- derswoher dazwischen kommen kann.
Daher ist auch diese Zufälligkeit in der Verknü- pfung nicht mehr da, wenn diese Bedingung nur hin- zugesetzt wird, daß von außen nichts in den Weg tre- te. Wirf den Funken in das trockne Pulver, und nimm an, es sey außer diesen beiden in einander wir- kenden Dingen und den sonstigen gewöhnlichen Umstän- den nichts weiter vorhanden, was der zündenden Kraft des Feuers, und dem Feuerfangen und Zerplatzen des Pulvers sich entgegensetze, so ist genug angenommen. Die Wirkung erfolget, und erfolget nothwendig unter diesen Voraussetzungen.
Dagegen, wenn eine freye Ursache wirket, so ist es möglich, daß die Aktion unterbrochen oder verhindert werde, wegen des Vermögens zu dem Gegentheil, das dem handelnden Wesen selbst zukommt. Laß die freye Ursache wirken, so kann die Wirkung ausbleiben, nicht
nur
XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
hung von einem innern Widerſpruch frey ſeyn, ſondern es wird zugleich angenommen, daß eine Kraft wirklich exiſtire, welche das noͤthige Vermoͤgen, ſie hervorzubrin- gen, beſitze. Man kann freylich auch wohl jene abſolute Moͤglichkeit, daß naͤmlich die Sache werden koͤnne, wenn nur eine Kraft da waͤre, die ſie hervorzubringen das Vermoͤgen haͤtte, als ihre abſolute Moͤglichkeit zu werden, oder als ihre innere Machbarkeit anſehen; allein die naͤhere Moͤglichkeit, daß ſie gemacht und hervorgebracht werden kann, ſetzet die dazu erfoderliche Kraft als ſchon exiſtirend voraus. Soll alſo nach die- ſen Begriffen nur alsdenn die urſachliche Verbindung fuͤr zufaͤllig gehalten werden, wenn wirkliche Kraͤfte mit hinreichendem Vermoͤgen vorhanden ſind, die unter den angenommenen Umſtaͤnden dazwiſchen kommen, und den Effekt verhindern koͤnnen, ſo iſt diejenige Zufaͤllig- keit, welche in den Verknuͤpfungen der Koͤrperwelt an- getroffen wird, nichts mehr als eine aͤußere Zufaͤllig- keit, die ſich auf eine aͤußere Urſache beziehet, welche an- derswoher dazwiſchen kommen kann.
Daher iſt auch dieſe Zufaͤlligkeit in der Verknuͤ- pfung nicht mehr da, wenn dieſe Bedingung nur hin- zugeſetzt wird, daß von außen nichts in den Weg tre- te. Wirf den Funken in das trockne Pulver, und nimm an, es ſey außer dieſen beiden in einander wir- kenden Dingen und den ſonſtigen gewoͤhnlichen Umſtaͤn- den nichts weiter vorhanden, was der zuͤndenden Kraft des Feuers, und dem Feuerfangen und Zerplatzen des Pulvers ſich entgegenſetze, ſo iſt genug angenommen. Die Wirkung erfolget, und erfolget nothwendig unter dieſen Vorausſetzungen.
Dagegen, wenn eine freye Urſache wirket, ſo iſt es moͤglich, daß die Aktion unterbrochen oder verhindert werde, wegen des Vermoͤgens zu dem Gegentheil, das dem handelnden Weſen ſelbſt zukommt. Laß die freye Urſache wirken, ſo kann die Wirkung ausbleiben, nicht
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XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
hung von einem innern Widerſpruch frey ſeyn, ſondern
es wird zugleich angenommen, daß eine Kraft wirklich
exiſtire, welche das noͤthige Vermoͤgen, ſie hervorzubrin-
gen, beſitze. Man kann freylich auch wohl jene abſolute
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wenn nur eine Kraft da waͤre, die ſie hervorzubringen
das Vermoͤgen haͤtte, als ihre abſolute Moͤglichkeit zu
werden, oder als ihre innere Machbarkeit anſehen;
allein die naͤhere Moͤglichkeit, daß ſie gemacht und
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Kraft als ſchon exiſtirend voraus. Soll alſo nach die-
ſen Begriffen nur alsdenn die urſachliche Verbindung
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Daher iſt auch dieſe Zufaͤlligkeit in der Verknuͤ-
pfung nicht mehr da, wenn dieſe Bedingung nur hin-
zugeſetzt wird, daß von außen nichts in den Weg tre-
te. Wirf den Funken in das trockne Pulver, und
nimm an, es ſey außer dieſen beiden in einander wir-
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den nichts weiter vorhanden, was der zuͤndenden Kraft
des Feuers, und dem Feuerfangen und Zerplatzen des
Pulvers ſich entgegenſetze, ſo iſt genug angenommen.
Die Wirkung erfolget, und erfolget nothwendig unter
dieſen Vorausſetzungen.
Dagegen, wenn eine freye Urſache wirket, ſo iſt
es moͤglich, daß die Aktion unterbrochen oder verhindert
werde, wegen des Vermoͤgens zu dem Gegentheil, das
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/172>, abgerufen am 26.11.2024.
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