chen, und nur, so zu sagen, stoßweise erfolget. So wie die auftretende Vorstellung weggeht, und sich einen Augenblick verliert, so fällt auch der Ansatz zur Thätigkeit mit ihr zugleich zurück. Die Aktion bestehet in diesem Fall aus unterschiedenen getrennten Theilen, die nach und nach hervorgetrieben werden, aber keine in Eins fortgehende Aktion ausmachen. Verfolgt mich ein Gedanke, so werde ich zwar zum Ge- wahrnehmen gezwungen; aber ich fühle es doch, daß dieß Gewahrnehmen eben so vorhanden ist, als wenn mir jemand das auf ein Spiegelglas aufgefangene Son- nenbild in die Augen wirft, und mich mit diesem Bilde verfolget. Jch schließe die Augen zu, und drehe sie weg; aber wenn ich sie wieder eröffne, so ist das blen- dende Bild, das mich verfolgt, auch wiederum vor mir; ich mach's wieder so, wie vorher. Jch handele aber unterbrochen, so wie mir die Aktion theilweise ab- gezwungen wird.
Dagegen wenn die Kraftäußerungen nicht solche unmittelbare Folgen sind, wozu mich die Gefühle be- stimmen, so gehen sie in Eins fort, wenn sie einmal angefangen haben. Der erste Anfang der Aktion mag ein unmittelbarer Ausbruch der Kraft seyn, wozu das Gefühl gereizet und gestimmet hat; aber wenn das, was ferner erfolgt, meine Selbstthätigkeit ist, so ist es eine Folge meines Bestrebens, und geht mit dem Bestre- ben fort. Jn solchen Fällen fühlen wir unser Bestre- ben und unsere Selbstwirksamkeit, und zwar darum, weil sie fortdauern, und sich dem Bewußtseyn darstel- len. Jn jenem Fall war auch eine Kraftäußerung vor- handen, insoferne die Wirkung aus dem innern Prin- cip der Seele hervorgeht; aber sie erscheint auf die Art, wie eine Leidenheit, weil sie als Selbstthätigkeit be- trachtet, nicht fortdaurend ist, und daher weder nach- empfunden noch beobachtet werden kann.
6. Dieß
IITheil. F
und Freyheit.
chen, und nur, ſo zu ſagen, ſtoßweiſe erfolget. So wie die auftretende Vorſtellung weggeht, und ſich einen Augenblick verliert, ſo faͤllt auch der Anſatz zur Thaͤtigkeit mit ihr zugleich zuruͤck. Die Aktion beſtehet in dieſem Fall aus unterſchiedenen getrennten Theilen, die nach und nach hervorgetrieben werden, aber keine in Eins fortgehende Aktion ausmachen. Verfolgt mich ein Gedanke, ſo werde ich zwar zum Ge- wahrnehmen gezwungen; aber ich fuͤhle es doch, daß dieß Gewahrnehmen eben ſo vorhanden iſt, als wenn mir jemand das auf ein Spiegelglas aufgefangene Son- nenbild in die Augen wirft, und mich mit dieſem Bilde verfolget. Jch ſchließe die Augen zu, und drehe ſie weg; aber wenn ich ſie wieder eroͤffne, ſo iſt das blen- dende Bild, das mich verfolgt, auch wiederum vor mir; ich mach's wieder ſo, wie vorher. Jch handele aber unterbrochen, ſo wie mir die Aktion theilweiſe ab- gezwungen wird.
Dagegen wenn die Kraftaͤußerungen nicht ſolche unmittelbare Folgen ſind, wozu mich die Gefuͤhle be- ſtimmen, ſo gehen ſie in Eins fort, wenn ſie einmal angefangen haben. Der erſte Anfang der Aktion mag ein unmittelbarer Ausbruch der Kraft ſeyn, wozu das Gefuͤhl gereizet und geſtimmet hat; aber wenn das, was ferner erfolgt, meine Selbſtthaͤtigkeit iſt, ſo iſt es eine Folge meines Beſtrebens, und geht mit dem Beſtre- ben fort. Jn ſolchen Faͤllen fuͤhlen wir unſer Beſtre- ben und unſere Selbſtwirkſamkeit, und zwar darum, weil ſie fortdauern, und ſich dem Bewußtſeyn darſtel- len. Jn jenem Fall war auch eine Kraftaͤußerung vor- handen, inſoferne die Wirkung aus dem innern Prin- cip der Seele hervorgeht; aber ſie erſcheint auf die Art, wie eine Leidenheit, weil ſie als Selbſtthaͤtigkeit be- trachtet, nicht fortdaurend iſt, und daher weder nach- empfunden noch beobachtet werden kann.
6. Dieß
IITheil. F
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und Freyheit.
chen, und nur, ſo zu ſagen, ſtoßweiſe erfolget.
So wie die auftretende Vorſtellung weggeht, und ſich
einen Augenblick verliert, ſo faͤllt auch der Anſatz zur
Thaͤtigkeit mit ihr zugleich zuruͤck. Die Aktion beſtehet
in dieſem Fall aus unterſchiedenen getrennten
Theilen, die nach und nach hervorgetrieben werden, aber
keine in Eins fortgehende Aktion ausmachen.
Verfolgt mich ein Gedanke, ſo werde ich zwar zum Ge-
wahrnehmen gezwungen; aber ich fuͤhle es doch, daß
dieß Gewahrnehmen eben ſo vorhanden iſt, als wenn
mir jemand das auf ein Spiegelglas aufgefangene Son-
nenbild in die Augen wirft, und mich mit dieſem Bilde
verfolget. Jch ſchließe die Augen zu, und drehe ſie
weg; aber wenn ich ſie wieder eroͤffne, ſo iſt das blen-
dende Bild, das mich verfolgt, auch wiederum vor
mir; ich mach's wieder ſo, wie vorher. Jch handele
aber unterbrochen, ſo wie mir die Aktion theilweiſe ab-
gezwungen wird.
Dagegen wenn die Kraftaͤußerungen nicht ſolche
unmittelbare Folgen ſind, wozu mich die Gefuͤhle be-
ſtimmen, ſo gehen ſie in Eins fort, wenn ſie einmal
angefangen haben. Der erſte Anfang der Aktion mag
ein unmittelbarer Ausbruch der Kraft ſeyn, wozu das
Gefuͤhl gereizet und geſtimmet hat; aber wenn das, was
ferner erfolgt, meine Selbſtthaͤtigkeit iſt, ſo iſt es eine
Folge meines Beſtrebens, und geht mit dem Beſtre-
ben fort. Jn ſolchen Faͤllen fuͤhlen wir unſer Beſtre-
ben und unſere Selbſtwirkſamkeit, und zwar darum,
weil ſie fortdauern, und ſich dem Bewußtſeyn darſtel-
len. Jn jenem Fall war auch eine Kraftaͤußerung vor-
handen, inſoferne die Wirkung aus dem innern Prin-
cip der Seele hervorgeht; aber ſie erſcheint auf die Art,
wie eine Leidenheit, weil ſie als Selbſtthaͤtigkeit be-
trachtet, nicht fortdaurend iſt, und daher weder nach-
empfunden noch beobachtet werden kann.
6. Dieß
II Theil. F
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/111>, abgerufen am 18.12.2024.
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