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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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Anhang

Jn den neuern Untersuchungen, die durch die be-
kannte Berlinische Aufgabe über die Erfindung der
Sprache veranlasset worden sind, ist die allgemeine Frage
besonders in der letzterwähnten Anwendung auf die
Sprachfähigkeit vorgekommen. Aber da die Art
und Weise, nach welcher die Entwickelung der Anlage
zum Sprechen innerlich erfolget, am meisten die Auf-
merksamkeit der Philosophen erfodert hat, die sich mit
der Auflösung der Aufgabe beschäftiget, so hat es sich
am Ende gezeigt, daß der Punkt, von der Entbehr-
lichkeit oder Unentbehrlichkeit der menschlichen
Anführung,
der doch Einer der wesentlichsten Stücke
war, wenige Aufklärung mehr erhalten habe, als er nicht
vorher schon hatte. Die Verbindung der Vernunft und
der Sprache mit einander, ihr wechselseitiger Einfluß in
einander, und die Art, wie die Grundkraft des Men-
schen unter der Voraussetzung, daß sie aus innerer Ge-
nugsamkeit sich Jdeen und Begriffe verschaffe, auch zu-
gleich auf Wörter kommen müsse, und wie diese wie-
derum die Begriffe befördern, ist, wie ich meine, völ-
lig ins Helle gesetzt. Aber was die Fortschreitung
von dem angebohrnen Zustand der Grundkraft bis zu
den ersten Begriffen und deren Bezeichung durch Töne
betrift, und insbesondere die Frage; ob nicht Beyspiele
anderer, Ermunterungen, Anführungen durch gewisse
geflissentlich eingelenkte Umstände, unter welchen man
die Naturkraft setzen kann, als Geburtshelfer des wirk-
lichen Gebrauchs des Verstandes, und der Sprachfä-
higkeit, nothwendig sind, und unter welchen Bedingun-
gen? so ist zwar hierüber von einigen vieles vortrefliches
gesagt, aber auch noch vieles zurückgelassen worden.
Der angebohrnen Vernunft- und Sprachfähigkeit ohn-
geachtet hat es doch Waldmenschen gegeben. Dieß al-
lein ist schon Beweises genug, daß damit die Sache
nicht erkläret werde, wenn man sich nur überhaupt auf

die
Anhang

Jn den neuern Unterſuchungen, die durch die be-
kannte Berliniſche Aufgabe uͤber die Erfindung der
Sprache veranlaſſet worden ſind, iſt die allgemeine Frage
beſonders in der letzterwaͤhnten Anwendung auf die
Sprachfaͤhigkeit vorgekommen. Aber da die Art
und Weiſe, nach welcher die Entwickelung der Anlage
zum Sprechen innerlich erfolget, am meiſten die Auf-
merkſamkeit der Philoſophen erfodert hat, die ſich mit
der Aufloͤſung der Aufgabe beſchaͤftiget, ſo hat es ſich
am Ende gezeigt, daß der Punkt, von der Entbehr-
lichkeit oder Unentbehrlichkeit der menſchlichen
Anfuͤhrung,
der doch Einer der weſentlichſten Stuͤcke
war, wenige Aufklaͤrung mehr erhalten habe, als er nicht
vorher ſchon hatte. Die Verbindung der Vernunft und
der Sprache mit einander, ihr wechſelſeitiger Einfluß in
einander, und die Art, wie die Grundkraft des Men-
ſchen unter der Vorausſetzung, daß ſie aus innerer Ge-
nugſamkeit ſich Jdeen und Begriffe verſchaffe, auch zu-
gleich auf Woͤrter kommen muͤſſe, und wie dieſe wie-
derum die Begriffe befoͤrdern, iſt, wie ich meine, voͤl-
lig ins Helle geſetzt. Aber was die Fortſchreitung
von dem angebohrnen Zuſtand der Grundkraft bis zu
den erſten Begriffen und deren Bezeichung durch Toͤne
betrift, und insbeſondere die Frage; ob nicht Beyſpiele
anderer, Ermunterungen, Anfuͤhrungen durch gewiſſe
gefliſſentlich eingelenkte Umſtaͤnde, unter welchen man
die Naturkraft ſetzen kann, als Geburtshelfer des wirk-
lichen Gebrauchs des Verſtandes, und der Sprachfaͤ-
higkeit, nothwendig ſind, und unter welchen Bedingun-
gen? ſo iſt zwar hieruͤber von einigen vieles vortrefliches
geſagt, aber auch noch vieles zuruͤckgelaſſen worden.
Der angebohrnen Vernunft- und Sprachfaͤhigkeit ohn-
geachtet hat es doch Waldmenſchen gegeben. Dieß al-
lein iſt ſchon Beweiſes genug, daß damit die Sache
nicht erklaͤret werde, wenn man ſich nur uͤberhaupt auf

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[768/0828] Anhang Jn den neuern Unterſuchungen, die durch die be- kannte Berliniſche Aufgabe uͤber die Erfindung der Sprache veranlaſſet worden ſind, iſt die allgemeine Frage beſonders in der letzterwaͤhnten Anwendung auf die Sprachfaͤhigkeit vorgekommen. Aber da die Art und Weiſe, nach welcher die Entwickelung der Anlage zum Sprechen innerlich erfolget, am meiſten die Auf- merkſamkeit der Philoſophen erfodert hat, die ſich mit der Aufloͤſung der Aufgabe beſchaͤftiget, ſo hat es ſich am Ende gezeigt, daß der Punkt, von der Entbehr- lichkeit oder Unentbehrlichkeit der menſchlichen Anfuͤhrung, der doch Einer der weſentlichſten Stuͤcke war, wenige Aufklaͤrung mehr erhalten habe, als er nicht vorher ſchon hatte. Die Verbindung der Vernunft und der Sprache mit einander, ihr wechſelſeitiger Einfluß in einander, und die Art, wie die Grundkraft des Men- ſchen unter der Vorausſetzung, daß ſie aus innerer Ge- nugſamkeit ſich Jdeen und Begriffe verſchaffe, auch zu- gleich auf Woͤrter kommen muͤſſe, und wie dieſe wie- derum die Begriffe befoͤrdern, iſt, wie ich meine, voͤl- lig ins Helle geſetzt. Aber was die Fortſchreitung von dem angebohrnen Zuſtand der Grundkraft bis zu den erſten Begriffen und deren Bezeichung durch Toͤne betrift, und insbeſondere die Frage; ob nicht Beyſpiele anderer, Ermunterungen, Anfuͤhrungen durch gewiſſe gefliſſentlich eingelenkte Umſtaͤnde, unter welchen man die Naturkraft ſetzen kann, als Geburtshelfer des wirk- lichen Gebrauchs des Verſtandes, und der Sprachfaͤ- higkeit, nothwendig ſind, und unter welchen Bedingun- gen? ſo iſt zwar hieruͤber von einigen vieles vortrefliches geſagt, aber auch noch vieles zuruͤckgelaſſen worden. Der angebohrnen Vernunft- und Sprachfaͤhigkeit ohn- geachtet hat es doch Waldmenſchen gegeben. Dieß al- lein iſt ſchon Beweiſes genug, daß damit die Sache nicht erklaͤret werde, wenn man ſich nur uͤberhaupt auf die

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/828>, abgerufen am 28.11.2024.