men Vermögen gespannet wird, so können unter ihnen solche, welche die Vorstellungs- und Denkkraft am mei- sten beschäftigen, von andern unterschieden werden, wo- durch die Kraft der Thätigkeit zu den Abänderungen ihres Zustandes, die nicht in Bearbeitungen nachgelas- sener Spuren des vorhergehenden bestehen, gereizet wird.
Wenn man annimmt, daß schon ein merklicher Un- terschied unter den einzelnen Menschen sich fest gesetzet, und in dem Einen das Gefühl, in dem Andern der Ver- stand, in dem Dritten die Thätigkeitskraft -- die Wörter in der Bedeutung genommen, die oben bestim- met ist, -- eine überwiegende Stärke erhalten hat; es sey nun eine solche Ungleichheit in den Verhältnissen den Grundvermögen gegen einander, natürlich und angebohren, oder hinzugekommen, so ist es wohl be- greiflich, daß dieselbige Empfindung, das ist, dieselbi- ge gegenwärtige gefühlte Modifikation, sie komme von äußern oder von innern Ursachen, bey dem Einen mehr Spekulationen des Verstandes, bey dem Andern mehr thätige Bestrebungen des Willens erregen, und bey dem Dritten mehr das Herz mit Wallungen des Vergnü- gens und des Verdrußes erfüllen könne. So finden wir es wirklich. Man kann die Menschen, nach dem herr- schenden Grundvermögen, in Personen vom Gefühl, vom Verstande, und in thätige abtheilen, wenn man die kleinern Verschiedenheiten entweder bey Seite setzet, oder in eine oder die andere Klasse unterschiebet. Die Klötze, die Dummköpfe, und die unthätigen Phle- gmatiker, sind jenen entgegengesetzet, in so ferne die Grundvermögen bey diesen eine negative Größe haben, oder schwächer sind, als sie in einer mittelmäßigen und gewöhnlichen Menschenseele seyn sollen. Diese verschie- dene Seelenarten benehmen sich auf eine verschiedene Art bey einerley Eindrücken von außen, unter gleichen Um-
ständen.
I.Band. Y y
der Vorſtellungskraft ⁊c.
men Vermoͤgen geſpannet wird, ſo koͤnnen unter ihnen ſolche, welche die Vorſtellungs- und Denkkraft am mei- ſten beſchaͤftigen, von andern unterſchieden werden, wo- durch die Kraft der Thaͤtigkeit zu den Abaͤnderungen ihres Zuſtandes, die nicht in Bearbeitungen nachgelaſ- ſener Spuren des vorhergehenden beſtehen, gereizet wird.
Wenn man annimmt, daß ſchon ein merklicher Un- terſchied unter den einzelnen Menſchen ſich feſt geſetzet, und in dem Einen das Gefuͤhl, in dem Andern der Ver- ſtand, in dem Dritten die Thaͤtigkeitskraft — die Woͤrter in der Bedeutung genommen, die oben beſtim- met iſt, — eine uͤberwiegende Staͤrke erhalten hat; es ſey nun eine ſolche Ungleichheit in den Verhaͤltniſſen den Grundvermoͤgen gegen einander, natuͤrlich und angebohren, oder hinzugekommen, ſo iſt es wohl be- greiflich, daß dieſelbige Empfindung, das iſt, dieſelbi- ge gegenwaͤrtige gefuͤhlte Modifikation, ſie komme von aͤußern oder von innern Urſachen, bey dem Einen mehr Spekulationen des Verſtandes, bey dem Andern mehr thaͤtige Beſtrebungen des Willens erregen, und bey dem Dritten mehr das Herz mit Wallungen des Vergnuͤ- gens und des Verdrußes erfuͤllen koͤnne. So finden wir es wirklich. Man kann die Menſchen, nach dem herr- ſchenden Grundvermoͤgen, in Perſonen vom Gefuͤhl, vom Verſtande, und in thaͤtige abtheilen, wenn man die kleinern Verſchiedenheiten entweder bey Seite ſetzet, oder in eine oder die andere Klaſſe unterſchiebet. Die Kloͤtze, die Dummkoͤpfe, und die unthaͤtigen Phle- gmatiker, ſind jenen entgegengeſetzet, in ſo ferne die Grundvermoͤgen bey dieſen eine negative Groͤße haben, oder ſchwaͤcher ſind, als ſie in einer mittelmaͤßigen und gewoͤhnlichen Menſchenſeele ſeyn ſollen. Dieſe verſchie- dene Seelenarten benehmen ſich auf eine verſchiedene Art bey einerley Eindruͤcken von außen, unter gleichen Um-
ſtaͤnden.
I.Band. Y y
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0765"n="705"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der Vorſtellungskraft ⁊c.</hi></fw><lb/>
men Vermoͤgen geſpannet wird, ſo koͤnnen unter ihnen<lb/>ſolche, welche die Vorſtellungs- und Denkkraft am mei-<lb/>ſten beſchaͤftigen, von andern unterſchieden werden, wo-<lb/>
durch die <hirendition="#fr">Kraft der Thaͤtigkeit</hi> zu den Abaͤnderungen<lb/>
ihres Zuſtandes, die nicht in Bearbeitungen nachgelaſ-<lb/>ſener Spuren des vorhergehenden beſtehen, gereizet<lb/>
wird.</p><lb/><p>Wenn man annimmt, daß ſchon ein merklicher Un-<lb/>
terſchied unter den einzelnen Menſchen ſich feſt geſetzet,<lb/>
und in dem Einen das Gefuͤhl, in dem Andern der Ver-<lb/>ſtand, in dem Dritten die Thaͤtigkeitskraft — die<lb/>
Woͤrter in der Bedeutung genommen, die oben beſtim-<lb/>
met iſt, — eine <hirendition="#fr">uͤberwiegende</hi> Staͤrke erhalten hat;<lb/>
es ſey nun eine ſolche Ungleichheit in den Verhaͤltniſſen<lb/>
den Grundvermoͤgen gegen einander, <hirendition="#fr">natuͤrlich</hi> und<lb/><hirendition="#fr">angebohren,</hi> oder hinzugekommen, ſo iſt es wohl be-<lb/>
greiflich, daß dieſelbige Empfindung, das iſt, dieſelbi-<lb/>
ge gegenwaͤrtige gefuͤhlte Modifikation, ſie komme von<lb/>
aͤußern oder von innern Urſachen, bey dem Einen mehr<lb/>
Spekulationen des Verſtandes, bey dem Andern mehr<lb/>
thaͤtige Beſtrebungen des Willens erregen, und bey dem<lb/>
Dritten mehr das Herz mit Wallungen des Vergnuͤ-<lb/>
gens und des Verdrußes erfuͤllen koͤnne. So finden wir<lb/>
es wirklich. Man kann die Menſchen, nach dem herr-<lb/>ſchenden Grundvermoͤgen, in Perſonen <hirendition="#fr">vom Gefuͤhl,<lb/>
vom Verſtande,</hi> und in <hirendition="#fr">thaͤtige</hi> abtheilen, wenn<lb/>
man die kleinern Verſchiedenheiten entweder bey Seite<lb/>ſetzet, oder in eine oder die andere Klaſſe unterſchiebet.<lb/>
Die Kloͤtze, die Dummkoͤpfe, und die unthaͤtigen Phle-<lb/>
gmatiker, ſind jenen entgegengeſetzet, in ſo ferne die<lb/>
Grundvermoͤgen bey dieſen eine negative Groͤße haben,<lb/>
oder ſchwaͤcher ſind, als ſie in einer mittelmaͤßigen und<lb/>
gewoͤhnlichen Menſchenſeele ſeyn ſollen. Dieſe verſchie-<lb/>
dene Seelenarten benehmen ſich auf eine verſchiedene Art<lb/>
bey einerley Eindruͤcken von außen, unter gleichen Um-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">I.</hi><hirendition="#fr">Band.</hi> Y y</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſtaͤnden.</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[705/0765]
der Vorſtellungskraft ⁊c.
men Vermoͤgen geſpannet wird, ſo koͤnnen unter ihnen
ſolche, welche die Vorſtellungs- und Denkkraft am mei-
ſten beſchaͤftigen, von andern unterſchieden werden, wo-
durch die Kraft der Thaͤtigkeit zu den Abaͤnderungen
ihres Zuſtandes, die nicht in Bearbeitungen nachgelaſ-
ſener Spuren des vorhergehenden beſtehen, gereizet
wird.
Wenn man annimmt, daß ſchon ein merklicher Un-
terſchied unter den einzelnen Menſchen ſich feſt geſetzet,
und in dem Einen das Gefuͤhl, in dem Andern der Ver-
ſtand, in dem Dritten die Thaͤtigkeitskraft — die
Woͤrter in der Bedeutung genommen, die oben beſtim-
met iſt, — eine uͤberwiegende Staͤrke erhalten hat;
es ſey nun eine ſolche Ungleichheit in den Verhaͤltniſſen
den Grundvermoͤgen gegen einander, natuͤrlich und
angebohren, oder hinzugekommen, ſo iſt es wohl be-
greiflich, daß dieſelbige Empfindung, das iſt, dieſelbi-
ge gegenwaͤrtige gefuͤhlte Modifikation, ſie komme von
aͤußern oder von innern Urſachen, bey dem Einen mehr
Spekulationen des Verſtandes, bey dem Andern mehr
thaͤtige Beſtrebungen des Willens erregen, und bey dem
Dritten mehr das Herz mit Wallungen des Vergnuͤ-
gens und des Verdrußes erfuͤllen koͤnne. So finden wir
es wirklich. Man kann die Menſchen, nach dem herr-
ſchenden Grundvermoͤgen, in Perſonen vom Gefuͤhl,
vom Verſtande, und in thaͤtige abtheilen, wenn
man die kleinern Verſchiedenheiten entweder bey Seite
ſetzet, oder in eine oder die andere Klaſſe unterſchiebet.
Die Kloͤtze, die Dummkoͤpfe, und die unthaͤtigen Phle-
gmatiker, ſind jenen entgegengeſetzet, in ſo ferne die
Grundvermoͤgen bey dieſen eine negative Groͤße haben,
oder ſchwaͤcher ſind, als ſie in einer mittelmaͤßigen und
gewoͤhnlichen Menſchenſeele ſeyn ſollen. Dieſe verſchie-
dene Seelenarten benehmen ſich auf eine verſchiedene Art
bey einerley Eindruͤcken von außen, unter gleichen Um-
ſtaͤnden.
I. Band. Y y
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 705. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/765>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.