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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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X. Versuch. Ueber die Beziehung
tet? -- Am Ende in nichts anders, als in Vorschrif-
ten, die uns behülflich sind, den Endzweck, den man er-
halten will, lebhafter und vollständiger kennen zu lernen.
Die Augen unverrückt auf das Ziel hingerichtet, und
dann sich mit der gehörigen Kraft angestrenget; dieß
und was dazu dienet, um ihn das Ziel wohl fassen zu
lassen, ist alles, was man jemanden sagen kann, wenn
es eine einfache Handlung ist, zu der die Anweisung er-
theilet wird. Denn ihm Regeln geben wollen, wie er
die Fibern seines Körpers anziehen, und die Muskeln
seiner Finger und Hände durch diese oder jene besondere
Richtung seiner Seelenkraft in Bewegung setzen solle, ist
eben so vergeblich, als die Vorschriften selbst ihm unver-
ständlich und unmöglich zu befolgen seyn würden. Was
geschehen kann, ist dieses, daß man ihm es vormache,
was er thun soll, wenn ihm die Vorerfordernisse ver-
schaffet sind, und alsdenn zum ernstlichen Wollen und
zum festen Vorsatz aufmuntere.

Hieraus folget nun allerdings, daß jedwede Hand-
lung, die mit Absicht oder nach einer vorhergehenden
Vorstellung unternommen wird, in einem Bestreben be-
stehe, eine Menge von Vorstellungen von vorhergegan-
genen Aktionen wieder zu erwecken, und zwar so stark,
daß es wahre Wiederholungen derselben werden.

Aber wenn nun auch diese Erklärungsart bis dahin
als richtig angenommen, so kommt noch manches dabey
zu erwägen vor, das zwar die Jdee nicht aufhebt, jede
Wiederholung einer ehemaligen Handlung mittelst der
Reproduktion ihrer Vorstellung sey in der Seele selbst
nichts anders als ein höherer Grad jener Reproduktion
der Vorstellung, und jede willkührliche Handlung bestehe
aus solchen Reproduktionen; das aber zugleich der Jdee:
Handeln überhaupt und Vorstellungen reproduciren,
wären einerley Kraftanwendungen, ganz entgegen ist.
Jch will nur einiges davon beybringen.

1) Kann

X. Verſuch. Ueber die Beziehung
tet? — Am Ende in nichts anders, als in Vorſchrif-
ten, die uns behuͤlflich ſind, den Endzweck, den man er-
halten will, lebhafter und vollſtaͤndiger kennen zu lernen.
Die Augen unverruͤckt auf das Ziel hingerichtet, und
dann ſich mit der gehoͤrigen Kraft angeſtrenget; dieß
und was dazu dienet, um ihn das Ziel wohl faſſen zu
laſſen, iſt alles, was man jemanden ſagen kann, wenn
es eine einfache Handlung iſt, zu der die Anweiſung er-
theilet wird. Denn ihm Regeln geben wollen, wie er
die Fibern ſeines Koͤrpers anziehen, und die Muskeln
ſeiner Finger und Haͤnde durch dieſe oder jene beſondere
Richtung ſeiner Seelenkraft in Bewegung ſetzen ſolle, iſt
eben ſo vergeblich, als die Vorſchriften ſelbſt ihm unver-
ſtaͤndlich und unmoͤglich zu befolgen ſeyn wuͤrden. Was
geſchehen kann, iſt dieſes, daß man ihm es vormache,
was er thun ſoll, wenn ihm die Vorerforderniſſe ver-
ſchaffet ſind, und alsdenn zum ernſtlichen Wollen und
zum feſten Vorſatz aufmuntere.

Hieraus folget nun allerdings, daß jedwede Hand-
lung, die mit Abſicht oder nach einer vorhergehenden
Vorſtellung unternommen wird, in einem Beſtreben be-
ſtehe, eine Menge von Vorſtellungen von vorhergegan-
genen Aktionen wieder zu erwecken, und zwar ſo ſtark,
daß es wahre Wiederholungen derſelben werden.

Aber wenn nun auch dieſe Erklaͤrungsart bis dahin
als richtig angenommen, ſo kommt noch manches dabey
zu erwaͤgen vor, das zwar die Jdee nicht aufhebt, jede
Wiederholung einer ehemaligen Handlung mittelſt der
Reproduktion ihrer Vorſtellung ſey in der Seele ſelbſt
nichts anders als ein hoͤherer Grad jener Reproduktion
der Vorſtellung, und jede willkuͤhrliche Handlung beſtehe
aus ſolchen Reproduktionen; das aber zugleich der Jdee:
Handeln uͤberhaupt und Vorſtellungen reproduciren,
waͤren einerley Kraftanwendungen, ganz entgegen iſt.
Jch will nur einiges davon beybringen.

1) Kann
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[698/0758] X. Verſuch. Ueber die Beziehung tet? — Am Ende in nichts anders, als in Vorſchrif- ten, die uns behuͤlflich ſind, den Endzweck, den man er- halten will, lebhafter und vollſtaͤndiger kennen zu lernen. Die Augen unverruͤckt auf das Ziel hingerichtet, und dann ſich mit der gehoͤrigen Kraft angeſtrenget; dieß und was dazu dienet, um ihn das Ziel wohl faſſen zu laſſen, iſt alles, was man jemanden ſagen kann, wenn es eine einfache Handlung iſt, zu der die Anweiſung er- theilet wird. Denn ihm Regeln geben wollen, wie er die Fibern ſeines Koͤrpers anziehen, und die Muskeln ſeiner Finger und Haͤnde durch dieſe oder jene beſondere Richtung ſeiner Seelenkraft in Bewegung ſetzen ſolle, iſt eben ſo vergeblich, als die Vorſchriften ſelbſt ihm unver- ſtaͤndlich und unmoͤglich zu befolgen ſeyn wuͤrden. Was geſchehen kann, iſt dieſes, daß man ihm es vormache, was er thun ſoll, wenn ihm die Vorerforderniſſe ver- ſchaffet ſind, und alsdenn zum ernſtlichen Wollen und zum feſten Vorſatz aufmuntere. Hieraus folget nun allerdings, daß jedwede Hand- lung, die mit Abſicht oder nach einer vorhergehenden Vorſtellung unternommen wird, in einem Beſtreben be- ſtehe, eine Menge von Vorſtellungen von vorhergegan- genen Aktionen wieder zu erwecken, und zwar ſo ſtark, daß es wahre Wiederholungen derſelben werden. Aber wenn nun auch dieſe Erklaͤrungsart bis dahin als richtig angenommen, ſo kommt noch manches dabey zu erwaͤgen vor, das zwar die Jdee nicht aufhebt, jede Wiederholung einer ehemaligen Handlung mittelſt der Reproduktion ihrer Vorſtellung ſey in der Seele ſelbſt nichts anders als ein hoͤherer Grad jener Reproduktion der Vorſtellung, und jede willkuͤhrliche Handlung beſtehe aus ſolchen Reproduktionen; das aber zugleich der Jdee: Handeln uͤberhaupt und Vorſtellungen reproduciren, waͤren einerley Kraftanwendungen, ganz entgegen iſt. Jch will nur einiges davon beybringen. 1) Kann

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/758>, abgerufen am 23.11.2024.