in den Lebensgeistern zur Folge, und wie ich hier anneh- me, zur Wirkung haben, so verursachen auch in umge- kehrter Ordnung die harmonischen Gehirnsveränderungen die Empfindnisse in der Seele. Eindrücke von außen auf das Organ, welche physische Ursachen von jenen sind, werden also auch Ursachen von Seelenveränderungen. Hievon hängt das Angenehme und Unangenehme, das Schöne und Häßliche, das Erhabene und das Niedrige der äußern Gegenstände, mit einem Wort, ihre ganze objektivische Empfindsamkeit ab, die ihnen für sich, ohne Beywirkung der Association der Jdeen zukommt.
Nehmen wir dieß zum Grundsatz an, so werden wir etwas von den angeführten Erscheinungen begreifen. Die Menge der Eindrücke, die durch die äußern Sinne von den Gegenständen und ihren Bewegungen, und also auch von den äußern Ausbrüchen der Empfindungen, der Neigungen und der Leidenschaften, in der sichtbaren Veränderung des Körpers auffallen; zugleich oder in ihrer Folge; ihre Geschwindigkeit und Langsamkeit, ihre Jntension, ihre Ordnung, dieß alles wird die reizbaren Vermögen der Seele auf eine ihnen gemäße Art rege machen, und Modifikationen bewirken, welche in Hin- sicht auf innere Stärke, Lebhaftigkeit, Mannigfaltigkeit, Geschwindigkeit und dergleichen den äußern Eindrücken ähnlich sind. Nun verhalten sich die äußern Eindrü- cke, die wir von fremden Empfindungen empfangen, wie ihre Ursachen, das ist, wie die äußern Bewe- gungen, welche empfunden werden; und diese letztern verhalten sich wiederum, wie die innern Bewegun- gen der Seele, welche in jenen sich äußern. So ist es begreiflich, "wie überhaupt die Empfindung einer aus- wärts sich ergießenden Affektion eines andern für sich eine Affektion in der Seele verursachen könne, die jener in einigen allgemeinen Beschaffenheiten ähnlich ist."
Aber
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der Vorſtellungskraft ⁊c.
in den Lebensgeiſtern zur Folge, und wie ich hier anneh- me, zur Wirkung haben, ſo verurſachen auch in umge- kehrter Ordnung die harmoniſchen Gehirnsveraͤnderungen die Empfindniſſe in der Seele. Eindruͤcke von außen auf das Organ, welche phyſiſche Urſachen von jenen ſind, werden alſo auch Urſachen von Seelenveraͤnderungen. Hievon haͤngt das Angenehme und Unangenehme, das Schoͤne und Haͤßliche, das Erhabene und das Niedrige der aͤußern Gegenſtaͤnde, mit einem Wort, ihre ganze objektiviſche Empfindſamkeit ab, die ihnen fuͤr ſich, ohne Beywirkung der Aſſociation der Jdeen zukommt.
Nehmen wir dieß zum Grundſatz an, ſo werden wir etwas von den angefuͤhrten Erſcheinungen begreifen. Die Menge der Eindruͤcke, die durch die aͤußern Sinne von den Gegenſtaͤnden und ihren Bewegungen, und alſo auch von den aͤußern Ausbruͤchen der Empfindungen, der Neigungen und der Leidenſchaften, in der ſichtbaren Veraͤnderung des Koͤrpers auffallen; zugleich oder in ihrer Folge; ihre Geſchwindigkeit und Langſamkeit, ihre Jntenſion, ihre Ordnung, dieß alles wird die reizbaren Vermoͤgen der Seele auf eine ihnen gemaͤße Art rege machen, und Modifikationen bewirken, welche in Hin- ſicht auf innere Staͤrke, Lebhaftigkeit, Mannigfaltigkeit, Geſchwindigkeit und dergleichen den aͤußern Eindruͤcken aͤhnlich ſind. Nun verhalten ſich die aͤußern Eindruͤ- cke, die wir von fremden Empfindungen empfangen, wie ihre Urſachen, das iſt, wie die aͤußern Bewe- gungen, welche empfunden werden; und dieſe letztern verhalten ſich wiederum, wie die innern Bewegun- gen der Seele, welche in jenen ſich aͤußern. So iſt es begreiflich, „wie uͤberhaupt die Empfindung einer aus- waͤrts ſich ergießenden Affektion eines andern fuͤr ſich eine Affektion in der Seele verurſachen koͤnne, die jener in einigen allgemeinen Beſchaffenheiten aͤhnlich iſt.‟
Aber
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der Vorſtellungskraft ⁊c.
in den Lebensgeiſtern zur Folge, und wie ich hier anneh-
me, zur Wirkung haben, ſo verurſachen auch in umge-
kehrter Ordnung die harmoniſchen Gehirnsveraͤnderungen
die Empfindniſſe in der Seele. Eindruͤcke von außen
auf das Organ, welche phyſiſche Urſachen von jenen ſind,
werden alſo auch Urſachen von Seelenveraͤnderungen.
Hievon haͤngt das Angenehme und Unangenehme, das
Schoͤne und Haͤßliche, das Erhabene und das Niedrige
der aͤußern Gegenſtaͤnde, mit einem Wort, ihre ganze
objektiviſche Empfindſamkeit ab, die ihnen fuͤr ſich,
ohne Beywirkung der Aſſociation der Jdeen zukommt.
Nehmen wir dieß zum Grundſatz an, ſo werden wir
etwas von den angefuͤhrten Erſcheinungen begreifen.
Die Menge der Eindruͤcke, die durch die aͤußern Sinne
von den Gegenſtaͤnden und ihren Bewegungen, und alſo
auch von den aͤußern Ausbruͤchen der Empfindungen,
der Neigungen und der Leidenſchaften, in der ſichtbaren
Veraͤnderung des Koͤrpers auffallen; zugleich oder in
ihrer Folge; ihre Geſchwindigkeit und Langſamkeit, ihre
Jntenſion, ihre Ordnung, dieß alles wird die reizbaren
Vermoͤgen der Seele auf eine ihnen gemaͤße Art rege
machen, und Modifikationen bewirken, welche in Hin-
ſicht auf innere Staͤrke, Lebhaftigkeit, Mannigfaltigkeit,
Geſchwindigkeit und dergleichen den aͤußern Eindruͤcken
aͤhnlich ſind. Nun verhalten ſich die aͤußern Eindruͤ-
cke, die wir von fremden Empfindungen empfangen,
wie ihre Urſachen, das iſt, wie die aͤußern Bewe-
gungen, welche empfunden werden; und dieſe letztern
verhalten ſich wiederum, wie die innern Bewegun-
gen der Seele, welche in jenen ſich aͤußern. So iſt es
begreiflich, „wie uͤberhaupt die Empfindung einer aus-
waͤrts ſich ergießenden Affektion eines andern fuͤr ſich
eine Affektion in der Seele verurſachen koͤnne, die jener
in einigen allgemeinen Beſchaffenheiten aͤhnlich iſt.‟
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 681. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/741>, abgerufen am 22.11.2024.
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